Drei Uhr nachts, mit dem Rollkoffer durch die engen und leeren Gassen der Altstadt von Marrakesch (ich trage meinen kleinen Koffer), zum Stellplatz für das Taxi.
[13.03.23 / 20:04] ✎ Drei Uhr nachts, mit dem Rollkoffer durch die engen und leeren Gassen der Altstadt von Marrakesch (ich trage meinen kleinen Koffer), zum Stellplatz für das Taxi. Zurück zum Flughafen, für den kurzen Inlandsflug warten so früh nur eine handvoll Passagiere vor dem ansonsten verlassenen Gate. Boarding kurz nach sechs Uhr, und es ist draußen immer noch finsterste Nacht.
Zurück in Casablanca, so kalt ist es doch nicht den Morgen, es reicht eine Jeans, ein T-Shirt und meine Lederjacke. Für den Weiterflug bleibe ich im Transit, nur die obligatorischen Pass- und Handgepäckkontrollen. Eine Etage tiefer unterhalb der Gates für den Abflug, befindet sich eine Lounge von Royal Air Maroc für Fluggäste mit mehreren Stunden Aufenthalt und gebuchten Anschlussflügen, bequeme Ledersessel und -liegen, kein westlicher Tourist weiß davon … nur halb Afrika. Alle Plätze sind besetzt mit „den Schwarzen“ – der leicht latente Rassismus meiner Mitreisenden. Irgendwo zwischen den ganzen Afrikanern liegen jetzt zwei Blondinen – eine in ihrer schwarzen Punker-Lederkutte und Nietengürtel in der Jeans und warten (bzw. ruhen) auf die nächsten Stunden. Für wenige Augenblicke muss ich auch mal kurz eingeschlafen sein.

Frühstück in Casablanca. Die Sonne ist aufgegangen, lass uns was frühstücken gehen. Jeder größere, internationale Flughafen sieht gleich aus, Cafés, Bistros, ein Food-Court. Nur der Fensterplatz mit Blick auf eine spröde Baustelle nach hinten und der Pappbecher mit dem kleinen, sauteuren Espresso in der Hand ist irgendwie nicht das, was ich für mich erwartet habe. Meine Traumvorstellung von diesem mehrstündigen Aufenthalt in dieser mondänen Stadt am Atlantik mit dem klangvollen und schicken Namen Casablanca ist doch stark abweichend von der Realität.
„Can you change hundred dollar?“ Ich schaue die Frau, die irgendwo hier am Flughafen arbeiten muss, an, als kommt sie vom Mond. So viel Geld habe ich nicht (mehr) bei mir, die letzten marokkanischen Dirham gehen für ein zweites Frühstück, ein Muffin und ein Kaffee, in einer Filiale einer nicht näher genannten, internationalen Kaffeehauskette drauf. Weiter warten und umherstreunen im Transitbereich bis irgendwann nach 13 Uhr. Der Flug zurück nach Frankfurt (eine größere Maschine, amerikanisches Fabrikat, nicht so schön, wie die kleine, brasilianische Maschine den frühen Morgen).
Es wird immer mehr düster und grau, das Flugzeug durchsticht am späten Nachmittag die dunkle Wolkendecke nach unten in Richtung Landebahn. Der Flughafen in Frankfurt, eilende und gestresste Menschen, mies gelaunt oder „voller aufgesetzter Heiterkeit“ am Rande des Wahnsinns. Das musst du hier in Deutschland so machen, anders geht das nicht. Die Zugverbindungen zurück sind ein Glücksspiel, ich bin seit über achtzehn Stunden wach, als gegen 21 Uhr die Lautsprecherdurchsage im Zug kommt, dass es „hier nicht mehr weitergeht“ – wegen einer „Signalstörung“ – und unklar ist, ob ich die Nacht überhaupt noch jemals mein Zuhause und mein Bett erreiche, dann … ich habe keine Wörter mehr dafür, ich bin zu müde und zu fertig und versinke immer tiefer in den Sitz. Fahrt doch einfach auf Sicht, wird schon kein Zug entgegenkommen. Gedanken einer überaus motivierten Testingenieurin aus der Eisenbahnbranche.
Um Mitternacht bin ich wieder zurück bei mir und kann vor dem ersehnten Zubettgehen noch meinen Koffer auspacken, bzw. umdrehen und den Inhalt auf das Sofa werfen. Morgen oder übermorgen kümmere ich mich weiter darum. Wohin geht die nächste Reise? Im ICE schon ein paar Zeilen im Internet auf dem Smartphone gelesen. Afrika? Senegal?
Ich möchte tiefer in diesen Kontinent vordringen. Die eine Italienerin, die ich vor vielen, vielen Jahren kennengelernt hatte – sie muss einmal nach Marrakesch und Marokko gereist sein … der eine Senegalese auf dem Markt vor zwei Abenden, er ist mir beim Essen an einer der Stände gegenüber aufgefallen, in seiner Tracht, die bunten Rechtecke auf seiner Jacke und Hose hübsch zusammengenäht. Sie hat hier irgendwo ihren Mann kennengelernt und in diese faszinierende Kultur eingeheiratet … irgendwann vor ein paar Jahren verliert sich ihre Spur. „Twin Sister of Soul“ – Ich will ihren Pfad gehen, um sie zu finden.