Pfingsten, Leipzig, endlich wieder unterwegs – ich reise mit meinem Auto schon donnerstags an (extra zwei Tage Urlaub genommen, Freitag und Dienstag).
[12.06.22 / 16:01] ✎ Pfingsten, Leipzig, endlich wieder unterwegs – ich reise mit meinem Auto schon donnerstags an (extra zwei Tage Urlaub genommen, Freitag und Dienstag). Den Kofferraum und den Beifahrersitz voller Klamotten, Koffer und Tragetaschen. Welche Schuhe ziehe ich denn zu den Kleidern an? Jeden der fünf Tage ein anderes Outfit – egal, ich nehme einfach alle Schuhe mit! Dieses Mal habe ich es übertrieben und packe die vier Paar Stiefeletten und die neuen Plateau-Pumps in einen aufklappbaren, großen Einkaufskorb neben mir auf den Beifahrersitz … Kofferraum war schon voll. Auf der Autobahn die Harzroute Richtung Leipzig … ich fahre von meiner Zweitwohnung aus und musste ja unbedingt noch einen halben Tag arbeiten (nachträglich gesehen, doch zu viel Stress).
Nach einem Zwischenstopp mit einer Tasse Kaffee an der Raststätte kurz vor Halle, Ankunft in Leipzig den Donnerstag Nachmittag, das Hotel im Norden, genau das in der Nähe der alten Wohnung von meinem Ex-Freund. „Ich hatte hier vor ein paar Jahren schon mal ein Zimmer, wegen einer Affäre mit einem Mann aus einem anderen Kulturkreis.“ Das Hotel hat sich nicht sehr verändert, alles wie gewohnt, zum Schlafen reicht es. Es dauert eine Weile, bis ich nach dem Check-in alles aus dem Auto vom Hotelparkplatz in mein Zimmer bringe. Die Schränke einräumen, eine Dusche nehmen, Make-up und Chanel auftragen. Das Outfit für die Nacht? Die schwarze Designer-Leggings und das Top mit den langen Ärmeln in Spitze – und die Pikes in Kombination mit der schwarzen Lederjacke und dem Nietengürtel. Punk Girl geht aus.
Der Fußmarsch zur Straßenbahnhaltestelle geht an dem Hauseingang, den Fenstern und der Wohnung im Erdgeschoss von ihm vorbei, ich habe ihm tatsächlich wieder eine Nachricht geschrieben, ob wir uns nicht mal auf einen Kaffee treffen können … ob er hier noch wohnt? Weiter zur Haltestelle, hier gibt es keinen Automaten, das von der Regierung zur Energiekrise aufgelegte 9-Euro-Ticket – mit dem ich das ganze erste Juniwochenende Straßenbahn fahren will, finde ich erst am Hauptbahnhof, mit der Tram weiter Richtung Connewitzer Kreuz.
Da bin ich wieder, wie sehr habe ich es vermisst! Zwei Jahre aussetzen und nur Online-Streams, das „Gothic Pogo Festival“ zu Pfingsten – die Veranstalter dieses kleinen Festivals haben sogar ein Testzelt organisiert, ich selbst habe genug Selbsttests für alle Tage eingepackt (= auf Arbeit geschnorrt), dieses nette Extra nach den langen zwei Jahren Viruspandemie nutze ich gerne, kann nicht schaden, noch einen zweiten professionellen Test vor Ort zu machen. Die Registrierung, der Abstrich, kurz warten … alles negativ und weiter in die kleine Halle mit der Disconacht. Einlass 22 Uhr, ich bin überpünktlich (und esse vorher noch etwas Israelisches).
Diesen Abend nur eine angekündigte Band – aber die muss ich unbedingt sehen! Die letzten zwei Jahre nur am Bildschirm bewundert, geht mir der Song mit „der Tasse Kaffee“ nicht mehr aus dem Kopf und ich muss ihn jeden Morgen die paar Schritte zur Küche und meinem Kaffeeautomaten vor mich hinsingen: „Eine Tasse Kaffee, das wär' aber fein …“ (Danke, dass ihr mein zuletzt tristes Leben so bereichert habt.)
Die Band lockert meine Stimmung auf, so ganz euphorisch bin ich dann aber doch nicht, die letzten zwei Jahre Isolation und die geliebten Menschen, die von uns gegangen sind, haben doch mehr seelische Narben hinterlassen, als wir noch gar nicht ahnen können. Tanzen, Getränk an der Bar holen, wieder das Leben von vorher einholen (eigentlich unmöglich). Ich bleibe bis zwei Uhr, bevor ich ein Taxi zurück zum Hotel nehme. (Ende Teil 1/6)