Korrespondenz aus der Rehaklinik:
[22.02.21 / 23:33] ✎ Korrespondenz aus der Rehaklinik:
21.01.2021
So als erste Nachricht, heute und morgen bin ich in Quarantäne und darf das Einzelzimmer nicht verlassen (es hat aber eine große Balkontür, die ich öffnen kann, ich bin nicht eingesperrt). Das Essen wird mir noch die nächsten Tage gebracht - leider ohne irgendeine Auswahlmöglichkeit. In fünf oder sechs Tagen passiert der zweite Corona-Test und dann darf ich an den Therapien und den Mahlzeiten im Speisesaal teilnehmen (mit zugewiesenen Sitzplatz und Essen in zwei Durchgängen, ich habe glücklicherweise den mit dem späten Frühstück um 8 Uhr).
Damit mir nicht langweilig wird: Fernsehempfang gibt es nur mit 14 Sendern (die üblichen Verdächtigen), leider ohne 3sat und Arte. WLAN gibt es nur unten am Empfang, in der Lobby, gegen Aufpreis, und da komme ich jetzt nicht hin. Möglicherweise können in zwei Tagen schon die ersten (Einzel-)Behandlungen für mich starten. Ich habe aber genug Alternativen für mich eingepackt. [Anm. der Verfasserin: Mein Laptop mit meiner gesamten Musiksammlung.]
22.01.2021
Frühstück mit Blick nach draußen auf den Balkon vom Patientenzimmer. Schade, daß der Kaffee morgens schon eine Stunde früher kommt. [Anm. der Verfasserin: Westseite, hier werde ich noch schöne Sonnenuntergänge sehen.] Der erste Corona-Test vom Aufnahmetag ist negativ, die ersten Therapien (Physio und Ergo) beginnen für mich morgen Vormittag.
23.01.2021

Frühstück kurz nach 7 Uhr, zwei Brötchen, Butter, Wurst, Käse, Marmelade in den kleinen Päckchen, eine halbe Thermoskanne Kaffee. Der Wurstaufschnitt ist wie abends, wahrscheinlich alles Schwein - Veganer würden hier verhungern (zum Glück sind Kaufhalle und Drogerie in der Nähe, da war ich gestern schon). Ich hoffe auf mehr Auswahl am Bestellautomaten vor dem Speisesaal, wenn der zweite Virusabstrich bei mir am Montag negativ ausfällt. Heute nur das Aufnahmegespräch für die verschiedenen Therapiegruppen (Rücken, Schwimmen, Fitnessgeräte und Korbflechten).
26.01.2021
Der zweite Test war wahrscheinlich auch negativ, ich kann ab morgen normal frühstücken, unten im Speisesaal (mit zugewiesenen Tisch).
27.01.2021
Nächste Woche dann ein Zwei-Stunden-Test mit mir für die "neuropsychologische" Diagnose. Was jetzt schon auf dem Plan steht: Zwei oder drei mal am Tag kleine Sportübungen für nur 20 oder 30 Minuten (Rücken, Gleichgewicht, Schwimmen). Der Tagesplan soll sich die nächsten Tage aber noch füllen.
Ich darf jetzt am Essen im Speisesaal teilnehmen und mir mein Menü selbst wählen - auf Zimmer in Quarantäne gab es (fast) jeden Tag nur Schwein (morgens, mittags, abends ... mit Beilagen).
28.01.2021
Jetzt endlich auch "vegetarisch" zur Auswahl. Was ich gut finde: Für die Schweinegerichte ist auf der Menükarte extra ein großes Schwein abgebildet. Wegen der aktuellen Situation gibt es kein Buffet, nur Ticket am Automaten am Eingang und das Essen wird am Tisch serviert. Übliches Krankenhaus- und Kantinenessen (aber genießbar).
Meine Quarantäne wurde mit dem Schwimmtraining* gestern beendet. Was auffällt: Alle Patienten laufen hier mit Turnschuhen und Trainingsanzügen herum, so etwas fehlt mir noch (ich habe nur leichte Gymnastikschuhe, eine Trainingshose und meine normale Straßenkleidung dabei). Das mit dem Sport ist nur in Kleinstgruppen und dauert allerhöchstens 15 Minuten, aber Turnschuhe mit Klettverschluß sind hier wirklich praktisch (Merken für nächstes Mal). Altersdurchschnitt der Patienten hier: 40 bis 80.
(*) Schwimmen mit so einer Schaumstoffrolle (oder anderen Behelfsmitteln) in unterschiedlichen Lagen und Richtungen. Interessanterweise wurde ich der Herrengruppe zugeteilt, damit habe ich die Damenumkleide für mich alleine.
30.01.2021
Hier liegt schon länger Schnee, die Wege in dem Kurpark neben der Klinik sind schon leicht angetaut.

In der Drogerie war ich letztes Wochenende schon, die Kaufhalle heute Vormittag war doch etwas voll und unangenehm. Die Straße runter zu den Einkaufsmärkten und Discountern wird von mehreren Patienten der drei Kliniken in dem Ort genutzt (das sehe ich an den Spuren im Schnee und die höchst "verdächtigen" Menschen, die mir entgegenkommen), für alles, was es in der Klinik nicht gibt (z.B. Schokoladenkekse oder Handseife und Cremes). [Anm. der Verfasserin: Den kleinen Kiosk in der Klinik, unweit der Rezeption, habe ich erst später bemerkt.]
Gestern habe ich das erste Mal im "Fitness-Studio" der Rehaklinik an den Geräten trainiert, ungünstigerweise mit festen Winterschuhen (keine Turnschuhe dabei). Die Gymnastikschuhe (die ich noch aus der Tagesklinik habe) sind dafür ungeeignet, wegen der schweren Gewichte an den Geräten (sind eben nur für leichte Gymnastik gedacht).
31.01.2021
Das Wetter: Die Schneedeckecke ist nicht mehr ganz so dicht, der Boden und die Wege im angrenzenden Kurpark sind aber noch gefroren über Nacht. Aktuell blauer Himmel und Sonnenschein, Temperatur leicht im Minus (ich war schon den frühen Vormittag spazieren).
03.02.2021
Die Phase der schlaflosen Nächte, nach 8 Monaten ohne Kontakt sende ich meinem Ex-Freund eine Nachricht. Ich wünschte, er würde auch in so einer Klinik stationär einen Drogenentzug machen, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen: "Can I remove this number from my contacts?"
04.02.2021
Neuropsychologische Tests sind: Zahlen verbinden, Wörter merken, Wegstrecke planen, so abstrakte Formen und Muster aus dem Gedächtnis nachzeichnen (das war bei mir doch stark auffällig) und das mit dem Brett, drei Holzstäbe und drei Kugeln (so wie für Schimpansen im Labor, siehe "Planet der Affen" oder eine andere Filmszene). Neuropsychologisches Training ist das mit dem Computer, den Verkehrszeichen und schnell ganz große, bunte Tasten drücken. Kognitives Training ist aktuell so wie "Sokoban" (Kisten schieben) als Brettspiel.
Im Gegensatz zu meinem Psychiatrieaufenthalt vor genau zwei Jahren, ist hier nichts aufwühlend, ich habe eher Muskelkater, wegen haufenweise Sport (es geht überraschenderweise). Mein Cholesterin ist zu hoch, mir wurde schon eine "Ernährungsberatung" angeboten. (*die_augen_wegdreh*)
07.02.2021
Schon Schneechaos? Hier hat es nur die Nacht geschneit, der Ort unterhalb von Leipzig liegt auch südlich des prognostizierten Schneebands im Wetterbericht.
Jetzt habe ich auch mal das Café unten in der Klinik ausprobiert, ein Stück Mandarinenschmandkuchen und Cappuccino zum Mitnehmen den Sonntag Nachmittag. Es sind jetzt auch mehr jüngere Patienten da, als noch vor ein oder zwei Wochen. Die Gruppen für die einzelnen Therapien und Behandlungen (Ergo und Sport) sind aber nie fest, immer abwechselnd andere Teilnehmer. Das ist eine Rehaklinik, in der Menschen auf Krücken wieder Laufen lernen (von Schlaganfall bis Tumor ist alles dabei).
08.02.2021

Das Foto ist der Blick auf die Terrasse (hinter der Glastür) auf die verschneite Glaspyramide über dem kleinen Hallenschwimmbad im 1. Untergeschoß. [Anm. der Verfasserin: Ich bin den nächsten Tag darunter durchgeschwommen.] Von den Therapeuten sind heute morgen einige nicht da. Das ich den Sport um 7:30 Uhr (vor dem Frühstück) absichtlich verschlafen habe, ist vielleicht noch nicht mal aufgefallen. Ich war kurz draußen, das sind locker 30 bis 40 cm Neuschnee und nur auf dem Klinikgelände etwas geräumt.
09.02.2021
In der Ergotherapie einen Korb flechten, meine Entlassung ist nächste Woche und ich habe in den zwei Stunden bis jetzt gerade mal den Boden fertig. Wenn die Ergotherapeuten nicht krank werden oder es fällt noch mehr Schnee oder andere Gründe, die zum Ausfall führen, bleiben mir vielleicht noch so drei Arbeitsstunden.
Aus der Sozialberatung: Den Antrag auf Teilerwerbsminderungsrente sollte ich möglichst schon jetzt stellen. Wenn ich die nächsten zwei Jahre nichts mehr in die Rentenkasse einzahle, verliere ich den Anspruch darauf. Ob die dann von der Rentenversicherung genehmigt wird, ist ein anderes Thema, weil körperlich habe ich ja nichts, nur psychisch.
Anderes Thema: Schwimmen um 11 Uhr, Mittagessen um 12 Uhr. Wer stellt den Therapieplan zusammen, ein Computer? Das ist so fast unmöglich für Frauen zu schaffen, ich brauche mehr extra Zeit für die Nachbereitung zurück auf dem Zimmer: Duschen, die langen Haare waschen, kämmen und trocknen und den Chlor sorgfältig mit klaren Wasser aus dem Bikini spülen (weil das Material dann irgendwann sonst durchsichtig wird ... regelmäßiges Schwimmtraining vor vielen Jahren).
11.02.2021
Ergotherapie: Vielleicht könnte ich auch einen Teller oder eine Schale daraus flechten. Hier gibt es auch ein Regal für Flechtkörbe ohne oder verlorenen Besitzer. (Aber ich will unbedingt endlich einen beenden und mit nach Hause nehmen ... den aus der Tagesklinik konnte ich schon nicht abschließen.)
13.02.2021
Notiz: FFP2-Masken - Die Dinger sollten nicht durchgehend länger als zehn Tage getragen werden, besser nur fünf (eigene Klinik-Erfahrung).
Heute mal Action in der Klinik, Feueralarm gegen 14 Uhr den Sonnabend. Am Sammelplatz fanden sich dann auch nur die üblichen 10 oder 20 bis 30 Raucher ... ganz gemächlich. Aber die Feuerwehr mit drei bis vier Fahrzeugen und Blaulicht war ziemlich schnell vor Ort. Angeblich ist ein Mitarbeiter "aus Versehen" an den Brandmelder gestoßen.
16.02.2021
Mir wurde eine "Fahrprobe" nahegelegt. Die Ergebnisse der ersten neuropsychologischen Tests waren doch etwas grenzwertig. Hätte ich da einen Wert unterschritten, wäre das vielleicht in dem Abschlußbericht gelandet. Neuropsychologische Therapie ist aktuell nur noch am Computer Auto fahren und Knöpfe drücken (bin schon dreimal zu schnell gefahren, zu viel Input) ... vielleicht etwas ungünstig, wenn ich das Wochenende vorher auf dem Handy "Road Rash" spiele und wild auf dem Gamepad herumklicke und die ganzen anderen Gegner vom Motorrad kicke.
Gedanken: Ich werde doch Donnerstag hier abgeholt? Frühstück geht bis 8:45 Uhr, Zimmer räumen wahrscheinlich vorher, dann warten in der Lobby (diese Prozedur sehe ich jeden Tag, wenn ich zum Frühstück gehe).
17.02.2021

Jetzt ist es eine Schale geworden.
18.02.2021
Zimmer bis 7:45 Uhr Frühstück bis 8:45 Uhr, und warten... Mein monatliches Datenvolumen im Mobilfunkvertrag ist mit dem letzten Abend in der Klinik aufgebraucht, das ist die Gelegenheit, endlich meinen VPN-Server über das unverschlüsselte WLAN für Patienten in der Lobby zu testen.
Vier Wochen in der Rehaklinik ... mit all den älteren Menschen, Rollatoren und Rollstühlen - das ergibt einen ganz anderen Blickwinkel auf die aktuelle Virus-Pandemie. Wir sind eins, wir sind zusammen und Mitgefühl ist enorm wichtig!