Aus!
[28.02.16 / 21:46] ✎ Aus! Ende! Vorbei! Es geht nicht mehr! Ich kann nicht mehr schlafen, es funktioniert einfach nicht mehr. Ich mache jetzt einfach so viele Nächte durch, bis ich kaputt umfalle. Auf den Weg die Nacht in die Disco in Leipzig. Nach einer 36-stündigen Wachphase ist die Autobahnfahrt zwar nicht so angenehm (ich habe tatsächlich Probleme den Abend die Spur zu halten), aber ich lasse mich durch meine Schlaflosigkeit nicht terrorisieren. Ich will leben.
Ich parke mein Auto den Freitag Abend am Hauptbahnhof von Leipzig, mein Freund erwartet mich schon. Nach einer herzzerreißenden Umarmung kommt aber schon der erste Dämpfer für ihn. Er will den Abend unbedingt in den Swingerclub mit mir. Ich lehne ab und sage entschlossen Nein. Ich bin zu müde, zu kaputt - und außerdem wäre da an diesem Abend eine "Gangbang Party", das ist nun wirklich nicht das richtige für mich. Wir fahren in den Disco-Club, den ich für diesen Abend ausgewählt habe. Dort angekommen, setzt er sich sofort in einen Sessel und schläft für mehrere Stunden, während ich auf der Tanzfläche bin und die Flirtversuche eines anderen Gastes (mit französischen Akzent) abwehre und meinen Plan verfolge, mich kaputt zu machen. Das ich meinen Freund enttäuscht habe, tut mir leid. Kurz nach halb Zwei nachts wacht er in dem Sessel auf und ich nutze die Chance, mit ihm zu gehen. Wir fahren zurück zu seiner Wohnung. Ein kurzer Blowjob ist alles, was wir die Nacht noch machen. Habe ich sein Sperma vorher immer ausgespuckt, so ist dieses mein erstes Mal, daß ich schlucke. Der Schluckreflex hat einfach eingesetzt. Es ist jetzt in mir.
Vor etwa 4 Wochen war die letzte Nacht, in der ich mit ihm geschlafen habe und entspannt einschlafen konnte. Genau darauf habe ich gehofft. Ihn neben mir liegen zu sehen, seinen Atem zu hören, wirkt so beruhigend, daß ich tatsächlich nach kurzer Zeit einschlafe und für komplette 5 Stunden durchschlafe. Endlich. Ich habe ihn schon immer dafür bewundert, wie tief und fest und wie lange er schlafen kann. Ich wünschte, ich könnte das auch. Gegen 8 oder 9 Uhr am Sonnabend Morgen stehe ich auf. Er hat einen Anruf bekommen und hilft diesen Sonnabend noch Bekannten beim Umzug oder den Einbau einer Küche. Kurz nach ihm verlasse auch ich gegen 10 Uhr seine Wohnung.
Ich verbringe wieder den Tag in der Leipziger Innenstadt. Frühstück am Bahnhof und Anprobe eines BH's in meinem favorisierten Fachgeschäft für Dessous. Leider wieder keine passende Größe für mich - 75 cm ist zu eng, aber passendes Körbchen - 80 cm ist genau richtig, aber in das A-Körbchen passen meine Brüste noch nicht rein. Mittagessen am indischen Buffet und weiter zu einer Parfümerie am Bahnhof. Auch hier vergleiche ich nur Nagellackfarben und lasse mich beraten, welches Produkt die richtige Handcreme gegen spröde und trockene Hände ist, kaufe aber letztendlich nichts. Weiter in die Innenstadt auf der Suche nach einem Geschäft, welches 100% Seidentücher anbietet. Bis auf ein Kaufhaus (in dem mir die Farbe und das Muster des Tuches nicht zusagt), werde ich nicht fündig. Zurück zur Wohnung meines Freundes. Er ist gegen 4 Uhr am Nachmittag immer noch nicht zurück und ich fahre schon wieder in die Innenstadt. Dieses Mal habe ich keinen Wohnungsschlüssel. Immer wieder laufe ich an diesen "DDR-Laden" vorbei, ohne ihn jemals einen Besuch abzustatten. Dafür wäre jetzt endlich mal Zeit. Ein dunkelblauer "Dederon-Beutel" mit Blümchenmuster weckt meine nostalgischen Gefühle und landet in meinem Besitz. Ich laufe weiter zu meinem favorisierten Schuhgeschäft auf der Suche nach "Hexenschuhen" - Schwarz, spitz zulaufend, halbhoher Schaft und mit großer, silberner Schnalle und Blockabsätzen - zu ausgefallen meine Wünsche und erwartungsgemäß nicht fündig geworden. Noch einmal mit dem Auto wieder zurück zur Wohnung meines Freundes (das Parkhaus am Leipziger Bahnhof verdient ein Vermögen mit mir).
Ich verpasse ihn nur um 25 Minuten gegen 18:25 Uhr und er schreibt mir, daß er wieder zu seiner Arbeit für diese Nacht gegangen ist. Das zweite, enttäuschende Erlebnis für ihn mit mir an diesem Wochenende. Er schreibt auch, ich soll auf seinen neuen Mitbewohner warten, er wird mich reinlassen, wenn er kommt. Tatsächlich parkt nur wenige Minuten später ein Auto mit ausländischem Kennzeichen neben dem Hauseingang. Ein Mann steigt aus und in der Wohnung meines Freundes gehen die Lichter an. Ich steige auch aus meinem Auto aus und klingele an der Haustür. Sein Mitbewohner läßt mich rein und öffnet die Wohnungstür. Ein Marokkaner aus Italien, der mir zu verstehen gibt, daß er nur, wenn überhaupt, italienisch spricht. Mit meinem äußerst minimalen italienischen Vokabular entsteht eine etwas holprige Konversation. Ich kann ihm zumindest sagen, daß ich gerne einen Schlüssel hätte, wenn ich den Sonnabend Abend noch in Leipzig ausgehen will und die Nacht nicht wieder klingeln möchte. Er gibt mir seinen Schlüsselbund, "Grazie".
Den Sonnabend Abend gehe ich noch in ein mexikanisches Restaurant, bevor ich etwas trinken gehe in einem Club mit Punk-Musik. Gegen Mitternacht bin ich aber wieder in der Wohnung meines Freundes und schlafe für ein oder zwei Stunden in seinem Bett. Ich vermisse ihn und kann die weiteren Stunden bis weit nach um 5 Uhr kein Auge zu tun. Ich brauche ihn zum Einschlafen. Er ist so etwas wie mein Teddybär. Kurz vor um 6 Uhr kommt er geschafft und müde von seiner Arbeit und legt sich sofort neben mir schlafen. Kein Sex dieses Mal, aber das ist für mich in Ordnung. Beruhigend flüstere ich ihm noch ins Ohr, daß er jetzt endlich schlafen kann, bevor auch ich wieder meinen Schlaf finde.
Gegen 9 Uhr am Sonntag Morgen muß ich wieder aufstehen. Gegen 11 Uhr wollen ein paar Bekannte vorbeikommen und Möbel für so eine Art "Flüchtlings-Möbelhaus" für ein paar Tage in seiner Wohnung zwischenlagern. Bis dahin muß ich weg sein. Kurz vor 11 Uhr erhält er deshalb einen Anruf und ist für einen kurzen Moment wach. Da ich ihn sonst nur schlafend kenne, nutze ich diese kurze Gelegenheit, ihm endlich die vielen Dinge zu sagen, die seit Wochen auf meiner Seele liegen.
"I marry you, if you need a permission to stay in Germany."
- "No. I have a permission."
"I have made a test for HIV some weeks ago. I'm HIV negative."
- "What does that mean?"
"Everything is OK."
"I suffered of sleeplessness the last weeks. Only with you I can find some sleep. I feel so relaxed next to you. That's so nice."
Mit einem Abschiedskuß auf seiner Wange, verlasse ich ihn wieder. Er sieht so wunderschön aus, wenn er in dem Sonnenschein durch die Jalousien schlafend in seinem Bett liegt. "You're so beautiful" flüstere ich ihm noch an der Türschwelle zu seinem Zimmer stehend zu, während ich mich, den Tränen nahe, von ihm abwenden muß und durch die Wohnungstür verschwinde.