Die ganze Reisegruppe schleppt schon seit Beginn einen Infekt mit sich, wahrscheinlich in der zweiten Runde schon eine Reinfektion (die Zugreise, die langen Busfahrten, der Inlandsflug und die vielen Hotel-Klimaanlagen).
[17.11.23 / 21:34]✎ Die ganze Reisegruppe schleppt schon seit Beginn einen Infekt mit sich, wahrscheinlich in der zweiten Runde schon eine Reinfektion (die Zugreise, die langen Busfahrten, der Inlandsflug und die vielen Hotel-Klimaanlagen). Ich dachte, ich sei dagegen immun – auf dem letzten Reisestopp erwischt es mich auch, hier kommt meine umfangreiche Reiseapotheke gegen allerlei Erkältungssymptome zur Geltung. Den Auftakt zur morgendlichen Stadtbesichtigung in Kolkata verspäte ich mich um ganze zwanzig Minuten (bin aber auch nicht die Einzige … siehe erste Zeile).
Erster Besichtigungspunkt für mich: der große Blumenmarkt in Kolkata. Ein Geflecht an engen Gassen, zweistöckige Stände – unten die Blumenketten binden und verkaufen, oben die Saison übernachten. Es gibt für jedes Ritual, für jeden Zweck eine besondere Blumendekoration. Nur die zu vielen und eng anstoßenden Menschen ist nichts für mich. Für Fotos habe ich gar nicht den Blick und den Gedanken … ich bin komplett ausgelastet damit, der Gruppe und dem Reiseführer zu folgen (zum Glück gibt es in unserer europäischen Gruppe viele blonde Haare).
Weiter über die große Stahlbrücke über den Ganges, sie wurde von den Engländern erbaut, ich wusste bis hierhin noch gar nichts von ihrer Existenz. Die anschließende Stadtrundfahrt führt noch an weiteren Kolonialbauten vorbei (ich trage für diese letzten beiden Tage extra mein grün-weiß kariertes „Kolonialkleid“), mit Ausstiegsmöglichkeit und Fotostopp.
Abschluss des Tages ist der Halt in einem Kaffeehaus im Universitätsviertel. Ein Studenten-, Philosophen- und Literatur-Café. Eine Institution in Kolkata mit langer Geschichte? Vielleicht aber auch eine Kette an Cafés über die ganze Stadt verteilt. Ob wir nun das eine Kaffeehaus getroffen haben, weiß ich erst hinterher. (Ja.)
Gleich daneben, der Büchermarkt. Meistenteils eingeschweißte Fachbücher mit Grundlagen der vielen Fächer für die Studenten. Nur ein Stand hat etwas speziellere Bücher für das Ingenieurwesen. Die meisten Buchtitel sagen mir etwas (es geht in die Richtung von dem, was ich studiert habe). Sehr fachspezifisch, alt und gebraucht. Ich frage nach, ob sie auch das Buch über die „Programmiersprache C“ haben (das von den beiden bärtigen Gurus die damit Mitte der 1970er UNIX entwickelt haben). Die beiden Verkäufer verneinen. Das Buch – die Referenz-Bibel aus der Computer-Urzeit – finde ich allerhöchstens noch in einem Buchantiquariat. Ein Versuch war es wert. Zurück zum Bus und zurück zum Hotel.
Die Sonne geht schnell unter, hinter den dunkel-grau-blauen Wolken. Der Regen ist ausgeblieben. Durch die langen Besichtigungstouren bleibt gar keine Zeit für ein Bad im Hotel-Pool, Der schwarze Bikini in meinem Koffer bleibt wohl die ganze Reise unbenutzt. Ich laufe nach dem Abendessen lieber an dem riesigem Koi-Karpfenteich entlang und ziehe eine lange Spur hungriger Fische hinter mir her.
[16.11.23 / 22:33]✎ Gegen vier Uhr aufstehen, noch vor Sonnenaufgang mit dem Touri-Bus runter zum Ganges. Selbst um fünf Uhr morgens sind die Straßen zu den Ufertreppen nicht mehr frei! Viele Menschen möchten in dem heiligen Fluss ein Bad nehmen.
Umstieg auf das Aussichtsboot, mit tuckernden Motor treibt das Boot von der Treppe weg und den Ganges entlang, ich habe schnell meine Lieblingsstelle am Heck auf der oberen Plattform an der Reeling für mich entdeckt. Fotos, viele Fotos. Ich will unbedingt das Motiv treffen, das auch so aus vielen Reiseführern bekannt ist. Welches Ghat das ist, weiß ich nicht.
Den Tag vorher lag über der Stadt schon der verbrannte Geruch in der Nase. Vom Boot aus sehe ich die Feuerstellen. Einige Tote werden dort den Morgen verbrannt. Eine Feuerstelle qualmt noch vor sich hin.
Mit Einsetzen der Helligkeit und dem Vertreiben des Dunkels der Nacht, sehe ich immer mehr Menschen die Treppen zum Wasser hinuntersteigen, als wäre es … als ist es das Normalste der Welt. Weiter vorbei an den pittoresken, mehrgeschossigen Bauten. Diese Stadt gibt es schon ewig.
Landung an einer anderen Treppe, die Feuerkugel der Sonne glimmt rötlich hinter dem dichten Nebeldunst, Varanasi ist die einzige Stelle, an der der Ganges nach Norden fließt und ein Sonnenaufgang vom Ufer aus sichtbar ist. Sammeln für ein Fotomotiv an einer Feuerstelle, die Reste einer grauen Asche nur eine Fußbreit entfernt. Durch die engen Straßen zurück zum Bus.
Gegen Mittag, das Flugzeug nach Kolkata. Irgendwo hinter der dunstigen Wolkenschicht sehe ich von meinem Fensterplatz aus die majestätischen Gipfel des Himalaya aufragen. In Gedanken male ich mir aus, wie viele Kletterer da jetzt wohl in Kolonnen die Achttausender erklimmen.
Landung in Kolkata, anderes Wetter, eine dichte Wolkenschicht. Meinen Schirm habe ich für alle Fälle mit im Koffer, auf der Wetterkarte vor ein paar Wochen sah es so aus, als fegt gerade ein tropischer Zyklon den Golf von Bengalen vorbei. Der neue Touri-Bus fährt vom Flughafen direkt zum Hotel.
Dieses letzte Hotel auf der Rundreise wurde vom Veranstalter als äußerst luxuriös angepriesen – tatsächlich ist nur das benachbarte Schwesterhotel der Luxusklasse zuzuordnen. Ein vierzigstöckiger Protzbau, der mit seinen neoklassizistischen Elementen auch so in Vegas oder Moskau hätte stehen können. Mit der Schlüsselkarte erreichen wir (über einen Verbinder) auch die Lobby dieses Hotelmonstrums und können einen Blick hineinwerfen, so weit unsere unterste Sicherheitsbefugnis reicht. Alles Marmor, riesige, Ballsaalartige Treppen. Unser Hotelblock daneben ist mit seinen 7800 Rupien die Nacht nicht mehr, als ein besseres „Stundenhotel“.
Beide Hotels liegen in derselben Anlage, eingezäunt mit Mauern und Stacheldraht, um die arme Bevölkerung von draußen fernzuhalten. Wieder eine „Gated Community“ irgendwo am Stadtrand dieser ostindischen Metropole. Uns bleibt nichts anderes übrig, als hier drinnen (geschützt) auf das Abendessen zu warten. Draußen wären wir verloren? Polizeisirenen, von der angrenzenden Hochstraße, dringen ständig von außen in das geschlossene Hotelzimmerfenster durch. Schwere Gardinen schirmen alles ab.
[15.11.23 / 22:05]✎ Der Aufenthalt in dieser Stadt ist zu kurz, um ihr noch eine zweite Chance zu geben. Auch wenn es den Morgen etwas besser aussieht – Allahabad (jetzt in Prayagraj umbenannt) kann komplett aus dem Programm gestrichen werden, lohnt sich nicht. Die Stelle mit den zwei Flüssen ist am besten von der Autobrücke aus zu sehen.
Den Vormittag weiter Richtung Varanasi – mit Zwischenstopp in Sarnath – der Stelle, an der Buddha (der Erwachte) seine erste Rede gehalten hat. Jetzt eine Ruinenanlage alter, geschliffener Kloster, eine (zum Teil rekonstruierte) Stupa, eine Pilgerstätte daneben. Etwas in der Mittagssonne herumlaufen, viele Besucher.
Weiter hinein nach Varanasi. Für eine halbe Million ausgelegt, eine Stadt mit drei Millionen Einwohnern. Von der Regierung aufgehübscht, für Touristen vorzeigbar, im Verkehr das totale Chaos / ein Kollaps. Zu viele Menschen.
Aarti-Zeremonie, Varanasi
Stunden später, bereitmachen für die Lichterzeremonie am Ganges. Ich habe mir im Hotelshop gleich zwei billige Fußkettchen gekauft, eines davon trage ich, zusammen mit meiner indisch inspirierten Tunika und einer simplen, schwarzen Leggings. Die Fahrradrikschas führen die Touristengruppe bei Anbruch der Dunkelheit runter zum Ufer des Ganges. Im dichtgedrängten Verkehr.
Der Guide hat ein paar Sitzplätze organisiert, weit oben – die hintersten Plätze – eine Reihe Monobloc-Stühle. Sehr viele Menschen … die dicht gedrängten Boote haben vielleicht die bessere Aussicht auf die Aarti-Zeremonie. Egal, beeindruckend ist es trotzdem. Ob sie diesen Aufwand mit der Live-Musik und den rituellen Handlungen mit dem Weihrauch und den Feuerlichtern wirklich jeden Abend machen? Bei so einer großen Bevölkerung kommen immer genug Reisende, Pilger und spirituell angehauchte Teilnehmer.
[14.11.23 / 22:10]✎Prayagraj (ehemals bekannt unter den Namen „Allahabad“). Nach sieben Stunden im Bus, quer durch Uthar Pradesh, Ankunft gegen Sonnenuntergang. Besichtigung der Stelle, an der der Ganges und der Yamuna zusammenfließen … Wo bin ich hier? Eine platt getrampelte Ödlandschaft, aggressive Bettler und ein Haufen Obdachlose in ihren orange-roten Kutten, die nervös bis gereizt wirken, wenn man ihren eingezäunten Sandburgen zu nahe kommt.
Von der heiligen Stelle mit den beiden Flüssen ist nichts zu sehen, nur Nebeldunst oder Staub aus weiter Ferne. „Sieht aus, wie in Kasachstan.“ (Nur hier eben als übergroße Müllkippe.)
Die Stadt wirkt arm, ärmer, als alles andere, was ich sonst in Indien gesehen habe. Das Hotel – als „Gated Community“ – erreichen wir mit Rikschas oder Tuk-Tuks – der Bus hat sich verfahren und kann unter einer Brücke nicht mehr vorbei – kein Vorwärts und Rückwärts, kein Wenden mehr möglich, im dichten, indischen Straßenverkehr den Abend. Ankunft im Hotel, für eine Nacht, mit im Bus zurückgelassenen Koffern (die werden später den Abend noch nachgeliefert). Dafür ist das Essen dieses Mal indisch-authentisch scharf … viele westliche Touristen gibt es hier nicht, die überfliegen diesen Moloch für gewöhnlich, auf dem Weg nach Varanasi.
[13.11.23 / 21:37]✎ Den Vormittag, nach dem Frühstück, zur westlichen Tempelanlage in Khajuraho. Eine weitläufige Anlage mit verschiedenen Tempeln. Einer davon ist sogar noch in Benutzung und wird von verschiedenen Besuchern zum Ausklingen des Diwali-Festes verwendet.
Ich die Tempelanlage fotografierend, Khajuraho
Nach der Tour mit dem Guide, alleine durch das Feld, diese Bauten sind berüchtigt für ihre erotischen Reliefdarstellungen, quer durch das Kamasutra (für westliche Europäer nur schwer zu verstehen). Fotos machen. „Schätze der Welt, Erbe der Menschheit – Khajuraho“ – langsame Kameraschwenks, Standbilder, in denen sich, bis auf ein paar Blätter im Wind, nichts bewegt – und eine ruhige Erzählstimme (hätte ich eine Videokamera dabei).
Ein Tempel – er ist dem Gott Shiva gewidmet – ein Bildnis zeigt die Figur mit Parvati zusammen, halb Mann, halb Frau. Meine Fotokamera für ein Detailbild darauf gerichtet: „Ich darf das!“ (Der Tempel ist auch nicht mehr in Benutzung und auch nicht mehr so heilig).
Mit dem Bus weiter zu dem östlichen Anlagenfeld. Auch von diesen Tempeln mache ich ein paar Bilder. Die Reliefs wiederholen sich fast immer wieder. Die Mittagssonne drückt. Ein langer, grüner Rock, zwei Tops mit Spitze und Häkelornamenten schwarz-weiß übereinander. Mein Strohhut schützt mein Gesicht … doch ein beginnenden Sonnenbrand kann ich bereits fühlen.
Den Nachmittag steht eine Safari auf dem Touristenprogramm. Den Rock habe ich im Hotel gegen die „Jeggings“ vom Vortag getauscht. Im Nationalpark angekommen, sehe ich, dass die Jeeps oben offen sind – drei Stunden Fahrt ohne Verdeck? Panisch ziehe ich die Sonnencreme aus meiner Umhängetasche und schmiere mein ganzes Gesicht und meinen Oberkörper damit ein. Das ich mich dabei fast ausziehe … aus Furcht vor einem fiesen Sonnenbrand kenne ich keine Scham mehr. Pünktlich zum Start der Tour ziehen Schleierwolken auf und die Sonne verschwindet dahinter.
Welche Tiere gibt es hier zu sehen? Angeblich Tiger. Ich mache nur Fotos von Hirschen, verwackelte Aufnahmen aus der Fahrt heraus (wenn der Jeep den Motor wieder angelassen hat). Große Spinnennetze, eine tote Schlange – „Äußerst giftig!“ Geier und schöne Landschaften – aber Gefallen finde ich erst bei der Jeep-Tour selbst. Steiniges Gelände, auf und ab, quer durch. „Nochmal!“ Wäre nach dem Sonnenuntergang die Temperatur nicht so rapide abgefallen, mit der richtigen Ausrüstung und Bekleidung könnte ich hier noch länger bleiben. Safari Lodge?
Den Abend zurück zum Hotel, den ganzen Staub wegduschen, den ganzen roten Staub aus meinen Sachen klopfen – Das muss für den nächsten Tag noch gehen! Mein begrenztes Bekleidungssortiment im kleinen Handgepäckkoffer ist für je zwei Tage ausgerichtet.
[12.11.23 / 22:50]✎ Die dritte Zugfahrt, den Morgen von Agra aus irgendwo in die Mitte von Nordindien. Wieder ein Expresszug der klassischen Art. Die Kofferträger tragen alles vom Busausstieg bis in das klimatisierte Zugabteil. Die Zeit bevor der Zug einfährt, noch genug Momente die Bahnhofsatmosphäre auf Bildern einzufangen … Ratten (niedliche Tiere).
Weiterfahrt und Ankunft gegen Mittag, die Türen des Wagons wurden schon einen Kilometer vorher geöffnet. Neuer Bus, nach drei Stunden im Zug, noch einmal drei oder vier Stunden im 60-km/h-Tempo auf der Autobahn. Hauptsächlich im Slalom, um den vielen Kühen auszuweichen. Am Nachmittag dann ein Stopp in Orchha … noch mehr Kühe, einige recht fotogen, die Tempelanlagen und historischen Bauten (mit engen Treppenaufstiegen im tiefsten Dunkeln) werden fast zur Nebensache.
Weiter bis in den frühen Abend nach Khajuraho. Kurzer Stopp in einem Motel mit Imbiss, einen Chai trinken, den Verkaufsladen für Souvenirs nach einem Fußkettchen durchstöbern.
Das Hotel erreichen wir am Abend. „Happy Diwali!“ Ich bin mir noch nicht so sicher, ob ich mir das angekündigte Feuerwerk im Garten des Hotels ansehe, so fertig bin ich von der Fahrt, tue es dann aber doch. Ungewöhnlich, ein Feuerwerk, bei dem die Menschen einfach nur glücklich sind – kein „Krieg“, keine Polizeisirenen, keine Kapuzenpullover, keine Vermummung. Es gibt sogar diese aufsteigenden Lampions mit Kerzen (oder Esbit), bei uns verboten, hier steigen sie einfach in die Luft, fallen verglühend wieder runter, in einen Baum, auf einen Balkon – und es passiert nichts. Wieder Abendessen im Hotel. Vielleicht bin ich so gelassen, weil ich mir den Nachmittag zurück in Orchha bei einem Priester mein Tempelbändchen am Handgelenk geholt habe.
[11.11.23 / 22:02]✎ Besichtigungsmoment des Tages: das Taj Mahal. Schon wieder … Letztes Mal ist meine weiße Tunika ein Tag vorher kaputt gegangen – jetzt hat sie ihre zweite Chance! Vom Hotel aus den Morgen im Nebeldunst mit dem Reisebus zum Umstiegspunkt auf das Elektromobil für die vielen Besucher, die zum Eingang des prächtigen Grabmals wollen.
So viel weißer Marmor – auch in dem trüben Morgendunst wirkt dieses Bauwerk beeindruckend – auch beim zweiten Mal. Mitgenommen habe ich nur meine Kamera, ich will nur die nötigsten Fotos machen, keine Selfies, die Stelle mit der Spiegelung im Wasser fehlt mir noch [Anm. der Verfasserin: eine Variante ohne Touristen davor]. Für Potraitaufnahmen werde ich von einem der vielen Fotografen angesprochen, nur hundert Rupien pro Motiv in cineastischer Bollywood-Pose … ich stimme zu und nehme mir die Zeit (die Bilder bekomme ich später).
Taj Mahal, Agra / November 2023 / Alter 41
Weiter die weitläufige Anlage, näher an das Grabmal heran. Die Becken sind ohne Wasser, ein paar Fotos aus der Froschperspektive. Am Eingang an der Fundament-Plattform angekommen, Wechsel auf die Schuhüberzieher und mit den weiteren Touristen hinein in das Innere. Anders als 2018, werde ich dieses Mal nicht mit hindurchgedrückt, ich kann mir genug Zeit lassen, die zwei Grabstellen, des Mogulkaisers und seiner Frau, zu umrunden. So viele filigrane Details zu bewundern …
Den Nachmittag, der Touri-Bus hält an ein paar obligatorischen Einkaufsgelegenheiten, die Juwelen- und Garnstickerei, Hoflieferant vergangener Herrscher, übersteigt mein Budget. Von sündhaft teuren Spontankäufen, die ich danach sicher bereue, halte ich mich tapfer fern. Auch wenn dieses gestickte Kunstwerk sehr hübsch aussieht – was soll ich dann später damit? Es dient nur dekorativen Zwecken.
Weiter zu einem Laden, oben Tee und Gewürze, unten Tücher, Schals und Textilwaren. Die Reisegruppe plündert alles, hinterlässt ein Schlachtfeld. Gewürzmischungen und Tees kaufe ich woanders, Schals habe ich genug. Dieser Stopp ist für mich nur eine Toilettenpause (viel sauberer und privater als die beim Taj Mahal für Abertausende).
Zurück zum Hotel, bevor es den späten Nachmittag weiter zum Roten Fort geht, ein Stück „Black Forest Cake“ unten am Café in der Nähe der Lobby. Für das Bezahlen bleibt mir kaum ein Moment, mein Darm schlägt durch (kommt immer auf einer Reise nach Indien).
Später den Nachmittag, die Festung und der Palast wurden uns bei der letzten Reise vorenthalten. Ich bin auf der Suche nach dem berühmten Fotomotiv mit dem kleinen Türmchen auf der Festungsmauer und dem schneeweißen Taj Mahal im Hintergrund, fern am Horizont, hinter dem Yamuna Fluss. Die Besichtigungstour dauert bis zum Sonnenuntergang, bis wir auch diesen letzten Winkel erreichen. Bis dahin habe ich unzählige Fotos gemacht, die Batterie gibt ihr letztes Bild und das verschleierte Sonnenlicht hinter all dem Dunst ist sowieso weg. Ein ausgiebiger Tag – nur eingekauft habe ich nichts.
Das ändert sich zurück im Hotel. Den Tag vorher in dem Laden für Kaschmir und Pashmina einen leichten Schal anprobiert und wieder beiseite gelegt – jetzt den Abend, auf dem Weg zum Dinner, kaufe ich ihn doch. Es ist immerhin Diwali.
Ein Laden daneben, eine Außenstelle des Juweliers vom Nachmittag? Mit hineingezogen, betrachte ich die Silberringe mit den Peridots, die mir vom Verkäufer präsentiert werden – natürlich passt dieser eine Ring mit dem grünen Stein und den funkelnden Zirkonen wunderbar zu dem Schmuck, den ich bereits trage: mein anderer Silberring mit Peridot und der Armreif mit den Glitzersteinen … Als wäre ich schon immer auf der Suche nach diesem einen Ring gewesen. Ich muss ihn kaufen. So einen habe ich schon immer gesucht. Der Verkäufer steckt ihn mir an, ich könnte später nach dem Essen bezahlen. „You should not trust me!“ Ich vergewissere mich noch einmal und verlasse mit dem Ring an meinem Finger den Laden. Nicht um Abendessen zu gehen, hoch auf das Zimmer, Geld holen. Dieser Ring ist zu meiner natürlichen Hülle geworden und geht mit dem anderen Schmuck auf. Diwali, Vorabend zum Hauptfeiertag – wo ist das Feuerwerk?
[10.11.23 / 22:25]✎ Den Tag unterwegs nach Agra, Rischikesch verlassen wir noch vor dem Sonnenaufgang am frühen Morgen, mit dem Bus zurück nach Haridwar. Auf der Hinfahrt war der Schnellzug noch sehr traditionell gehalten, die offenen Fenster mit den Stäben davor (nicht die Erste Klasse), das rudimentäre Steh- oder Hock-Klo (mein erstes Mal) und die nicht so kalte Klimaanlage … angenehmer hatte es nur der mutige Mann, der bei über hundert Kilometer die Stunde die Tür öffnet und sich an den Rand nach draußen stellt (ich sitze derweil daneben auf dem Notsitz und warte auf die freie Toilette).
Der Zug für die Rückfahrt Richtung Delhi dagegen, ist ein moderner Schnellzug, entworfen und hergestellt in Indien (ICE-Klasse). Eiskalt temperiert und mit bequemen Sitzen. Auch die Fenster sind noch nicht so sehr „verschleiert“. Ich schlafe fast die ganze Fahrt.
Vier Stunden später, eine Haltestelle vor Delhi, Ausstieg und Umstieg in den Bus. Vor uns liegt noch eine mehrstündige Fahrt auf der Autobahn – im besten 60-km/h-Moped-Tempo. Kurze Kaffeepause an der Raststätte, ich bin so übermüdet (brutal um fünf Uhr aufgestanden), ich trage noch meine übergroße Sonnenbrille. Für die Toilette auf der Raststätte möchte ich sie lieber nicht abnehmen.
Wie die Reise 2018, hat auch diese Raststätte einen kleinen Verkaufsraum mit Souvenirs. Auf dem Wunschzettel für die Reise nach Indien 2023 steht ein kleines Fußkettchen, passend zu meinem Münzgürtel, nichts Kostspieliges, nur einfaches, glänzendes Metall – „Ramsch“ aus Souvenirläden (der Verkäufer hatte etwas, aber ich musste zu schnell wieder weg und mit meiner Sonnenbrille konnte ich sowieso nichts genau erkennen).
Ankunft in Agra am späten Nachmittag. Ein Fünf-Sterne-Hotelkomplex. Gated Community? Die besseren Zimmer gibt es auf den anderen Etagen, für Touristen reicht das Budget-Zimmer. Das Hotel ist voller westlicher Reisegruppen (und es gibt natürlich auch Verkaufsläden).
Diesen Tag keine Fotos, die vielversprechende Dachterrasse mit Blick auf das Taj Mahal lohnt sich nicht – es ist bereits dunkel um 19 Uhr und das entfernte Grabmal ist nicht beleuchtet.
Nach dem Abendessen (Buffet – scharf für Europäer) zurück auf das Zimmer, draußen auf den Straßen knallt es überall – indische „Sprengkörper“ – eigentlich ist das Diwali-Fest erst in zwei oder drei Tagen, aber „geböllert“ wird hier auch schon vorher. Ich hänge die Sachen für den nächsten Tag über Nacht raus aus dem Koffer … wie die darin für eine zweiwöchige Rundreise „frisch“ bleiben könnten, habe ich in all den Jahren noch nicht herausfinden können.
[09.11.23 / 21:52]✎ Den Morgen raus zu der Straße den Ganges entlang, der Bus schlängelt sich im raschen Tempo an den steilen Abhängen vorbei. Unterwegs zu dem kleinen Ashram mit den Höhlentempeln – archäologisch nachgewiesen, schon seit Jahrtausenden von Asketen bewohnt. Vashishta Gufa.
Das Ufer des Ganges in dieser scheinbaren Wildnis, der feine Quarzsand in dem trockenen Flussbett – meine Schnürschuhe und alles andere glänzt und flimmert. Der Fluss selbst mäandert an den blank geschliffenen Steinen entlang. Die zwei Höhlen daneben – die kleinere hat einen viel schöneren Ausblick und lädt zum Meditieren ein (auch die großen Steine am Ufer – wenn nicht gerade eine Touristengruppe vorbeikommt).
Zurück zum Hotel, den frühen Nachmittag nichts, erst den späten Nachmittag geht es mit der Gruppe wieder zurück zur Hängebrücke, rüber auf die andere Seite für die nächste Abendzeremonie in Rischikesch. Vorher Besichtigung eines weiteren Ashrams oder Hindu-Tempels. Die beiden jungen Mädchen in Schuluniform, die mir entgegenkommen … habe ich das richtig übersetzt? „Guck mal, eine Hijara!“ Ich fühle mich geehrt …
Es wird dunkel, die Sonne geht unter, die Gruppe nimmt an der Ufertreppe Platz. Dieser Ashram hat Geld: eine große Betoninsel, eine große Shiva-Statue, ein imposanter Pagodenbau, eine Live-Band – die Reden des Gurus werden live auf zwei große LCD-Wände übertragen. Internationale Gäste, die Touri-Gruppe fällt nicht wirklich auf.
Dachte ich erst, es gibt dezente Touri-Gruppen und weniger dezente Touri-Gruppen – stehe ich gegen Ende auch auf der Betonbrücke und mache ein oder zwei Fotos von der ganzen Szenerie. „Verbreitet die Botschaft in der ganzen Welt!“ Diese Prozession hat sich bestimmt schon seit den Sechzigern – seit der Hippie-Zeit nicht mehr verändert (zurück werde ich an einem Beatles-Memorial vorbeigehen). Etwas vom Swami bleibt hängen: „If you are in peace, you will bring peace. If you are in pieces, you will only bring pieces.“
In Gedanken zurück über die andere Brücke, zurück auf das andere Ufer, die Tuk-Tuks zum Hotel. Interessant zu sehen – das, was ich für eine Autobrücke hielt, ist nur eine dreispurige Brücke für Fußgänger (manchmal auch Kühe, jedenfalls die andere Hängebrücke) und zwei Fahrtrichtungen für Motorräder und Roller. Einmal mit der schweren Reiseenduro nach Rischikesch …
[08.11.23 / 22:25]✎ „Ich geh' in 'nen Ashram nach Rishikesh!“ Nach dem letzten Morgen in Delhi im Smog, jetzt ein glasklares Foto vom Sonnenaufgang hinter der Bergkette in Rischikesch.
Frühstück entspannt um neun Uhr, dann mit der Reisegruppe zu Fuß runter zum Ganges, zu dem Ashram gegenüber der markanten Hängebrücke – eine Gesprächsrunde mit dem Vize des Klosters (ich hätte auch eine Frage gehabt, aber die verkneife ich mir: „Können Touristen hier auch mal einchecken, für ein paar Wochen?“, auch mit meiner Stimme möchte ich mich nicht verraten …).
Im Ashram meditierend, Rischikesch / November 2023 / Alter 41
Nach einer kurzen, für mich abgebrochenen Meditation, rüber über die große Hängebrücke zum anderen Ufer des Ganges. Ich kann kaum mit der Gruppe mithalten – zu viele Fotos!
Die andere Seite – der mächtige Ganges fließt nur so dahin, die Treppenstufen sind zu verlockend, um darin, im Wasser, nicht wenigstens den großen Zeh hineinzutauchen … ich tue es.
Weiter den Mittag, oder den frühen Nachmittag (ich habe kein Zeitgefühl mehr) in einen weiteren Hindu-Tempel am Ufer. Die vielen, fast schon kitschigen Portraits der Hauptgottheiten (von Westlern nicht ohne Bewunderung auch einfach nur „Papa Schlumpf“ genannt). Wo ist meine Figur? Bei mir zu Hause im Schrein (als Postkarte): Lord Shiva und Parvati in Eins vereint.
Wieder zurück über die Hängebrücke. Für einen kurzen Moment sehe ich niemanden von der Gruppe (ich habe mich zu weit zurückfallen lassen) und gehe auf einmal auf, unter den ganzen Einheimischen. Das größere Tuk-Tuk bringt die Gruppe den frühen Nachmittag zurück zum Hotel.
Etwas entspannen, dem Sonnenlicht entfliehen, ein Stück Karottenkuchen und eine Tasse Masala Chai im Pool-Café. Gegen 17 Uhr denselben Weg noch einmal zurück, zum Ufer des Ganges, zur Aarti-Lichterzeremonie (ich nenne sie so, wegen dem Feuer).
Es wird dunkel auf den Stufen des Ganges, Vorbereitungen, die Prozession, das Feuer und der Weihrauchnebel. Es wird kühl, ich habe meine Strickjacke mit dabei. Die kleine Gruppe Touristen am Rand stört nicht. Auch wenn meine Gedanken andere sind: „Welcher dieser über die Anlage laut gespielten Verehrungssongs hat die Beatles damals so sehr beeinflusst, dass sie ein ganzes Album danach komponiert haben?“ Zurück den Abend, weit nach Sonnenuntergang, mit den Tuk-Tuks zum Hotel.
[08.11.23 / 00:41]✎ Den Vormittag in Richtung Altstadt von Delhi (auch „Old Delhi“ genannt), erst eine kleine Fußtour (bloß nicht den Anschluss zu der Gruppe verpassen) und dann wieder eine Rikschafahrt. Die Rikschas waren ausgebucht – es wird eine Fahrt mit den Elektro-Tuk-Tuks. Ich war hier schon einmal, die Rückseite der Freitagsmoschee. 2018 noch von oben runter die Straße fotografiert, 2023 vom offenen Elektromobil den Blick nach oben.
Gegen Mittag Besuch der Verbrennungsstätte von Mahatma Gandhi, sehr emotional (der Film mit Ben Kingsley?). Für mich mal eine Gelegenheit, einer dieser grünen (Seiten-)Alleen zu Fuß zu überqueren. Danach noch eine Besichtigung eines „Wassertreppenbrunnens“.
Weiter den Nachmittag zum Bahnhof von Delhi, vor uns liegt eine fünfstündige Zugfahrt mit dem Express zur Haltestelle von Haridwar – von der Stadt sehe ich gegen 20 Uhr im Dunkeln nur noch den Bahnhofsvorplatz. Nur ein Umstiegsstopp in den Touri-Bus nach Rischikesch. Endlich (nach über einstündiger Fahrt und einem abenteuerlichen Parkmanöver in engsten Gassen) in dem kleinen Hotel angekommen. Essen gibt es noch vom Buffet nach 22 Uhr.
[06.11.23 / 20:43]✎ Air India – der ganze Kindergeburtstag fliegt mit. Ich kann kaum schlafen, die neuen Noise Canceling Ear Buds sind ganz nett und wirklich gedämpft angenehm, doch gegen herumspringende Kinder auf den Nachbarsitzen wirken die auch nicht. Acht Uhr nochwas in Delhi angekommen, noch auf weitere Teilnehmer der Reisegruppe warten, einen doppelten Espresso trinken – die Besichtigungstour durch die indische Hauptstadt geht im Anschluss sofort los.
Durch den Smog im trüben Dunst in Richtung historischen Stadtkern aus der Jahrhundertwende. Im dichten Stop-and-go-Verkehr fällt mir vom Touri-Busfenster eine junge Hijara auf, sie läuft zwischen den Autos und klopft an die Fensterscheiben, auf der Suche nach etwas Geld. Ich dagegen, komme aus einer ganz anderen Welt. Sie sieht wirklich sehr hübsch aus.
Erster Besichtigungspunkt – das India Gate. Bei der letzten Reise nur drumherum gefahren, jetzt mit Aussteigen. Nur wenige Minuten später werden wir von vielen einheimischen Besuchern umlagert, die einfach nur ein Foto mit uns machen wollen. Ich trage weiterhin nur den Dress aus der Flugzeugkabine: Jeans und olivgrünes T-Shirt, meinen schwarzen Kaschmirschal, meinen Strohhut und meine übergroße, schwarze Sonnenbrille.
Weiter zum nächsten Stopp, den Gurudwara-Sikh-Tempel (es lag näher dran, als noch ewig weit zum Hotel zu fahren). Leider ist bei diesem Tempel – so eine Art Amritsar im Kleinformat – das Fotografieren verboten, was nicht wenige daran abhält, es nicht doch zu tun. Ein pittoreskes Wasserbassin, ein hübsches Gebäude, eine beeindruckende Armenküche – und eine Wahnsinnsatmosphäre beim Hindurchlaufen durch das Allerheiligste – wie sehr hat mir so ein spiritueller Moment gefehlt bei der letzten Reise!
Weiter den späten Nachmittag zum Hotel für die nächste Nacht (endlich eine Dusche). Ich bin hier schon einmal langgefahren, ich erkenne die Straßenzüge wieder. Und wieder nur die hübsche Gartenstadt (das Diplomatenviertel?) nur im Vorbeifahren.
[03.11.23 / 00:42]✎ Eigentlich wollte ich meinen neuen Beetlejuice-Blazer auf der Halloween-Party anziehen, schwarz-weiß gemustert in Kombination mit dem schwarzen Spitzenkleid, doch dann habe ich beim Einkaufen mit den zwei Kolleginnen von der Arbeit dieses Glitzerkleid auf der Stange im Kaufhaus entdeckt … über und über bedeckt mit unzähligen, silbrigfarbenen Pailletten! Ich muss es kaufen! Anprobiert und es passt. Von meiner Lieblingsmarke mit den zeitlosen Hippie-Kleidern. Die beiden Kolleginnen fanden auch, ich sehe darin umwerfend schön aus. „Kauf es.“
Montag der 30. Oktober, die Nacht vor Halloween, den späten Nachmittag auf der Autobahn Richtung Leipzig. Ich habe ihm wieder eine Nachricht geschrieben, das vertraute Hotel am nördlichen Stadtrand – miese Bewertungen, aber ich reserviere da schon seit vielen Jahren Zimmer für mich – und uns. Es ist günstig und sauber. Das das Mobiliar schon einmal besser ausgesehen hat, egal. Meine Zeit nach dem Check-in reicht nicht mehr, um ihn noch einzuladen – ich brauche die Stunde, um mich ausgehbereit zu machen. Die Dusche mit dem zum Parfüm passenden, schweren, orientalischen Duschbad, das Parfüm selber und einen filigran gezeichneten Kajalstrich am Augenlid. Mascara. Nur Schwarzes, kein Lippenstift. Aus dem Bad kommend, ich ziehe vorsichtig mein neues Paillettenkleid über. Untenherum reicht die bequeme, schwarze Yoga-Stoffhose, in Kombination mit den halbhohen, schwarzen Stiefeletten mit den laut krachenden Absätzen. Vorsichtig meine schwarze Lederjacke überstreifen – beim Anprobieren in dem Kaufhaus bin ich mit meinen langen, blonden Haaren schon an all den Pailletten hängengeblieben, beim Aus- und Anziehen (und alles in die Tragetasche rollen) fallen immer wieder ein paar Pailletten ab. Ich sammele sie ein, vielleicht kann ich sie irgendwann wieder annähen. Kurz nach 19 Uhr, ich bin raus und nehme das Auto zu der Party nach Connewitz (so überall blinkend, traue ich mich nicht in die Straßenbahn).
Es regnet, nieselt, ich bin schon länger nicht mehr hier gefahren, die Straßenmarkierungen verschwinden in der nassen Dunkelheit, welche neu aufgemalt sind … keine Ahnung. Am Kreuz angekommen, einen Parkplatz suchen, scheiß Wetter, ich zwänge mich in die engste Lücke, es muss nur so viel Platz sein, dass ich mit dem aufgespannten Regenschirm aussteigen kann. Mein schwarzer Kaschmir-Schal wickelt sich mehrfach um meinen Hals. 19 Uhr ist Einlass, 20 Uhr geht die Party los. Zwei Bands werden vorher noch spielen, das Ticket gab es im Vorverkauf.
Ich bin da und laufe auf dem nassen Kopfsteinpflaster zum Eingang auf dem Innenhof – genau wie Pfingsten. Alles ist vertraut, meine Gothic-Szene. Werde ich akzeptiert in meinem Glitzerkleid? Für alle Fälle trage ich meine schwarze Punker-Kutte mit den Buttons und dem Aufnäher. Es sind schon einige Leute da. Mein Weg nach drinnen führt mich schon gleich an der Bar vorbei, eine Flasche Koffein-Brause. Die Handtasche gebe ich an der Garderobe ab, Bargeld für Getränke und etwas Make-up-Utensilien verbleiben in meiner schwarzen Leder-Clutch, die ich extra dafür – also vor der Bühne herumstehen – mit in meine große Handtasche gesteckt habe. Die Lage beobachten, die nach und nach kommenden Gäste in ihren Gothic-Szene-Outfits. Der Reißverschluss meiner Lederjacke wandert ein Stück nach unten, neben dem Glitzerkleid leuchten Buttons und die silbernen Nieten auf dem Revers.
Die erste Band … aus Berlin, mit eigenen Fans ganz vorne? Ich stehe weit hinten. Nur wenn der Synth-Kram punklastig wird, kann ich mich daran erfreuen. Die zweite Band: ja, sie kommen aus Leipzig. Jeder hier kennt sie, ich habe auch eine Platte von denen. Sie präsentieren ihr neues Album, ich war schon am Merchandise-Stand in der Plattenkiste stöbern – war auch was Interessantes dabei (1979s Cali-Punk), wenn das die Nacht noch weiter verkauft wird, nehme ich später zwei Platten mit (die Band, die gerade auftritt und die Scheibe, die ich gerade herausgezogen habe), dann kann ich die nach dem Verlassen des Clubs mit zu meinem Auto tragen. Leider wird der Verkaufsstand nach den Auftritten der Bands schnell wieder aufgelöst und mir bleibt nur der übliche Internetversand.
Draußen zwischen und nach den Konzerten, nass-kaltes Wetter. Ich bin hungrig, habe seit dem Mittag nichts mehr gegessen. In dem kleinen Restaurant auf dem Innenhof ist bestimmt schon wieder die Küche zu. Meine Mate-Brause auf einen der Stehtische draußen abstellen, mein Telefon ansehen. Nichts. Er meldet sich nie, er wird nie hierherkommen. Einzig seine Nachricht, ich soll ihm schreiben, wenn ich dann nachher den Club verlasse und zurück zum Hotel fahre. Immerhin … ich könnte die Nacht noch Sex haben.
Im Club auf der Tanzfläche, die erste Stunde gehen die Songs in die Punkrichtung. Meine Lederjacke ist mit einer zweiten Papiernummer auch schon in der Garderobe gelandet. Das Pailletten-Glitzerkleid und mein extra darunter noch angezogenes, schwarzes Baumwoll-Stretch-Unterkleid sind warm genug. Jeder Schritt auf dem Boden, jede Bewegung zum Takt der Musik – ich könnte bestimmt eine Spur an verlorenen Pailletten hinter mir herziehen (aber es ist nur eine Befürchtung, so viele sind es doch nicht).
Weit nach Mitternacht, eine zweite Flasche Brause, die DJs wechseln sich ab und jetzt kommt das, worauf ich gewartet habe: das Italo-Disco-Set! Genau dafür ist mein Kleid da, genau dafür bin ich hier, genau dafür bewege ich mich auf die Mitte der Tanzfläche hinzu und suche die flackernden Lichter auf dem Boden. Ich will in dem Schein mit tausenden Glitzer-Scheibchen untergehen. Die mir vertrauten Songs, meine Bewegungen, ich halte durch, ich komme hier erst wieder runter von der Tanzfläche, wenn das DJ-Set beendet ist. Ich werde sogar angesprochen, auf mein hübsches Kleid.
2 Uhr nochwas die Nacht, eine Flasche stilles Wasser von der Bar. Noch eine Runde durch den Club, den Barhockern an der einen Ecke, dem verwaisten Verkaufsstand, die leeren Tische, die Bar hinten und die Bühne vorne. Zeit zu gehen, so viele Gäste sind hier nun auch nicht mehr (es gibt mehrere Halloween-Partys in der Nähe, einige auch mit Kostüm). Ich will zurück ins Hotel. Ich weiß, ich kann ihn nicht so lange warten lassen, irgendwann verliert er bestimmt die Geduld, oder schläft ein, oder ist – im schlimmsten Fall – schon wieder sturzbetrunken, und dann läuft gar nichts mehr und ich bin die Nacht wieder allein. Meine Jacke und meine Handtasche von der Garderobe holen. Den Wollschal herauskramen, den Regenschirm aufspannen und den Club über den überdachten Innenhof verlassen. Zurück zu meinem geparkten Auto. Alles spiegelt sich auf dem nassen Asphalt, die Spuren kann ich nur erahnen, mein Gefühl lenkt mich durch die Nacht.
Am Hotel in meinem gebuchten Zimmer angekommen, ganz oben, die letzte Etage – nicht die „Pent-House-Suite“ vom anderen Ende des Flurs. Im Badezimmer das ganze Mascara wegwischen, mit überaus höchster Vorsichtigkeit mein schweres Paillettenkleid über den Kopf ziehen … ich kann es nicht verhindern, ich bleibe immer mit meinen langen, blonden Haaren daran hängen. Erst jetzt schreibe ich ihm eine Nachricht, ich bin wieder zurück im Hotel. Seine Antwort: er kommt. Es bleibt noch Zeit für eine Dusche.
3:30 Uhr und es klopft an der Zimmertür, ich habe gerade das nasse Duschhandtuch weggelegt und öffne ihm nur noch mit meinem schwarzen Slip bekleidet, die Tür. Er wirkt gar nicht betrunken. Er sagt kaum was. Er umarmt mich, ich versuche wieder mit meiner Nase an seinen Hals zu gehen und seinen Geruch aufzunehmen. Mein Bein umschlingt sein Bein, ich drücke mich an ihn. Ein Kuss, er zieht sich aus, wirft seine Winterjacke über den Stuhl, zieht sich den Gürtel aus. Ich ertaste hinter mir das große Bett und lasse mich fallen. Mein Blick weicht nicht von ihm. Es ist alles sehr still.
Er führt mich, mein Mund, meine Lippen, meine Zunge an seinem Glied und dem Hodensack. Ich nehme seine Eier. Ungewohnt? Es scheint ihm zu gefallen. Er legt sich auf das Bett, ich weiß, wohin das führt, ich nehme sein Stück wieder in meinen Mund und gehe schrittweise tief. Tief, tiefer. Ich halte … der Würgereflex setzt erst ein, wenn ich wieder nach oben gehe. Wir wechseln die Position, er legt mich auf meinen Rücken, spreizt meine Beine und dringt in mich ein. Was machst du da? Mein fragender Blick … wir beide wissen, dass das da nicht sehr tief bei mir ist. In diesen Moment wünsche ich mir nichts mehr, als endlich eine dritte Operation, um ihn voll und ganz vaginal in mich aufzunehmen. Verdammt … Es ist die richtige Position, bei der ich mich ihm vollkommen hingeben könnte.
Wir kehren zurück zu dem, was ich am besten kann: oral und tief, so oft, wie er will, so oft, wie er es von mir fordert. Mein Speichel, das Sekret, es läuft alles in meine Nasengänge. Er kommt in mir, ich kann ihn schmecken … der meiste Teil ist schon so tief, der andere Teil – ich schlucke. „Du musst dich da unten nicht sauber machen, da ist nichts. Das ist jetzt alles in mir drin.“ Ich fahre mit meinem Finger meinen Hals abwärts runter zu meiner Brust. Kommt jetzt noch etwas? Ich weiß, um mich komplett aufzulösen, muss er mich anal von hinten nehmen … oder von vorne. Genau so, wie du es schon vor vielen Jahren mit mir gemacht hast, als ich dich über alles geliebt habe!
Er fragt nach der Uhrzeit. 4:30 Uhr. „Shit.“ Er muss gehen, er hat den Morgen noch einen „Job“ in Berlin zu erledigen. Er ist jetzt der Fahrer, der, der die schwarzen Audi-Limousinen fährt. In meiner Phantasie – beeinflusst von den Serien mit den arabischen Clans im Unterwelt-Milieu – wirkt er jetzt noch viel anziehender. Seine Schwäche ist nur der Alkohol und seine Liebe zu gefallenen Engeln … solche, wie ich. In der Realität ist er der Mann mit dem Namensschild am Flughafen, ich hoffe, ich habe ihn nicht schon wieder den Job gekostet, wenn er jetzt innerhalb von einer Stunde die Autobahn dahin brettern muss, um pünktlich um 6 Uhr am Flughafen zu sein. Ich sehe ihn wieder sich anziehen. Eine Umarmung und er schließt die Tür hinter sich. Ich bleibe wieder allein nackt auf dem Hotelbett sitzend zurück.
[23.10.23 / 01:09]✎ Alte Fotos, neu bearbeitet. Die letzten Wochen, das Motorrad steht seit der Harztour Anfang September in der Garage, meine „zwischenmenschlichen“ Kontakte beschränken sich auf vielleicht mal ein eineinhalbstündiges Videotelefonat, die Sommermonate zuvor habe ich viel zu viel Geld ausgegeben – ich muss dringend ein oder zwei „Sparmonate“ einlegen, bevor ich mit der nächsten Reise mein Konto wieder weit ins rote Minus stürze. Zeit genug, ein paar nächtliche und einsame Computer-Wochenenden einzulegen.
Ein lange gehegter Wunsch, meine alten Digitalfotos von vor fünfzehn oder zwanzig Jahren etwas aufzuwerten, mit höherer Auflösung und mehr Details, meinen aktuellen Fotos in der Web-Galerie angepasst. Die Fotos liegen digital auf der Festplatte – nur die Schritte, wie ich sie damals mit Photoshop bearbeitet hatte, kann ich nicht mehr nachvollziehen … Retuschepinsel, Nachbelichtung, Hochpassfilter und Scharfzeichner. Ich werde sie nie zu hundert Prozent originalgetreu rekonstruieren können, es gibt keine Aufzeichnungen oder Notizen.
Reverse Engineering. Ich habe ein Skript geschrieben, welches mir innerhalb ein, zwei Stunden über vierzigtausend unterschiedliche Bilder-Variationen an Helligkeit und Kontrast in einen Ordner schaufelt und mir hinterher eine Liste präsentiert, aus der ich das am nächsten am Original dran liegende Ergebnis ablesen kann. Auf das alte Foto im Rohformat angewendet und mit der ursprünglich vorgesehenen Auflösung neu gespeichert. Warum habe ich sie damals verkleinert? Vielleicht weil die schweren Röhrenmonitore auf meinem wackeligen Computertisch in meinem alten Dachbodenzimmer (das ich jetzt nicht mehr bewohne) dafür nicht ausgelegt waren. Und jetzt sind sie hier in meinem Blog: neu „remastered“:
08/2003 – Das „suicide tgirl“ betritt die Bühne.
06/2004 – Die Comtesse verliert ihre zweite Unschuld.
11/2004 – Ihr Herz zersprang bald in tausend Eiskristalle.
11/2005 – Tiefste Finsternis umgab sie. (3x)
01/2006 – Rückkehr in ein verborgenes Leben. (2x)
01/2007 - Die vielen Nächte unterwegs nach Leipzig.
06/2007 – Unsere Langzeitstudentin an ihrem Fluchtpunkt.
Weitere Bilder folgen die nächsten Tage … (10/10)
[02.09.23 / 23:27]✎ Das vergangene Wochenende in Kassel – ein kleines Gothic-Festival. An zwei Abende je drei Bands aus Italien, eine davon wollte ich schon immer mal live sehen, an meiner alten Lederjacke hing viele Jahre lang ein selbstgemalter Patch von denen … sie waren damals Mitte der Neunziger legendär (und es gab bestimmt nur drei italienische Gothic-Bands, wenn überhaupt). Alles, was ich die zwei Nächte trage und brauche, habe ich an. In meiner Tragetasche über der Schulter findet sich nur noch mein Waschzeug für das Hotel – und meine schwarze Tunika, die mit den langen und weiten Ärmeln.
Der Regionalzug nach Kassel ist übervoll, mein Plan, schon in Halle einzusteigen, ging leider nicht auf. Der Zug aus Magdeburg hatte Verspätung und die wenigen allerletzten Minuten zum Umsteigen reichen nur für einen Stehplatz im beengten Fahrradabteil. Ganze orientalische Großfamilien fahren damit quer durch Deutschland (die Frauen mit den bunten Kopftüchern haben immer die hübschesten Schuhe an). Die nächsten zwei oder drei Stunden, niemand steigt aus, niemand steigt ein – und wenn doch, rutschen alle noch etwas enger zusammen. Ich wechsele meinen Arm ab, mit dem ich mich an einer Stange festhalte. Draußen vor dem Fenster rauscht das Kyffhäusergebirge an mir vorbei. Nächstes Mal nehme ich das Motorrad, ganz sicher.
Kassel, Freitag Nachmittag, über dem Bahnhof hängt ein Gewitter. „Tee-Wetter“, die paar Meter zum Hotel laufe ich nicht im Regen, ich esse erst ein Stück Kuchen und bestelle eine Tasse Tee bei einem Bäcker in der Passage daneben.
Im Hotel, keine Zeit zum Entspannen, eine Dusche, mein Parfüm, die Tunika übergezogen – schwarze Jeans und Pikes trage ich bereits – Kajal, Mascara, meine Lederjacke und raus in die Innenstadt, etwas essen und weiter zu dem „anderen“ Bahnhof. Die italienische Pasta war aber auch lecker – speziell die Gorgonzola-Sauce – als ich das kleine Festivalgelände erreiche, spielt auf der Bühne in der kleinen Halle die erste Band gerade ihre letzten Titel. Trotzdem gesehen. Gleich klatschen. Es ist noch heiß von den letzten Sommertagen in dem Gebäude … genauso, wie das Hotelzimmer.
Die erste Band – Gothic. Die zweite Band – auch Gothic, vielleicht weniger „sperrig“ als die erste Band (aber 'ne hübsche Sängerin – ich darf das denken). Zwischendurch raus vor das Gebäude neben den Abstellgleisen, am Stand etwas trinken – nur Wasser für mich. Ich bin hier nur, wegen der dritten Band.
Als sie auftreten, die mystische Aura, der Gitarrist aus der Ursprungsformation ist alt geworden … die Band hat irgendwann, vor über zwanzig Jahren, ihre Bandmitglieder und den letzten Buchstaben ihres Bandnamens verloren. Die zweite Inkarnation dieser Band mit der Sängerin, hat mich nie so richtig angesprochen. Zurück in der Zeit, Anfang der Zweitausender, ich grase die ganzen Sharehoster im Internet nach obskuren Platten- und Kassettenaufnahmen von noch obskureren Bands ab, um sie in meine Playlist für mein Internetradio einzubauen – und da bin ich dieser Band begegnet. Jetzt auf diesem Konzert, laufen über der großen Leinwand hinter der Bühne die alten VHS-Aufnahmen von den Kunstperformances damals. Ich bin ergriffen.
Nach dem Konzert stehe ich draußen vor dem Merchandise-Stand und überlege, ob ich mir die neu aufgelegte Schallplatte mit den alten Aufnahmen kaufe … hier hat die Band auch wieder ihr altes Logo mit dem letzten Buchstaben. Aber die Enge in dem Zugabteil und meine nur leichte Tasche (im Hotel) lassen meine Entscheidung negativ ausfallen. Den schwarzen Stoffbeutel für quadratische Vinyl-Cover habe ich auch nicht dabei. Gedanken … wenn er, der Gitarrist schon so alt geworden ist und ich die Band seit achtzehn oder neunzehn Jahren bewundere … bin ich dann auch so alt? Glücklicherweise begegnen mir im Publikum noch ein paar „Ur-Grufts“ der zweiten Generation (die Ende der Achtziger) und lassen mich schnell wieder jung erscheinen. Trotzdem … ich nehme den Nachtbus um zwei Uhr zurück ins Hotel, ich will nicht bis morgens durchmachen.
Ein vernünftiger Ansatz, aber … das heiße Zimmer, zurück im Hotel, das überaus sperrige Kopfkissen, das weit geöffnete Fenster – mache ich es zu, wenn es jederzeit wieder regnen und gewittern könnte? Ich habe auch noch Ohrstöpsel drin. Um sechs Uhr den Sonnabend Morgen stehe ich indes unten an der Rezeption und warte auf das Frühstück. Wenn ich schon nicht schlafen kann, dann ziehe ich es vor – anders als der Plan, den Wecker auf kurz vor zehn Uhr zu stellen, um ja nicht das üppige und bezahlte Frühstücksbuffet zu verpassen. Präzise 6:27 Uhr – noch drei Minuten bis zur Eröffnung – und zwei andere Gäste schieben sich aus dem Nichts davor und ruinieren meinen Moment, ein unberührtes Buffet vorzufinden. Ich schlage zu, ich esse alles. Mini-Croissant, Mini-Brötchen, Obst, Margarine, Marmelade, Nuss-Nougat-Creme, Danish Rolls und Vanille-Pudding-Teig-Plunder – und zwei Gläser Saft, aber keinen Kaffee. Den hebe ich mir für nach zwölf Uhr mittags auf, wenn ich nach ein paar wenigen Stunden Schlaf doch wieder aus dem runtergekühlten Hotelzimmer falle.
Der Sonnabend. Vorbei an den vielen Schaufensterscheiben mit dem großen „Sale“ Angeboten. Hier „50%“ da „70%“. Eigentlich ist mein schmales Budget sehr begrenzt (es hat nur für den Regionalzug gereicht), aber ich kann nicht widerstehen … der Schuhladen in der Kasseler Innenstadt veranstaltet einen Räumungsverkauf. Das runtergesetzte Paar Pantoletten mit Flip-Flop-Akzentuierung landet in einer großen Einkaufstüte. Auch wenn der Sommer fast vorbei ist – diese Schuhe werden meine „Frühstücksschuhe“, wenn ich in ein paar Monaten damit runter in die Hotel-Lobby gehe. Auch das Hotel, in dem ich aktuell nächtige, werde ich gleich meine neuen Schuhe ausprobieren, später dann, den nächsten Morgen zum Sonntagsfrühstück.
Weiter durch die Innenstadt, ein Café, ein Italiener. Eine überaus ölige und original schwere Pizza in einem italienischen Ristorante – ich sitze draußen in Schwarz, meine große Sonnenbrille sagt alles. Weiter das Kaffee suchen, ich habe die Empfehlung falsch verstanden, ich wollte ein Café mit gutem Kuchen. Gefunden habe ich ein Kaffee mit Schwerpunkt auf … Kaffee. Ein großer Cappuccino an einem Tisch draußen. Die Gegend und die Leute beobachten. Kassel ist anders, ich bin das aus der tiefsten Ostprovinz nicht so gewohnt … die vielen „Südländer“.
Zurück den Nachmittag mit der Straßenbahn zum Hotel, derselbe Ablauf wie den Tag zuvor, mein Gothic-Outfit wechseln. Patchouli und Silberschmuck. Kette, Ring, Armreif und Armband – die beiden aus Tunesien und Marrakesch. Meine seit sechs Wochen schwarz lackierten Fingernägel (mit Glitzer) sind schon dreimal nachlackiert. Zurück zu genau dem Platz mit dem Kaffee – jetzt aber schräg gegenüber die Imbissbude mit einer großen Portion „Fritten“ – auch wieder eine Restaurantempfehlung aus meinem familiären Umkreis (ich bin das Wochenende nicht alleine unterwegs).
Zu Fuß die Straßen durch die Innenstadt zu dem Bahnhofsgelände, der zweite Festivalabend hinten an dem Abstellgleis. Wieder drei Bands, von der ich nur den Headliner kenne. Die erste Band – Italiener, wie alle Bands dieses Wochenendes – ältere Herren mit Reminiszenzen an so Bands wie „Bauhaus“, „Sisters“ und die „Fields“. Kompromissloser Gothic-Rock. Es sind wesentlich mehr Festivalgäste gekommen, als den Abend zuvor. Die zweite Band – eigentlich ist es nur ein älterer Mann, kaum zu glauben, dass er schon seit 1978 dabei sein soll und die Ursprünge des Punk noch kennengelernt hat. Seine unschuldige und jugendliche Art, das Publikum anzusprechen, machen ihn viel mehr jünger. Er performt an seinen Synthesizern und Drumcomputern und singt – erzählt seine italienischen Texte. Ich versuche mit meinem begrenzten Sprachwortschatz, etwas zu verstehen. Es reicht, um nicht die ganze Zeit im Publikum zu tanzen und um darüber nachzudenken: Moment, habe ich das da gerade richtig verstanden? Düsteres Zeug.
Und es wird noch viel mehr finster. Die dritte Band – ich muss sie schon vor zig Jahren mal Pfingsten in Leipzig gesehen haben. Der Sänger, der auch nicht jünger geworden ist, spricht seine Texte sehr deutlich ins Mikrofon. Dinge, die nur Italiener verstehen können, ein erzkonservatives und katholisches Land. Es musste solche Gothic-Bands hervorbringen, um das alles zu verarbeiten. Das Thema zieht sich durch den ganzen Auftritt, die Zugabe – mit ihm alleine – artet in eine sperrige Performance aus. Nur mir fällt auf, dass das das erste Factory-Preset auf dem Korg-Synthesizer ist – genau dieses Modell habe ich auch.
Danach die Disko, die DJs der letzten Nacht waren wirklich gut, interessantes Zeug, das ich gar nicht kannte, oder erfrischende Cover-Versionen oder Remixe alter Goth-Klassiker. Die DJs den zweiten Abend … nett, aber wenn ich die Playlist in Gedanken mitschreiben kann – es sind auch meine Lieblingssongs (mit einstudierter Tanzperformance). Dennoch, ich bleibe auch die zweite Nacht nicht lange und will wieder den Zwei-Uhr-Nachtbus von dem einen Bahnhof zurück zu dem anderen Bahnhof nehmen, um spätestens drei Uhr nach Mitternacht ins Bett zu fallen. Der Bus an der Bushaltestelle fährt an mir vorbei … ich bin zu schwarz und dunkel angezogen? Ein Taxi am Taxistand daneben: „Folgen Sie dem Bus!“ Ich wollte schon immer mal so etwas Aufregendes sagen. Der Taxifahrer hängt sich dahinter und nimmt irgendwann eine Abkürzung und ich komme noch vor dem Bus an meinem Ausstiegsort an. Trinkgeld und mein Restbudget für dieses Wochenende ist aufgebraucht.
Zurück im Hotelzimmer, für das Mascara habe ich mir wieder neue Abschminktücher aus der Bahnhofsdrogerie geholt. „Entfernt zu 99% wasserfestes Augen-Make-up“, ohne Alkohol. Der Room-Service hat mir netterweise ein weicheres Kopfkissen zurecht gelegt, dafür habe ich unten an der Lobby auch alle anderen Mängel aufgezählt (verdammte Arbeit als Tester). Ein wenig schlafen, ein paar Stunden. Später dann den Sonntag Vormittag, viel Zeit zum frühstücken (meine neuen Schuhe), alles zusammenpacken (ich habe ja nicht viel dabei), auschecken und die paar Schritte zurück zum Bahnhof.
Und auch der Zug am Sonntag ist voll … mehr als voll. So viele Menschen, so viele unterschiedliche Festivals, so viel Interessantes unterwegs. Hier eine Anime-Manga-Con, da ein Indie-Festival, dort ein paar Metaler. Ich ergattere mir schnell einen Sitzplatz und werfe aus einem Meter Entfernung meine Jacke und meine Tasche darauf, es war wahrscheinlich der letzte noch freie Sitzplatz in dem gesamten Zug. „Ich stehe nicht schon wieder die gesamte Fahrt!“ Die Menschen, die ich wieder mit Blick ins Fahrradabteil sehe, tun mir leid … diese quälend langen Stunden. In den Zwischenhalten, zwischen Kassel und Halle, steigen noch mehr ein, ein Festival an einem Stausee, mit Schlafsack und Isomatte. Es wird bizarr, sie „campen“ auf den Gängen zwischen den Sitzen, wer zur Toilette hin und zurück will, muss einen Weg „darüber“ finden. Ich starre die Decke an. Zurück in mein Heimatkaff.
[21.08.23 / 00:52]✎ Mein Plan: Ich mache das so, wie in Leipzig vor ein paar Wochen, dieselbe Temperatur, derselbe Ablauf. Das Fest mit der Bühne und den Ständen lasse ich sein, nach der Demoroute zurück ins Hotel, eine Dusche nehmen und wieder ausgehfertig für die Nacht zur großen Abschlussparty machen. Nur dass ich hier kein Hotel brauche, ich nehme einfach den nächsten Regionalzug den Nachmittag zurück in meine Provinz-Kleinstadt und Wohnung. Mehrere Runden noch in der Hitze durch die aufgebauten Stände … der Stand mit den Flaggen hat leider keine Progress-Regenbogenflagge mehr, ich will auch so eine an meinem Fenster draußen zur Straßenseite aufhängen (gesehen das letzte Wochenende in Leipzig, im Wind wackelnd von dem Tisch von der Bar aus, mit meinem „Date“). Es ist noch Zeit am Hauptbahnhof, für ein Stück Kuchen und eine weitere Flasche Wasser (ganz wichtig). Essen war ich schon vorher, Falafel Döner.
Mein Badezimmer oben auf dem Dachboden, die Ventilatoren so aufgedreht, dass die Hitze etwas erträglicher wird. Ich bin das gewohnt, ich lebe schon Jahrzehnte auf Dachböden. 21 Uhr nochwas den Sonnabend Abend, Beine rasieren – diese tatsächlich eine (kühlere) Etage tiefer, in das, was einmal mein neues Badezimmer werden soll – eine Dusche nehmen, vor meinem großen Spiegel das Make-up auftragen. Ein feiner Kajalstrich, dezentes, schwarzes Mascara und dann die Kajal-Lidschatten-Melange in der äußeren Hälfte des Augenlids noch oben hin weg verblenden. Lippenstift brauche ich nicht, weiteres Make-up würde ohnehin sofort zerfließen, ein Sprühstoß des zum Duschbad passenden Parfüms auf meinen Nacken und ich kann mich meiner Kleiderwahl für die Nacht widmen: der schwarz-weiße Rock und das kurze, schwarze Top mit den etwas längeren Ärmeln, zusammen mit dem Silberschmuck (Armreif, Armband, Ring und Kette mit indischen Anhänger) und die schwarzen Plateaupumps aus Wildleder. Für die Fahrt zur Disko wechsele ich auf auf ein Paar Ballerinas – ich nehme das Auto. 22 Uhr nochwas und ich bin raus und bereit für die Nacht.
Mit meinem Roadster im Dunkeln durch die ländlichen Straßen, unzählige Male bin ich diese Strecke schon gefahren, als ich noch frisch den Führerschein hatte und ich dieses Kaff endlich verlassen konnte, zur Disko nach Magdeburg … damals vor fünfzehn oder zwanzig Jahren gab es da noch was mit Gothic. Jetzt bin ich auf dem Weg zur CSD-Abschlussparty in einer vielversprechenden Venue im alten, freigelegten Festungsring rund um den (plattgebombten) Innenstadtkern von Magdeburg … da wollte ich schon immer mal hin. Drei bis vier Tanzflächen, von Techno, Rave, bis Achtziger/Neunziger. In meinem Autoradio läuft ein tanzbares Album eines Retro-Minimal-Wave Künstlers. Viele Autos fahren die nächtliche Straße entlang … sie wollen alle von hier nach dort zur nächsten Disko.
Als ich den Veranstaltungsort erreiche, bin ich viel zu früh da, der Club macht erst in einer halben Stunde auf – und das ist mit 23 Uhr schon ziemlich früh, wenn es woanders erst um „23:59“ losgeht. Vielleicht haben sie an die älteren CSD-Gäste gedacht, die das nicht mehr so können. Mein (weiterer) Plan: Früh kommen, früh gehen, früh – also noch vor Sonnenaufgang – wieder ins Bett fallen. Ich biege auf den kleinen Parkplatz mit der Bretterbude für den Eingang und der noch verschlossenen Tür ein. „Boing!“ Mein tiefergelegter Sportflitzer kratzt über so eine, wirklich ungünstig gelegene Bordsteinkante. Die wenigen Besucher, die da schon am Eingang stehen, werden nach und nach mehr und es entwickelt sich zu einer kleinen Attraktion, die einfahrenden Autos und die fiese Bordsteinkante zu beobachten (es werden vielleicht schon Wetten abgeschlossen). Bis sich jemand erbarmt und eine Tonne als Markierung auf diese ungünstigen Stelle zieht. Zu spät für mich, ich kontrolliere nach dem Aussteigen und dem Wechseln meiner Schuhe, mit meinem Kameralicht den Seitenschweller, genau diesen habe ich schon einmal in einem Parkhaus verloren.
Draußen am Eingang, warten, in der Hitze des Abends. Grillen zirpen. Ich werde von zwei jungen NBs angesprochen – sie benutzen das Wort „Sie“ – ob ich einen „Muttizettel“ unterschreiben könnte, sie bräuchten noch eine Aufsichtsperson, um in die Disko reinzukommen. „Ja, OK.“ Ich habe eigentlich gar nicht so richtig die Ahnung, was das für mich bedeutet und was das für Konsequenzen für mich hätte, wenn da irgend etwas hinterher schief läuft, aber ich lasse mich überreden. Warum nicht, ich habe mich auch mit fünfzehn in die Disko geschmuggelt und da ist nichts passiert. Die beiden haben schon einen Ausweis, sind nur noch nicht volljährig. „Ich nehme meinen alten, männlichen Namen. Da kommen die nie drauf!“, ich bin wahrscheinlich die schlimmste Wahl, um verantwortungsbewusste, erziehungsberechtigte Person zu werden. „Ich bin jetzt er-zieh-ungs-be-rech-tigt.“ Die Kasse öffnet sich, ich zeige mein Ticket aus dem Vorverkauf auf meinem Telefon, die beiden da gehören zu mir. Gleich hinter dem Eingang sind sie frei und können machen, was auch immer sie machen wollen. Der Club ist ein Safe Space. Immer, wenn ich die Nacht die Tanzflächen wechsele, werde ich mal nach den beiden Ausschau halten, ob ich sie irgendwo noch sehe, oder ob sie Probleme haben (vielleicht zu viel getrunken). Aber ich werde hier nicht die „Anstandsdame“ (und tatsächlich sehe ich sie danach auch nicht mehr).
Ich erforsche diesen Club, diese alte Festungsanlage mit den Gewölben. Langgezogen, mit vielen kleinen Ecken und Nischen. Dunkel, spärlich beleuchtet, drei kleine Tanzflächen und Bars drinnen, eine große Tanzfläche draußen auf einem Holzparkett und einer stark frequentierten Bar daneben. Der Club füllt sich schnell. Diese wunderbar laue Sommernacht ist einfach zu verlockend, draußen zu feiern. Ich bestelle mein erstes, alkoholfreies Mate-Getränk.
Die Tanzfläche unter dem wolkenverhangenen Sternenhimmel, jedes Mal, wenn etwas Bekanntes aus den Achtzigern oder Neunziger-Eurodance gespielt wird, bin ich oben auf dem Parkett und schlurfe in meinen Plateaus. Eurodance … da hätte ich als Goth nie zu getanzt. Drinnen in den Gewölben, die eine Tanzfläche mit den wechselnden DJs und DJanes, mal Afro-Beat, mal Acid-Rave. Unter dem Stroboskop-Gewitter lasse ich mich rhythmisch fallen. Hämmer mir diese Scheiße aus dem Kopf! Ich habe ständig noch diese Bilder von der Reichsbürger-Veranstaltung den Nachmittag zuvor in mir. Wie die da mit ihren Flaggen und Trommeln marschiert sind, wie bedrohlich das Ganze wirkt – und was das für eine Gefahr für die ganze queere Community und das freie Leben werden wird … werden könnte. Bin ich zu dystopisch? Auf jeden Fall wirkt der Rave in den kühlen Gewölbegängen: ich schließe beim Tanzen meine Augen und es erscheinen die inneren Bilder von den unzähligen Partys auf denen ich war, mit den vielen interessanten, queeren, alternativen und schönen Menschen.
Nach und nach, ein zweites Mate-Getränk, ein Glas Wasser, eine experimentierfreudige Matcha-Brause. Die schmutzigsten und überlaufendsten Damenklos, in der der Boden immer nass ist und permanent das Klopapier fehlt und dafür die Mülleimer überquellen. Draußen alles beobachten, an einem Tisch stehen, drinnen durch die Gänge laufen, den Bauch einziehen, mich durchschieben. Schade, dass ich nicht wirklich angesprochen werde. Eine etwas ältere Frau hat mal auf dem Tresen ein paar Münzen für mein Mate-Getränk liegen gelassen – ich habe das nicht verstanden und mein Getränk selbst bezahlt. Einmal wurde ich gefragt, ob der Platz auf der Bank neben mir noch frei ist – aber ich erwarte auf schwulen Partys nicht, angesprochen zu werden. Ich bin als trans Frau uninteressant. Trans Frauen haben keine Freunde. Wenn ich eine trans Frau in der Menge erkenne, stöckelt sie immer alleine irgendwo herum. Stunden zuvor auf dem CSD habe ich wieder die Eine gesehen – sie ist mit ihren ein Meter neunzig aber auch ziemlich auffällig – nur sie anzusprechen, das habe ich mich nicht getraut, bin nur an ihr vorbeigetanzt. Vielleicht kommt sie die Nacht hier auch vorbei, in diesen Club? Dann könnte ich vielleicht den Mut aufbringen … sie wird nicht kommen, sie wäre mir ganz sicher wieder aufgefallen.
3:30 Uhr, mein Wollponcho, den ich noch im Auto, für alle Fälle, auf dem Beifahrersitz liegend, mitgenommen habe, habe ich doch nicht gebraucht. Mein schwarzes Top ohne Unterhemd reicht auch jetzt noch aus. Meine Füße, meine Zehen schmerzen – wie Profi-Ballerinas habe ich die Schuhspitzen meiner Plateaus mit Taschentüchern ausgestopft, um einen besseren Halt darin beim Tanzen zu haben. Draußen auf dem Parkplatz, als ich den Club dann doch für den Heimweg verlassen habe, ziehe ich sie mir vorsichtig vor meinem Kofferraum wieder aus, lege sie einen nach dem anderen hinein und wechsele einbeinig hüpfend in meine flachen Ballerinas zum Auto fahren. Klappe zu, noch einmal den Seitenschweller auf der Beifahrerseite abklopfen – alles hält – und ich steige ein. So viele Menschen stehen noch auf dem kleinen Parkplatz herum, ein Kommen und Gehen – ich bin mir sicher, die Party geht noch bis Sonnenaufgang.
Die Straße durch die Nacht und den tiefdunklen Morgen wieder zurück, der vorausgesagte, morgendliche Nebeldunst ist noch nicht eingetroffen. Ich fahre allein, niemand ist sonst unterwegs. Zu Hause biege ich mit meiner lauten Musik im Autoradio auf die kleine Stellfläche mit der Garage ein. Die Funkfernbedienung für das Rolltor. Ein Fade-out am Drehknopf für die Lautstärke. Das Album werde ich die nächsten Tage, wenn ich wieder morgens zur Arbeit fahre, weiterhören. Oben im Badezimmer im Dachgeschoss, das mit dem großen Spiegel … die Packung mit den feuchten Tüchern zum Entfernen des Augen-Make-up ist jetzt leer, es war das letzte Tuch. Fünf Uhr nochwas, eine Etage tiefer, ich kann mich endlich ins Bett fallen lassen. Den heißen Sonntag in ein paar Stunden mache ich einfach gar nichts mehr, ich bin zu erschöpft. (Ende Teil 2/2)
[21.08.23 / 00:51]✎Ich habe Dinge gesehen … (2) – Der CSD in Magdeburg 2023. Die Kleiderfrage: Wenn es kühl wird, komplett in Leder, alles, was ich habe, Jacke, Stiefel, Minirock und leichte Handschuhe. Wenn die Rechten dort aufmarschieren, dann komplett in Schwarz, Kampfstiefel, Kapuzenpullover, Sonnenbrille, vielleicht eine Bauchtasche für die nötigsten Utensilien und die Motorradhandschuhe mit dem Knöchelschutz. Es wird laut Wetterbericht, jenseits von dreißig Grad werden, mit schönstem und heißesten Sonnenschein und meinen ganzen Plan wieder umhauen.
Die Nächte davor waren schon ziemlich heiß (und schlaflos), ich habe mir auf den Kleiderbügeln mein finales Outfit zusammengestellt, mein schwarz-weißer Blümchenrock, das kurze, schwarze Mini-Top und das weite, schwarze Tank-Top mit der markanten Aufschrift: Not Afraid of Love – das habe ich schon länger nicht mehr angezogen, alles zusammen mit meinen robusten Keilsandaletten und meiner obligatorischen, dicken, schwarzen Sonnenbrille. Ich habe aus dem letzten CSD in Leipzig gelernt, ich nehme die absatzlosen, leichten Schnürschuhe für die Demo und die Plateaupumps mit Absatz für die Party danach – und zwei Tops – damit ich das durchgeschwitzte dann wechseln kann. Es wird alles spontan werden (welches Top ich zuerst anziehe), wenn ich dann nach der nächsten heißen Nacht den Sonnabend im August aufwache.
Sieben Uhr nochwas … Zeit genug, noch einmal die Beine nachzurasieren, ein legeres Frühstück draußen im Garten auf der überdachten Holzterrasse einzunehmen, alles in meine Stoffhandtasche zusammenzupacken – das weite, schwarze Top mit der Aufschrift anzuziehen – pinkfarbene Schnürsenkel zusammenzubinden und mich die fünf Gehminuten zum Bahnhof fahren zu lassen. Gegen zehn Uhr auf nach Magdeburg.
Es ist wie immer, voller Menschen, die ganz jungen in ihren buntesten Fahnen. Ich gehöre nicht zu dieser Regenbogen-Gruppe, mein Weg trennt sich – ich laufe zielgerichtet zum Domplatz mit der dort angekündigten Gegenveranstaltung der Reichsbürger. Warum? Was will ich da? Ich will sie sehen, ich will wissen, was das für Menschen sind. Geschichtsrevisionisten, Esoteriker oder einfach auch nur Anarchos, wie ich? Im schlimmsten Fall sind es brutale Skinheads mit Nazi-T-Shirts und ich könnte dort umgehend abgestochen werden. Ich will auch wissen, wie die Polizei das dort ordnet, wenn wenige Stunden später den frühen Nachmittag beide Demos, also die rechte Kundgebung und der dort vorbeiziehende und eine Pause einlegende CSD auf dem großen Platz aufeinandertreffen – und ich will bis dahin mich in ein Café setzen und im Schatten, geschützt vor der Sonne, darauf warten – und irgendwo soll noch eine „Gegen-Gegenkundgebung“ der Linken sein.
Ich schaffe es problemlos bis zum Platz, eine Waffel spätes Frühstückseis in der Hand, ich sehe ganz touristisch harmlos aus und sondiere schon einmal die Lage. Lage, Auftrag, Nachbarn, Grenzen … Ich bin der militärische Arm der Trans-Antifa. Der Platz ist groß, die rechten Veranstalter haben eine kleine Fläche für ihre Kundgebung auf der Seite, die vom Dom abgegrenzt wird. Es gibt mehrere Zugänge auf diesen Platz, rundherum sind Gebäude, unter anderem der Landtag von Sachsen-Anhalt (und mir ist aufgefallen, dass die Regenbogenflagge dort abgehängt wurde, wenn sie überhaupt hing). Fluchtwege, bereitstehende Polizeifahrzeuge, nicht ganz so viel Bereitschaftspolizei. Es wirkt friedlich, die Absperrgitter für später sind noch gar nicht aufgebaut. Ich wähle das abgelegenere Café am anderen Ende des Platzes für meinen Spähposten und eine große Tasse italienischen Cappuccino. Das zweite Café dort hinten neben der Kundgebung wird bestimmt mehr von „denen“ besucht. So weit die Theorie.
Die Leute am Nachbartisch fallen mir gleich auf, ältere Männer, adrett gekleidet, die eingerollte schwarz-weiß-rote Reichsflagge neben sich. Die ältere Frau, die sich wenig später zu mir an meinen Tisch setzt, wirkt eigentlich ganz nett … bis ich sie ein oder zwei Stunden später glaube wiederzuerkennen, in der ersten Reihe der Trommler auf ihrem Marsch rund um den Domplatz. Jetzt an diesem Tisch in dem überdachten Außenbereich des Cafés unterhalten sie sich nur ganz locker, über Reichsbürger-Themen, was Reichsbürger so interessiert, so die Zeit mit dem „Norddeutschen Bund“ (1867 – ich habe es im Wiki nachgelesen), ihr Credo: „Da müssen wir wieder hin!“ und natürlich kennen sie auch alle historischen Flaggen der Bundesstaaten auswendig, von Preußen bis Sachsen, die wenig später auf dem großen Platz zur Flaggenparade aufgereiht werden! Ich beobachte währenddessen das Treiben dort hinten am Dom und lausche, mehr oder weniger unfreiwillig, den Gesprächen der Gruppe an meinem und dem Nachbartisch … Großer Gott, ich werde hier noch umgedreht!
Mit Beginn der Aufreihung für die Flaggenparade leert sich das Café schlagartig. Die martialische Trommelgruppe zieht an mir vorbei, sie dürfen den Platz zweimal umrunden, angeführt von einer Polizeiwanne als Eskorte. Die Fahnenträger verschwinden alle nacheinander aus meinem Sichtfeld, hinter das Landtagsgebäude zur Elbe hin … hätten nur noch Fackeln gefehlt, aber dafür ist es die Mittagszeit leider viel zu hell. Erst war ich noch in dem Gedanken, dass das gemäßigte Reichsbürger sein könnten, so mit der Einstellung: Ob du schwul oder trans bist, interessiert mich nicht. Das ist deine Privatsache, was du mit deinesgleichen in deinem Haus oder in deiner Freizeit machst, ob du da ein Röckchen trägst, mit anderen Männern „Liebe machst“, oder was auch immer. Täusch dich nicht, der Hass ist grenzenlos. Die Situation mit dem Aufmarsch wirkt auf mich bedrohlich und weckt innerste Fluchtreflexe … ziehe ich mich auf die Toilette des Cafés zurück? Selbstverständlich die Damentoilette – das ist mein Schutzraum! Haue ich einfach ab? Ich muss meinen Kaffee noch bezahlen. Ich tue mir die ganze Scheiße an und blicke von meinen Sitzplatz aus weiter auf die Szenerie. Zurück aus der Damentoilette, mit ganz viel Sonnencreme auf der Haut, den Kaffee (und den Orangensaft) bezahlt, verlasse ich das Café an dem einen Ende des Domplatzes und laufe rüber zum Dom auf die andere Seite, von irgendwo habe ich die „Alerta Antifascista“ Rufe gehört.
Sie sind da! „Freunde!“ Mein Lächeln in meinem Gesicht, als ich auf die kleine Gegen-Gegenkundgebung der Linken treffe. Eine ganz kleine Gruppe an der Ecke des Doms, aber in unmittelbarer Nähe der rechten Kundgebung, nur getrennt durch eine Straße, ein paar Absperrgitter und ein paar Bereitschaftspolizisten in blau-schwarzer Montur. Die Lautsprecherboxen werden aufgedreht und die Faschos / Nazis / RBs dort drüben beschallt. Ich bin weiterhin in meiner angespannten, emotionalen Lage und beobachte die Flanken, rechts, links, hinter mir. Lage, Auftrag, Nachbarn, Grenzen: Gegenkundgebung und Gegen-Gegenkundgebung, auf die Ankunft des CSD warten, die Stellung halten, Flagge zeigen (Regenbogen und die Rote), Nazis beschallen. Sind Reichsbürger auch Nazis? Ich hätte nicht so lange in dem Café mit der Gehirnwäsche ausharren sollen …
Die Sonne dreht sich, der Schatten wandert, die kleine Gruppe wandert mit. Die große Kundgebung dort drüben auf dem Domplatz muss in der Sonne schwitzen, wir haben es hier an der Ecke des Doms eigentlich ganz angenehm und kühl. Jemand aus der Orga hat Wasser und Eis bereitgestellt. Es gibt nur ein oder zwei Pöbeleien von ein paar angetrunkenen Rechten, so wie ich mir Skinheads aus den Neunzigern vorstelle – jetzt eben mit Ü50, grauhaarig und Bart, aber immer noch irgendwie asi und braune Scheiße im versoffenen Kopf. Die neue Rechte mit akademischen Bildungsgrad ist weitaus gefährlicher und ich bin mir nicht so hundert Prozent sicher, ob ich nicht auch ihren Gedanken erliegen könnte. Sie haben schon eine von uns umgedreht – und das war die hübscheste trans Frau auf ganz YouTube! Ich bin hier unter Freunden. Kommunistische Kampflieder und Anarcho-Punk-Songs werden angespielt.
13 Uhr geht der CSD auf dem alten Markt los, 14 Uhr wird er hier vorbeiziehen. Bässe sind zu hören, Sprechdurchsagen, laute Musik und die Demotrucks des großen CSD beginnen langsam auf den Domplatz einzubiegen. Endlich! Wir haben auf euch gewartet. Die linke Gegen-Gegenkundgebung wird von Polizisten abgeschirmt. Wir winken den lauten Demotrucks mit den bunten Regenbogenfahnen entgegen. Ich hoffe, sie wissen es zu würdigen, dass wir hier die Stellung gehalten haben, als letzte Bastion gegen den ganzen rechts-konservativem Gedankenkram, der eigentlich nichts anderes will, als unsere vollständige Vernichtung und Auslöschung. Keine bunten Fahnen mehr, nur noch grauer Matsch und Düsternis.
Der CSD zieht weiter, auf die andere Seite des Platzes zum Landtag hin. Die Rechten wenden uns den Rücken zu – sie sind mehr fixiert auf den CSD und sehen in den – ja, es sind Kinder, mit bunten Regenbogenfahnen und Glitzer im Gesicht – ihr Feindbild. Jetzt mal ehrlich: Wie krank seit ihr im Kopf? Unsere linke und antifaschistische Demo löst sich langsam auf. Einige schließen sich gleich dem CSD an, andere später. Ich wollte eigentlich auch nur bis hierhin warten und dann mit dem CSD weiterziehen. Ich nutze das Angebot, in einer Gruppe zu laufen – Seitenstraßen mit alkoholisierten Fascho-Gesocks sind unberechenbar. Der Stand wird abgebaut, die letzten Flaschen Wasser und Eis am Stiel werden verteilt (nett, für das Angebot).
Spätestens auf dem großen Hasselbachplatz (so ein Magdeburg-Ding), gehe auch ich mit unter in die große Gemeinschaft des CSD. Hier sind es wieder mehrere tausend Menschen und mehrere Demotrucks. Vielleicht hat sich vorhin der Zug geteilt? Nicht jeder CSD-Teilnehmer und Teilnehmerin sucht die Konfrontation mit den Rechten. Hier auf dem zentralen Straßenplatz mit der letzten, bunten Kundgebung ist wieder alles normal. Der Zug zieht weiter mit lautester Musik in der sengenden Sommerhitze dieses Wochenendes im August. Die absatzlosen Schuhe und der schöne Rock und das bequem sitzende, breit geschnittene Tank-Top waren gut gewählt von mir. Die Trucks vorne und hinten, die unterschiedlichste Musik, die vielen interessanten Menschen, schwul, trans, lesbisch, was auch immer, hier und da 'ne Drag Queen. Ich bin zu Hause und tanze mich zu der Rave-Musik durch die Menge und den breiten Innenstadtstraßen. Wenig später: der Tross des CSD erreicht seinen Anfangs- und Endpunkt, wie jedes Jahr, der alte Markt von Magdeburg mit dem Rathaus (und hier hängen auch wieder die Regenbogenflaggen). (Ende Teil 1/2)
[13.08.23 / 19:58]✎ Die perfekte Shopping-Tour durch die Innenstadt von Leipzig: vom Hauptbahnhof kommend, die Fußgängerzone durch die Seitengasse in Richtung Marktplatz einbiegen, zielgerichtet den Laden mit den französischen Cremes und Duschen anvisieren, mein Haarshampoo – das ich schon immer benutze – landet in meinem schwarzen Umhängebeutel … meine Lederjacke ist da eingerollt auch schon drinnen. Gratis Handcremes einstecken, weiter zum teuren Kaufhaus am Marktplatz.
Die Runde unten, die Runde oben … alle Kleiderstangen mit dem gelben „Sale“ Symbol absuchen. Wo finde ich einen schicken Blazer für die Arbeit? Die zwei Kolleginnen haben auch einen, ich muss da mithalten. Schwarz, grau, langweilig, weniger langweilig mit Strickmuster und elegant chic – leider nicht mehr in meiner Größe. Der Preis auf dem Etikett hätte am Ende nicht mehr gezählt. Ich bewundere das schöne, silbern glitzernde Abendkleid mit den Pailletten einer Nobel-Marke … ein Frustkauf? Ich reiße mich zusammen. Die Sonnenbrille auf, das Kaufhaus verlassend, rüber zum nächsten Kaufhaus im höheren Preissegment. Aber vorher noch um die Ecke, auf den Weg dorthin, eine Kugel italienisches Eis essen. Stracciatella.
Das zweite Kaufhaus, Rolltreppe nach oben, nach unten … oben gibt es wenigstens die britische Marke mit den hübschen Hippie-Kleidern – eines davon trage ich genau in diesem Moment für den Tag. Einen passenden Blazer finde ich auch hier nicht. Ich brauche etwas, um seriös auf der Arbeitsstelle, im Büro zu wirken. Meine Punker-Lederkutte mit den Buttons ist vielleicht etwas zu viel und nicht so angemessen. Eine Chance habe ich noch: das andere Kaufhaus in dem Dreieck rund um den Marktplatz. Wenigstens habe ich zurück in dem ersten Kaufhaus schon etwas bequeme Unterwäsche für mich eingekauft, ein bügelloses und ultrabequemes, schwarzes BH-Top. Zumindest dieser Punkt auf meiner To-do-Liste ist abgehakt.
Das dritte Kaufhaus habe ich schnell erledigt, nichts für mich. Wenige Meter weiter biege ich den frühen Sonnabend Nachmittag in die Seitengasse mit den zwei Cafés ein. Ein Stück Zupfkuchen und eine große Tasse Cappuccino. Die Leggings unter meinem Kleid ziehe ich gleich an meinem Sitzplatz unter dem Tisch im Außenbereich aus, schattig beschützt unter der großen Sonnenmarkise. Das kleine Stoffteil verschwindet schnell auch eingerollt in meiner Handtasche, das schwarze Unterhemd folgt wenig später unten in der Damentoilette des Cafés. Etwas frisch machen vor dem Waschzimmerspiegel … und weiter zu der großen Shopping-Mall, die ich draußen am Tisch vor mir am hinteren Ende der Seitengasse schon gesehen habe.
Später Nachmittag in der Stadt, schwül heiß, wird es regnen? Auch die klimatisierte Shopping-Mall laufe ich kreuz und quer ab, meine Keilsandaletten mit dem Klettverschluss sind gut eingelaufen. Ein größeres Bekleidungsgeschäft hier kenne ich noch gar nicht, ein Leipziger Traditionsbetrieb mit mal nicht immer wieder dieselben Marken. Hier und da etwas Hübsches, aber leider keinen Blazer für mich. Das Budget ist für diesen Tag fest eingeplant.
Zurück zum Hauptbahnhof, 17 Uhr nochwas. Pünktlich auf die Minute, mein Date abholen. Er kommt aus einer anderen Stadt … hier irgendwo in Ostdeutschland. Wir wollen etwas Essen gehen und vielleicht einen Kaffee trinken …
Der Abend hat begonnen, alle meine Pläne, welches Restaurant, sind nicht mehr so wichtig. Der Regen hat eingesetzt – ein kurzer Gewitterschauer – kein Problem, ich habe einen Schirm mit in meiner Handtasche. Ein indischer Schnellimbiss draußen unter der Plane als spontane Lösung und wir lassen uns danach weiter treiben, rüber auf dem Marktplatz. Eine Bühne ist dort aufgebaut, viele Menschen, viel Musik. Dahinten ist die enge Gasse mit den Bars, ich will unbedingt mit ihm dorthin, wir finden auch einen Platz für Zwei, geschützt vor dem Lärm, geschützt vor dem Wetter.
Gespräche … er ist nett, aber fünfzehn Jahre jünger als ich und nicht unbedingt an mir interessiert – in sexueller Hinsicht. Aber das war vorher schon klar. Geschichten über Marrakesch, die Mopeds, die sehr engen Straßen, die vielen Menschen, nicht anders, als in der engen Gasse mit den Bars und dem Marktplatz hinter uns, in der wir gerade an einem kleinen Tisch sitzen. Ich bestelle einen Pfefferminztee und mache die Geste, wie die marokkanischen Tee-Sommeliers ihren Tee hoch erhoben mit dem Kännchen in die kleinen Gläser füllten. Den ersten Regionalzug zurück lasse ich gehen, ich nehme später vom Hauptbahnhof aus den zweiten und allerletzten Zug zurück in mein drei Bahn-Stunden entferntes Heimatkaff. Ich möchte mehr Zeit mit ihm verbringen und seine Geschichten hören.
Den späten Abend zurück zum Hauptbahnhof, immer noch viele Menschen. Vielleicht liegt meine Wahrnehmung nur daran, dass unten in der Einkaufspassage um diese Zeit, kurz vor 22 Uhr, nur noch diese eine Kaufhalle offen hat und alle Jugendlichen und Party-Volk sich dort mit Alkoholika eindecken. Er hat Stil, mein Fingerdeut auf das Dosenbier lehnt er ab, wirklich alle hier kaufen Flaschen … irgendwie gibt es immer einen Weg, diese kleinen Flaschen auch ohne Öffner aufzumachen. So viel Bier, so viele Sorten in den Regalen, ich habe schon Jahrzehnte keines mehr getrunken. Das Thüringische, das Holsteinische, weit weg die Zeit im hohen Norden.
Meine S-Bahn fährt kurz nach 22 Uhr, wir müssen uns wieder verabschieden. Vielleicht sehen wir uns wieder? Warum nicht. Auch diese S-Bahn ist um diese späte Zeit voll, es ist schwer, noch einen Sitzplatz zu ergattern, ich habe Glück. Der Zug fährt durch die Nacht, ich sehe nichts von draußen. Es ist kalt, aber ich habe noch meine Leggings in meiner Handtasche. Das Unterhemd habe ich mir, zurück in der Bar vor einigen Stunden, auch schon unten in der Damentoilette wieder angezogen. Die Zeit auf der großen Digitalanzeige vor mir an der Decke des Zugabteils, vergeht. Gedanken.
Noch ein Halt in Magdeburg, draußen auf dem großen Vorplatz vom Bahnhof zirpen die Grillen unter den durch die Straßenlaternen beleuchteten Bäumen. Auch hier bin ich nicht allein, es sind immer junge Leute mit Bierflaschen anwesend. Wer fährt denn um halb zwei Uhr nachts mit einem Schnellzug quer durch Deutschland? Menschen warten auf Bahngleisen. Mein Regionalzug fährt kurz vor Eins … der allerletzte.
Zwei Uhr, drei Uhr … kurz vor vier Uhr den frühen Sonntag Morgen, ich kann mich nicht losreißen und grase, wieder zu Hause angekommen, vor dem blau leuchtendem Computermonitor das Internet und die großen Marktplattformen nach einem Blazer in meiner Größe „38“ ab. Es gibt ihn von der Marke, von der ich auch schon andere Sachen habe, spezialisiert auf Business Casual. Schwarz-Weiß, ein Palmenmuster … vielleicht wäre mein zuerst favorisiertes Zebramuster doch etwas zu overdressed gewesen. Aber es muss etwas „Mutiges“ sein … bloß nicht langweilig. „Wenn ich darin nicht aussehe, wie ein japanischer Yakuza-Killer, dann ist es nicht richtig!“ Als letzte Aktion dieses langen Tages, des schönen Abends und dieser langen Nacht, ein Klick auf den Button zum Kaufen und ich gehe endlich ins Bett.
So wie mich meine Gedanken umhertreiben, so treibe ich auch durch mein Leben. Ziellos, rastlos, fragend.
[30.07.23 / 22:51]✎ Dicht an dicht, vor mir die anderen Menschen, neben mir, hinter mir. Der schwarze Block schiebt sich vorwärts, durch die Straßen von Magdeburg. Nur ein kurzes Stück in Richtung der Messehallen rüber auf die andere Seite der Elbe … dort der Bundesparteitag einer nicht näher erwähnten, neofaschistischen Partei. „Alerta, alerta, antifascista!“ Laute Sprechchöre, ununterbrochen. Pyrotechnik wird gezündet, ein Böller, mehrere Rauchbomben. Ich steige mit meinen Füßen darüber, durch den roten Qualm. Vermummung wird vereinzelt angelegt, ich setze meine tiefschwarze Sonnenbrille auf, meine grüne Regenjacke ist schon beim Start am Hauptbahnhof eingerollt in meiner schwarzen Handtasche verschwunden. Jetzt nur noch meine schwarze Lederjacke, meine schwarz-graue Jeans und meine Schnürstiefel. Den schwarzen Kapuzenpullover habe ich zu Hause gelassen, auch wenn es nieselt, die Temperaturen sind an diesem Sonnabend zu heiß.
Der Demozug bleibt auf der langen Elbbrücke stehen, die seitlichen Transparente werden als Sichtschutz hoch gehalten, die begleitenden Polizeieskorten filmen alles. Innerhalb des schwarzen Blocks der Antifa kann jetzt etwas entspannt werden, etwas Raum in diesem sicheren Platz schaffen, bevor es dann nach ein paar Minuten wieder vorwärts geht: „Nach vorne aufrücken!“ Keine Möglichkeit schaffen, den Bullen vereinzelt Personen herauszugreifen. „Siamo tutti antifascisti!“
Stunden später, ich sitze gelangweilt unter einem aufgebauten Zeltdach einer Gewerkschaft im Schatten vor der schwitzenden Sonne, die Lederjacke habe ich schon lange ausgezogen, darunter trage ich nur mein Trans-Lives-Matter T-Shirt. Die Demo hatte beim Start noch ein- oder zweitausend Menschen, jetzt den Nachmittag auf dem Platz mit der Protestkundgebung hat sich alles zerstreut. So viele sind hier nicht mehr. Ein schwarzer Block ist gar nicht mehr so richtig zu erkennen und der Parteitag mit den Nazis ist noch mehrere hundert Meter entfernt. Nett gemeint von den linken Organisatoren, hier eine Gegenveranstaltung abzuhalten, aber das werden die Rechten dahinten nie hören oder mitbekommen. Ich warte auf die andere Zubringerdemo, die hier noch ankommen soll. Ein Rave, zwei Trucks, viel Techno, die ich schon mittags zu Beginn am Bahnhof gesehen habe.
Laute Bässe, es passiert endlich was! Interessiert beobachte ich das Spiel vor mir, wie die Polizei mit mehreren Fahrzeugen die Kreuzung absperrt, bevor die zwei Trucks auftauchen und in Richtung des Versammlungsplatzes einbiegen … mit vielleicht fünfzig, oder hundert, oder zweihundert Leuten dahinter. Es werden auf jeden Fall mehr, als auch ich erkenne, dass die Demotrucks nicht hier anhalten und die Straße weiterziehen, in Richtung der Messehallen! Ich laufe schnell dazu und reihe mich ein.
Der Demozug verlässt die Hauptstraße, biegt ab in Richtung der Messeparkplätze, eine Gasse in Richtung der ersten Messehalle und bleibt stehen. Die Anlage wird aufgedreht, laute Musik. Vor uns, der tanzenden Crowd, das abgesperrte Gelände, hohe Zäune mit Sichtschutz. Davor haufenweise Bereitschaftspolizei in dicker Montur, dahinter die Messehalle und die ganzen blau-weiß-roten Fahnen dieser Partei im Wind. Eine bizarre Atmosphäre. Diese Fahnen erinnern nicht ganz zufällig an die Beflaggung in ganz Deutschland vor achtzig oder neunzig Jahren. Sie versuchen es nicht einmal mehr, es zu leugnen, dass sie Nazis sind!
Die Lage ist ernst, so entspannt und frei kann ich an diesem späten Nachmittag und an diesem Ort nicht mehr tanzen. Immer wieder ist da diese Vorahnung, wenn die wirklich mal an die Macht kommen – und das wird, ich hoffe, niemals passieren – dann haben wir hier auch Zustände wie jetzt in Russland und jetzt in einigen Bundesstaaten in den USA. Alles, was trans ist, wird systematisch ausradiert und kriminalisiert. Namens- und Personenstandänderungen werden rückgängig gemacht (das passiert in Russland!) und nicht mehr anerkannt, jede Möglichkeit, auf eine geschlechtsangleichende Operation oder eine Hormontherapie wird unterbunden oder sogar verboten. Gesellschaftlich wirst du als trans Frau wieder auf einen Mann zurückgestuft, egal, wie weit du schon transitioniert bist – und hast im besten Fall noch Glück, wenn du von einem wütenden, parteifreundlichen Mob nicht gleich auf offener Straße totgeprügelt wirst. Auch das hatten wir hier in Deutschland schon, 1933 – die Erstürmung des Instituts von Magnus Hirschfeld in Berlin und die erschreckende Erkenntnis, dass seine trans Mitarbeiterinnen nach diesem dunklen Tag nie wieder gesehen wurden. Und die da hinten, in der zweiten Messehalle direkt hinter der ersten vor uns, sind mit ihrem Hass nicht weiter weg. In der Geschichte der Menschheit ist das in etwa so nah, wie gestern.
Ich hoffe, sie hören uns, der dumpfe Krach von irgendwo weiter weg, als belustigende Randnotiz dieser alten Herren, voller rassistischer und alles-möglicher-phoben Scheiße in ihren Köpfen. Gewählt werden sie trotzdem. Mir bleibt nichts anderes übrig, als für den Tag, wenn das Undenkbare passiert, einen Plan zur Flucht ins Exil umzusetzen. Es wird immer schwerer, noch ein europäisches Land zu finden, das nicht komplett einer faschistischen Ideologie erliegt.
Die kleine Demo zieht ab, die beiden Trucks setzen zurück. Die bis jetzt noch friedlichen Teilnehmer drehen sich auch um in Richtung der Musik. Ein Tumult entsteht, die Situation scheint zu kippen. Was ist passiert? Ich sehe es nicht genau, ein Demoteilnehmer wurde von der blau-schwarz uniformierten Schutzstaffel festgesetzt und mitgenommen? Eine aufgebrachte Menschentraube bildet sich. Der Veranstalter der Demo versucht über das Megaphone zu eskalieren. Ich drehe mich mehrmals hin und her, ich weiß nicht, was ich machen soll. Setze ich mich jetzt hier einfach hin? Auf das Kopfsteinpflaster? So als gewaltloser Protest? Ich sehe die Menschen vor mir – es hat keinen Sinn, mit den Polizisten zu diskutieren, die sind psychologisch geschult, alles zu blocken! Ich erinnere mich an den Moment, als ich auch mal von denen mitgenommen wurde. „Ach, Scheiße!“ Ich drehe mich beschämt mit gesenkten Kopf um und ziehe auch ab. „No one left behind.“ Ein Versprechen, das ich nicht halten konnte … dafür das Versprechen meiner Eltern den Morgen gegenüber, dass ich mich nicht verhaften lasse.
Die Demo kehrt zurück auf den Kundgebungsplatz mit der kleinen, aufgebauten Bühne und der Tankstelle und den Discounter als einzige Futterquelle gegenüber. Es sind den Abend noch weniger Menschen da, als noch zu dem Höchstpunkt am frühen Nachmittag. „Abmarsch“, ich bleibe auch nicht mehr länger. Zurück über die zwei Elbbrücken in Richtung Innenstadt und den Bahnhof. Den Weg zurück, den ich vor vielen Stunden noch entgegengesetzt gelaufen bin, inmitten der von überall angereisten, antifaschistischen Demoteilnehmer, seitlich flankiert von unzähligen Hundertschaften der Bereitschaftspolizei. Jetzt den Abend ziehen nur noch vereinzelt ein paar Einsatzfahrzeuge an mir vorbei. Eine ziemlich düstere Stimmung, dass die Sonne jetzt scheint, nach diesem sehr wechselhaften Tag, ändert daran nichts. Auch nicht die Pasta bei meinem Italiener den späten Abend im Außentisch vor der Shopping-Mall mit den vielen jungen Leuten, denen dieses (eigentlich ernste) Thema wahrscheinlich am Arsch vorbei geht. Manchmal werde ich noch wegen meines auffälligen T-Shirts mit der hellblau-weiß-rosaroten Flagge angestarrt. „Trans Lives Matter.“
[17.07.23 / 00:53]✎ Draußen der Regen, der Regenschirm, meine Lederjacke, meine Nachrichten auf seinem Telefon: „Go now, hotel.“ Mein Weg führt mich durch die dunklen Straßen der Fußgängerzone, vorbei an der Gay Bar neben dem Hotel. Könnte er dort sitzen und auf mich warten? Nur ich habe die Schlüsselkarte. In der Lobby im Hotel vor dem Fahrstuhl krame ich mein Telefon aus der Handtasche … eine Nachricht von ihm, nur der Name der Bar. Die paar Meter draußen wieder zurück. Dort angekommen, frage ich die, geschützt vor der Nässe unter der Markise sitzenden Gäste, ob hier schon zu ist und ob sie meinen Freund gesehen haben. Bin ich zuerst da und er kommt noch? Nein, er sitzt drinnen. Er erkennt mich, kommt kurz raus und winkt mich hinein. Mist. Er ist bereits betrunken.
Alle meine Pläne, meine Erwartungen, meine Wünsche, meine Geilheit sind dahin. Das Kondom, welches ich vorhin in dem Club an der Garderobe, als Geschenk für die Gäste, noch schnell mit eingesteckt habe, es war vollkommen für umsonst? Ich setze mich neben ihm auf einen Barhocker und zähle die aufgereihten Bierflaschen auf dem Tresen vor mir. Die zwei leeren Likörgläser sind mir auch nicht entgangen.
Er erzählt von seiner Idee, ein Franchise-Unternehmen, eine eigene Bar irgendwo in Leipzig, wie viel er noch braucht, um da einsteigen zu können. Ich erfahre, dass er nicht mehr direkt in Leipzig wohnt und hauptsächlich vom „Bürgergeld“ lebt (also das umbenannte „Hartz-IV“). Scheiß Jobcenter. Gespräche in der Kneipe, denen ich nur zustimmen kann. Er bescheißt die, ich bescheiß die – wer nicht? Nur die Leute von der Arbeitsagentur (das Büro für die Akademiker) haben mir wirklich geholfen und mich indirekt, mit einer sinnvollen, technischen Schulung, in mein neues Arbeitsverhältnis gebracht. Noch sechs Monate Gehalt und ich könnte in sein Business einsteigen und das mitfinanzieren – geht das überhaupt? Als stille Teilhaberin / Barbesitzerin? Es ist ein Franchise, und das sind eigentlich auch nur Sklaven.
Irgendwie ist die Bar, in der wir sitzen, schon die ganze Zeit am Schließen. Wir verlassen sie auch. Der Regen draußen hat nachgelassen, er kennt angeblich noch eine andere Bar, die offen hat. So lange ist meine Zeit in Leipzig noch nicht zurück, um diese Zeit – gegen drei Uhr nachts – hat fast nichts mehr offen. Quer über den Marktplatz, meine Stammbar von früher, oben ist schon alles zu, aber unten in der Seitengasse gibt es noch den Keller. Zwei Afrikaner versuchen erzürnt an der Security hineinzukommen, werden aber abgewiesen … ihre Hautfarbe? Unten wird auch schon alles zugemacht. Mein Freund stellt sich daneben, er hält schon die ganze Zeit meine Hand. Die Erscheinung, dass wir ein Paar sind, wirkt vielleicht deeskalierend. Ich versuche ihn immer etwas wegzuziehen, lass uns etwas Abstand zu den Security-Leuten nehmen, wir gehen woanders hin. Betrunken sind für ihn alle Menschen seine Freunde und er wird in Gespräche verwickelt. Meine Buttons an meiner Lederjacke werden von einem Gast gemustert: „Irgend so eine Pride-Scheiße, nichts Vernünftiges an Punk.“
Wir irren weiter, vorbei an den Gästen, freundlich. Er kennt da noch ein Restaurant, er hat Hunger. „Du, um diese Uhrzeit hat wirklich nichts mehr offen!“ Allerhöchstens noch der Schnellimbiss im Hauptbahnhof. 24/7. Gut, lass uns zum Bahnhof gehen.
Ich habe die Hoffnung, dass er mit jeden Meter an der frischen Luft etwas weniger betrunken wird, Hand in Hand laufen wir die Straßen entlang. Der hell beleuchtete Hauptbahnhof vor uns, die Straße, die Verkehrsampeln spiegelnd in den Pfützen. Im Gebäude des Hauptbahnhofs selbst, warten unzählige junge Menschen auf die ersten Züge wieder zurück. Alles Besucher des CSD vor vielen Stunden? Die bunten Fahnen hier und da verraten es. Der Schnellimbiss hat immer offen, wir gehen hinein. Er lässt seine Finger über den Bestellbildschirm gleiten, stellt sich ein Menü zusammen und ich bewundere seine Fertigkeit, wie er das fehlerfrei in seinem betrunkenen Zustand schafft. Nur der Bezahlvorgang und das Bereitstellen des Menüs dauert eine Ewigkeit.
Was passiert hier? Wo bin ich hier? In welchem Kreis der Hölle? Nummern tauchen an den Monitoren auf, aber viele Gäste warten einfach nur noch. Mein Freund entdeckt, dass er nicht der einzige mit seiner arabischen Sprache ist … regt ihn etwas auf? Ist er angepisst oder scherzt er einfach nur. Meine Arabischkenntnisse beschränken sich auf eine Fernsehserie, die in Berlin spielt: „Wallah, ich schwör', das sind alles Arschlöcher hier!“
Irgendwann kommen wir doch noch mit einer Papiertüte, aufgedruckt mit einem großen „M“, wieder hinaus. Ein Burger, Fritten, eine Schachtel stark gewürztes Hühnchenfleisch. Er bietet es mir an, aber ich wollte für mich nur meine Flasche Wasser (ich esse nichts mehr nach Mitternacht). Zurück zum Hotel. Es wird schon leicht bläulich dunkelhell am Himmel.
Im Hotelzimmer, ich schminke mich vor dem Spiegel am Waschbecken ab, wische mir den Kajal und das Mascara aus den Augen. Zähneputzen, er fängt derweil schon an, an mir herumzumachen und ich spüre seine Hände hinter mir. Ein Augenaufschlag, ein Blick in den Spiegel. Bitte …
Ich drehe mich um, gehe mit ihm ins Bett. Er schubst mich, dreht mich, wirft mich, drückt mich in Position, ich bin bereits nackt, er zieht sich ein Kondom über und nimmt mich von hinten. Er stößt tief zu. Wie sehr habe ich das vermisst. Ich liege auf meinem Bauch, er über mir. Er drückt mich immer weiter nach vorne, ich kann nicht anders, als laut aufzustöhnen und mich in das Bett zu krallen. Der Lärm der krachenden Möbel muss bis in die nächsten Zimmer zu hören sein.
Wenn er rausrutscht, wenn er seine Erregung verliert, ich drehe mich sofort um. Das Kondom wird weggeworfen, ich nehme sein Teil in den Mund, gehe schnell und rabiat tief. Nur keine Zeit verlieren! Ich will, dass er schnell wieder steif wird und wir das nächste Kondom verwenden können. Er nimmt mich wieder von hinten …
In den Pausen bin ich über ihm. Meine Hand gleitet in meine Schamlippen … ich bin so unfassbar feucht! Verdammt! Ein ganzes Jahr ohne Sex! Ich bin eine Raubkatze. Ich tue mein Bestes, ich gebe ihm diesen Deepthroat Blowjob, bleibe tief. Er kommt. Ausgerechnet jetzt … wo ich kurz nach oben, Luft holen wollte. Explosionsartig ergießt sich alles auf seinem Bauch, das ganze Sperma. Sorry. I'm so sorry! Ich wollte alles aufnehmen, in meiner Phantasie wollte ich in den Moment über ihn rutschen und alles in meine Vagina laufen lassen. Ich will ein Kind von dir. Ich gebe ihm ein Handtuch, er kann damit alles aufwischen.
Wenig später, ich nehme eine Dusche, wasche alle meine Körperöffnungen sauber. Er zieht sich an. Ich bin zurück auf meinem Bett: „Du willst schon wieder gehen?“ Ich bemerke genau, dass er gerade nichts von sich zurücklässt. Seine Antwort, dass er nur mal schnell eine Flasche Bier holen will, lässt mich mehr als misstrauisch erscheinen. Das hat vielleicht einmal funktioniert (letztes Jahr), aber kein zweites Mal. Ein Abschiedskuss, ich sehe ihn wieder die Tür schließen. Die Schlüsselkarte verbleibt im Zimmer. Sofort nach seinem Verlassen beginne ich das Zimmer aufzuräumen, die benutzten Kondome einzusammeln, die leeren Flaschen beiseite zu räumen, ein Handtuch zusammenzufalten … hoffentlich habe ich das richtige der beiden Handtücher zum Duschen für danach verwendet. Ich rücke die Betten zusammen, ordne die Bettdecke, lösche alle Lichter, öffne das Fenster mit dem Morgenlicht für einen Spalt und lege mich ins Bett. Er kommt nicht mehr zurück, du kannst jetzt ganz sicher einschlafen.
Neun Uhr morgens den Sonntag, spätester Check-out ist erst gegen zwölf Uhr, ich hätte noch zwei Stunden weiter schlafen können. So sind es vielleicht nur drei geworden. Egal, reicht auch aus, mehr Zeit für mich für eine weitere Dusche und endlich die Haare waschen (wie viel Sperma da wohl drin klebt). Ich räume danach alle meine Sachen zusammen und mache das Hotelzimmer noch viel mehr hübscher. Alles an Müll aufsammeln und in den Eimer geben. Die benutzten Handtücher auf einen Haufen werfen. Den Klodeckel zumachen, noch einmal die Spülung betätigen. Eine Frau hat hier gewohnt. Nur, dass der Mülleimer ohne Beutel war, ist vielleicht etwas eklig … bei den benutzten Kondomen im Bodensatz. Dafür lasse ich alle Pfandflaschen zurück.
Zurück nach dem Check-out zu dem Bäcker um die Ecke gegenüber, dieser ist mir bei meinem letzten Besuch Pfingsten vor ein paar Wochen zuvor, entgangen. Ein komplettes Frühstücksmenü mit Croissant, Brötchen, Nuss-Nougat-Creme, Honig und einem mittelgroßen Pott Kaffee. Zurück zu meinem Auto, das immer noch in dem Parkhaus am Hauptbahnhof steht … wenn ich schon nicht das Hotelzimmer bezahlt habe, dann eben den luxuriösen Stellplatz für meinen roten Roadster (es sind nur 23 Euro Parkgebühr). Zurück im schönsten Sonnenschein die Autobahn in mein anderes Leben.
Was ist eigentlich aus meiner neuen Disco-Bekanntschaft geworden? Ich bin mir noch nicht so sicher was „seine“ Textnachrichten bedeuten … ich glaube, er hält mich für eine Prostituierte?
das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele
Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele
Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).
vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea
Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)
[14.11.17 / 20:13]Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.