morgana81 - gothic transgender

Für die Graffiti rechts und links an den Seitenwänden der Uferpromenade (wie eine kleine Galerie) lasse ich mir besonders viel Zeit.

[27.04.19 / 11:20] Für die Graffiti rechts und links an den Seitenwänden der Uferpromenade (wie eine kleine Galerie) lasse ich mir besonders viel Zeit. Touristen gibt es hier nicht, nur ein Sprayer, der gerade zu einem neuen Motiv ansetzt. Die besonders schönsten, künstlerisch wertvollsten, ästhetischen - und stark vergänglichen Bilder halte ich mit meiner Fotokamera fest, versuche die Stimmung der Umgebung mit einzufangen (ich laufe auf der Schattenseite des Donaukanals).

Am Schwedenplatz erreiche ich wieder die Oberfläche und die Ebene der belebten Straßen, ich bin auf der Suche nach der Bäckerei und dem Café, das ich den Tag zuvor vom Bus aus gesehen habe, irgendwo in der Gegend nordöstlich des Donaukanals. Ich latsche ewig, wechsele auch mal die Seite auf das andere Ufer des Kanals, verlaufe mich in dem (jüdisch orthodoxen?) Viertel - und finde es doch nicht ... nur ein einfaches, persisches Bistro wieder auf der anderen, südlichen Seite des Kanals. Kurz vor 16:30 Uhr, ein Kaffee mit Kardamom und "selbstgebackener" Kuchen (endlich eine Pause).

Ich bleibe in der Gegend am Donaukanal und laufe wenig später wieder zurück zu der Tel Aviv Beach Bar vom letzten Abend. Zuerst habe ich ein Sitzplatz alleine für mich an einem Dreiertisch - aber es kommt ewig keine Bedienung vorbei (und ich habe Hunger). Das Bistro mit den Stühlen und Tischen auf dem aufgeschütteten Strand ist voll besetzt, ich biete meinen Dreiertisch drei jungen Leuten an und wechsele auf einen Sitzplatz an der Bar, endlich etwas zu essen bestellen. Kurz vor 18 Uhr, gebackene Aubergine mit Falafel, Hummus und Pitabrot. Eine halbe Stunde später bestelle ich mir noch eine Dose Bitter Lemon, bezahle meine Rechnung und mache mich danach auf den Weg zurück zum Hotel (welches ich dann so gegen 18:30 Uhr mit der U-Bahn erreiche).

[27.04.19 / 11:19] Den Freitag Morgen stehe ich etwas früher auf, ich will das Schloß Schönbrunn am Vormittag besuchen und vor 12 Uhr mittags - bevor die ganzen Touristen da hinein strömen - wieder raus sein, mit der U-Bahn in Richtung des Schlosses. Das Schloß selbst lasse ich links liegen und besichtige nur die Schloßanlage und den weiträumigen Garten / Park ... mit Selfies (obligatorisch).

Nächster Stop auf meiner Fototour durch Wien (auf der ich die Strecke von dem Bus den Tag zuvor unterirdisch erneut mit der U-Bahn abfahre) gegen Mittag: die Innenstadt und den Garten der Hofburg. Von dem entzückenden, großen Jugendstil-Palmenhaus und dem Café mache ich erst ein paar Fotos, bevor ich dann danach mir einen Salat und etwas zu trinken bestelle ... 12 Uhr - zu früh für die Sachertorte in der Auslage? (Ich verschiebe das mit dem Kaffee und Kuchen auf später.)

Danach einen Rundgang durch die Hofburg, hier sind also meine Ahnen irgendwann mal herumgesprungen (ich kann meine Herkunft aus Wien bis auf fünf oder sechs Generationen zurück nachweisen, alles Diener, Köche, Hausbedienstete der Habsburger - bis dann ein Zweig nach Dresden mit- oder umgezogen ist). Auf dem Vorplatz demonstriert eine Gruppe junger Menschen mit Transparenten und Megaphon, Fridays for Future - "Ihr seid der Grund, warum ich den Zug und nicht das Flugzeug genommen habe", ich muß unbedingt meine Sympathie und Unterstützung für diese Gruppe zeigen und spreche ein paar der Demohelfer an ... nicht ohne Eigennutz, es wird kostenloser Tee ausgeteilt.

Kurzer Abstecher in den Museumsshop der Hofburg und Schatzkammer ... kitschige Sissi-Postkarten (mit ganz viel Glitzer), die kann ich so nicht versenden. [Anm. d. Verfasserin: Eigentlich war ich in dem Laden, um eine Ahnengalerie der Habsburger zu suchen. Seit über 100 Jahren befindet sich ein Gemälde im Privatbesitz meiner Familie, wer ist diese adelige Frau auf dem Portrait? Ich finde nur ein Buch: "Die verkauften Töchter der Habsburger".]

Zu Fuß weiter in das Café Central in der Nähe, die Schlange am Eingang schreckt mich ab ... so wird das nichts mit in dem Jugendstil-Café eine Melange trinken und an meinem Blog schreiben. Mit der U-Bahn weiter zu der Votivkirche außerhalb der Kernstadt, ein kurzer Fotostop an der Neogotikkathedrale (sah vom Bus aus besser aus) und weiter mit der Linie zur Station am Donaukanal.

[25.04.19 / 22:32] Donnerstag Morgen (zwischen 8 und 9 Uhr), meine Ankunft mit dem Nachtzug in Wien. Die Nacht in dem Liegeabteil hatte ich, trotz Ohropax, nur wenig Schlaf - dafür aber viel zuviel Schaukeln (erst das Stück von Thüringen nach Franken, danach das Stück durch die Alpen, hinter München). Wien Hauptbahnhof - Frühstück mit Croissant und "Wiener Melange" (so ähnlich wie ein Cappuccino) ... stilecht aus dem Pappbecher auf dem Bahnhofsvorplatz (erst mal ein bißchen "herumpunken" und die Lage sondieren, dunkle Sonnenbrille aufsetzen). Meinen kleinen Rollkoffer lasse ich in einem Schließfach in der Gepäckaufbewahrung, für das Zähneputzen und etwas frisch machen nehme ich nur das nötigste mit in die Toilettenräume des neuen Bahnhofsgebäudes. Nicht das Handtuch vergessen! Es ist immer gut, ein kleines Handtuch dabeizuhaben!

Die Zeit bis zum Hotel-Check-in in ein paar Stunden verbringe ich mit einer diesen "Hop-On-Hop-Off" Bustouren, die vor dem Bahnhof halten ... ich bekomme einen Flyer mit einer Touristenkarte zur groben Orientierung (wo bin ich hier überhaupt?) und steige ein. Die Tour führt den Vormittag quer durch die Wiener Innenstadt - perfekt, um (todmüde von der Nacht) vom Bus aus zu sehen, wo sind die Touristen-Hot-Spots (von denen ich mich lieber fern halte) und wo sind die interessanten Viertel (die Gegend am Donaukanal sieht vielversprechend aus und ist auch nicht so überlaufen).

Gefühlt 12 Uhr mittags, der zweistöckige Bus ist oben offen, ein durchsichtiges Kunststoffverdeck schützt nur vor eventuellen Regen ... die Sonne knallt direkt auf die paar wenigen Fahrgäste, ich habe schon das Gefühl, ich bekomme einen Sonnenstich und muß eine Pause irgendwo im Schatten machen (immerhin habe ich schon dick Sonnencreme aufgetragen, den Vormittag vor dem Spiegel in der Bahnhofstoilette). Ich steige an dem Schnittpunkt der beiden Buslinien in der Nähe der Oper und des Stephansdom aus. Zielgerichtet (bzw. umherirrend) suche ich das Juweliergeschäft, welches in meinem Reiseführer als "Insider-Tip" angepriesen wird ... es befindet sich nur wenige 100 Meter vom Dom in der gut gefüllten Innenstadt entfernt. Ich bin auf der Suche nach einem Collier oder ein Anhänger zur Ergänzung meines Diamantschmucks.

"Hallo!"

"Servus."

"...stand so im Reiseführer."

Nach einem kurzen Verkaufsgespräch werden mir ein paar Exponate ausgelegt, ein richtiges Collier kann ich mir nicht leisten, es wird eine Collier-ähnliche Kette, filigran gearbeitet, aus Weißgold und sechs kleinen Diamanten, gehalten in einer anhängerähnlichen Fassung. "Das paßt bestimmt zu meinem schwarzen Abendkleid", ich krame noch meinen mitgebrachten, anderen Diamantschmuck aus meiner Handtasche, vergleiche die Ringe mit der Kette und bezahle den ... dreistelligen Geldbetrag (im oberen Drittel, wenigstens noch unter 1000 Euro) mit meiner EC-Karte. "Das funktioniert nur einmal ganz am Anfang meiner Reise, danach denkt die Bank, die Karte wurde im Ausland geklaut und sperrt diese" ... und ich stehe dann da, ohne Bargeld. Die neue Schmuckschatulle lasse ich nach dem Kauf unauffällig in meiner Handtasche verschwinden, "verdeckt tragen", die Kette mit den Brillanten ist teurer, als mein Ring aus New York und meine Ohrringe aus Tel Aviv zusammen. Weiter danach ein paar Schritte zur Dombesichtigung (zu viele Touristen) und ein Eis essen (Geschmackssorte "Apfelstrudel").

Zurück zum Hop-On-Hop-Off-Bus, mir fehlt noch der zweite Teil der Tour, westlich des Prater und die Donauinsel (die Donaukreuzfahrtschiffe am Kai sind "Riesenpötte"). Ich merke mir die Szenegegend um den Donaukanal und das "Judenviertel" (vom Bus aus sehe ich ein paar auffällig schwarz gekleidete, orthodoxe Juden ... hier kann ich bestimmt später prima koscher essen).

Den Nachmittag wird mir dann alles doch zuviel, zuviel Sonne, zuviel Hitze, zu viele Touristen. Ein zweiter Auftrag der Sonnencreme und mit der U-Bahn zurück zum Hauptbahnhof (in Richtung des gebuchten Hotels). In der U-Bahnstation nahe der Oper entdecke ich einen Hutladen - nicht diese "I-Love-Vienna" Billig-Touristenhütte - sondern richtige, handgearbeitete Einzelstücke. Eigentlich wollte ich nur etwas Geld wechseln für den Ticketautomaten, aber ich probiere alle Hüte durch. Auf der Suche nach einem eleganten, schwarz-grauen Unisexmodell, wird es am Ende doch ein südamerikanischer Strohhut aus Ecuador, der hat mir einfach am besten gefallen.

Mit der U-Bahnlinie (und einer neuen Wochenkarte) weiter zum Hauptbahnhof, meinen Koffer aus der Gepäckaufbewahrung holen und Check-in im Hotel gegenüber des Bahnhofs. 18 Uhr, meine ganzen Sachen in dem Hotelzimmer auf dem weißen Laken des Doppelbetts verteilen und endlich eine Dusche nehmen, nach 24 Stunden (Zugfahrt und Bustour) endlich wieder ein Mensch!

Abendessen in dieser (mir aus Leipzig bekannten) italienischen Schnellrestaurantkette (auch gegenüber vom Hauptbahnhof) und danach zurück zur Hotellobby, das WLAN nutzen und das Wetter für die nächsten Tage in Wien lesen ... schon Freitag Abend ein Temperatursturz? Meine spontane Entscheidung auf diese Nachricht: Für die paar kurzen Sommertage im Frühling (auf meiner Reise) muß ich unbedingt den Abend noch schnell die Tel Aviv Beach Bar am Donaukanal besuchen ... bevor es wieder kalt wird. Kurz zurück auf das Hotelzimmer, meine Lederjacke holen (hätte ich bei den Temperaturen den Abend doch nicht gebraucht) und mit der U-Bahn kurz nach 20 Uhr zurück zum Szeneviertel am Kanal.

Eine hippe Gegend, Strandbars, Musik, junges Publikum - und mir wird bewußt, Wien ist nicht so "assi" wie Berlin, und hat einfach mehr Stil. Als ich von der Brücke über dem Kanal ein Foto von der Szenerie machen will, die Lichter der belebten Bars spiegeln sich im Wasser, krame ich minutenlang in meiner Handtasche. Ein Schreck, das Telefon ist nicht da ... habe ich es in der Lobby liegen lassen? Leider kein Foto. Weiter zur Tel Aviv Beach Bar, an der Bartheke sitzen, eine Flasche / Dose Bitter Lemon trinken und danach so schnell wie möglich zurück zum Hotel und mein Telefon suchen ... es war die ganze Zeit in der Gesäßtasche meiner schwarzen Jeans - Glück gehabt!

[21.04.19 / 23:46] In eigener Sache ... drei Jahre und mein (ehemals neues) Auto hat jetzt an allen vier Ecken Beulen oder Schrammen - und nur eine davon war ich selbst! Sozialneid, oder doch Haß auf Frauen? Auf jeden Fall nehme ich das sehr persönlich ... allein die neue Beule auf meiner Motorhaube, in die sehr verdächtig ein genauer Abdruck eines Ellenbogens hineinpaßt. Was glaubst du eigentlich, was du da machst? Denkst du, das ist irgend so'ne Yuppie-Karre von so'nem Finanzbonzen / Tussi-Anhang? Weißt du eigentlich, wie viele Schwänze ich dafür lutschen mußte? Ey, das ist'n Kleinwagen! Auf den habe ich jahrelang gespart! Und ja, ich kann mir nur so'ne 28m² Einzimmerwohnung zur Wuchermiete leisten (vor der ich meistens nie einen Parkplatz finde). Was ich von dir will? Dir in die Fresse hauen! Aber zwischen wollen und machen -der Ellenbogen- liegen Welten. (Und wenn nur ein kleines Kind da auf seinem Mini-Fahrrad umgekippt ist - hey, das kann mal passieren, ist nicht schlimm.) Soviel dazu, ich mußte mich mal auskotzen.

[15.04.19 / 02:01] Eine Veranstaltung mit Punkkonzerten und Disko im Umfeld der linksalternativen Hausbesetzerszene in der Eisenbahnstraße? Da muß ich hin! Ich habe zu spät davon erfahren, das Hausfest in dem Hausprojekt geht schon seit Freitag - und ich bin erst den Sonnabend Abend da. Gegen 19 Uhr trage ich vor dem Badezimmerspiegel in meiner Wohnung noch schnell den schwarzen Kajal auf, besprühe mich mit Patchouli-Chanel-Parfüm (ich konnte einfach nicht darauf verzichten), werfe mich in den schwarzen Kapuzenpullover und meine Punkerkutte, Silberschmuck (die großen Creolen), Nietengürtel, schwarze Jeans, Pikes-Stiefeletten - und fertig. Punkgirl geht aus. Die Haare trage ich offen, die "Haarkralle" / Haarklammer hängt am Gurt meiner schwarzen Lederhandtasche. Zu Fuß zur nächsten Straßenbahnhaltestelle.

Kurz nach 20 Uhr, einmal Umsteigen am Leipziger Hauptbahnhof und noch ein paar Schritte an der nächsten Station in dieser berüchtigten Verbrechensschwerpunktstraße (der Hotspot hat sich längst verlagert, aber der Ruf bleibt). Das Haus, das am meisten nach Abriß aussieht (bzw. den schönsten Charme hat), das muß es sein. Ich gehe hinein und werde freundlich empfangen und bekomme eine kurze Einweisung: Eintritt als Spende nach eigenem Ermessen (schön, daß ich nur große Scheine dabei habe), ein Konzertraum ist um die Ecke, der andere schräg über den Innenhof in einem anderen Eingang, gleich hinter dem Freiluftpartyzelt mit dem Typen, der Pommes gegen eine weitere Spende anbietet. Es dauert eine Weile, bis ich mich in dem Gebäudekomplex zurechtfinde, nichts ist irgendwie rechtwinklig, alles ist irgendwie bunt oder mit ganz viel Liebe zurechtimprovisiert. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus, diese Detailfülle ... ich mag die Hausbesetzerszene.

Die Bands spielen auf den zwei "Floors" - also das Zimmer da im Vorderhaus und der größere Raum da im Erdgeschoß des Hinterhauses (was früher vielleicht mal eine Werkstatt gewesen sein könnte), alles verbunden mit Fluren und in jeder Ecke eine kleine Bar ... auf die winzige Tanzfläche (oder den "5-Personen-Disco-Club") die Treppe runter im Keller gehe ich jetzt nicht weiter ein. Zurück zu den Bands. Ich bin eigentlich nur wegen zwei von denen auf dem Flyer hier, die eine aus Leipzig, Riot-Grrrl-Punk / Grunge (mit Fan-Entourage), spielt im Verlauf des Abends in dem Erdgeschoß-Klubraum, die andere, Synth-Punk-Electro-Wave-wasauchimmer aus Israel (!), "Tel A. Girl is fascinated", spielt gegen 23 Uhr in dem ... "Wohnzimmer" gleich neben der Kasse am Eingangsflur. Ich pendle ständig, mit der Flasche Mate in der Hand, zwischen den beiden Räumen hin und her, um auch ja nichts zu verpassen. Es treten noch andere Künstler auf, aber ich bin zu beeindruckt von der ganzen Szenerie ... allein die Klos - das sind nicht irgendwelche schäbigen Discotoiletten - nein, das sind, wahrscheinlich, oder vielleicht die privaten Waschräume der Hausbesetzer / Mitbewohner ... mit viel Hingabe eingerichtet, mit Dusche und allen anderen Badutensilien.

Sofern bis hierhin ... es kommt der Punkt, der Moment, es trifft mich spontan und völlig unerwartet, aber immer zielsicher. Mitten im Auftritt der israelischen Band der Gedanke in meinem Kopf: "Ich muß hier raus!" Erst jetzt realisiere ich, wie voll das alles um mich herum geworden ist. Es ist Mitternacht und es strömen immer mehr junge Menschen in das Gebäude. Jetzt kommen die ganzen Menschen, die ich nicht mag - Studenten. Die konnte ich schon während des Studiums nicht leiden. Die sind nicht wegen den Punkkonzerten hier, die wollen ab Mitternacht hier einfach nur tanzen (und feiern). Meine Stimmung kippt sofort um ... in das Angsterfüllte. Im Flur des Hauseinganges, in dem ich jetzt dicht zurückgedrängt an der Wand stehe, hängen Informationsblätter der linksalternativen Szene. Was tun, bei einer drohenden Hausdurchsuchung, was tun, wenn die Polizei bei einem klingelt? Der Autor war vielleicht nie in der Situation, die nett gemeinten Ratschläge wirken nicht - denn die Polizei kommt, wenn du es am wenigsten erwartest, sind immer in der Überzahl (weil du ja alleine bist) und drängeln sich hinein: "Gefahr in Verzug!" Nehmen dich mit und sperren dich für 24 Stunden weg: "Eigen- und Fremdgefährdung!" Und du kannst überhaupt nichts dagegen tun. Vor den Oberlichtern über dem Hauseingang schimmert das Blaulicht eines vorbeifahrenden Einsatzfahrzeuges und reißt mich aus meiner traumatischen Vergangenheitsbewältigung. Ich schaue auf die Uhr meines Telefons, halb Eins nach Mitternacht, Zeit zu gehen ... meine Stimmung ist vollends dahin.

Zu Fuß entlang der Eisenbahnstraße zur nächsten Straßenbahnhaltestelle, ich hoffe auf den Ehrenkodex der männlichen und arabischen Anwohner (und andere Ethnien) - die tun mir nichts, einer einsam im Dunkeln dahinlaufenden Frau in hohen Absätzen. Kurz vor 1 Uhr die Nacht bin ich mit der letzten Straßenbahn wieder zurück am Hauptbahnhof und steige um in ein Taxi in Richtung meiner Wohnung. Mit dem netten Taxifahrer kann ich mich viel länger unterhalten als den ganzen Abend in dem Haus: "Ich gehe nicht mehr so spät die Wochenenden weg ... außer vielleicht Pfingsten, das ist dann eine Ausnahme." Das Gespräch schwenkt kurz um auf das bevorstehende Gothic-Pfingstwochenende in ein paar Wochen in Leipzig. Ich habe mindestens vier neu gekaufte Kleider in meinem Schrank, die ich dann tragen will. Noch vor 2 Uhr bin ich wieder zurück in meiner Wohnung und falle in mein Bett.

Sonntag ... es regnet, alles ist düster grau. Es dauert ewig, bis ich mich kurz nach 12 Uhr den Sonntag aus meinem Bett schälen kann. Bis auf ein paar Scheiben dünnes Knäckebrot und einer Packung Frischkäse im Kühlschrank, habe ich nichts eßbares in meiner Wohnung, nur Kaffee. Als ich das benutzte Kaffeegeschirr gerade in der Spüle mit viel kaltem Wasser deponiere, klingelt mein Telefon ... eine Nachricht? Von ihm? Wer sollte mich sonst Sonntag Mittag anrufen wollen? Ja, er ist es! Meine Stimmung wird schlagartig von düster deprimiert zu freudestrahlend euphorisch! Nur ein paar seiner Worte: "I come", und ich bin lebendig. Ich springe unter die Dusche - er braucht bestimmt noch seine "arabische Stunde", bis er hier ist - Zeit genug, mich vorzubereiten, mich ansehbar zu machen (immerhin, die Beine habe ich mir schon den Tag zuvor rasiert). Ich schaffe es nicht ganz ... noch während ich unter der Dusche stehe, klingelt es unten an der Haustür. Zwischen seiner Ankündigung, bei mir vorbeikommen zu wollen und dem Türklingeln lagen gerade mal ein paar Minuten. "Too fast!" noch vollkommen naß und nur mit dem dunkelroten Handtuch in der Hand öffne ich ihm die Wohnungstür. "I still need a bit, in my bathroom." - "Take your time", er wartet währenddessen auf meinem Bambussofa.

Als ich mich endlich zu ihm setze, in meinem schwarzen Morgenmantel, meine Haare sind immer noch naß, fängt er ein Gespräch mit mir an. Ich erfahre, daß er wieder eine Arbeit hat - ich dagegen bin wegen meines Stundendefizits aus meiner Arbeit geflogen, war eine Zeitlang in der Psychiatrie: "Depression ... and other complex things" und stehe gerade vor dem Nichts oder dem Neuanfang. Die Umstände, wie ich in der Akutpsychiatrie gelandet bin, interessieren ihn besonders, ich habe sie ihm vor ein paar Wochen nur nebulös erklären können: "Suicide ... the police had to do that ... but that was a misunderstood, I didn't want to commit suicide ... really." Ich bin total aufgekratzt, ihn nach 6 Monaten endlich wiederzusehen ... in meiner diagnostizierten "komplexen Persönlichkeitsstörung" ist ganz sicher auch etwas "Borderline" mit drin.

Das Gespräch nimmt eine ruhige Phase ein, in der ich nichts sage - ich aber genau weiß, was jetzt kommt ... und was ich so lange herbeigesehnt habe. "Let's go to your bed", nach ein paar hemmungslosen Küssen schubst er mich rückwärts in mein Bett, ich kann gerade noch so die Schleife von meinem schwarzen Morgenmantel lösen und mich total entkleiden ... er zieht sich auch aus und wir geben uns hin. "I do whatever you want", er liegt unter mir, zwischen meinen Beinen und ich tue alles, um ihn bei mir zu behalten. Ich bin schnell, er weiß, was er von mir will ... oral, so tief es geht. Innerhalb kürzester Zeit schmecke ich sein Sperma und schlucke es herunter: "That was too fast!" Ich habe bei ihm sofort alles gegeben ... "Sorry!" Ich liege immer noch über ihm und genieße jede Sekunde. Mein Körper schmiegt sich an ihn ... Wenn du jetzt noch meine Brüste streicheln würdest, wäre es perfekt. Wir drehen, ich liege nackt auf meinem Bett und sehe ihm dabei zu, wie er sich wieder anzieht. "I will do the next operation ... to enlarge my vagina. You know, up to now it's too tight and not very deep. Maybe later then..." Ich wünschte, ich könnte mich ihm endlich "überstülpen" ... ich bin schon wieder so dermaßen feucht da unten, ich brauche diese Operation - um jeden Preis. Ein Abschiedskuß an meiner Wohnungstür, ich vergrabe mich wieder in seine Schulter, meine Worte in sein Ohr: "I have missed you..." CMNF - clothed man, naked female.

Sein Aufenthalt bei mir hat gerade mal 45 Minuten gedauert. Die ganze nächste Stunde springe ich einfach nur umher, weiß nicht, was ich eigentlich machen wollte, bin komplett neben der Spur ... dieses Drücken, dieses angespannte Gefühl da unten in der Vulva ... ist das bei Frauen so? Es legt sich etwas die nächsten Stunden (flammt aber immer wieder kurz auf), ich lenke mich ab mit meinen Tagesaufgaben ... das Kaffeegeschirr spülen, etwas am Computer arbeiten. Seine Schicht fängt erst um 22 Uhr an, vielleicht treffen wir uns noch einmal davor den Abend in der Leipziger Innenstadt, um etwas essen zu gehen.

Kurz nach 18 Uhr bin ich wieder in der Gegend um den Hauptbahnhof, kaufe eine Tüte Brötchen (für den nächsten Morgen), trinke einen Tee in der Innenstadt ... schaue ständig auf mein Telefon, ob er mir etwas geschrieben hat. Schreibe ihm, daß ich auf ihn warte ... und schon mal in das kleine italienische Restaurant in der Nähe des Marktplatzes gehe (in dem ich gerne mal mit ihm essen würde). Ich betrete das Restaurant: "Ein Tisch für eine Person?" - "Äh...", ich schaue auf mein Telefon, "ja, eine Person." Wie immer, keine Antwort von ihm und ich hänge in der Luft ... keine Ahnung, wann wir uns das nächste Mal wieder treffen (vielleicht wieder erst in 6 Monaten).

[11.04.19 / 17:44] "Mir fehlen noch ein paar Zentimeter..."

Wenige Minuten vor dem nächsten Friseurtermin noch ein letztes Foto von meinen langen Haaren, es reicht nicht ganz runter bis zum "Arsch". (Das Foto spontan aufgenommen am späten Vormittag im Badezimmer, kurz nach dem Aufstehen, Duschen, Hormongel auftragen usw.) So lang sind meine Haare jetzt nicht mehr.

[04.04.19 / 16:09] The Return of Punk Girl - "Arbeit ist Scheiße!"

In ein paar Tagen wird mir das Ergebnis des arbeitsmedizinischen und berufspsychologischen Gutachtens mitgeteilt, spätestens dann erfahre ich, inwieweit ich überhaupt noch auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar bin. Währenddessen gehen die Arbeiten auf meinen eigens angemieteten Mailserver weiter, der sich (im Idealfall) mal alleine finanzieren soll ... durch Merchandise und Tittenwerbung (soweit das Geschäftskonzept bzw. der Businessplan).

[25.03.19 / 12:56] Das Street Food Festival an der alten Messe in Leipzig - ich habe den Sonntag keine Lust, etwas zu kochen und fahre gegen Mittag mit meinem Auto in Richtung Süden von Leipzig. Die Parkplatzsuche gestaltet sich etwas schwierig ... das letzte Mal war ich hier in der Gegend des Volkspalastes vor (ungefähr) fünf Jahren, die hier und da neu hochgezogenen Gebäude verwirren mich - ich habe das ganze Gelände noch als Brachfläche mit ein paar alten Messehallen im DDR-Baustil in Erinnerung (selbst den Mast mit dem großen, roten Sowjet-Stern finde ich nicht auf Anhieb). Das Festivalgelände mit den Imbißständen liegt neben dem Messe-Eingang auf der anderen Seite - gleich neben dem großen Möbelhaus (hätte ich das vorher gewußt). Aus dem Auto steigen und einfach den Menschen folgen ... die, die schnell laufen, sind hungrig und laufen in die richtige Richtung - die, die langsam dahin flanieren, kommen gerade gesättigt von dort zurück.

Das kleine Festival - eine "Pseudo-Bühne" gibt es auch - ich habe ein klares Ziel: afrikanisch - arabisch - vegan. Alles mit Fleisch lasse ich links liegen. Erster Stand: frittierte Kochbananen, nach afrikanischem Rezept ... ein paar Schritte weiter, die indische Flagge, frittierte Teigtaschen, "Samosas", das muß jetzt einfach sein. Ich gehe die Treppe hoch auf die nächste Terrasse ... noch ein afrikanischer Stand - Kidneybohnen auf Couscous in Kokossoße und einem scharfen Topping, das verdächtig nach Erdnuß schmeckt! Bis hierhin der beste Stand, das Rezept muß ich mir merken. Ich fühle, wie mein Magen langsam an seine Grenzen kommt - und ich habe noch keinen syrisch-arabischen Stand für mich entdecken können. "Israel" steht ganz groß auf dem nächsten Stand ... Manakish? Za'atar? Bin ich bereit für den vierten Gang? Ich stopfe mir, sitzend an einem der Tische, noch das Pita-Brot mit der orientalisch gewürzten Gemüsefüllung in meinen Magen - spätestens jetzt ist Schluß ... mir ist schon ganz schlecht von dem vielen guten Essen. Den dritten afrikanischem Imbißstand muß ich schon dankend abwinken, den anderen Stand auf dem Weg zurück mit den frittierten Insekten schaffe ich auch nicht mehr ... zu gern hätte ich noch die Heuschrecken probiert (so eine Gelegenheit kommt so oft nicht wieder).

Die Liebe zu meinem Freund ist verbunden mit meiner Liebe zu gutem Essen. Die letzten Wochen hatte ich immer wieder den Gedanken, ihm diese eine Nachricht zu schreiben: "I'm free - released from psych clinic and no job. Something new starts now." In der Hoffnung, daran anzuknüpfen, wo wir vor fast zwei Jahren waren. Als ich das orientalische Essen verdrücke, muß ich zwangsweise wieder an meine Sehnsucht an ihn denken und schreibe ihm diese eine Nachricht, die mir schon seit Wochen auf dem Herzen liegt (und bei der ich schon wochenlang - seit einem Monat bin ich aus der Klinik raus - gezögert habe). Sie bleibt unbeantwortet.

Ich habe ihn schon seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen ... seit unserer letzten (und verhängnisvollen) Begegnung im September 2018. Er ist weg ... er kommt auch nicht mehr wieder? Zeit, ihn endlich aufzugeben (so schwer es mir auch fällt). Mein Ex-Freund (jetzt nicht mehr "on-off") ... aber sobald er sich wieder blicken läßt? Er weiß, wie er mich rumkriegt.

[21.03.19 / 18:10] IPL-Nachbehandlung #2 (#19) - Die paar wenigen dunklen Haare in meinem Gesicht werden mit einem Stift eingekreist und von der Kosmetikerin gezielt ausradiert ... die Behandlung in dem Studio ist in weniger als 30 Minuten vorbei (und ich habe mein Auto daneben auf der Straße am Automaten für zwei Stunden Parkzeit vorausbezahlt). Das Haarentfernungsstudio betrete ich zuvor zusammen mit einer Gruppe junger, arabischer Männer - der schwarze Bart optimal frisiert - welche dunklen Haare die wohl weg machen wollen? Ich weiß es ... es sind die Brusthaare. Keiner meiner orientalischen Verehrer hatte dort einen Pelz, sie waren alle glatt wie ein Babypopo.

Weiter den Nachmittag (und noch ein weiteres Parkticket) zum örtlichen Hauptbahnhof in dieser nicht näher genannten Großstadt irgendwo in Sachsen-Anhalt. Ich kaufe mir am Schalter eine Zugfahrkarte in eine europäische Metropole. Wieder eine von meinen Abenteuerreisen in einem Nachtzug quer durch Europa, in ein paar Wochen ... nach Wien!

[03.03.19 / 20:12] Freitag "High Noon" meine Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag. Die vielen auf dem Betriebsgelände umherlaufenden Mitarbeiter, alles Männer, Ingenieure, die paar "Büro-Tussis" auf Absätzen - ich komme mir so fremd vor ... das ist nicht meine Welt, ich passe hier einfach nicht rein. Die kleine ostdeutsche Zweigniederlassung / Enklave (in der ich gearbeitet habe) ging vielleicht noch - aber der Hauptsitz jenseits der niedersächsischen Grenze (und das ist noch nicht einmal der Konzernsitz, der ist in München) geht überhaupt nicht. Ich kehre genau dorthin wieder zurück, wo ich herkomme (meine andere Welt von damals) - als Escort-Girl 2011 im Rotlichtviertel von Hannover (na gut ... vielleicht sollte ich es doch nicht so drastisch oder dramatisch sehen).

Ich bin jetzt genau wieder an dem Punkt, an dem ich Anfang 2012 schon war ... irgendwo zwischen Phantastereien von meiner eigenen Internetfirma, Umherschleichen in irgendwelchen Rotlichtgegenden in irgendeiner Großstadt irgendwo in Deutschland - und das Beziehen von "Stütze" (letzteres muß ich die nächsten Tage wieder beim Amt beantragen). Hoffentlich falle ich nicht wieder in diesen Teufelskreis: Hach ja, hier noch 'ne Bewerbung, da noch 'ne Bewerbung - vielleicht wird's ja was. NEIN, wird es nicht! Möglicherweise werden Softwareingenieure irgendwo gesucht - aber mich suchen die garantiert nicht! Eine schwer depressive Transsexuelle mit einem GdB von 30 und Multiple Sklerose, die nur noch mit höchstens vier Stunden Teilzeit arbeiten kann bzw. belastbar ist ... null Chance auf dem Arbeitsmarkt. Da muß ich mich keiner Illusion hingeben.

Also ... Alternativen suchen. Doch eine eigene Internetfirma? Als selbständige Programmiererin? Oder etwas vollkommen Anderes? Eventuell sogar in der Erotikbranche? Der Therapeut in der Klinik hat es so schön formuliert, mit meiner Unterschrift auf dem Aufhebungsvertrag bin ich jetzt frei. Mir steht alles offen, ich kann alles werden.

Wiederum zu etwas vollkommen Anderem - Sonntag früher Nachmittag in Leipzig, ich möchte endlich mal das Wiener Café in der Innenstadt besuchen. 14:30 Uhr sind tatsächlich noch einige Plätze in dem hübsch und nostalgisch eingerichteten Kaffeehaus frei - bevor Punkt 15 Uhr die ganzen Omchens anrücken (tatsächlich sind auch noch genug andere Altersklassen anwesend). So viele freie Tische in dem sonst so überfüllten Café ... irgendwo muß da ein Haken sein. Laute Musik dröhnt von draußen herein, dumpfe Bässe schallen durch die Fenster - großer Gott! Karneval! Doch nicht etwa hier? Während der laute Pöbel unten vorbeizieht, kann ich bei einer gesitteten Tasse schwarzen Assam-Tee, in dem gepflegten Kaffeehaus, und einem Stück Pflaumenkuchen nicht mal mehr der leisen, klassischen Musik in der Stube lauschen.

Wieder zurück den Nachmittag in der Fußgängerzone der Innenstadt, mache ich einen großen Bogen um den Karnevalsumzug und gehe erst mal ein Eis essen. Etwas um die 10 Grad, leichter Wind, dunkler Himmel, ein paar Regentropfen - es ist immer das richtige Wetter für eine Waffel Eis!

[26.02.19 / 21:38] Der zweite Nachsorgetermin in der Klinik in Potsdam - 8 Monate Post-OP. Ich habe extra meinen Fragenkatalog an den Doktor vorbereitet (wegen meiner Neovagina mit der viel zu geringen Tiefe): Ist bei mir da unten nach der OP sehr viel zusammengewachsen bzw. weggeschrumpft? Wurde die Operation bei mir abgebrochen oder hatte ich nur zu wenig Material? Und was ist mit der "Orchiektomie rechts" in dem Entlassungsbrief gemeint? Ist da wirklich noch ein Hoden drin? (Und geistert da umher?) Wenn ich mehr Tiefe haben will, welche Risiken hat die Variante mit der Erweiterungsplastik mit einem Stück Darm? (Und will ich das überhaupt machen lassen?) Eigentlich ist mir mein Darm, den ich jeden Tag brauche, wichtiger, als vielleicht irgendwann mal Sex zu haben. Gibt es Alternativen?

Ich parke mein Auto den Dienstag Vormittag in der Straße vor der Klinik in Potsdam zuerst im Parkverbot, das große Schild ist unübersehbar. Ein anderes Auto fährt weg, eine Lücke wird frei - in der mit Parkverbotsschildern und Ticketautomaten übersäten Seitenstraße. Eilig renne ich zurück zu meinem Auto mit dem Schlüssel in der Hand, schnell in die neue Parklücke umrücken (bevor die wieder besetzt ist) ... das Rathaus von Potsdam liegt direkt in der Nachbarschaft der Klinik - ich weiß, daß die vom Ordnungsamt hier gerne mal durchgehen und Knöllchen verteilen, das möchte ich nicht riskieren. Wenige Minuten später, mein 10 Uhr Termin zurück am Eingang der Klinik.

Ich sitze nur kurz in dem Wartebereich, als mich der Dr. Bauquis zusammen mit seinem Assistenten abholt und in das Arztzimmer geleitet. Er fängt gleich an, zu erzählen - meine erste Frage konnte ich ihm noch gar nicht stellen - er weiß, warum ich hier bin. Das Rektum (das kleine Stück Enddarm) bei mir ist bei der Vorbereitung der Operation und der Abtastung mit dem Finger spontan längs eingerissen (die Stelle mit den Condylomen), jede weitere Handlung und das Anlegen einer Neovagina - in unmittelbarer Nähe zur Darmwand - wäre grob fahrlässig gewesen, er mußte es zunähen.

Nichtsdestoweniger, ich liege danach auf der Liege und er schaut sich mit seinem Assistenten den Heilungsfortschritt meiner neu operierten Vulva an .... "C'est bien!" Es muß ein besonders schönes Ergebnis geworden sein. (Es ist wirklich sehr, sehr schön - rein ästhetisch ein Meisterwerk - nur funktional etwas eingeschränkt.) Er tastet erneut das Innere meiner Neovagina ab, ich habe durch Bougieren, im Vergleich zum letzten Mal, tatsächlich ein klein wenig mehr Tiefe dazugewonnen ... so von 3,5 auf 4 cm oder so. Ich klettere von der Liege wieder runter und ziehe meine schwarze Jeans hoch.

Im weiteren Gesprächsverlauf sprechen wir über die Operationsvariante mit der Verlängerung mit einem Stück Darm, er ist von dieser Variante überzeugt - ich nicht. Ich möchte meinen Darm nicht zerteilen lassen (auch wenn diese Operationstechnik Fortschritte in der Medizin gemacht hat), das Risiko ist mir zu hoch - auch gerade wegen meiner "Problemzone" am Rektum. (Verdammte Condylome / Feigwarzen, von welchem Kerl habe ich die eigentlich?) Immerhin, das Wasserlassen geht prima, alle Gefühle sind da (der Bereich um die Klitoris ist besonders empfindlich) - und ... das mit dem Feucht werden, breites Grinsen in der Runde, ich bin echt überglücklich, daß das bei mir so gut funktioniert.

Es gibt eine OP-Alternative für die Erweiterungsplastik, er könnte auch ein Stück Haut aus der Leistengegend entnehmen, die Narbe in der Bikinizone wäre kaum zu sehen (wirklich?), damit ließe sich eine Vertiefung von zwei oder drei Zentimetern mehr schaffen ... eventuell paßt dann hinterher sogar ein ganzer Finger in mir hinein. Ich staune ... so viel? Ich kämpfe um jeden Zentimeter! Die Korrekturoperation würde nur eine Stunde dauern, ein winziger Eingriff (so ähnlich, wie meine Blinddarmoperation vor ein paar Jahren), danach nur 24 Stunden (oder noch ein Tag mehr) stationärer Aufenthalt in der Klinik und ich bin wieder raus. Nachteil dieser Operationsvariante: sie muß wirklich regelmäßig aufgedehnt werden, bevor meine winzige Neovagina wieder zusammenwächst und naturgemäß abheilt. Wahrscheinlich kann ich diesen OP-Eingriff (den ich wieder selbst bezahlen muß) bei ihm sogar in ein paar Wochen, Ende Mai machen lassen, dann kommt er wieder für ein paar Tage zurück aus der Schweiz in die Klinik nach Potsdam.

Zum Abschluß des Gespräches mit mir und dem Doktor kann ich ihm noch endlich die Frage stellen, was das mit der "Orchiektomie rechts" auf sich hat - natürlich wurden meine beiden Hoden entfernt! Da ist kein einzelner Hoden zurückgeblieben, ich muß mir da überhaupt keine Sorgen machen. Na gut ... ein aktueller Hormonspiegel, mit einer Blutentnahme von mir, ist schon in Arbeit - wir werden sehen, ob das mit dem Testosteronwert auch wirklich so stimmt.

[24.02.19 / 23:13] Das komplette Psychiatrietagebuch, Teil 3:

Do 07.02.19 Wieder zurück in Tagesklinik! Anfangs ein gutes Gefühl, aber im weiteren Tagesverlauf erschreckend mit anzusehen, wie nacheinander jeder in der Therapie (Gruppengespräche) "geknackt" wird.
Was mich persönlich beschäftigt, was ich noch weiter verarbeiten muß: Mein Aufenthalt in der "Geschlossenen" und das Realisieren des "Eingesperrt sein".

Fr 08.02.19 Ich war da schon einmal, wo ich jetzt wieder bin - 2004/2005 habe ich ihr [meine italienische Affäre, Anm. der Verfasserin] online meine düstere Internetseite gezeigt, in Internetchats meine dunklen Gedanken plötzlich und unerwartet offenbart, meine ganzen, immer wiederkehrenden Selbstmordgedanken. Ich habe mich nie in Sie hineinversetzen können, wie sehr Sie das schockiert, wie sehr Sie Angst um mich - und vor mir - haben könnte. Ihre Distanz zu mir wurde immer größer. 10 Jahre grübeln, 10 Jahre Kontakt zu anderen Menschen meiden. Nie wieder stürze ich jemanden so sehr in den Abgrund (oder ziehe sie mit runter) wie Sie.
Jetzt habe ich schon wieder so einen Mist gebaut und bin mir den Folgen immer noch nicht bewußt - nochmal 10 Jahre Iso-Haft.

Vergrübeln - verdrängen - ausgraben - vergrübeln...
15 Jahre

Mo 11.02.19 In Erwartung der Woche: Mittwoch Gespräch mit Vorgesetzten? Donnerstag Nachmittag schon zwei Stunden arbeiten? Ich bin nicht da und habe den Donnerstag Nachmittag wieder einen von meinen Kosmetikterminen (Bartschatten entfernen) - gleich wieder zwei neue Minusstunden.

Di 12.02.19 Wieder Arbeiten gehen - tue ich mir das wirklich wieder an? Vielleicht spalte ich dafür eine neue (männliche) Teilpersönlichkeit ab, die den ganzen Mist stumm erträgt. Meine weibliche Seele schreit laut auf: "Wo bin ich hier ?! Was mache ich eigentlich hier?!"
Mitarbeiter: "Ah ... wieder da?"
Ich: "Ja, bin wieder da." (Und das sind die einzigen Wörter, die ich die ganze Woche sprechen werde.)

Mi 13.02.19 Status: Zurückgezogen, stumm, leise, bin nicht wirklich in Gedanken da, angespannt, Angst - warten, auf was passiert - 15:30 Uhr der Termin auf Arbeit. (Immerhin fahre ich -nicht- die Baumallee dahin.)

Do 14.02.19 (Mi 13.02.19) Nachtrag: Ich freue mich, meine alten Kollegen wiederzusehen. Danach Gespräch mit dem Vorgesetzten.
Variante 1: Ich arbeite wieder (sehr unwahrscheinlich).
Variante 2: Alles ist so wie vorher (sehr wahrscheinlich) + Kündigung wegen mangelnder Leistung.
Variante 3: Der Aufhebungsvertrag mit Freistellung.
Ich soll die zwei Stunden pro Tag projektgebunden arbeiten, wenn da nichts kommt (keine Arbeitsergebnisse), bin ich raus.

Fr 15.02.19 (Do 14.02.19) Kurz vor Sonnenuntergang auf Arbeit aufgetaucht - und anderthalb Stunden damit verbracht, mein abgelaufenes Paßwort zu ändern und zu erkennen, daß mein PC im Firmennetzwerk nicht mehr erkannt wird (kein Zugriff = nicht arbeitsfähig).

Mo 18.02.19 Das Wochenende zwei Nächte schlaflos bzw. erst um 5 Uhr morgens einschlafen, unruhig im Bett hin und herwälzen wegen der Arbeit - alles wieder wie vorher - die fünf Monate dazwischen + Therapie haben nie existiert.

Di 19.02.19 Die Arbeit kommt mir fremd vor, Gedanken: "Bin ich hier noch richtig?" Zwischen meiner Arbeit als "Softwareingenieur" - die überhaupt nichts mit Programmieren zu tun hat, und bei der auch nichts Produktives entsteht - und meiner kleinen Hobby-Programmiertätigkeit zu Hause (bei der ich mich immer für ein paar Stunden darin verlieren kann und ein paar Code-Zeilen schreibe) - liegen Welten.
Pläne / Ideen für danach:
- Bei einem Start-up anfangen und irgendwo in der Welt mit meinem Laptop als "Digital Native" arbeiten (am liebsten von Tel Aviv aus - Hebräisch lernen).
- Ein kleines Café eröffnen.
- Gelegenheitsjobs, Callcenter, Bäckerei-Tresen-Aushilfe.
- Für meinen (On-Off-)Freund anschaffen gehen (seine und meine Idee).

Mi 20.02.19 "Was mache ich hier?" Die Arbeit, wenn ich welche hätte, ist todlangweilig - in meinem speziellen Fall leider keine Redewendung, sondern bitterer Ernst. Zwei Stunden, 16:30 - 18:30 Uhr, kaum noch Mitarbeiter da (einer vielleicht), Computer anschalten, Windows-Sanduhr und Zeitanzeige anstarren ... (2h), Computer ausschalten.

Do 21.02.19 Was ist, wenn das mit Leipzig nur eine Scheinwelt ist, die nicht real ist - wenn ich da so glücklich bin, dann kann sie gar nicht real sein. Die andere Welt, meine Arbeitswelt, so irrational, so unwirklich - ich bin nicht mal mehr körperlich dort präsent, ein seelenloser Zombie-Geist. Ich schaue den Abend (Donnerstag) in den Spiegel und erkenne mich selbst nicht mehr.
Todo:
- Aufhebungsvertrag ins Rollen bringen - OK
- Bewerbungen schreiben - ...
(Wieder 250 Bewerbungen, 100 Absagen? Davon lasse ich mich nicht kaputt machen.)
Noch eine Idee für danach: Ich baue mir ein Netzwerk von Männern auf und schlafe mal hier und mal dort (mit Essen). Zu etwas vollkommen Anderem ... Therapieende? Was ich mitnehme - Selbstmordgedanke versus Gegengedanke: "Kann ich mit dem Scheiß jetzt endlich aufhören?!" (Therapieziel erreicht.)

Fr 22.02.19 Ich bin raus ... Entlassung in die große Unbekannte. Verabschiedung von den Mitpatienten ... sehr emotional (auch wenn ich mir nichts anmerke lasse). Gespannt auf das 20-Minuten-Lehrvideo/Interview mit dem Prof. und mir den Vormittag - für die Studenten, die etwas über Transsexualität erfahren wollen.

Andrea, Ex-Psychiatriepatientin

(Ende Teil 3/3)

[24.02.19 / 23:12] Das komplette Psychiatrietagebuch, Teil 2:

Mi 02.01.19 Erster Tag nach der Pause Weihnachten / Silvester, Gruppenvisite, 15 mg Mirte Schmelztabletten nicht genommen (erste Einnahme - intensive Träume), stattdessen meine 7,5 mg "Aurobindo" (wie Ashram in Indien), Therapietreue? Nachmittag das Gespräch mit dem Psychologen: Ich bin für andere formbar, versuche allen gerecht zu werden - brauche mehr Ecken / Kanten / Widerstand, mal Nein sagen. (Unbewußte Rebellion am Arbeitsplatz durch ständiges Zuspätkommen?)

Do 03.01.19 In der Therapie düstere Krakelbäume malen (mit Krähen).

Fr 04.01.19 Nur Gruppengespräche, schwierig, Konzentration zu halten.

Mo 07.01.19 Ich als Puffer zwischen meinen Eltern? Konflikt in der Gruppe wegen Ergo, schlechte Schwingungen.

Di 08.01.19 Visite: Schlaf (halbwegs) normal 22-6 Uhr.

Mi 09.01.19 Mit der Gruppe ein "Flugzeug" bauen - ich: "Chefstewardeß", Verantwortung? (Im Falle eines Absturzes?) Mittler zwischen Bordmannschaft und Fluggäste? (Wollte eigentlich nur die Sicherheitsunterweisung machen.)

Do 10.01.19 Wir sitzen alle als "Happy Smilies" in einem Flugzeug, das brutal abstürzt - Kurskorrektur!

Fr 11.01.19 Ich bin ein Geist - Fremdwahrnehmung vs. Eigenwahrnehmung.

Mo 14.01.19 Verhaltensanalyse (Kognitive Verhaltenstherapie):

Situation -> Gedanke -> Körper -> Verhalten
Verhalten -> Körper / Gedanke

Kurzfristige Konsequenz (Vermeidung) = Positiv
Langfristige Konsequenz (Selbstenttäuschung) = Negativ

Di 15.01.19 Noch vier bis sechs Wochen Therapie, Pläne für danach ...? Wieder Arbeiten gehen und nichts hat sich geändert - neue Arbeit suchen, wegziehen. Ich sehe in meiner jetzigen Arbeit keine Zukunft mehr für mich.

Mi 16.01.19 (Schlaf = mit Tabletten einschlafen + mit Wecker aufwachen) Aufstehen fällt immer schwerer früh morgens, Visite gestern (wieder arbeiten gehen und nichts hat sich geändert, deprimierend) - Sinnfrage der Therapie. Danach Tanzen - Führungsrolle - unbewußt aufrechte Ganghaltung.

Do 17.01.19 Neue Basistherapie MS (doch keine Eskalationstherapie - alles in Ordnung).

Fr 18.01.19 (Ohne Eintrag. Alles entspannt, in Erwartung des Wochenendes, war den Freitag in der Gruppentherapie nicht dran - dafür den Montag ...).

Mo 21.01.19 Deswegen bin ich hier - um mich von dem blöden Gedanken abzubringen: "Ich kann nichts, Bewerbungen / Jobsuche in Leipzig sind für'n Arsch - ich verkaufe einfach meinen Körper und werde Escort!" + psychischer Absturz und Selbstzerstörung.

Di 22.01.19 (Montag Abend) Der männliche Teil meiner Persönlichkeit ist - in Gedanken - 2012 aus dem Fenster im siebten Stock eines Hotels in Genua gesprungen und hat sich symbolisch umgebracht, der weibliche Teil in mir - die "femme fatale" - hat dann den größten Teil meiner Persönlichkeit übernommen. Wenn Sie jetzt dekonstruiert wird und wegbricht, was bleibt dann noch von mir über, außer einer leeren Körperhülle auf Autopilot? (War den Abend in Auflösung.)

Mi 23.01.19 Seit Montag (mein Gespräch in der Gruppentherapie) bin ich nur noch aufgewühlt und mit meinen Gedanken in der Vergangenheit. Achtsamkeit: Ich habe immer wieder durch flüchtige Sexkontakte meinen Körper und meine Seele weggeworfen (nur um für einen Moment nicht allein zu sein und Bestätigung von irgend jemanden zu bekommen).

Do 24.01.19 Nachdem ich das vom Montag halbwegs wieder verarbeitet (und verdrängt) habe, kommt Donnerstag noch eine Einzelgesprächsstunde. Permanentes hin und herwechseln zwischen meinen zwei Welten = Selbstzerstörung. (Aber meine Transsexualität wird niemals in Frage gestellt!) Auf Linie bleiben, Disziplin.

Fr 25.01.19 Ich spalte einfach mein Ich auf, in einen (psychisch) gesunden Teil und einen zu vernachlässigenden Teil? Persönlichkeitsspaltung funktioniert nicht bewußt!

Mo 28.01.19 Das Wochenende wieder rückfällig geworden und zwei Nächte (bis 4 oder 5 Uhr morgens) vor dem Computer durchgemacht. Thema der Woche? (Nachtrag: Einträge der letzten Woche = meine Leipzig-Persönlichkeit.)

Di 29.01.19 Ich bin noch nicht soweit! Euch ist schon bewußt, daß ich niemals auf Arbeit auftauchen werde? OK - bevor ich mein Auto auf der Fahrt dorthin gegen den Baum setze, fahre ich lieber gleich durch nach Leipzig. BEM [Betriebliches Eingliederungsmanagement, Anm. der Verfasserin] - beim Gedanken dorthin (die Arbeit) wieder zurückzukehren, kann ich (etwa) eine Stunde lang meine Tränen nicht zurückhalten und muß pausenlos flennen (dazu liegen also überall diese Kisten mit den Tüchern rum). (Schön, daß wir dieses versteckte Trauma aufgedeckt haben.)

Mi 30.01.19 Ich habe richtig Angst davor, auf Arbeit zurückzukehren. Die vernünftige Lösung ist vielleicht nicht immer die richtige Lösung. Warum dieser emotionale Ausbruch beim Gedanken an meine Arbeitsstelle? Warum immer der Flucht- und Selbstmordgedanke - in Verbindung mit meiner Arbeitsstelle? Was ist dort so dermaßen schiefgelaufen, daß ich letztendlich in psychischer Behandlung gelandet bin? Mobbing durch Führungsetage? Rausekeln wegen MS-Behinderung und Kündigungsschutz? Isolation + beschissene, stumpfsinnige Aufgaben? Als ich da noch als männlicher Mitarbeiter angefangen habe, war das noch anders. Seit meinem Wechsel zur Frau - Probleme: "Wenn 'er' nicht operiert ist, dann muß 'er' auch die Männertoilette benutzen." (Das einzige Mal, daß ich das auch hinter meinem Rücken mitbekommen habe, mir zugetragenes Kommentar des damaligen Führungschefs.) Seit bei dem Namenswechsel zu "#######" [ein deutscher Konzern, Anm. der Verfasserin] - von mir nur als "feindliche Übernahme" betrachtet - einige unbequeme Mitarbeiter gehen mußten, darunter auch die einzige andere Frau im Team, deren Verlust mich sehr getroffen hat, fühle ich mich in der Firma nicht mehr wohl. Ausgrenzung, keine Bestätigung meiner Arbeit, immer nur Kritik, angehäufte Minusstunden, alles stumm ertragen, Sprüche: "Jeder mittelständische Betrieb hätte Sie schon längst gekündigt!"
(Beschissene Opferrolle, alles reinfressen, jeden Tag erdulden, jeden Tag meine ausgewählten Bäume auf der Allee dorthin zählen: Hallo Baum Eins, hallo Baum Zwei, hallo Baum Drei ... stehen optimal, um mit dem Auto da reinzukrachen.)

Do 31.01.19 Ausflug mit der Gruppe in den Park bei schönstem Wetter - bleibt in Erinnerung als das Therapie-Highlight.

Fr 01.02.19 Vorsatz: Das Wochenende nicht wieder die Nacht vor dem Computer sitzen. (Nachtrag: Freitag + Sonnabend nur bis Mitternacht.)

Mo 04.02.19 Ich habe Scheiße gebaut und einen Selbstmordplan im Internet veröffentlicht (mein "Internet-Avatar" stirbt ständig 1000 Tode). Resultat: Wurde den Sonntag von der Polizei abgeführt und mußte eine Nacht in der Geschlossenen verbringen (von Sonntag auf Montag), ungewohntes und bedrohliches Gefühl, eingesperrt zu sein.

Di 05.02.19 (Ein Tag ausruhen.)

Mi 06.02.19 Wieder zurück in Tagesklinik?

(Ende Teil 2/3)

[24.02.19 / 23:11] Das komplette Psychiatrietagebuch, Teil 1:

Mi 12.12.18 Erster Tag, Einweisung, Rundgang durch die Räume der Tagesklinik, Wochenplan, Fragebogen ausfüllen, ähnlich therapeutischer Lebenslauf. Schlaflose Nacht. Abhauen? Flucht? Bin doch hingefahren. Mirtazapin abends, Hormone von Abend auf Nachmittag verlegt.

Do 13.12.18 Vier Stunden Schlaf 1-5 Uhr. Einführung Ergotherapie, Räucherstäbchenhalter aus Ton basteln. Musiktherapie Tabla trommeln. Einblick in geschlossene Psychiatrie, vergitterte Treppenaufgänge.

Do-Fr 14.12.18 Normal-Schlaf.

Fr-Sa 15.12.18 Null-Schlaf (wegen Hotel-Kopfkissen) [Anm. der Verfasserin: kurzer Wochenendausflug nach Kassel].

Sa-So 16.12.18 Guter Schlaf 23-8/9 Uhr.

So-Mo 17.12.18 Vier Stunden Schlaf 5-9 Uhr, ab 11/12 Uhr in Tagesklinik, alles vom Vormittag verpaßt. Gedanke: Alles hinschmeißen, Therapie abbrechen, Arbeit kündigen, woanders wohnen und neu anfangen? (Job im Callcenter?)

Mo 17.12.18 Normal-Schlaf 23-6 Uhr, Mirtazapin 15 mg (den Tag nur Visite).

Di 18.12.18 (Normal-Schlaf 22-6 Uhr) Tanztherapie, Streßball zum Quetschen, über beschissene Arbeit erzählen. Tanzen = Lustig. Mit Gruppe tanzen - bin sonst Einzeltänzer in der Disko. Das Spiel mit einem Stuhl weniger als Teilnehmer - Stühle außerhalb Blickfeld = kein Streß entstehen lassen.

Mi 19.12.18 Psychotherapie wird auf die kurze Zeit nichts bringen (Langzeittherapeut suchen), das Schlafproblem kann nur mit Medikamenten behandelt werden.

Do 20.12.18 Hohe Dosis Mirte 15 mg, 10 Stunden Schlaf / Bewußtlos 22-8 Uhr, Wecker nicht gehört - verschlafen. Vormittag-Mittag Weihnachtsmarkt + Kaffee und Kuchen, Gruppenteilnehmer näher kennenlernen, lustig (mal lachen).

Fr 21.12.18 Drei Stunden Schlaf 4-7 Uhr wegen Erkältung, wieder eine Stunde zu spät in Tagesklinik.

(Ende Teil 1/3)

[24.02.19 / 23:10] Schon wieder neue Schuhe (ich konnte nicht widerstehen und an dem Regal in dem Schuhgeschäft einfach vorbeigehen). Seit einiger Zeit suche ich ein Paar schwarze "Hexenschuhe" (so ähnlich, wie die der schwarzen Hexe aus dem "Wizard Of Oz"). Eine silberne Schnalle hat dieses Paar zwar nicht, aber dafür kommt die Form (mit dem Absatz und der Ferse so elegant nach oben geschwungen - und die Schuhspitze) in etwa hin.

[14.02.19 / 21:41] IPL-Nachbehandlung #1 (#18) - Der kleine Fleck Bartschatten am Kinn und Mundwinkel stört mich schon seit letzten Sommer - und muß "weggebrutzelt" bzw. "weggeblitzt" werden. Die Behandlerin in dem Haarentfernungssalon entdeckt noch viel mehr dunkle Haare in dem (sensiblen) Gesichtsbereich und stellt gleich einen neuen Behandlungsplan mit bis zu weiteren 10 Sitzungen alle 5 Wochen auf ... klar können wir das so machen - die Haare müssen einfach weg, ein "No-Go" für Transfrauen (es ist mehr als nur ein "Frida-Kahlo-Memorial-Beard", nur bei mir eben in blond).

Dauerhafte Haarentfernung (vs. permanent) ... hält etwa fünf Jahre, vielleicht auch länger (die "weiß geblitzten" Haare stören mich ja auch nicht weiter, nur Hauptsache kein Bartschatten).

[11.02.19 / 21:30] Psychiatrie-Update #4 - Ich bin wieder drin, im "Tagesklinik-Roulette" ... nach meinem kurzen Ausflug in die "Geschlossene". Was bleibt, ist dieses beklemmende Gefühl des Eingesperrt seins. Wie ich den Abend zuerst den ganzen, hell beleuchteten, u-förmigen Gang in der Station mit den Patientenzimmern abgelaufen bin, nur ein paar Meter vor und zurück. Die Wände, die verriegelten (oder gar nicht zu öffnenden) Fenster, die verschlossene, gläserne Eingangstür, die Dunkelheit der anbrechenden Nacht dahinter, diese winzige, beengte, abgeschottete Welt. Und der kleine Innenhof, wie ich mehrere Minuten (oder eine Stunde) mit meinem schwarzen Mantel und den Händen in den Taschen nur so dastehe, den Kopf nach oben in den freien Nachthimmel gerichtet, meinen in der Kälte kondensierenden Atem beobachte. Ich bin eingesperrt ... ich weiß nicht, ob ich den nächsten Tag, oder wann ich hier wieder rauskomme, weiß nicht, ob ich überhaupt rauskomme, oder wie lange ich hier drin bleiben muß.

Eine schlaflose Nacht. Das Fenster neben meinem Bett in dem Patientenzimmer läßt sich nur einen Spalt öffnen ... dahinter befindet sich ein Metallsieb, aus dem etwas kühle Frischluft hereinkommt. Die gepflasterten Wege vor den Fenstern draußen sind durch Laternen hell erleuchtet, das große Nachtlicht neben der Zimmertür läßt sich nicht ausschalten, alles strahlt in einem kühlen, schummrigen Licht. Ich versuche notdürftig das Nachtlicht mit dem Mülleimer davor und meiner Überdecke abzudecken.

Der nächste Tag, an einem Süd-Ost-Fenster in dem kurzen Gang tauchen ein paar Sonnenstrahlen auf, ich habe mein Telefon aus dem Stationszimmer holen können. Verzweifelt taste ich jede Ecke des Fensters ab ... kein Netz, das ganze Gebäude ist abgeschirmt - alle Mitpatienten telefonieren auf dem kleinen Innenhof, die einzige Stelle, an der man noch Empfang hat. Ich versuche auf dem Hof telefonisch Kontakt zu der Außenwelt aufzunehmen, probiere ein paar Nummern - wer kann mich hier rausholen? Klingt dramatisch ... aber für mich ist das neu, ich hatte noch nie die Erfahrung, plötzlich nicht mehr "frei" zu sein. Meine Hoffnung: die Polizisten bzw. der Notarzt den Tag zuvor auf dem Revier haben mich vor die Wahl gestellt, entweder "freiwillig" mitkommen, oder Zwangseinweisung. Wenn ich freiwillig mitkomme, dann komme ich da doch auch freiwillig wieder raus, oder? Tatsächlich ist das gar nicht so sicher.

Es dauert gefühlt ewig den Vormittag, wie die Ärzte in der Geschlossenen sich dafür entscheiden, daß von mir ja doch keine so starke Eigen- und Fremdgefährdung ausgeht und meine Entlassungspapiere vorbereitet werden. Ich stehe am Fenster des Besuchszimmers und beobachte die Welt da draußen ... ein paar Handwerker steigen aus ihren Lieferwagen und laufen geschäftig umher - ich bin von diesem Geschehen getrennt, ich kann nicht einfach rausgehen, die Tür da ein paar Meter neben mir in der Schleuse ist ... zu! ich habe keine Macht, sie zu öffnen.

Meine "freiwillige" Entlassung wird kurze Zeit später bewilligt, ich stehe angezogen mit meinem schwarzen Mantel und meiner Umhängetasche vor der Schleusentür, aus dem Stationszimmer drückt jemand den Entriegelungsknopf und sie geht auf. Ich gehe durch die zweite, automatische Schiebetür dahinter nach draußen in die Freiheit. Endlich raus! Ein sonniger, kalter Februar Vormittag, mit Eis und Schnee - aber ein wunderbar schöner, blauer Himmel. Die paar Kilometer bergabwärts in die ostdeutsche Kleinstadt gehe ich zu Fuß, kein Bus. Selten bin ich so glücklich, einfach endlos weit laufen zu können.

Ob sich der Freiheitsentzug zu einem bleibenden Trauma bei mir entwickelt? Sollte ich in ein paar Monaten oder Jahren eine panikartige Angst vor engen Räumen und dem Eingesperrt sein allgemein entwickeln, weiß ich, warum.

[11.02.19 / 21:29] Freitag Abend - endlich wieder in Leipzig (meine Yucca-Pflanze sieht schon ganz mitgenommen aus). Nachdem ich mich das Wochenende vor drei Wochen in eine Discoveranstaltung für Lesben verirrt hatte, gehe ich dieses Wochenende wieder in meiner Szene aus. Ein Konzertabend mit zwei Bands aus dem Wave- und Minimalumfeld. Mein Badezimmer-Spiegel-Ritual: schwarzer Kajal, leicht abdunkelnder Lippenstift in Naturfarbe, die langen, blonden Haare durchkämmen, Chanel - und weiter zum Kleiderschrank. Schwarzes Top, schwarze Jeans, Nietengürtel, schwarzer Kapuzenpullover ... Silberschmuck, der Ring, die Kette, der Anhänger. Jetzt fehlt nur noch der schwarze Wollmantel, der schwarze Kaschmirschal, meine schwarze Lederhandtasche und die Wave-szenetypischen Pikes (ich trage die mit den kubanischen Absätzen und ohne Schnallen). Ausgehfertig und bereit für die Nacht laufe ich danach, gegen 21 Uhr nochwas, zu meinem Auto.

Die Navigationsstimme auf meinem Smartphone lotst mich durch die Straßen von Leipzig: "In 100 m keep right, now turn right. Follow the course of the road for 1 km." Die Baustelle auf der Brücke nach Plagwitz kennt das System nicht, ich muß es ignorieren, auf voller Lautstärke läuft parallel die Discomusik aus Tel Aviv in meinem Auto, die Bässe dröhnen an jeder Ampel. Kurz vor 22 Uhr erreiche ich mein Ziel, ein altes Fabrikgebäude am Ufer eines Seitenkanals irgendwo im Westen von Leipzig, die letzten Meter in der Sackgasse muß ich zu Fuß laufen und lasse mein Auto stehen.

Der Club, tagsüber wohl ein kleines Restaurant, jetzt gut gefüllt mit schwarzem Publikum ... breites Grinsen in meinem Gesicht, meine Szene! Ich gebe meinen Mantel am Garderobenstand ab, sammle ein paar umherliegende Flyer ein und gehe erst mal an die Bar (auch so eine Art immer wiederkehrendes Ritual). Nicht allzuviel später fängt die erste Band an, zu spielen ... zwei Musiker, einer an den Synthesizern, der zweite mit E-Gitarre am Mikro. Ich stehe ziemlich weit vorne vor der kleinen Bühne, auf den Auftritt der beiden freue ich mich schon seit Wochen (seit ich den kleinen Flyer bei der letzten szeneinternen Veranstaltung mit eingepackt hatte). Die zweite Band - eigentlich ist es nur ein Musiker/Punk am Synth und Mikro - ich habe schon ein paar seiner Auftritte miterlebt (er tourt ziemlich oft), ich stehe wieder hinten (in der Nähe der Bar) und lasse seinen Fans, oder Groupies, oder Entourage den Platz vor der Bühne. Ein dichter Nebel hüllt alles ein, ich sehe ihn kaum.

Die Discoveranstaltung nach den beiden Konzertauftritten ... da ich den Freitag schon um 6 Uhr früh aufstehen mußte - um zur Tagesklinik zu fahren - bin ich nicht so energiegeladen, daß ich die ganze Nacht durchtanzen könnte. Ich bin eigentlich ziemlich müde und k.o. ... schade, ab und zu wird doch etwas nettes, Punk-lastiges aufgelegt. Ich schaue mir das schwarze Publikum um mich herum an ... so viele interessante Menschen. Aber nachdem ich nur wenige Tage zuvor aus der geschlossenen Station entlassen wurde - und die Umstände erfahren habe, wie ich dort hineingeraten bin (menschliche Mißverständnisse) - möchte ich lieber für die nächste Zeit keinen Kontakt zu anderen Menschen. Zwischen 2 und 3 Uhr nachts verlasse ich wieder das alte Fabrikgebäude und die schwarze Veranstaltung. Zurück zu meinem Auto, zurück in meine Wohnung.

Der Sonnabend in Leipzig, kurz nach 12 Uhr mittags stehe ich auf, ein paar Brötchen aus der Tankstelle den Abend zuvor als Frühstück. Diesen Nachmittag will ich in einem Möbelhaus nach einem kleinen Fernsehtisch für meine Wohnung suchen - und einen Fernseher kaufen! Nach zweieinhalb Jahren endlich mal nicht mehr für umsonst die Gebühren (pro Wohnung) für die öffentlich-rechtlichen Sender zahlen. Ich fahre zu dem großen Einkaufscenter an der Autobahn, das "schwedische" Möbelhaus lasse ich links liegen und parke mein Auto vor dem anderen großen Möbelhaus. Ich laufe gefühlt kilometerweit durch die ganzen Wohnzimmergarnituren, riesige Sofalandschaften, Designermöbelstücke der höheren Preisklasse ... wer stellt sich denn diese riesigen Dinger in die Wohnung? Ich suche doch nur etwas ganz kleines (kann auch exquisit teuer sein) für meine winzige 28m²-Dachgeschoßwohnung. Als ich das Möbelhaus nach stundenlangem, erfolglosen Suchen wieder verlasse, bricht bereits die Abenddämmerung an. Wenigstens in dem Elektronikmarkt gegenüber werde ich fündig und investiere etwas Geld in einen kleinen (und schwarzen) 24-Zoll-Flachbildfernseher ... der letzte, der noch auf Lager war. Mit dem verpackten Fernseher im Kofferraum meines Roadsters (hat gerade so noch hinein gepaßt) wieder zurück zu meiner Wohnung.

Lange bleibe ich nicht da, den Karton mit dem Fernseher stelle ich unausgepackt beiseite - keine Zeit, ich muß mich für den Sonnabend Abend wieder ausgehfertig machen. Den Lippenstift lasse ich weg, ich will in ein Restaurant, etwas essen - und danach in eine Bar irgendwo im Stadtzentrum von Leipzig ... soweit der Plan. Mit der Straßenbahn kurz nach 19 Uhr in die Innenstadt und die Station am Hauptbahnhof.

Ich laufe zu Fuß die Straße vom Hauptbahnhof in Richtung der Einkaufsstraße entlang (die mit den vielen Restaurants) ... genau hier hatte ich noch vor ein paar Wochen jemanden kennengelernt - hey, ich bin nur zwei Monate zu spät am vereinbarten Treffpunkt! Natürlich steht er nicht mehr hier und wartet auf mich. Weiter in eines der indischen Restaurants ... ein Fisch auf der Menükarte (aus dem Amritsar-See?) und ein Teller gegrillte Okraschoten als Hauptspeise. Ein üppiges Trinkgeld und weiter, kurz vor 22 Uhr, auf der Suche nach einer Bar in der Nähe der Oper und des ägyptischen Museums ... vielleicht eine kubanische Bar? Stand so im Internet, dort müßte ich ein Mojito trinken können.

Die Bar entpuppt sich als eine Art Kneipe - mit urtypischem, Leipziger Stammpublikum ... aber eine sehr entspannte Atmosphäre. Cocktails gibt es dort nicht, oder erst sehr viel später, ich bestelle meinen einfachen "Cola-Tonic-Mix" und bleibe nicht sehr lange - da es ziemlich voll in der kleinen Bar ist und ich nur gedrängt in einer Ecke stehen kann. Kurz nach 23 Uhr mit der nächsten Straßenbahn wieder zurück in meine Wohnung (und erst jetzt erfahre ich, daß die vier oder fünf Stationen dorthin nur "Kurzstrecke" sind und ich immer viel zuviel für ein "normales" Ticket bezahlt habe).

Mitternacht, meinen Fernseher aufbauen, anschalten und bis 2 Uhr nachts einrichten und fernsehen ... "Taxi Driver".

Sonntag später Vormittag, kurz nach 11 Uhr aufstehen und meinen neuen, in der Ergotherapie selbstgebastelten Räucherstäbchenhalter aus Ton einweihen, das morgendliche Ritual auf dem Altar. Während das Räucherstäbchen neben mir auf der Minibar runterglimmt, bereite ich das Frühstück vor - Brötchen vom Bahnhofsbäcker letzten Abend und ein Kännchen Damaskus-Kaffee. Das Pulver mit heißem Wasser aufgießen, ankochen lassen und dann das fertige, aromatische Gebräu mitsamt dem Kaffeesatz in mein neues Mokkatäßchen (mit "Gustav-Klimt-Motiv") gießen und austrinken. Danach mit der Untertasse abdecken, alles umdrehen und bis 10 zählen, nochmal mit Schwung umdrehen und ein weiteres Mal bis 10 zählen ... der Kaffeesatz läuft das Mokkatäßchen innen wieder runter und hinterlaßt phantasievolle Spuren - Untertasse wieder abnehmen. Ich hatte schon ein Kamel, ein Pferd, ein Wanderer in der Wüste ... und jetzt eine Tempeltänzerin. Was mag sie wohl bedeuten? Die Haare und die Arme in Bewegung, ein Rock um den Bauch geknotet. Sie steht für Lebensfreude, aber auch Sklaverei ... ich werde aus meinem alten Leben ausbrechen.

[04.02.19 / 16:46] Ich habe Scheiße gebaut und bin in der geschlossenen Station der Akutpsychiatrie gelandet. Sonntag früher Nachmittag klingelt es an meiner Haustür - drei Polizeibeamte stehen davor und wollen mich sprechen. Ist irgend etwas mit meinem Auto? Habe ich mich mal wieder im Verkehr komplett daneben benommen? Nein ... sie zeigen mir einen Textausdruck meines letzten Blogeintrages mit der Suizidabsicht - aber das ist doch Prosatext! Eine Traumsequenz! Mein literarisches Alter ego, das bin doch nicht ich! Keine Chance, mein Hinweis auf das Lebensbejahende zwischen den Zeilen wird ignoriert. Mist ... ich hätte es doch kursiv kennzeichnen sollen.

Ich werde erst mit auf das Revier genommen (hoffentlich sehen die Nachbarn, wie ich von der Polizei abgeführt werde, für mein "Bad-Girl-Image"), ein Arzt wird noch hinzugezogen, ein Rettungswagen wird bestellt - und weiter geht die Fahrt am späten Sonntag Nachmittag in die örtliche psychiatrische Klinik (in der Neurologie davon, hatte ich vor Jahren schon einmal eine gruselige Nacht). Immerhin, ich lasse mich auf "freiwilliger Basis" einliefern - das ist extrem wichtig, wenn ich danach irgendwann wieder raus will, niemals mit Zwang auf richterlicher Basis! Ein kurzer Stop auf den Weg zurück in meiner Erstwohnung und ich kann noch schnell alles Nötige in eine Tragetasche werfen ... hoffentlich ist es wirklich nur für eine Nacht, die Polizisten drängeln schon im Treppenhaus.

In der Klinik angekommen, muß ich alles wieder abgeben: mein Telefon, alles an Kabeln, Geldbörse, Medikamente (auch meine Hormone). Die Schleuse wird hinter mir geschlossen und ich bin fürs erste eingesperrt. Die Fenster auf den Patientenzimmern der Station lassen sich zwar nicht öffnen - aber es sind zumindest keine Gitter davor. Nervös tigere ich den Abend auf der Raucherinsel in dem kleinen Innenhof der Station umher ... hoffentlich überstehe ich die Nacht.

Sie wird weitestgehend schlaflos, gegen 1 Uhr nach Mitternacht frage ich die Nachtschwester nach ein oder zwei Tabletten zum Schlafen - werde aber wieder zurückgeschickt (vielleicht auch besser so), meine selbst mitgebrachten, schlaffördernden Antidepressiva müssen ausreichen. Gedanken ... hätte ich den Text bloß nicht geschrieben, hätte ich ihn bloß nie veröffentlicht, ich hatte so schon ein ungutes Gefühl, mein detaillierter Selbstmordplan könnte Nachahmer finden - zu gefährlich. Gegen frühen Montag Morgen finde ich doch ein, zwei oder drei Stunden Schlaf.

Montag Vormittag - ich kann mein Anliegen den Ärzten auf der Visite beibringen, es kommt immer wieder vor, daß hier auf der Station Menschen von der Polizei abgeladen werde, die etwas Falsches im Internet gepostet haben ... vorzugsweise in bestimmten, nicht näher genannten Foren. Ich muß mir immer wieder die Frage stellen lassen, warum ich mein Tagebuch mit meinen privaten Gedanken so öffentlich im Internet ausbreite ... ja, warum eigentlich? Sind mir fremde Leser so wichtig? Kann ich meine Einträge und mein Blog nicht einfach mit einem Paßwort schützen? Vielleicht sollte ich mal über die Idee, hier einen privaten bzw. geschützten Bereich einzurichten, nachdenken ... die Idee der Polizisten den Nachmittag zuvor, mit meinem Blog einfach in das "Darknet" umzuziehen, klingt auch nicht schlecht.

Montag Mittag - ich bin raus! Kann ich mit dem ganzen Scheiß jetzt endlich aufhören? Der Gedanke, meinen (angedeuteten) Selbstmordversuch elegant zu überspringen, hat jedenfalls funktioniert ... zwar anders als erwartet, aber doch irgendwie. Nebeneffekt: die Tagesklinik der letzten Wochen, die mir telefonisch auch nicht weiter helfen konnten, nehmen mich nicht mehr zurück. Ich bin jetzt auf mich allein gestellt.

[02.02.19 / 13:05] "Überlebst du's, ist es ein Ja für's Leben - überlebst du's nicht, dann war's das eben."

[Hier stand für 48 Stunden detailliert wie ich mich umbringe - bitte nicht nachahmen, funktioniert nicht, Anm. der Verfasserin.]

In meiner Phantasie überlebe ich das Ganze und wache in der Notaufnahme wieder auf ... wieso kann ich den Selbstmordquatsch nicht einfach überspringen und fange gleich mit meinem neuen Leben an? Momentan sieht es so aus, daß ich aus der Therapie in der Klinik geworfen werde und wieder auf meinem alten Arbeitsplatz lande - genau den, den ich vor vier oder fünf Monaten verlassen habe, weil es einfach nicht mehr ging. Und jetzt ist alles nur noch schlimmer.

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg

Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,

vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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