morgana81 - gothic transgender

Der letzte Tag, Dienstag Morgen.

[11.06.25 / 22:29] Der letzte Tag, Dienstag Morgen. Das Frühstück habe ich nicht mehr geschafft, kurz vor zehn Uhr werde ich in dem großen Bett wach, in einer Stunde ist Check-out. Die großen, schweren Gardinen aufziehen, die Fenster öffnen. Alles anfangen, aufzuräumen, ins Bad verschwinden. Alles was ich verwende, landet nach und nach in den Taschen, das Duschbad, die Haarwäsche, der ganze Make-up-Kram. Unterwäsche gesammelt in weißen Beuteln, meine Kleider von den Bügeln nehmen, falten und in die Sporttasche. Ab und zu ein Blick auf das Smartphone … noch 35 Minuten, ich liege gut in der Zeit. Den Tragekorb aufklappen, alle Stiefeletten darin einsortieren. Fünf Minuten vor um elf Uhr, ich trage meine Sachen aus der Hotelzimmertür heraus, stelle gleich alles daneben ab. Runter zur Rezeption nehme ich schon die erste Tasche, die olivgrüne Sporttasche, mit.

Check-out gegen elf Uhr, alles wie immer. Bevor ich meinen Tragekorb, das Picknickkörbchen und den schwarzen Stoffbeutel über den Fahrstuhl hole, parke ich mein Auto um und stelle es vor dem Hoteleingang. Den Mittag weiter in die Innenstadt.

Der Himmel ist düster dunkelblau-grau. Es ist kalt, den Kapuzenpullover ziehe ich erst aus, als ich mein Auto in dem großen Parkhaus am Hauptbahnhof parke. Ich will noch etwas Einkaufen gehen, ein paar Outdoor-Läden, vielleicht ein Schuhladen – und ein Frühstück. Der Flagship-Store der Leipziger Bäckerkette.

Die Filiale ist nur etwas runter, die erste Straße vom Hauptbahnhof in die Fußgängerzone. Ein süßes Frühstück, Brötchen, Kaffee, Croissant und Marmelade … die zwei kleinen Gläser verbrauche ich nie, eines davon landet immer gleich in meiner Handtasche.

Der erste Outdoor-Laden ist nur ein paar zehn Meter neben dem Bäcker, ich bin auf der Suche nach einem neuen Schlafsack. Mit Daune muss er sein, leicht, kleines Packmaß und kuschelig bequem. Ein Sommerschlafsack – ich will damit auf dem nächsten Bikertreffen zelten. Mein alter Schlafsack, noch aus Grundschulzeiten … ist es überhaupt mein Schlafsack? Die Familie hat ihn schon geteilt, Freunde von Familienmitgliedern hatten denselben, er könnte schon längst vertauscht worden sein. Er ist groß und sperrig, er passt gerade noch so in die schwarze Tasche hinten auf den Gepäckträger. Ich phantasiere, ich bin noch nie mit dem Motorrad zelten gefahren, der Schlafsack ist für Übernachtungen in fremden Wohnungen.

Der Verkäufer hat ein paar Modelle in der Auslage, er zeigt mir drei Sommerschlafsäcke mit Daune. Ich kann sie berühren und ertasten, wie leicht und dünn sie sind. „Und was kosten die so?“ 160 bis 200 und nochwas Euro. So viel wollte ich eigentlich nicht ausgeben. Mit der Hotelrechnung und den ganzen Festivalausgaben überziehe ich mein Konto schon um 1000 Euro … und es ist gerade erst Monatsanfang. Der Verkäufer verkauft mir eine neue Isomatte und eine leichte Plane für unter das Zelt. Eigentlich dachte ich da an so eine, auf A4-Größe zusammenfaltbare Isomatte und ein derbes Zelttuch in Flecktarn. Meine ganze Camping-Erfahrung basiert auf ein einzelnes Bundeswehr-Biwak im September 2000. Wieder draußen aus dem Laden mit meiner neuen Isomatte unter dem Arm. Verdammt. Für das Geld hätte ich doch auch einfach meine alte Isomatte zu Hause auf die schmalere Größe zurechtschneiden können, nur damit sie in die wasserfeste Motorradtasche passt. Zurück zum Hauptbahnhof, alles in den schon fast vollen Kofferraum packen. Irgendwo in der Promenade des Hauptbahnhofs gab es auch mal einen Outdoor-Laden, aber der ist weg, da hatte ich mal die aufblasbare Matte gekauft.

Mittagessen beim Inder, wieder zurück in der Einkaufs- und Restaurantstraße. „Aloo Chana“, Kartoffeln und Kichererbsen. Ich sitze unter dem Schirm im Außenbereich, die kleinen Spatzen sind putzig, sie haben fast keine Scheu mehr vor Menschen. „Das ist mein Essen“, etwas mit der Hand wegwinken.

Weiter hinein in die Fußgänger- und Einkaufszone, der italienische Eisverkaufsstand. Die beiden Schuhläden, an denen ich die letzten Tage und Nächte vorbei gelaufen bin … speziell das eine Modell schwarze Velourleder-Espadrilles im Schaufenster.

Erst den Doc-Martens-Laden, ich tue so, als wäre ich interessiert, etwas zu kaufen – tatsächlich habe ich vor, meine Doc Martens so lange zu tragen, bis sie auseinanderfallen. Das Paar martialische Stiefel mit den monströsen Plateau- und Blockabsatz, haben sie nicht mehr, die wären es gewesen.

Wieder um die Ecke zu dem anderen Schuhladen, so schön die schwarzen Keilabsatz-Peeptoes auch aussehen – in echt anprobiert, verlieren sie ihren Zauber. Nur zwei Größen im Regal, die britischen 6,5 und 7,5 – nicht meine 7. Es sind Schlappschuhe, der massive Keilabsatz bewegt sich von Natur aus nicht mit, damit kann ich keine langen Strecken laufen. Das Geld, die 150 Euro, wird woanders investiert.

In einem großen Kaufhaus versuche ich noch einmal, einen Schlafsack zu finden, so etwas haben die nicht in der Sportabteilung. Irgendwo hier in der Gegend war noch ein anderer Sportartikel-Laden, aber ich finde nur das nächste Outdoor-Geschäft, die beiden Läden sind fast identisch.

Wieder die Auslage mit den Schlafsäcken, von den Expeditionsmodellen jenseits der paar hunderte Euro und die leichten Sommerschlafsäcke, dasselbe Modell, wie in dem anderen Laden, der gleiche Preis. „Ich kann dir zehn Prozent Rabatt darauf geben, wenn du ihn mitnimmst. Ist das Vorführmodell, da haben schon, ich weiß nicht wie viele, drin Probe gelegen.“ Ich liege auch auf so einer aufblasbaren Matte bis oben bis zum Reißverschluss eingehüllt in meinem neuen Schlafsack. Den nehme ich! Zehn Prozent, da kann ich nichts falsch machen, super günstig, ein Schnäppchen. Er fühlt sich wirklich kuschelig warm an – und eingedrückt, in die grotesk winzige Packtasche, passt er sogar in meine Handtasche – das ist ein „Übernachtungskit“. Keine Ahnung, ob ich damit jemals zelten werde, ich schlafe nur auf Fußböden. Viele Jahre zurück auf der Schiffsüberfahrt von Genua nach Palermo, bei der Übernachtung draußen oben auf dem Deck, da hätte ich den gebraucht, ich sollte so etwas mal wieder machen.

Wieder raus aus dem Laden, weitere Einkäufe spare ich mir, keine Klamottenläden, keine neuen Anziehsachen, mein Budget an Bargeld für dieses Wochenende ist aufgebraucht, die letzten fünf oder zehn Euro sind für den Automaten im Parkhaus. In dem indischen Restaurant habe ich es für mich schon durchgerechnet, wenn ich diesen Schlafsack auch wieder die nächsten dreißig Jahre verwende, wenn die Daune hält und ich den nur einmal im Jahr brauche, dann rechnet sich das vielleicht. Meinen neuen Motorradhelm, den ich im April bestellt habe, ich bekomme immer nur vertröstende Emails, wie sich das Lieferdatum immer weiter nach hinten verschiebt. Hoffentlich, Geld ist erst am Monatsende wieder auf dem Konto. Zurück zu meinem Auto in dem Parkhaus, zurück auf die Straßen von Leipzig in Richtung Autobahn. Dienstag Nachmittag fünfzehn Uhr, Beginn der Rush-Hour, bis die Blechkolonne die Autobahnen erreicht, setzt ein Regen ein, der noch die ganzen 150 Kilometer bis nach Magdeburg reichen wird. Trucker auf der Straße. (Ende Teil 6/6)

[11.06.25 / 03:04] Noch irritiert von der letzten Nacht, will ich diese Nacht wieder zum Werk 2 und die Gothic-Pogo-Party? Vielleicht sollte ich die Tage von Freitag bis Sonntag meiden und nur Tickets an der Abendkasse für Donnerstag und Montag holen? Da sollte es nicht so voll sein. Dress des Tages: Punk. Mit Sneakers … Sneakers und Nieten? Geht das? Klar geht das! Das Nietenhalsband hat endlich einen Zweck, der Leopardenmini und die Punkerkutte kommen auf einmal noch viel besser zur Geltung, ein winziges Accessoire verändert alles. Bühne des Tages: wieder das Täubchenthal, Horror Punk und Psychobilly.

Nach dem Hotelfrühstück, in die Leipziger Innenstadt, das Kaffeehaus suchen, für einen zweiten, „richtigen“ Frühstückskaffee. Mittagessen danach, weit komme ich nicht, ich stehe gerade nach dem Bezahlen von meinem Tisch im Außenbereich auf, laufe ein paar Meter und sehe, dass in der nächsten Hausnummer eine neue Pizzeria aufgemacht hat, diese hat auch Tische und Stühle gleich daneben aufgestellt. Pizza mit Artischocken.

Weiter den frühen Nachmittag zu Tee und Kuchen durch die Innenstadt, das obligatorische Eis gab es schon gleich nach dem Straßenbahnausstieg. Vorbei an den Geschäften mit den Auslagen, hier sollte ich den nächsten Tag mal überall reingehen. Den Nachmittag komme ich so dahin, mit Einlass um sechzehn Uhr bin ich schon wieder in Plagwitz.

Die letzten beiden Tage habe ich mein Make-up in den Clubs gemacht, meist unter sehr schwierigen Beleuchtungssituationen, diesen Tag und die Nacht steht mein Augen-Make-up schon seit dem Hotel. Erste Band: Horror Punk aus Deutschland, mit Musikern, denen man vielleicht nicht im Dunkeln auf der Straße begegnen will, aber sind bestimmt ganz nett, ich stehe vorne im Publikum. Die zweite Band aus den USA … aber eigentlich bin ich hier für die dritte Band: Zombina and the Skeletons. Sie haben mal auf dem anderen Festival gespielt, ich mag den britischen Akzent der Sängerin.

Die vierte Band sehe ich mir von oben auf der Empore an … klassischer Psychobilly aus England? Die kannte ich noch gar nicht und sie müssen schon „uralt“ sein, sehen aber gar nicht so aus.

Die fünfte Band, kurz vorher in der Umbaupause versuche ich schon hübsche Bilder vom aufgehendem Mond draußen auf der Veranda zu machen. Sie spielen Horror Punk: Nim Vind. Irgendwo habe ich einen Sampler, wo ein Song von denen drauf ist. Auch dieses Konzert geht ohne große Zugabe zu Ende, an der Box auf der Bühne prangt eine große Uhr und setzt den Zeitplan … fehlt nur noch, dass der Strom abgeschaltet wird.

0:15 Uhr draußen an der Straßenbahnhaltestelle, der Bus nach Connewitz fährt in die andere Richtung, ich nehme die 3 zum Hauptbahnhof mit der anschließenden 11, sie liefern sich ein Rennen, die 11 wartet dann auf den Bus kurz vor dem Ziel für die umsteigenden Fahrgäste.

Im Werk 2 angekommen, mein liebstes „Gothic Pogo Festival“, es ist tatsächlich gar nicht so voll. Ich betrete die kleine Halle unten, die einzige, die diesen Abend offen ist und beginne zu tanzen, Tasche habe ich an der Garderobe abgegeben, ich werde ihm eine Nachricht schicken, ich schicke ihm immer eine Nachricht, wann ich zurück im Werk 2 bin. Auf einmal spüre ich, wie ich auf der Tanzfläche von hinten umarmt werde. Ich bin nicht erschrocken, oder verängstigt, oder irritiert, ich spüre sofort, dass er es ist. Tiefe Umarmung, ich wollte dir doch gerade schreiben, ich bin nur vor wenigen Minuten angekommen. Wir tanzen etwas, schauen uns an, ich sehe wie zwei Mitarbeiter des Sicherheitspersonals ihn mitnehmen und von mir weg führen. Was ist passiert? Ich folge den beiden und ihm nach draußen.

Er rechtfertigt sich, hat nichts gemacht, die beiden mit ihren Westen und der Aufschrift „Sicherheit“ agieren äußerst professionell und lassen das Ganze nicht eskalieren, die Situation bleibt ruhig. Er muss die Veranstaltung verlassen, ich kann bleiben. Aber ich gehe doch mit dir! Ich laufe schnell zurück, meine Tasche holen, die ich gerade erst abgegeben habe. „Das ist vielleicht ein Wochenende! Ich war mal gerade drei Songs tanzen!“

Wieder zurück am Ausgang wechsele ich noch ein paar Worte mit der Security, ich glaube zu verstehen, was passiert ist, er ist schon länger hier und seine kommunikative Art, sein Wunsch, mit allen sofort befreundet zu sein, funktioniert hier nicht so wirklich im reservierten und kühlen Deutschland. Später erklärt er mir seine Sicht: er passt optisch nicht in die Gothic-Szene, irgendjemand ist auf ihn aufmerksam geworden – und als er dann mich von hinten auf der Tanzfläche überrascht hat, ist irgendjemand endgültig alarmiert zu dem Awareness- oder Security-Team gegangen und die haben ihn dann rausgeschmissen.

Wohin jetzt? Kurz nach ein Uhr nachts, draußen an der Haltestelle treffen wir auf ein paar Leute, die wollen es noch in der Moritzbastei versuchen, da auf die Abschlussparty reinzukommen.

Mein arabischer Freund freut sich, neue Freunde, spontan führt er eine Stadtbesichtigung von der Haltestelle an der Oper rüber zur Moritzbastei. Vor dieser steht eine endlos lange Schlange an Menschen vor dem Einlass. Das könnte so noch mindestens zwei Stunden gehen, bis sich da irgendwann mal was tut. Auch für uns und hier, kein Reinkommen. Es ist dieses Wochenende einfach überall zu voll. Wir versuchen es im Dark Flower.

Der kleine Club, nur unweit der Moritzbastei, den Marktplatz gleich links. Hier geht es von der Menschenmenge … vielleicht liegt es an dem eigenwilligen Set: Tanzfläche eins, Mittelalter, Tanzfläche zwei, Cyber, Aggrotech, Hardtekk … 140 BPM Minimum. Eine neue Erfahrung für mich, ich habe mich noch nie zwischen Cyber Goths auf einer Tanzfläche befunden. Aber so lange bleiben wir nicht, spätestens um drei Uhr nach Mitternacht möchte ich wieder zurück ins Hotel.

Mein Freund organisiert ein Taxi, ich ziehe schon meinen schwarzen Baumwollhoodie aus meiner großen Handtasche und bereite mich auf einen langen Weg zum Hauptbahnhof vor. Vor dem Club stehen zwei Taxis, eigentlich bestellt, aber mein Freund winkt mich schon herbei. „We take this one.“ Während der Fahrt, die beiden unterhalten sich in ihrem derbsten Arabisch, Smartphones werden gezeigt mit Videos von Familienmitgliedern, der Taxifahrer fährt schon Schlangenlinien und verpasst unser Fahrtziel um einige hundert Meter … ich glaube, das konnte ich übersetzen: „Ey was machst du? Wo fährst du hin?“ Es stellt sich heraus, ihre beiden Onkels sind beste Freunde, so läuft das in Syrien.

Wir steigen bei meinem Hotel aus. Wieder oben in meinem Hotelzimmer – wirst du diese Nacht mit mir schlafen? Ich will ein Kind von dir. Meine kurze Minute im Bad, seine Minute, er hat noch ein Bier im Kühlschrank. Danach liegen wir wieder auf dem Bett, ich probiere etwas aus, ich kenne einige Stellen an meinem Körper auf die ich bei der Masturbation Druck ausübe … könnte das auch bei ihm funktionieren? Die Stelle unten am Schaft des Schwellkörpers, wo eigentlich bei mit hätte die Vagina beginnen sollen. Ihm scheint es zu gefallen.

Er dreht mich, hat noch ein Kondom. Ich liege auf meinem Bauch und er kommt von hinten, er umschlingt meinen Körper … diese Stellung ist intensiv nah, aber nicht ganz so tief. Er kommt in mir, zieht ihn raus, zieht das Kondom ab. Bleib so liegen, ich mache dich sauber. Ich muss mich um nichts kümmern, kann ganz entspannen. Später wechseln wir die Seiten und er liegt auf dem Bauch, ich habe schon lange keinen Penis mehr … und hätte ich einen, ich hätte das nie gemacht.

Auch diesen Morgen, es ist zwischen vier und fünf Uhr, ich sehe ihn wieder, sich anziehen, er schließt die Tür, ich bleibe auf meinem Bett liegen. Ein Abschiedskuss, bis wir uns wiedersehen. Es ist schon Dienstag, Pfingsten ist vorbei, das Frühstück bis zehn Uhr spare ich mir, ich will wenigstens bis dahin noch ein paar Stunden schlafen. (Ende Teil 5/6)

[11.06.25 / 01:55] Der Sonntag, Dress des Tages: das Spitzenkleid und die kleine Clutch, Tasche in Tasche. Bühne des Tages: das Stadtbad, da war ich noch nie. Ich lasse mir den frühen Nachmittag Zeit, Beine rasieren, duschen, meine Sachen zum Anziehen wählen, mich ausgehfertig machen. Als Silberschmuck habe ich zusätzlich zu meinem Jeden-Tag-Schmuck noch den marokkanischen Armreif und ein kleines Kreuz als Anhänger mitgenommen, beides passte zum „Trad Goth“ Outfit, für die Glam-Variante wähle ich wieder den Ganesha-Anhänger an der Silberkette und dem Armreif mit Glitzersteinen.

Zuerst Frühstück. In der Innenstadt, die Leipziger Bäckerkette. Eigentlich ist das Wochenende das zeitgleich stattfindende Leipziger Stadtfest und ich sollte die Innenstadt wirklich meiden, zu viele Menschen, aber die große Filiale der Bäckerkette ist nun mal dort und ich wüsste nicht, wo ich um fünfzehn Uhr noch ein Frühstück bestellen kann. Ein Brötchen, ein Croissant, ein Café Crema. Die dunkelste Ecke in dem verglasten Innenhof war noch frei. Der versteckt liegende Innenhof des italienischen Restaurants wenig später, ist voller schwarz gekleideter Gothics.

Einlass im Stadtbad ist um 16:30 Uhr, eigentlich nur ein oder zwei Stationen hinter dem Hauptbahnhof, aber ich steige doch eine Station zu spät aus, ich hätte es wissen müssen, als ich hier noch gewohnt habe, bin die 16 immer von Eutritzsch bis zum Zentrum an dem markanten Gebäude vorbeigefahren, es ist eine große Schwimmhalle, gefühlt ein Jahrhundert alt. Mit der Straßenbahn wieder eine Station in die Gegenrichtung, dann weiter zu Fuß, musste ja jetzt auch gerade in diesem Moment, anfangen zu regnen … Beschissenstes Wetter seit 2007 …

Das historische Hallenbad ist wirklich beeindruckend, die erste Band fängt an, zu spielen, dieser Abend wird düster und Wave. Die Schwimmhalle mit den massiven Säulen im Historismus, sie wirkt wie eine Kathedrale! Der Hall! Ich bin fasziniert.

Die zweite Band, dafür bin ich hier: Jakuzi aus der Türkei! Wie haben die das nur bis hierher geschafft? Für mich ein Geheimtipp, die kennt doch niemand, die spielen doch bestimmt auf der winzigsten Bühne. Die große Kathedrale ist voll. Ich stehe ganz vorne in zweiter Reihe, es ist den Jungs anzumerken, dass sie sich nicht so wohl dabei fühlen. In der Türkei kennt sie doch jeder, aber hier in Deutschland? Und sie singen nur auf Türkisch? Ich als Fan habe natürlich schon ein Album von ihnen, ich bin wahrscheinlich die Einzigste, die Teile der Texte mitsingt … die Titel, wie sie auf das Booklet gedruckt sind. Sie spielen auch einige ihrer eigenwilligen „Schunkelsongs“, die Dramatik und Melancholie liegt wahrscheinlich in den Texten … wird es das Publikum verkraften? Einige aus den ersten Reihen drehen sich schon um, ich blicke nur kurz hinter mir … der Saal ist immer noch voll.

Nach dem Auftritt, zum Merchandise-Stand, ihr neustes Album ist leider nur auf Vinyl, ich habe zwar einen Plattenspieler, aber keinen Einkaufsbeutel für die Scheibe. Das ich von dem anderen Album eine CD habe, wirkt etwas merkwürdig, sie war vielleicht nicht „offiziell“.

Zwischen den Bands die Umbaupause, Sitzplätze gibt es hier nicht, allerhöchstens in den historischen Waschräumen. Das Publikum sitzt in den seitlichen Arkadengängen auf der Auslegware, so auch ich, mit einem Taschentuch darunter. Menschen stolpern über ausgestreckte Beine und Stiefel.

Die dritte Band, düsteres Zeug, sperrig, nicht so eingänglich für mich. Die vierte Band, sie ist so eine Solokünstlerin, eine schwarze Frau! Das ist in der Szene selten. Und sie ist so eine, wo ich einen Song kenne, den ich richtig gut finde und nie weiß, von wem der ist. Das ist ihr Song, den sie als letztes zur Zugabe spielt. Ein elektronischer Song aus dem Ende der Achtziger, die markanten Synthesizer- und Drum-Computer-Sounds.

Während ihres Auftritts, ihre Musik – mir kommt die Idee für einen neuen Song, die Texte fließen mir in den Kopf: „Loving a Ghost“. Endlich habe ich ein Thema, über das ich singen kann, das ich in meiner Musik verarbeiten kann. Synthesizer-Tracks kommen aus einer Jam-Session vor zwei Jahren, den Text vervollständige ich in der Umbaupause danach, wieder sitzend in den seitlichen Arkaden. Ich tippe den kurzen Mehrzeiler in meine Smartphone-Notizen.

Der Headliner des Abends: Linea Aspera. Eines der Alben, das in meinem Autoradio rund läuft. Das Set geht lang, die Halle ist voll. Manchmal geht es zu lang, es wirkt, als würden die beiden einige ihrer Songs bewusst wiederholen und dabei nur leicht variieren. Etwas ermüdend für mich, aber ich versuche durchzuhalten. Nur leider wird es gegen Ende des Konzertes politisch, ich bin deprimiert, dass meine an sich zutiefst unpolitische Gothic-Szene dazu bewegt wird, eine Seite zu wählen, der Kampf in Nah-Ost ist nicht mein Kampf, jede Phrase von: „Ich bin besser als du, wir sind (moralisch) besser als ihr“, hat immer ein Hauch von Faschismus.

An der Straßenbahnhaltestelle, es ist spürbar kälter geworden, gut, dass ich das Spitzenkleid mit meiner Lederjacke kombiniere.

Meine Freude ist nur kurz, als ich wieder um ein Uhr nachts das Werk 2 und das „Gothic Pogo Festival“ erreiche … schon wieder Einlassstopp vor dem Clubkeller mit den Konzerten. Überall Menschen. Der Innenhof ist voll, die andere große Halle ist voll, keine Chance, zu tanzen, keine Chance, an die Bar zu gehen, die Traube an Menschen steht in mehreren Schichten.

Als die kleine Halle etwas leerer wird, die Konzerte sind durch, kann auch ich rein, aber sie wird gleich wieder richtig voll, dabei ist das doch der elektronische Synth-Wave-Abend, der geht die ganze Nacht bis zum Morgengrauen. Ich fühle mich beengt und unwohl, auch am Rande sitzen und die Augen schließen und mich auf die Musik konzentrieren, wirkt nicht. Manchmal werde ich angerempelt, manchmal streifen Menschen an mir vorbei. Ich öffne meine Augen und sehe, dass es nicht besser wird.

„Abbruch!“ 2:30 Uhr, ich springe auf, laufe so schnell wie möglich zur Garderobe, meine Tasche und meine Lederjacke abholen, um dann noch schneller aus dem Clubkeller hinaus zum Ausgang des Geländes zu flüchten. Vor der Einlasskontrolle steht schon die nächste Schlange, vielleicht ist diese Angst vor Menschenmassen nur eingebildet und nicht echt, aber andere Menschen haben auch eine panische Angst vor Spinnen, was für mich vollkommen unlogisch und irrational ist, die kleinen achtbeinigen Krabbeltiere sind doch so niedlich. Zurück zum Hotel, wenigstens schaffe ich das Frühstück in ein paar Stunden. Die Taxifahrer verdienen gutes Geld mit mir, das Hotel fernab. (Ende Teil 4/6)

[11.06.25 / 00:54] Ekelhaft, Sonne, direkt widerlich. Ich bin schon ein paar Minuten vor um zehn Uhr aufgewacht und öffne die Fenster. Für das Frühstück unten in der ersten Etage, wechsele ich das Wochenende in meine schwarze Jeans und das schwarze Top mit dem Netzausschnitt. Dusche und Beine rasieren, das alles passiert erst viel später den Mittag. Das Frühstück besteht aus zwei Brötchen, ein wenig Joghurt und Fruchtsalat und einer Thermokanne Filterkaffee, für Trucker reicht das.

Sonnabend, Bühne des Tages, das Täubchenthal mit den Goth- und Deathrock-Bands, daher mein Trad-Goth-Outfit, doch zuerst runter zum Heidnischen Dorf, dem Mittelaltermarkt des Gotik-Festivals.

Es hat sich verändert, es ist größer geworden, der Einlass ist viel mehr professionell organisiert, mit Absperrgitter, Security, Taschenkontrollen und langen Warteschlangen. Endlich auf dem Gelände, unzählige Buden und noch unzählig viel mehr Menschen. Es ist voll.

Dunkle Regenwolken. Als es anfängt, stärker regnen zu wollen, stelle ich mich mehr in dem Zelt unter, in dem ich eigentlich schon stand, ich bin auf der Suche nach Räucherstäbchen, die Verkäuferin hier hat einige im Angebot. „Du weißt schon, dass die krebserregend sind?“ Die sind doch nicht für drinnen, der Typ da neben mir, der in dem Zelt auch gerade Schutz vor dem Regen sucht, beginnt ein Gespräch mit mir. Ich erzähle erst, was für Räucherstäbchen ich suche: „Die Auroshika Nag-Champa“, das ich da mal 2008 in dem Ashram war, lass ich weg, er führt das Gespräch gleich weiter und ist viel mehr an mir interessiert. „Ich bin so direkt, ich stehe auf trans Frauen.“ Verdutzt blicke ich ihn an, wenigstens weißt du es schon vorher. „Wollen mir Nummern tauschen?“ Herrje! Ich werde nach meiner Nummer gefragt! Tollpatschig taumele ich umher, bevor ich endlich mein Smartphone aus meiner Handtasche gekramt habe. Du kommst in meine Männer-Liste, vielleicht sehen wir uns mal wieder. Er wohnt in Leipzig, eine weitere Übernachtungsmöglichkeit ist immer gut.

Vom Mittelaltermarkt zurück in die Südstadt, in einem Imbiss ein Falafelteller mit Pommes und Halloumi bestellen. Draußen regnet es … beschissenstes Wetter seit dem WGT 2007.

Danach mit der Straßenbahn raus nach Plagwitz zu der Veranstaltungsbühne dort. Ich glaube zu wissen, wo das ist und steige zielgerichtet aus der Straßenbahn aus. „Immer verlaufe ich mich hier!“ Das Smartphone mit dem Navi aus der Tasche holen, im Umkreis von einem Kilometer sind eine Handvoll von Clubs, in denen ich alle schon einmal war, ein paar der Clubs existieren schon gar nicht mehr.

Das große Täubchenthal erreiche ich. Ich dachte immer, das wäre so ein Nobel-Schuppen, als ich den jetzt zum ersten Mal betrete, sehe ich, dass es auch nur einer der vielen abgewrackten Clubs hier in der Gegend ist. Aber die kleine Dachterrasse, oder auch „Veranda“, die gefällt mir.

Drinnen sind links und rechts neben der Bühne und dem Publikumssaal Emporen aufgebaut und geben einen Blick von oben herab auf die Bühne. Falls ich es in die erste Reihe ans Geländer schaffe, kann ich endlich auch mal etwas von den Bands sehen.

Die erste Band, etwas aus dem Umfeld der Deathrock-Szene in Kalifornien … ich bin mehr an dem Kaffeestand draußen interessiert. Die zweite Band, ein paar Deathrock-Youngster aus Kalifornien … ich habe die Liegestühle draußen entdeckt und liege halb apathisch mit meiner großen Sonnenbrille darin. Die dritte Band, klar habe ich das Album, aber ich fand die immer ein bisschen peinlich und musste immer verheimlichen, dass ich ein ganz großer Fan bin, auch diese Band ist aus dem Dunstnebel von Kalifornien, ich stehe oben auf der Empore.

Die vierte Band des Abends, deswegen bin ich hier: als altes Eva O Groupie stehe ich natürlich schon unten vor der Bühne. Ich habe sie schon gesehen, als Teil von Christian Death (1334) und mit ihrem Solo-Projekt. Die Gitarre, die sie da auf der Bühne hat, ich bin mir ziemlich sicher, die war vor fünfzehn Jahren noch weiß, jetzt ist sie vergilbt.

Ihre Performance, ihr Konzert, ihr Auftritt, ihre tiefe Stimme, Gänsehaut-Feeling! Ich schau sie die ganze Zeit mit weit aufgerissenen Augen an. Der Schmerz, der in ihrer Stimme liegt, sie teilt ihn mit dem Publikum. Ein paar Klassiker, die unbedingt gespielt werden mussten, doch keine Zugaben, zu knapp sind die vorgegebenen Zeitfenster.

Die fünfte und die Headliner-Band des Abends: Fangs on Fur. Sie sollten schon letztes (oder vorletztes) Jahr in Berlin spielen – abgesagt – zu Schade, auch diese Band will ich schon seit zehn oder fünfzehn Jahren endlich mal wieder live sehen. Jetzt ist dieser Zeitpunkt gekommen. Oben auf der Veranda habe ich sie unten schon gesehen, ein Interview geben. Ich stehe weit vorne an der Bühne, nicht die erste Reihe, die ist für Pogo, die dahinter. Textsicher singe ich die Songs mit: „Picknick in L.A.!“ (Es heißt eigentlich „Panic“).

Nach dem Konzert, zum Merchandise-Stand, es gibt ein neues Album, aber leider nur Vinyl, limitiert, fast schon weg. „Will there be a new repress?“ Möglich … Wo ist das Geld hin, dass ich mal per Crowdfunding für ein neues Album und eine Europatour „2020“ gespendet habe? Auch die T-Shirts gibt es leider nur noch in „M“.

Zurück zur Straßenbahnhaltestelle, im Dunkeln im Nirgendwo. Wäre nicht der Festival-Fahrplan, hier könnte man um diese Zeit unmöglich wegkommen, ich fahre hier auch sonst nur mit dem Auto her. Die Straßenbahn braucht auch wieder eine halbe oder eine dreiviertel Stunde mit Anschluss zum Werk 2. „Einlassstopp!“, den Weg auf das Gelände freue ich mich noch auf meine „VIP und Gästeliste“ Warteschlange, weiter als bis zum Eingang des Clubkellers danach komme ich nicht. Egal welche Bands da den Abend gespielt haben, davon bekomme ich nichts mit, wohl irgendetwas „Mexikanisches“.

Rüber zu der großen Halle mit dem Main-Dancefloor. Ich prüfe die Nachrichten auf meinem Telefon, lasse ihn wissen, dass ich wieder im Werk 2 bin. Er antwortet dieses Mal, er ist auch in der Gegend. „Dark corner!“ Ich sehe ihn an mir vorbeilaufen, er hat mich nicht bemerkt, ich sitze auch wirklich in der dunkelsten Ecke am Rande der Tanzfläche an einem Stehtisch mit Barhocker. Er prüft seine Nachrichten und kommt auch gleich wieder zurück. Tiefe Umarmungen, warum warst du die letzte Nacht nicht da? Etwas tanzen, eng an eng, zieh mich bitte nicht aus, das ist ein öffentlicher Club.

Draußen die Leute, er stellt sich immer jemanden vor, er hat eine entdeckt, die ihn fasziniert: eine Drag Queen aus München. Sie ist nur kurz hier, sie zieht weiter zu der anderen Party des Abends, eine queere Party … auch dort sind so viele Menschen, dass man ohne Gästeliste oder Vorab-Tickets nicht hineinkommt.

Lass uns wieder zum Hotel fahren. Die Straßenbahn, das Taxi, die Tankstelle, er nimmt noch zwei Flaschen Bier mit. Eines trinkt er, eines packt er oben im Zimmer in den leeren Kühlschrank der Minibar.

Routinierte Abläufe, ich entferne meine Schminke im Bad, er raucht draußen vor den großen Fenstern eine Zigarette. Wir sind beide wieder nackt in dem großen Doppelbett. „What would you like to do tonight?“ Bitte nimm mich, gehe tief, diese Position, die ich so mag, die, wo ich einfach nur auf dem Rücken liege und meine Beine an deine Schulter lege. Er stößt tief zu. Eines meiner Beine ist schon unten, der andere Fuß weit über seiner Schulter. Beim Vorspiel, die Toilettenpapierblätter sind auch für ihn. Wenn er liegt und ich kokett über ihn rutsche und ihn mit meinen Schamlippen einrolle … ich bin so feucht, ich fordere ein, was ich verlange.

Fünf Uhr morgens, du gehst schon wieder? Wo gehst du hin? Warum schläfst du nicht bei mir? Ich verzweifle auf meiner Hälfte des Doppelbettes, sehe immer nur seinen Rücken und wie er die Hotelzimmertür schließt. Ich mache sie wenig später wieder auf, um das „Bitte nicht stören“ Schild anzuhängen. Frühstück bis elf Uhr fällt aus, ich schlafe bis dahin. (Ende Teil 3/6)

[10.06.25 / 23:32] Freitag, traditionell der Tag mit dem „Viktorianischen Picknick“ im Clara-Zetkin-Park. Mein Outfit ist wieder das, wie im letzten Jahr … und das Jahr davor … und das davor … und das … Wie letztes Jahr, meine schwarze Dirndl-Schürze ist das „It-Piece“. Es könnte regnen, ich nehme meinen Regenschirm mit, aber als Jäckchen habe ich nur meinen schwarzen Strick-Cardigan mit dabei. Das Hotelzimmer verlasse ich nicht ohne einen großen Parfümstoß Orientalisches und einer umfangreichen Wolke an Patchouli. Die müssen sich in der Straßenbahn schon woanders hinsetzen. Von der Haltestelle am Baumarkt nur die paar Stationen zu dem Bäcker in Eutritzsch, den mit dem schönen Kuchen. Ein „Coffee-To-Go“ landet auch gleich mit in meinem Thermobecher in meinem Picknickkörbchen. Es ist gerade erst Mittag, aber wenn ich früher in dem Park bin, sind vielleicht noch nicht so viele Menschen da. Mit mir steigt schon wieder der erste Schwung an aufwendig gekleideten Damen und Herren in Schwarz aus der Straßenbahn, hinein in das Grüne. Schon zurück am Baumarktparkplatz kam ich mir irgendwie weltfremd vor, in meinem historisch angehauchten Dress aus der Jahrhundertwende. Dark Cottage Core.

Ich laufe meine Runde um den Parkteich, die beliebte Fotoecke mit dem Blick rüber zu dem sich aufbauenden, schwarzen Picknick. Mehr Menschen kommen dazu. Ich suche meinen Platz am Teich, beobachte die mehr und mehr vorbei flanierenden Menschen. Ein paar auf der anderen Seite des Teiches sehen so echt historisch aus, als könnten sie einem Gemälde aus dem Impressionismus entsprungen sein … so eines hängt bei mir zu Hause über den Fernseher und war auch meine Inspiration.

Ich warte meine Zeit ab, der Blick geht immer hoch zu den Wolken, mal düster dunkelblau, dann wieder Fetzen an Sonnenlicht … Regenschirm und Sonnencreme griffbereit. Ich hoffe, die Blätter über mir halten ein paar Tropfen ab. Irgendwann kurz vor fünfzehn Uhr, ich beginne meine Vorbereitungen und packe das blau karierte Geschirrtuch aus meinem Picknickkörbchen neben mir, darin befindet sich der Kuchen, zwei Stück je Rhabarber und Mandarinenschmand und die mitgebrachte Kuchengabel. Genüsslich nehme ich ein Happen nach dem anderen auf meine kleine Kuchengabel. Den Thermobecher Kaffee aufschrauben.

Weiter den Nachmittag, quer über die großen Wiesen dieses Parks … es sind viele Menschen gekommen. Das „Viktorianische Picknick“ muss schon größer sein, als das eigentlich zeitgleich stattfindende Gotik-Festival. Es beginnt zu regnen, mein Schirm liegt immer griffbereit in meinem Korb. Die Hunde sehen schon viel zu sehr „wolfig“ aus, die lustig gemeinten Anspielungen auf Rotkäppchen erhalte ich mehr als einmal. Ist es die Schürze? Ist es die Perlenkette? Oder ist es die Bauerntracht? Ich bin keine von den schwarzen Prinzessinnen und höheren Adligen in ihren riesengroßen Reifröcken.

Zurück mit der Straßenbahn zum Hotel, den Korb abstellen, die Dirndl-Schürze abnehmen, sie sitzt eng, der vegetarische Burger im Innenstadtkern von Leipzig den späten Nachmittag zuvor, hat gerade noch so hineingepasst. Eine Dusche nehmen, den Cardigan gegen die Lederjacke tauschen, anschließend wieder zurück in die Innenstadt von Leipzig, zur Moritzbastei.

Ich habe mir für jeden Tag des Gotik-Festivals einen Plan gemacht, die Vorlage der Office-Tabelle ist dieselbe, wie ich sie bis 2013 erstellt habe. Jeder Tag drei bis vier Veranstaltungsorte. Das dazwischen Umherreisen, von einer Ecke der Stadt in die andere, ist mir zu stressig, ich mache genauso weiter, wie ich vor über zehn Jahren aufgehört habe: nur ein Veranstaltungsort pro Tag, an dem genau die Bands spielen, die ich unbedingt sehen muss! Alle Bands kann ich nicht sehen, dafür spielt zu vieles gleichzeitig, das ist das Prinzip dieses Festivals. Und den Freitag ist es eben die Moritzbastei und Aux Animaux.

Einlass gegen neunzehn Uhr, so voll ist es noch nicht, ich komme locker hinein. Die erste Band gefällt mir, sie kommen aus Griechenland. Auf einer anderen Bühne in der Stadt würde jetzt auch eine andere Synth-Band aus Griechenland spielen, die ich eigentlich auf meiner Liste als sehenswert markiert habe. Zu Schade, dass ich in dem Konzertkeller dieser Festung wieder meinen Stehplatz ganz hinten am Notausgang eingenommen habe.

Zwischen den Umbaupausen, Getränk holen, die Flasche Wasser. Rechtzeitig von den Bars und den Toiletten wieder vor der Bühne sein … nicht, dass da zu viele Menschen sind und ich nicht wieder hineinkomme. Die anderen beiden Bands, eine Solokünstlerin die sehr, fast schon kitschigen Synth-Pop spielt, ich bin total entzückt, dann eine Band, sie geht schon fast mehr in den Punk, oder Glam, und dann der eigentliche Headliner.

Laut Plan kurz nach dreiundzwanzig Uhr, da ist sie, die kleine Sängerin, sie springt auf der Bühne mit ihren fluffig weiß-blonden Haaren. Sie muss tatsächlich kleiner sein, als sie in ihren Musikvideos wirkt, wieder so eine, nicht größer als ihre Bass-Gitarre. Sie wechselt zwischen Bass und Theremin hin und her. Ein Album brauche ich nicht vom Merchandise-Stand – das habe ich schon längst.

Mitternacht, die Moritzbastei verlassen, rüber zur Straßenbahnhaltestelle und mit der 11 im Fünfzehn-Minuten-Takt nach Connewitz. Als ich am Werk 2 zum „Gothic Pogo Festival“ ankomme, muss ich erst meine Einlassschlange suchen … wo ist mein Weg links davon vorbei, ich gehörte doch einmal „zum Inventar“? VIP und Gästeliste, weniger Menschen als die mit dem anderen Pöbel.

Irgendwie wusste ich, dass ich die beiden Festivals nicht zeitgleich schaffen werde, wenigstens die Headliner, die erst nach ein Uhr spielen. So auch diesen Freitag: Ghost Dance aus UK. Die Band mit der Sängerin von Skeletal Family. Ich bin schon Fan, da habe ich noch selbst aufgenommene Kassetten in mein Autoradio geschoben … so zwischen 2002 und 2004.

Nach der Band, noch ein wenig tanzen? Die andere große Halle mit der großen Tanzfläche ist offen. Ich vermisse den Verkaufsstand mit den CDs und Schallplatten auf dem kleinen Markt in der Vorhalle (auch die nächsten Abende wird er nicht da sein). Im Kopf rechnen, wenn das Frühstück den Sonnabend bis Montag bis um elf Uhr geht, dann könnte ich, wenn ich 2:30 Uhr die Disko hier verlasse, doch genügend Schlaf finden? Warum habe ich das getan, warum musste ich unbedingt Frühstück dazu buchen. Keine Nachricht von meinem Freund auf meinem Smartphone, auch wenn ich es vermisse, ihn neben mir liegen zu sehen, ich kann wenigstens alleine viel besser schlafen. Ich bin müde, ich brauche etwas Schlaf. Mit der Straßenbahn erst zurück zum Hauptbahnhof und dann in ein Taxi zurück zum Hotel. Drei Uhr und ich kann die schweren Vorhänge auf und wieder zuschieben. (Ende Teil 2/6)

[10.06.25 / 22:24] Fünf Outfits für das lange Wochenende: das schwarze Top mit dem Netzausschnitt und die schwarze Jeans, Nietengürtel, „Casual Goth“, das lange, schwarze, viktorianische Kleid und die Netzstrumpfhose mit Rosenblüten, „Victorian Goth“, der schwarze Ledermini, die schwarze Baumwoll-Yogahose, das Netztop und das ärmellose Schwarze, die Lederjacke mit den Buttons und Nieten, „Trad Goth“, das neue, schwarze Kleid mit Spitze und langen Ärmeln, die einfarbige, schwarze Nylon-Strumpfhose, „Glam Goth“, das schwarz-grüne, kurze Kleid mit Leopardenprint und Leggings und wieder die Lederjacke, den schwarzen Baumwollhoodie darunter, „Punk Goth“ – und alle Schuhe, der Reihe nach: die Pikes, die viktorianischen Stiefeletten, die Doc Martens, die Military-Schnürstiefel mit dem hohen Absatz und ganz zum Schluss, den letzten Tag, die Hi-Top Sneaker, mit schwarzen Schnürsenkeln. Ich schiebe meine Kleiderauswahl auf der Roll-Garderobenstange durch die Wohnung. Alle meine Stiefeletten kommen wieder zusammen in die Tragekiste. Pfingsten, ich habe zwei Tickets, das kleine „Gothic Pogo Festival“ und das große „Wave-Gotik-Treffen“. Hotel wie immer, die letzte Truckerabsteige im Norden von Leipzig, nahe der Autobahn … sündhaft teuer gebucht, das halbe Jahres-Urlaubs-Budget.

Donnerstag Morgen, früh zur Arbeit fahren, zehn Minuten zu spät kommen. Alles an Klamotten zusammensuchen, den Abend zuvor, hat schon Stunden gedauert, alles ins Auto zu manövrieren, braucht auch wieder Geduld. Die Arbeit verlasse ich wenige Stunden später schon um präzise fünfzehn Uhr, mein erstes Outfit trage ich bereits, ich will, wenn ich in Leipzig bin, keine Zeit verlieren, nur schnell unter die Dusche und fertig. Auf der Autobahn an der Raststätte kurz anhalten, die ersten anderen Gothics sichten. Viel Verkehr, viele LKWs.

Das Hotel, das ich immer buche, gegen siebzehn Uhr fahre ich auf den Innenhof, mein Auto parken. Einchecken, Zimmer sichten – Standard mit großem Doppelbett, zweimal runter zum Auto, alles hochschleppen, die Tragekiste, die olivgrüne Sporttasche, den schwarzen Stoffbeutel und mein Picknickkörbchen. Den Wetterbericht schon Tage zuvor verfolgt … wird es regnen? Es könnte eines der nassesten Pfingst-Festival-Wochenenden werden – und kalt noch dazu. Meine fünf Outfits habe ich auf Temperatur und Wetter schon am Computer in meiner Office-Tabelle selektiert. Alles ist perfekt geplant, wo ich wann und wie am Wochenende sein will. Und mein Langzeitliebhaber? Keine Zeit für ihn. Ich muss noch den Abend oder späten Nachmittag in die Leipziger Innenstadt, zum Hauptbahnhof, mich in der ersten Schlange anstellen, den Zettel mit der Rechnungsnummer in ein Festivalticket tauschen – die Post hat meine Adresse „nicht gefunden“ und das Ticket einfach wieder zurückgeschickt – und dann rüber zum anderen Container, Ticket in Bändchen um das Handgelenk umwandeln. Dusche, Make-up im Hotel, der Plan steht weiterhin. Den Weg ablaufen, Leipziger Kopfsteinpflaster, die Straßenbahnhaltestelle am Baumarkt irgendwo am Nordrand von Leipzig.

Bahnhof, noch schnell in die Drogerie, Abschminktücher und Deoroller sind alle. Zum Geldautomaten, Bargeld abheben, 200 Euro, das muss reichen für das Wochenende. Aus dem Hauptbahnhof raus, über die Fußgängerampel über die große Ringstraße und über die Straßenbahngleise – ich sehe schon die endlos lange Schlange an wartenden, schwarz eingekleideten Menschen – es hat sich überhaupt nichts verändert. Mehr als zehn Jahre bin ich dem WGT fern geblieben, jetzt stehe ich schon wieder da und mache ein Foto von der Warteschlange, nur eben mit dem Smartphone und nicht mit der analogen Touristenkamera 2003.

In der Warteschlange zum Tauschen in das Ticket, komme ich schon ins Gespräch, ich bin nicht die Einzige mit Problemen mit der Post. Andere sind neu hier und kaufen ein Ticket an der Abendkasse. Diese Schlange ist nicht so lang – sehr nett von der Organisation, hast du dein Ticket, kannst du gleich die paar Meter um die Ecke zum anderen Containerfenster und dein Bändchen abholen … neidische Blicke der anderen, die da die hunderte Meter an der langen Schlange warten.

Was mache ich mit dem frei gewordenen Donnerstag Abend? Ein Eis kaufen. In eine Bar gehen, was trinken … ihm eine Nachricht schreiben? „Hello, I'm in Leipzig!“ Das kommt jetzt ganz überraschend. Seit Anfang dieses Jahres, ich wollte ihn immer wieder treffen, ein oder mehrere Nächte mit ihm in Leipzig verbringen. Immer habe ich es in einer Nachricht angekündigt, immer wieder musste ich absagen, ihn enttäuschen, ich bin krank geworden, mein Immunsystem schwankt extrem stark zwischen … großen Ausrufezeichen auf Laborberichten und „Geht gerade noch so“ mit den Werten vom letzten Blutbild. Lymphozyten sind im Keller.

Ich sitze in meiner Lieblingsbar am Leipziger Marktplatz, der kleine Tisch im voll besetzten Außenbereich, vor mir das Smartphone. Die Nachricht tippen und absenden. Smartphone hinlegen, wieder greifen. Display aktivieren. Hat er schon geantwortet? Er hat! Er ist auch in Leipzig und hat Zeit für ein Treffen! Ich freue mich immer wie so ein verknalltes Schulmädchen. Donnerstag Abend ist nur die Party vom „Gothic Pogo Festival“ in Connewitz, Einlass ist zweiundzwanzig Uhr, ich bin da.

Ich laufe das Werksgelände ab. Mein anderes Papierticket habe ich am Einlass schon in ein zweites Bändchen am Handgelenk getauscht. „Die schönere Farbe“, die zwei Bändchen in blau und lila-schwarz, „Das wird ein hartes Wochenende.“ Werde ich das schaffen? Werde ich so viel Kraft und Ausdauer haben? Die Hotelbuchung gab es nur mit Frühstück – und das geht nur bis zehn oder elf Uhr, es muss mich zwingen, die Partynächte für dieses lange Wochenende früher abzubrechen … oder ich mache durch und starte das Frühstück schon um sechs Uhr.

Ich schaue in die vielen Gesichter, die Menschen draußen vor dem Club, die Menschen drinnen auf und am Rande der Tanzfläche. Ich suche ihn, suche die Ecken, wo er schon mal war, wo er saß, wo er ein Bier nach dem anderen getrunken hat, wo er stand, wo er mit jedem ins Gespräch kam und seine Geschichten erzählt hat. Ich erblicke ihn, draußen, am Eingang zum Club-Keller.

Heftige Umarmungen, mein Gesicht und meine Nase tief in seinen Hals graben. Ich habe mir schon vorgestellt, wie er jetzt nach einem Jahr aussehen könnte, vielleicht ganz grau? Weiter nur ein paar ganz kleine Stellen in seinem Vollbart und in seinen schwarzen Haaren. Und etwas mehr dicker. „They did not want to let me in“, klar, in seinem weißen Outfit und die Brusttasche, wie sie viele tragen. „It's not about the outfit, there should be no dress code.“

Wir bleiben im Außenbereich, ein rollender Imbiss verkauft dieses Festivalwochenende vegane Burger und Döner. Die Leute ansehen, beobachten, schwarz-bunte Punks und die Subkultur dieser schwarzen Szene, zu interessant. Nur meine schwarze Lederjacke – die Punkerkutte – signalisiert mich als nicht-szenefremd. Er hat so seine Probleme, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, sie sind spürbar reservierter.

„Let us go“, es ist erst gegen ein Uhr nach Mitternacht, die Straßenbahnen fahren noch nicht den schnellen Takt der folgenden vier Tage und Nächte. Er bezahlt ein vor dem Eingang wartendes Taxi. Zu unserem Hotel, besser noch, die Tankstelle davor, Bier und Wasser kaufen, ersteres für sich, zweites für mich. Er mag das Hotel, es ist diskret, niemand fragt nach, wer da an der Rezeption vorbei geht, die Damen in ihren kurzen Röcken, so wie ich die nächsten Nächte, die Herren, die LKW-Fahrer, die ganze Straße ist zugeparkt mit LKWs. „Zwei Bier und eine große Flasche Wasser.“ Das Taxi fährt schon weg, wir nehmen den kleinen Pfad von der Tankstelle rüber zum beleuchteten Hoteleingang.

Mein Zimmer ist den Fahrstuhl hoch in der zweiten Etage. Die weiße Funkkarte vor das Schloss halten, die Türklinke runterdrücken und die Tür aufdrücken. Lichtschalter suchen … ich muss die Karte noch irgendwo hineinstecken.

Das Zimmer ist eingeräumt, ihm fällt schon gleich meine Phalanx an fünf Paar Stiefeletten für jeden Tag auf (eines zusätzlich zum Autofahren). „I just need to go to toilet, give me some minutes.“ Ich beeile mich, den schwarzen Kajal aus den Augen wischen, Zähneputzen. Er zieht sich draußen schon aus und legt sich auf die rechte Hälfte des Doppelbettes vor den großen, weit geöffneten Fenstern. Ein Blick ins tiefe Schwarz, hier draußen ist nichts, außer die entfernt vorbeirauschenden Züge.

Ich krabbele zu ihm auf das Bett, alle meine Sachen liegen schon auf einem Stuhl irgendwo daneben. Ich schaue ihn an, schaue in seine Augen, wie eine Wildkatze, nimm mich, beiß mich, ich fress dich. Er lenkt mich, drückt meinen Kopf, nimmt meine Hände, bringt mich in Position. Nimm meinen Hodensack, nimm ihn, geh mit der Zunge ganz langsam von unten nach oben und dann wieder mit dem Mund nach ganz unten. Mach es langsam! Ich gehe tief, meinen Kopf zwischen seinen Schenkeln, immer wieder den Blick zu ihm gerichtet. Und wann bin ich dran? Später, später … er macht mich wahnsinnig. Ich will ihn, ich will dich!

Er holt ein Kondom heraus, neben dem Bett und dem Nachttisch steht schon der Abfalleimer, gefüllt mit unzähligen Klopapierstreifen. Ich bin unzählige Male tief gegangen, so viel Speichel, so viel … das Zeug vor dem Sperma. Das Kondom ist knallrot, er liegt weiterhin mit seinem dicken Bäuchlein auf dem Bett. „Do you have some liquid?“ Klar habe ich das! Endlich kommt mal die kleine Probepackung Gleitgel zum Einsatz, die ich schon seit mindestens einem Jahr in meiner Waschtasche und dem „Übernachtungskit“ habe. „Would you like to sit on me?“ Er reißt die kleine Packung auf, „Make also a bit on your ass“, es wird die Reiterstellung. Sie ist nicht so tief, aber er kann meine kleinen Brüste bewundern.

„I have to go.“ Du schläfst nicht bei mir? Er muss den nächsten Tag, in wenigen Stunden noch arbeiten, nur für mich ist der Freitag ein Urlaubstag. „Take your breakfast at nine“, ich sehe ihn wieder, sich anziehen, liege perplex auf meiner Hälfte des Doppelbettes am Fußende und sehe ihn die Tür schließen … vielleicht wenigstens noch eine Umarmung und einen schnellen Abschiedskuss. Drei Uhr den Freitag Morgen, noch fünf oder sechs Stunden bis zum Hotelfrühstück. Die Fenster weit öffnen, das Zimmer aufräumen, bevor ich die Fenster wieder schließe und die schweren Vorhänge zu schiebe. (Ende Teil 1/6)

[26.05.25 / 00:21] Der Kalender ist voll, voll mit Terminen für die einzelnen Bikertreffen in dieser Saison. Das erste steht an, das mit der großen Ausfahrt … werden sie den Rekord mit den über 700 Motorrädern von 2019 schaffen? Warten und schauen auf die Wettervorhersagen jeden weiteren Tag.

Mein Bikerfreund, der vom letzten Jahr, hat zugesagt. Er will zu dem Treffen kommen, will mit seiner Rennmaschine an der Ausfahrt teilnehmen, vielleicht dann auch, wie letztes Jahr, sein Motorrad danach in die Garage zurückfahren und mit dem Auto zurückkommen? Ich erhalte schon den ganzen Winter Nachrichten von ihm auf meinem Smartphone. Er ist weiter an mir interessiert, ich blocke ab.

Der Sonnabend das Wochenende im Mai, Freitag hat es geregnet, Sonntag soll es auch regnen. Ich nutze den Sonnabend Vormittag, um endlich das Motorrad ein wenig sauber zu machen. Zwischen zehn und elf Uhr, Eimer mit „Spüli-Wasser“ aus dem Keller holen und mein Wisch-Handschuh suchen. Motorrad aus der Garage holen.

Den Abend zuvor habe ich schon mein Körper etwas auf Vordermann gebracht, überall Haare schneiden, Haare trimmen, Haare frisieren, Beine, Schamgegend, Po, Brustwarzen, Achselhöhlen und Augenbrauen, überall da, wo Frauen Haare haben (der Po eigentlich nicht, der fühlt sich glatt an, aber den sehe ich nicht). Eigentlich wollte ich mich nicht mehr so leicht hergeben, eigentlich wollte ich von Männern Abstand halten, wäre doch viel besser, wenn ich nicht mehr diesen Sex habe. Alle Männer finden es irgendwann heraus, was ich bin – und dann kommt das Drama.

Sonnabend Mittag, Mittagessen. Sonnabend früher Vormittag, nach dem Aufstehen, Beine fein nachrasieren. Klamotten sind die, die ich schon die ganze Woche auf Arbeit trage, das schwarze Polo-Hemd. Motorradklamotten auf der Couch zurechtgelegt, Motorradklamotten angezogen. Mittagessen musste sein, auf dem Bikertreffen gibt es bestimmt nur wieder einen Grillstand mit Steak und Schweinebratwurst. Helm schnappen (mein alter Helm) und das Gepäcknetz für die kleine, olivgrüne Armeetasche auf der Rücksitzbank. Brauche ich einen schwarzen Kapuzenpullover für unter die Kombi? Nein, ich fahre so. Böser Fehler, auf der Tour die zwanzig Kilometer zu dem Treffengelände kurz nach 13 Uhr, merke ich schon den kalten Fahrtwind.

Unterwegs noch tanken, das gute Benzin mit den hundert Oktan, nicht die Plörre mit dem E5 oder E10. Ich glaube, dass ich mir damit den Vergaserreiniger sparen kann, wenn der Kraftstoff besser verbrennt. Der Motor läuft auf jeden Fall damit besser, hat keine (oder kaum) Fehlzündungen, springt sofort an und diese merkwürdigen, ruckartigen Aussetzer sind noch nicht wieder vorgekommen (so ähnlich, wie wenn ich „versehentlich“ den Tank leerfahre / auf Reserve umschalten muss.)

Ich erreiche das Gelände pünktlich, um 14 Uhr soll doch die große Ausfahrt starten. Ich will mich, wie das letzte Mal, ganz hinten anhängen, da habe ich mehr Platz und gefährde nicht so sehr die hinter mir fahrenden, wenn ich die engen Kreuzungskurven wieder mit schleifender Kupplung entlangkrieche (im Pulk der Ausfahrt ist es zu eng, da wird in den Innerorts-Kurven sowieso nicht schneller gefahren). Ich parke mein Motorrad außerhalb des Geländes mit dem Sportplatz, auf einem Waldweg. Einen anderen Biker hatte ich schon gefragt, aber ich habe selber gesehen, dass ich nur ein paar hundert Meter an einer breiteren Stelle bequem wenden kann. Die Wege zu dem Sportplatz sind voller Autos, ein Fußballspiel ist hier auch noch.

Das Gelände … so viele Motorräder! Sie könnten den Rekord wirklich schaffen. Ich suche die weiße Rennmaschine meines Freundes, er ist nicht da. Er hat in einer Nachricht geschrieben, dass er seine Tochter mitnehmen wird. Auf dem Platz mit den Bars, den Veranstaltungszelten und der Bühne, spricht der Organisator schon ins Mikrofon, es geht gleich los.

Aufsitzen! Ich laufe den Kiesweg zum Ausgang des Geländes, noch bevor die zu hunderten Motorradfahrer hier durch wollen. Weiter zu meiner Maschine auf den angrenzenden Waldweg. Einige Motorradfahrer stehen hier auch rum, sie wollen sich das nicht entgehen lassen, wie die ganze Meute mit ihren donnernden Motoren im langsamen Tempo das bewaldete Sportplatzgelände verlassen und auf die Landstraße zusteuern. Kein Stress, ich habe die Zeit, mir das alles anzusehen. Irgendwann, es geht zehn, oder zwanzig Minuten, laufe ich auch zu meinem Motorrad, ziehe mir meinen Helm über und starte den Motor. Wenige Meter … Oh, Mist! Ich habe meinen Helm gar nicht zugemacht. Ich muss noch einmal anhalten und an dem Verschluss herumfummeln. Die beiden Abschluss-Motorräder mit dem „Achtung Kolonne“ LED-Schriftzug sehe ich schon um die Ecke verschwinden. Jetzt aber schnell, noch einmal den Gashahn aufdrehen. Ein oder zwei Kilometer später kann ich mich auf der Landstraße in die letzte Position mit einreihen.

Wie gewohnt, die Tour, wie all die Jahre zuvor. Dieselbe Route, wie immer. Nur das Stück in der Kleinstadt, wo ich wohne, könnte Baustellenbedingt anders werden … sie könnten bei mir Zuhause an meiner Garage vorbeifahren. In jedem Dorf wird laut gehupt oder gewunken, bestimmt hat jeder hier irgendwo Angehörige oder Freunde am Rand stehen, die gegrüßt werden müssen. Ich freue mich auch auf die winkenden Menschen, bin aber viel zu sehr beschäftigt, die Spur und das Tempo zu halten, der Strecke und dem Vordermann (oder -frau) zu folgen und auf die Bremslichter und den Abstand zu achten. Wie immer, von der Landschaft bekomme ich eigentlich nichts mit. Im Rückspiegel die orangefarbenen Lichter der Begleitmotorräder. Jede Kreuzung akkurat gesperrt.

Vor mir die Landstraße, ich mag die Stellen, an denen ich bis zum Horizont nur diese hunderte Motorräder sehen kann. Maschinen aller Art, die Renner und die Chopper mit den ultra-breiten Hinterradreifen. „Die passen nie alle auf die Tankstelle!“ Je näher wir dem Zwischenhalt kommen, witzele ich schon wiederholt in meinem Helm. Der Trupp fährt auf das kleine Gelände dieser Tankstelle in einem Heide-Dorf irgendwo in Sachsen-Anhalt ein. Und sie passen doch alle drauf. Ich parke mein Motorrad in dritter Reihe neben den LKWs und steige ab, um meinen Freund hier zu suchen, eine weiße Sportmaschine müsste doch auffallen zwischen den ganzen Chopper und Cruiser. Ich finde seine Maschine tatsächlich, er ist nicht allein.

Ich stehe minutenlang vor ihm, er hantiert mit seinem Helm herum und bemerkt mich nicht. Seine Tochter und die andere Frau da, schon. Wer ist das? Wieso starrt sie ihn an? Kennen die sich? (Gedanken lesen.) Die eine Frau, wie ich es später erfahren werde, ist seine Ex-Frau. Ich tue so, als ob ich sie nicht bemerke, bin mir der Blicke aber sehr wohl bewusst. Endlich hebt er seinen Kopf und erkennt mich. Eine einfache Begrüßung, so wie unter Motorradkumpels üblich. Er schlägt vor, den letzten Teil der Ausfahrt mit mir nebeneinander zu fahren. Irgendwann kommt das Signal, dass es weitergeht. Ehe die paar hundert Motorräder die Tankstelle wieder verlassen, vergehen wieder einige Minuten.

Das letzte Stück der Ausfahrt fahre ich, bzw. „wir“ nicht ganz hinten. Das hintere Drittel, vor mir die schweren Cruiser der MCs. Er hinter mir mit seiner Tochter, im Rückspiegel.

Die lange Kolonne biegt ein in die Kleinstadt, in der ich wohne. Vorbei an meiner Garage, so ein Mist, genau jetzt sind meine Eltern nicht da, ich hätte doch gerne auch einmal gewunken. Vorbei die engen Straßen, der Innenstadtkern, noch engere, kleinere Straßen – die Anwohner in diesem verschlafenen Provinzkaff hätten nie erwartet, dass sich auf einmal, aus dem nichts, über 600 Motorräder lautstark durch ihre Straße schieben. Hier winkt niemand, sie sind eher überrascht und entsetzt.

Wieder raus aus dem Kaff, auf die alte Route, die mit den Dörfern, mit den Menschen, die das schon von jedem Jahr kennen, die mit Camping-Stühlen und vereinzelten DDR-Fahnen schon auf uns warten. Das Event des Jahres.

Ich verliere ihn kurz vor Ende der Ausfahrt, sehe ihn im Rückspiegel nicht mehr, er ist vielleicht woanders abgebogen, er wohnt hier in der Gegend? Ich fahre mit den vielen anderen Motorrädern auf das parkähnliche Gelände des Sportplatzes. Alles ist organisiert, überall sind weiße Markierungen aufgesprüht, im Gras liegen die vielen, kleinen Holzplättchen für die ausgeklappten Seitenständer. Ich parke mein Motorrad in leichter Hanglage im Umkreis einer alten Eiche. Es muss eine Eiche sein, der Zweig mit dem angetrockneten Eichenlaub fällt mir neben meinem Fuß auf, als ich den Seitenständer ausklappe. Ich finde den Zweig mit den Blättern so hübsch, ich klemme ihn unter das Gepäcknetz neben meiner russischen Armeetasche … so als „Tarnung“. Ein paar Meter weiter steht ein altes Gespann aus Sowjetzeiten, der Fahrer hat noch viel mehr liebevolle Details an seinen Beiwagen montiert: Gefechtshelm, Tarnnetz und eine rote Flagge.

Zum obligatorischen Kaffee-und-Kuchen zu den Verkaufsständen und dem zentralen Platz auf diesem Biker-Festival. „Einen Kaffee und einen Schoko-Kuchen.“ Ein paar Euros wandern über den Bartresen. Meinen Schokoladenkuchen esse ich ein paar Minuten später, während auf der Wiese vor der Bühne sich schon ein paar Motorräder für die Dezibelmessung ansammeln. Die Veranstalter haben extra mal ein paar Frauen aufgerufen, sich hier zu treffen … es finden sich tatsächlich ein paar. Ich jedenfalls nicht, mein Mopped hat noch den Serienauspuff, damit könnte ich doch nie konkurrieren. Nach der Lautstärkemessung sprengen die Männer den ganzen Platz und wollen alle mal wissen, wie laut ihr Auspuff ist. Es kommen immer mehr männliche Motorradfahrer mit ihren Maschinen dazu …

Weiter den späten Nachmittag, ich laufe an dem einen Verkaufsstand vorbei, betrachte die Auslagen an Eisernen Kreuzen, Biker-Utensilien, hier und da Militaria … so einen kleinen Panzer-Anstecker hatte ich auch mal an meinem schwarzen Barett, aber der sah „irgendwie“ anders aus … Bikertreffen, Dinge übersehen. Weiter zum Motorrad, es hat die Ausfahrt doch kurz angefangen, zu tröpfeln und jetzt schieben sich wieder dunkelblaue Wolken über den Himmel. Den Helm vom Riegel am Hinterrad abnehmen, auf den Rückspiegel hängen, damit es nicht hinein regnet. Meine Armeetasche von der Rücksitzbank nehmen und unter meiner Motorradkombi tragen. Die paar Biker da begrüßen, die ich noch vom letzten Jahr von den drei anderen Treffen kenne. „Und, wo ist dein Freund?“ Keine Ahnung, ich habe ihn irgendwie verloren.

Sein Motorrad entdecke ich, das weiße mit den beiden Helmen. Er sitzt irgendwo mit seiner Tochter und seiner Ex-Frau auf einer Biergartenbank. Ich finde ihn, als ich wieder zurück auf den zentralen Platz gehe. „Und bringst du dann dein Motorrad auch später wieder zurück in die Garage und kommst mit deinem Auto hierher?“ Na klar mache ich das, er dann auch. Seine Ex-Frau mustert mich weiter, es gibt zwei Möglichkeiten: Wer ist die, ist das die neue? Eher abwertend. Oder: Da hast du aber eine hübsche, kleine Blondine gefunden, und Motorrad fahren kann sie auch … behandele sie gut, sie wirkt, als hätte sie schon viel Scheiße in ihrem Leben erfahren. Wie auf dem Tankstellengelände, ich bin nur auf ihn fixiert. Nur ein paar Wörter und ich verlasse diese Szenerie so schnell wie möglich. Zurück zu den anderen Biker-Kumpels, Biker-Gespräche führen.

Ich sattele wieder auf, schließe meine Lederkombi, verstaue die Tasche unter dem Gepäcknetz. Nur wenige Sekunden zuvor habe ich ihn auf seinem Motorrad mit Sozia wegfahren sehen. Ich bringe mein Motorrad nach Hause. Die Biker-Kumpels neben mir, zelten hier.

Ein paar Kilometer, kurz vor der Bundesstraße zu meinem Wohnort, kommt er mir alleine entgegen, dreht und fängt mich auf der Einfahrt auf die Bundesstraße ab. Er begleitet mich bis zu meinem Wohnhort. Ich biege auf die gepflasterte Hofeinfahrt neben meiner Garage ein. Was will er hier? Will er mit reinkommen? Auf keinen Fall, darauf bin ich nicht vorbereitet, alle Fragen und Situationen in dieser Hinsicht weise ich immer damit ab, ich könnte ein „Müll-Messie“ sein und möchte keinen Besuch. Er nimmt nur den Helm ab und wechselt ein paar Worte mit mir. Natürlich fahre ich wieder auf das Festivalgelände zurück, es könnte nur etwas länger dauern, im Bad, wie das bei Frauen so ist. Er scheint beruhigt, oder traut er mir nicht? Mein Vater öffnet mit einem mürrischen Blick das Hoftor, meine Eltern bekommen mit, dass ich nicht alleine bin. Er setzt den Helm wieder auf, lässt kurz seinen Motor aufheulen, und jagt den Fußweg runter auf die Straße, davon. Ich parke um, Auto rausholen, Motorrad in die Garage schieben.

Oben in der Wohnung, Motorradsachen auf die Couch werfen, im Bad verschwinden. Eine Dusche? Das muss jetzt so gehen. Ich brauche ewig, um meine langen Haare zu entfilzen … ich musste ja auch bei der Ausfahrt den Nachmittag zuvor meinen blonden Zopf unter dem Helm heraushängen lassen, damit auch alle sehen, dass da ein Mädchen unterwegs ist.

Polo-Hemd anbehalten, schwarze Jeans anziehen, noch der lange, schwarze Kapuzenhoodie und die Lederstiefeletten mit den kubanischen Absätzen. Heute Nacht kein Make-up. Ich bin schon die Treppe runter, als ich wieder umdrehe und zurück ins Bad muss. Die Waschtasche greifen, das Kondom und das Gleitgel heraussuchen. Was machst du hier eigentlich? Brauchst du das wirklich?

Mit dem Auto zurück zu dem Dorf mit dem Bikertreffen und der Abendveranstaltung. Es ist später geworden, meine Eltern mussten mich unbedingt noch zum Abendessen überreden. Da auf dem Festival gibt es eh nur Schwein.

Halt dich von den Motorradrockern fern, das ist kein guter Umgang für dich, die wollen nur, das du anschaffen gehst! Meine Gedanken auf der Fahrt dahin sind wahrscheinlich wesentlich spießiger, als die von meinen Eltern. Alles irgendwie amüsant übertrieben. Im Autoradio, die Dämmerung entlang, die melancholische Musik der britischen Rocker aus den Achtziger-Jahren („The Jesus and Mary Chain“, wen es interessiert).

Als ich das Gelände erreiche, ist es schon fast dunkel geworden. Mein Auto steht wieder draußen an der Einfahrt. Wo vorher die vielen hundert Motorräder standen, steht jetzt vereinzelt mal eine Maschine. Mit viel Glück habe ich draußen noch einen Auto-Parkplatz gefunden. Es hat nicht noch einmal geregnet, die Bühne mit der Band, die gerade spielt, ist unter einem riesigen Partyzelt aufgebaut. Alles passt hier unter das Zelt: die Bar, die Leute, die Bühne. Eine Cover-Band, die die Rocksongs der letzten Jahrzehnte spielt, nicht die uralten Klassiker, tatsächlich mal ein paar Songs aus den Neunzigern. Zwischendurch Songs aus der „Konserve“, die Band braucht eine Pause.

Ich unterhalte mich mit dem Typen, den ich die letzten Male so oft getroffen habe, mein Bikerfreund hatte schon die Vermutung, dass der andere da auch was von mir will. Mein Bikerfreund ist nicht wieder aufgetaucht, ich suche ihn mit ein paar umherschweifenden Blicken, finde ihn aber nirgends. Auch keine weiteren Nachrichten auf meinem Telefon. Ich gehöre nun ganz ihm, dem anderen Typen aus der Motorradfahrergruppe. Ich werde bearbeitet?

Draußen die Bühne, überraschende Ansage, eine Feuershow – mit einem Mann! Endlich mal nicht mit einer Frau, die sich auszieht, endlich mal etwas für Frauen. Diese finden sich auch in den ersten Reihen. Der Fakir, so wie ich ihn gleich erkenne, zeigt einige Tricks, Feuer schlucken, Feuer spucken. Sein Outfit ist wohl gewählt, die Schnabelschuhe, die orientalische Jacke, die Haremshose und dazu diese orientalische Musik. Wahrscheinlich alles nur Show, aber das Glas, das er zerhämmert, auf das er mit den Füßen stampft, auf das er sich mit seiner blanken Brust umherrollt, das ist echt! Bewundernder Beifall aus den ersten Reihen!

Zurück unter das Zelt, die Band spielt weitere Songs, mein Begleiter hat mich so weit, ich tanze nah mit ihm. Sehr nah, mit Körperkontakt. Ist das nicht ein bisschen zu nah? Die Band spielt im ihren zweiten Set schnellere Songs. In einer ihrer letzten Titel wird ein „Onkelz-Song“ gecovert, das Publikum mit den Bikern, den MCs mit ihren Lederkutten, die anwesenden Ladys, stürmen den Bereich vor der Bühne und singen ziemlich textsicher mit. Ich finde das ein wenig befremdlich, meine Songs sind das nicht, alle deutschen Songs kann ich gar nicht, ich bin mehr so bei den Songs der Ami-Punks („Ramones“, wen es interessiert).

Ich muss mich auch mal hinsetzen, der dritte oder vierte Becher Wasser. Ein anderer Motorradrocker in seiner MC-Kutte setzt sich zu uns an den Tisch der letzten, die hier noch sind, nach Mitternacht. Die Band räumt bereits ihre Instrumente von der Bühne. „Los komm, lass uns tanzen!“ Noch ein paar Rock-Songs aus der Konserve. Im Gegensatz zu dem anderen Typen, ist dieser Motorradrocker mindestens einen halben Kopf größer als ich (mit meinen Absätzen). Er kann bereits sofort eng umschlungen mit mir tanzen … unter den Augen des anderen Typen, den ich danach nicht mehr sehe. So bin ich. Der andere, der vorher mit mir getanzt hat, er hat mir schon sein Bett angeboten, wenn ich ihn mal besuchen komme. Das war zu viel für mich. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich das auch wirklich verstanden habe. Ich brauchte dann meine Zeit, um auf der Sitzbank alleine vor mich hin zu grübeln. Wenn einer so nah kommt, flüchte ich weg, hin in die Arme des nächsten.

Der zweite, er sagt so etwas nicht zu mir. Hat er auch ein Interesse? Vielleicht ist er schüchtern. Zwei Uhr, die Musik geht aus. Ungewohnt, Biker feiern doch immer bis Sonnenaufgang und weiter. Die kleine Gruppe des MCs zeltet hier irgendwo auf dem Gelände. Den Weg zur Ausfahrt in Richtung meines Autos laufen wir noch zusammen. Einer aus der Gruppe leuchtet mit seinem Smartphone den stockfinsteren Weg. „Da drüben, da schlafen wir. Vielleicht sehen wir uns irgendwann mal wieder.“ Bestimmt, die MCs besuchen sich hier gegenseitig auf allen ihren Bikertreffen, zwei weitere sind noch in meinem Kalender. Zurück zu meinem Auto. Alleine die Nacht durch die dunklen Landstraßen und Waldwege zu meinem Zuhause.

Dieses Mal nicht bis frühmorgens, dieses Mal nicht in einem fremden Auto irgendwo den Morgen verbracht. Es ist kurz nach zwei Uhr und ich kann mich in mein eigenes Bett legen. Meine Motorradkombi und mein Helm liegen weiterhin noch auf meiner Couch, die räume ich morgen weg. Übliche Routine, Schlafzimmerfenster öffnen, ins Bad verschwinden. Etwas ist anders, dieses Mal wurde ich von mehreren angesprochen, ich habe sie nur nicht an mich herangelassen … ich habe zu viel Angst davor, dass sie mitkriegen, dass ich keine Frau bin.

Die hellen Lichter in den beiden Augen, die mich anstarren, ein Marder kreuzt meinen Weg, bleibt kurz stehen, sieht mich an, ich verlangsame das Tempo, und springt dann weiter von der Straße.

[19.05.25 / 23:28] Die Wochenenden unterwegs, nach Erfurt (das zweite Wochenende im Mai). Schon ein paar Wochen zuvor beschlossen, die Familie trifft sich da. Sonnabend Mittag mit dem Regionalexpress am Hauptbahnhof angekommen, wieder dasselbe Hotel gleich um die Ecke, wie im Dezember zuvor. Das Zimmer wird erst in zwei oder drei Stunden bezugsbereit. Erstes Kaufhaus am Anger – die Shoppingtour den Sonnabend.

Ich bin nicht alleine unterwegs, meine Begleitung sucht für sich etwas, ich bin nur beratend dabei. Eigentlich habe ich die letzten Wochen schon ein Kleid gekauft, eigentlich habe ich das letzte Wochenende schon einen BH gekauft … ich sollte auf mein Budget achten, ich kann es nicht lassen, auch hier verschwinde ich in der Anprobe-Kabine: „Probier das doch mal an!“

Sie sucht für sich eine Jeansjacke, ich habe da noch das schwarze Polokleid im Sinn. Viele Runden in dem Kaufhaus und dem Einkaufszentrum, Taschen und Schuhläden, Drogerie und Unterwäscheboutiquen. Es wird für mich ein überlanges, olivgrünes Leinen-Hemd – das kann ich auch am Strand anziehen, speziell für tropisches und heißes oder mediterranes Klima. Die Urlaubsfrage für dieses Jahr ist auch Thema des Familientreffens später.

Weiter durch die Erfurter Altstadt, zurück zum Hotel und Einkaufstaschen ablegen? Nein, wir ziehen das durch, Hotelzimmer ist reserviert, das können wir auch später den Abend beziehen. Zu Kaffee und Kuchen zu einem besonderen Café im Jugendstilambiente, nur etwa einen halben Kilometer entfernt, noch innerhalb des Innenstadtrings, aber weit abseits der Touristenwege.

Das Café gab es schon zu DDR-Zeiten und wahrscheinlich schon viel länger. Das Interieur ist renoviert aber noch im alten Stil belassen. „Früher war das hier mal viel dunkler.“ Mir gefällt es, ich betrachte die vielen Fotos an den Wänden, Portraits der Zwanziger-, Dreißiger- und Vierziger-Jahre (vielleicht auch moderner). Die Lichtführung mit dem Scheinwerferlicht von oben und dem Haarglanz und das besondere Verschwimmen der hellen Konturen in dem Schwarz-Weiß-Foto, das hätte ich auch gerne so hinbekommen (Anregung für eine nächste Foto-Serie). Ein Stück Rhabarber-Streuselkuchen und einen Cappuccino. Die Tassen schmecken nach Spülwasser, aber der Kellner hat vielleicht ein Auge auf mich geworfen.

Wieder zurück in das historische Zentrum von Erfurt, würden wir hier noch wohnen, wir hätten vielleicht nie wegziehen sollen. Die Touristendichte nimmt spürbar zu, meine Begleitung kennt ihre alten Pfade. Weiter in das nächste Kaufhaus. Nichts für mich, ich habe zwar meine Kundenkarte dabei (dieselbe Kette wie in Leipzig), aber die heruntergesetzten Artikel sind spärlich verteilt. Auch hier: ich verstehe den aktuellen Trend nicht, Bomberjacken im klassischen Skinhead-Stil zu vollkommen überteuerten Preisen zu verkaufen – das steht nur mutigen PoC – ist aber hier in Ostdeutschland total unverkäuflich (die Skins haben ihre traditionelle Marke).

Weiter zurück in die andere Shopping-Mall, wieder zurück Richtung Bahnhof und Hotel. Drogerie und Unterwäscheladen … kaufe ich mir zu meinem BH noch die passende Dessous-Unterhose? Leider gibt es die nur als Tanga oder als Hochbund-Panty. Jetzt wirklich zurück zum Hotel am Bahnhof.

Check-in irgendwann nach 18 oder 19 Uhr, ein ähnliches Zimmer, wie letztes Mal, derselbe Ausblick auf den Platz vor dem Bahnhof, nur eine Etage tiefer. Kurz Entspannen. 20 Uhr … wir sollten noch etwas Essen gehen, nur viel Laufen will ich nicht mehr. Da ist noch eine Pizzeria gleich gegenüber. Die nehmen wir. Wenige Schritte später, ich bestelle mir meine vegetarische Pizza, die auf der Tagesmenükarte, mit Auberginenscheiben.

Gedanken, lustige Kommentare … so wie wir das aus dem Fernsehen aus den Krimis kennen – die müssen bestimmt den gepanschten Wein überteuert abkaufen und zu Geld machen, damit die … die in Süditalien „sauberes“ Geld bekommen. Was die hier nicht wissen, dass ich ein paar Brocken Italienisch kann. Der ältere Typ da in der Küche beschwert sich, dass irgendjemand krank ist und er den ganzen Laden hier alleine schmeißen muss. Außer uns ist nur noch ein anderes ausländisches Pärchen da.

Weiter den Abend – nicht viel laufen – gleich daneben ist auf dem Bahnhofsplatz die Bar, wo der Willy Brandt schon mal war (muss ich mir jedes Mal anhören, da oben hat er mal aus dem Fenster geguckt). Die haben auch alkoholfreie Cocktails auf der Karte, nur der Ipanema heißt hier nicht „Ipanema“, sondern irgendetwas mit „alkoholfreier Caipirinha“, mit Apfelsaft anstatt Maracuja. Den nehme ich, hier auf unseren zwei Stühlen und dem Tisch im Außenbereich. Es ist kühl geworden, ich habe für die Tour meine schwarze und dicke Baumwoll-Reißverschluss-Jacke mit Kapuze übergezogen. Der Cocktail besteht mehr aus zerkleinerten Eis als aus Zuckersirup und Apfelsaft. Das zu viele Eis verschwindet in den Pflanzenkübel gleich neben mir. Rechnung übernehmen, ganz viel Trinkgeld, 22 Uhr nochwas, zurück ins Hotel.

Frühstück gegen neun Uhr, wir kennen das Hotel, wir kennen die Betten, wir wissen den Weg zum Frühstücksraum. Für uns die paar freien Tische in der VIP-Ecke … ob auf den Tisch, den sie gerade frei gewischt hat, auch ein „Reserviert“ Schild hätte hin gemusst? Ich sehe mit meiner orientalischen Tunika auch gar nicht so aus, wie all die anderen Hotelgäste. Vor mir die Fotos und Autogrammkarten der ganzen Prominenten an den Wänden, die hier mal für ihre Tour übernachtet haben. Üppiges Frühstück, von allem etwas. Fruchtsalat ist aus – die letzte Portion für Zwei ertrinkt gerade in einer riesigen Schicht aus Joghurt in meiner Schale vor mir auf dem Tisch. Teller und Löffel stapeln sich daneben. Der Kaffee ist besser als der letzten Nachmittag. Noch besser ist der zweite Kaffee wenige Minuten später, als wir wieder raus aus dem Hotel sind und die Kette: Pizzeria – Bar – Bäcker auf dem Bahnhofsvorplatz ablaufen. Warten auf den Familienanhang, er kommt später, aber vor zwölf Uhr müssen wir wieder zurück und wieder raus aus dem Hotel sein.

Check-out, keine freien Schließfächer am Bahnhof. Erwartet. Wir reisen mit extrem leichten Gepäck: nur das, was ich anhabe und die ganz kleine Kosmetik- und Waschtasche in meiner Handtasche. Das bewährte Übernachtungskit, Probedosen Duschbad und Shampoo, Zahnpasta und Zahnbürste, Abschminktücher und leichter Reisekamm, Ohrstöpsel und die üblichen Schmink-Utensilien. Rasierapparat und Estradiolgel-Packungen – mitsamt meinem schwarzen Baumwoll-Zipper kommt das „schwere Gepäck“ in einen extra mit eingepackten, schwarzen Stoffbeutel. Der Familienanhang ist da, weiter mit der Straßenbahn zum egapark in Erfurt. Zum „Japanischen Gartenfest“, das eigentliche Ausflugsziel für dieses Wochenende zum Muttertag.

Auch wie erwartet, es wird voll. Gegen späten Mittag angekommen, das japanische Event zieht Gäste aus dem Umkreis von 150 Kilometer (also wir). Es verteilt sich, der Park ist größer. Die Einlasstore sind belegt mit Menschenschlangen, irgendwo ist noch ein Schlupfloch, ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt ein Drehkreuz benutze. Irgendwie haben wir Tickets aus dem Vorverkauf für die Ega selbst und noch einmal das Japanische Gartenfest – aber das wird nirgendwo mehr kontrolliert weiter auf dem Gelände. Weiter zu dem kleinen Bereich mit dem Japanischen Garten.

Zu viele Menschen, zu enge Wege, uns ist bereits klar, dass wir wesentlich länger bleiben werden, wenn wir später dann den Nachmittag den Garten noch einmal in aller Ruhe genießen wollen. Das große, rote Eingangstor vorne … mir gelingt ein „menschenfreies“ Foto, ich musste nur fünf bis zehn Minuten warten.

Die Anlage ablaufen, immer wieder vergleichen mit dem Garten, den ich mal in Japan in Kamakura gesehen habe. „Da habe ich ein Foto von!“ Mir springt der Flyer ins Auge, die Deutsch-Japanische Gesellschaft hat einen Stand hier, ein Flyer mit Ausflugstipps rund um Tokio. „Habt ihr diese Kuchen mit dieser Füllung, mit schwarzer Bohnenpaste?“ Die Frau am Stand weiß, wovon ich rede, aber genau das ist schwer zu importieren. „Matcha-Schokolade?“ Nein, auch nicht … leider. Mein Blick wandert zu dem Tetra-Pack Grüner Tee. Der genauso japankundige Familienanhang freut sich über die zuckersüßen Getränkeflaschen, die sie schon damals, irgendwo in Tokio oder Osaka oder Kyoto aus dem Automaten in irgendeiner U-Bahn-Station gezogen haben. Weiter zu der Showbühne und den ausgestellten Bonsai-Pflanzen.

Ich bestaune die kleinen Gewächse in ihren filigranen Schalen, sie sind aufgereiht wie auf einer Preisveranstaltung, mit Jahreszahl, wie viele Jahrzehnte der kleine Baum darin schon wächst. „Kletter-Hortensie geht auch?“ Der eine, knorrige Wurzelableger vor der heimischen Garage, von der Pflanze die da schon seit Neunzehnhundertnochwas wuchert, wird demnächst „umgetopft“.

Die Show auf der großen Parkbühne, ein geschwungenes Dach spendet Schatten – es ist den Sonntag sonnig und blauer Himmel (ich habe mir mein Gesicht mit extra viel Sonnencreme abgedichtet), alle Sitzbänke sind belegt. Eine Trommelshow von den Bäumen oben am Hang schon gesehen, eine Tanzvorführung von wahrscheinlich echten Japanerinnen in echten Kimonos. Es muss echt sein, die traditionelle, japanische Begleitmusik ist noch sehr schön, die moderne japanische Musik ist … „besonders“. Nicht, dass ich das nicht schon aus Japan kenne, aber das geht vielleicht nur für die wenigen ultra Fans hier, die extra ihr Cosplay-Outfit aus dem Schrank geholt haben.

Weiter die Ega entlang, den Nachmittag auf der Suche nach Kaffee und Kuchen, etwas zu essen, ein Imbiss. Viele Pflanzen bewundern, eine Sitzbank im Schatten einer japanischen Zaubernuss (eigentlich sind es die Bäume rundherum, die Schatten werfen). Ein Imbisswagen, der letzte Veggie-Burger für mich, ich bleibe auf der Bank und bewache den Sitzplatz. Später dann zum Kaffee-Mobil, drei Cappuccino holen, dieses Mal bin ich die paar Schritte unterwegs. Die Schlange dauert ewig.

Später Nachmittag, zurück zum Japanischen Garten. Wie erwartet, viel weniger Menschen. Jetzt endlich bessere Fotomotive. Es gibt hier ein Teehäuschen, da war den frühen Nachmittag sogar eine Teezeremonie, die wir nicht sehen konnten, vor all den Menschen davor. Jetzt ist der Blick frei auf das Innere des Teepavillons. Ausgelegt mit Reismatten, die Veranstalter und Helfer und Freunde des Japanischen Gartenfestes trinken ihren Sake und sind offen für Fragen von interessierten Besuchern. „Müssen die Reismatten irgendwann mal gewechselt werden?“ Nicht, wenn sie trocken gelagert sind. Ich schlafe darauf. Der Zentimeter Lattenrost darunter sorgt vielleicht für ein paar Luftkammern. Was ich wechseln sollte, ist der Futon – meiner ist wendbar, mit zwei Seiten – und mit der Korkschicht dazwischen, ist der so sperrig und dick wie eine herkömmliche Matratze. Sollte ich einen neuen Futon für mein traditionelles, japanisches Bett zu Hause kaufen, dann den dünnen, einfachen, nur etwa vier bis acht Schichten Baumwolle, der ist dann zusammenrollbar, den kann ich dann auch wirklich mal nach draußen hängen und auslüften.

17 oder 18 Uhr nochwas, der Familienanhang muss den Zug nach Hause erreichen, wir auch, aber eine Stunde später. Im schönsten, sonnigen Wetter zum Seitenausgang der Ega, zur nächsten Straßenbahnhaltestelle. Und weiter, Abschied nehmen am Hauptbahnhof. Über das Thema Urlaubsplanung haben wir gar nicht so genau geredet. Griechische Inseln? Mykonos? Oder doch lieber Japan? Oder Indien? Süditalien? Für die beiden letzteren Ziele kann ich nicht begeistern, Japan wäre nett, aber da haben wir vielleicht unterschiedliche Ziele. Kyoto haben sie schon gesehen, wir nicht, Tokio habe ich schon gesehen und Hokaido, ganz im Norden? Mein Budget sagt: fünf Nächte Mykonos Last-Minute, mein Favorit momentan.

Wir sind alleine in Erfurt, die dreiviertel Stunde bis zu unserem Zug den Abend, bekommen wir auch noch herum. Brötchen und Wasser. Mir fallen die ganzen Soldatinnen und Soldaten in Uniform auf. Ja, das waren auch meine Wochenenden vor fünfundzwanzig Jahren. Nur diese schicken, braunen Kampfstiefel hatte ich nicht von der „StOV“, nur die schwarzen, mit dem planmäßigen Verfallsdatum nach zwanzig Jahren (Sohle ab, beide Paare, zeitgleich).

Weiter mit dem Regionalexpress nach Hause, den Sonnenuntergang und den parallelen Mondaufgang vor den großen Panoramafenstern bestaunen. Meine Begleitung habe ich schon vorgewarnt, wie ich das schon von meinen vielen Zugfahrten zu Festivals und Konzerten nach Leipzig kenne: zurück in das Provinzkaff fährt Sonntag Abend von Magdeburg aus – die paar Kilometer – nur alle zwei Stunden ein Zug. Wir werden vom weiteren Familienanhang mit dem Auto abgeholt. Familie, stark ausgedünnt die letzten Jahre.

[04.05.25 / 02:19] Vor einigen Wochen habe ich im Internet entdeckt, dass die Achtziger-Jahre Punkband, die ich schon seit mindestens neunzehn Jahren mal live sehen will, in Leipzig ein Konzert geben wird, der Ticketshop, bei dem ich mir sonst auch die ganzen Tickets bestelle, hat die Band im Programm … Anfang Mai, in Connewitz.

Endlich wieder nach Leipzig fahren, vielleicht dort übernachten? Bei ihm? Das letzte Konzert, das letzte Ticket, ich konnte nicht hin, bin krank geworden, musste ihm absagen, mein Ticket wieder verkaufen. Dieses Mal muss es doch funktionieren! Ich warte die Wochen … fünf Tage vorher, ich schreibe ihm eine Nachricht, ich komme. Ich beantworte endlich eine seiner vielen Nachrichten, wann ich denn mal wieder in Leipzig bin. Montag … Scheiße, ich werde krank.

Es fängt an, wie eine Erkältung, mehr noch, Grippe? Corona? Halsschmerzen, Kopf- und Gliederschmerzen. Wo habe ich mir das eingefangen? Die Woche zurück beim Rezept holen bei meiner Frauenärztin? Das Einkaufszentrum ist gleich daneben, dasselbe Gebäude – ich musste mir unbedingt noch dieses neue Kleid kaufen, Schwarz und Bohème-chic. Oder war es doch auf Arbeit? Das Großraumbüro und die ganzen Kolleginnen und Kollegen mit ihren Kindern im Kindergartenalter. Alles was die anschleppen, dagegen bin ich nicht immun mit meinem ramponierten Immunsystem. Ich schleppe mich auch auf Arbeit.

Zwei Tage Halsschmerzen, anschließend zwei Tage Fließschnupfen. Endlos lange Meetings, wenigstens ist das nur eine halbe Arbeitswoche kurz vor dem ersten Mai Feiertag. Genau diesen einen freien Tag, den Donnerstag vor dem Freitag, krame ich einen alten Covid-19-Test aus dem Badschrank … negativ. Glück gehabt. Kann ich doch nach Leipzig fahren, zu dem Konzert – und dort alle mit meinem was-auch-immer-das-ist anstecken. Vielleicht ist es das Cortison-Spray, das ich nehme, gegen meine Allergien, und es ist nur eine heftige Nebenwirkung? Zu viele Fragezeichen … aber ich habe für mich schon entschieden, nach Leipzig zu fahren … wenn ich die Nacht überstehe (schlaflose Nächte bei laufender / verstopfter Nase).

Freitag, der Vormittag vor dem Konzert den Abend. Ein Urlaubstag, ich muss nicht arbeiten. Der Schnupfen ändert sich in den festen, klebrigen Zustand. Wenn das eine Erkältung ist, geht die ziemlich schnell durch. Ich gehe ins Bad und rasiere meinen gesamten Körper, Beine, Schamhaare, Achseln und Augenbrauen, dort, wo Haare stehen sollen, werden die natürlich nur getrimmt. Aber dieser klebrige Schleim in Nase und Rachen – so kann ich ihn doch nicht treffen! So würde das mit Sex mir doch nicht gefallen. Gegen Mittag packe ich meinen ganzen Kram zusammen. Brauche ich mein Übernachtungskit? Im letzten Moment räume ich doch noch meinen Badschrank leer und packe alles in einen extra Beutel, Zahnbürste, Zahnpasta, Kamm, Duschbad, den Rasierer und noch ein kleines Handtuch. Ich hatte ihm schon eine Nachricht geschrieben und schon angekündigt – mich entschuldigt, „Sorry …“ – das wir uns wohl nicht treffen werden. Ich schreibe ihm meinen detaillierten Plan, was ich alles in Leipzig ohne ihn machen werde.

Freitag, früher Nachmittag, mit meinem Auto die Autobahn nach Leipzig. Erst mal ankommen, erst einmal ein Kaffee irgendwo trinken, vielleicht in der Innenstadt einkaufen, dann zu dem Konzert nach Connewitz fahren. Ich habe mein Kaftan-Kleid an, es ist nicht schwarz, aber es passt super zu der schwarzen Lederjacke. Es wird ein Punk-Konzert, die Pikes-Stiefeletten in der schwarzen Leggings mussten unbedingt auch noch zu dem Outfit kombiniert werden.

Mein Auto parke ich in dem großen Parkhaus an der Oper, Kaffee trinke ich gleich schräg gegenüber bei dem Bäcker dieser Kette in ganz Leipzig. Der Himmel hat sich verdunkelt, ein kurzer (Gewitter-)Schauer. Es sind ungewöhnlich über dreißig Grad diesen späten Frühlingstag. Weiter durch die Läden, er hat mir eine Nachricht geschrieben, er wirkt so enttäuscht mit diesen zwei, drei Wörtern. Egal, was er schreibt, ich kann ganze Dramen darin hineininterpretieren. Ich muss etwas kaufen, wird es mich aufheitern?

Der erste Schuhladen, nichts, was ich brauche, nichts, was mir gefällt. Das nächste Luxus-Kaufhaus – ich mit meiner Stammkunden-Mitgliedskarte – die Regale mit den Frühlingsangeboten sind mager ausgedünnt. Ich suche nur dieses schwarze Kleid, welches ich mir von einer Designer-Marke Mitte der Zweitausender gekauft habe. Wann wird dieser Schnitt endlich wieder modern sein? Der Schnitt der knappen Polizeiuniformen der späten Achtziger und Neunziger Jahre im amerikanischen Fernsehen für hübsche und toughe Polizistinnen. Auch das nächste Kaufhaus im höheren Preissegment hat so etwas nicht, die Zeit ist noch nicht wieder reif.

Der nächste Laden gleich daneben, italienische Unterwäsche, irgendwo anders günstig fabriziert. Der schwarze Sport-BH, den ich zum Motorradfahren trage, ist eine ganze Nummer kleiner eingelaufen. Ich erkläre der Verkäuferin meine ganzen Anforderungen: ohne Bügel, ich will den BH unter der schweren Motorradjacke tragen, breite Träger, Vollschale, gut gepolstert, abfedernd gegen Stöße vom Asphalt, fester Halt und leicht und angenehm und flache Textur – und in Schwarz. Mikrofaser, Funktionsunterwäsche für Motorradfahrerinnen. Die Verkäuferin zaubert einen BH hervor, der all meinen Anforderungen entspricht. Zwei Größen, in M und in S. Ich verschwinde in der Anprobe, gefühlt ewig lange, fast ist es schon 19 Uhr und die machen gleich den Laden zu. Ich entscheide mich für die S, wird sie passen? Die Hautwulst links und rechts unter meinen Achselhöhlen sagt eigentlich nein … aber der in einer Nummer größer saß so bequem locker. Zurück zur Kasse, EC-Karte durchchecken, PIN eingeben, alles in die kleine Papiertüte und viel Spaß noch damit.

Zurück nach draußen, die Uhr am alten Rathaus mitten in Leipzig zeigt 18:45 Uhr. In fünfzehn Minuten ist Einlass auf dem Konzertgelände. Ich habe das geplant, die Band fängt 20 Uhr an, und es spielt nur diese eine Band und das sind ältere, grauhaarige Herren, die machen nicht so lange – spätestens um Mitternacht bin ich schon wieder zu Hause und kann in mein Bett, meine Atemwegsinfektion auskurieren. Quer durch Leipzig, in den Süden.

Meinen Parkplatz, da, wo ich immer parke, wenn ich hier zu einem Konzert bin, alles ist besetzt. So viele Autos, ich muss die Straße noch weiter hinein bis ganz nach hinten fahren. So weit war ich noch nie. Schnelles Make-up, Kajal und Pinsel, im kleinen Spiegel in der Sonnenblende im dunklen Auto. Zu Fuß wieder runter zu dem Clubgelände gleich über die Brücke. So viele Menschen! Ich dachte, die Band will doch keiner mehr sehen, die sind doch uralt, aus den Achtzigern. Selbst ich, als ich die Band 2006 aus den Internet-Sharehostern gekramt habe – wahre Schätze an Kassettenaufnahmen – war damals auch wesentlich jünger, als jetzt. Das Publikum, überwiegend schwarz, Alt-Punks, Alt-Grufts, gelegentlich doch etwas bunt. Mein braun-grüner Kaftan in Zebra- oder Tigermuster passt ganz gut. Hunderte sind da, das Gelände dieses linksalternativen Zentrums ist voll. 20 Uhr soll Einlass sein, eine Flasche Wasser am Stand, ein Brötchen mit Vegan-Falafel. Ticket gegen den Stempel auf der Hand tauschen. Nach und nach gehen alle, und auch ich, in die Konzerthalle.

Vor der Bühne ist ein zweites Schlagzeug aufgebaut – es wird doch eine Vorband geben? Meine Punkerkutte gebe ich an der Garderobe ab, die Bedienung, die eine der beiden jungen Frauen, sie wirkt so wunderschön hübsch, ich bin so irritiert, ich vergesse schon fast meine Kleidermarke mitzunehmen. Verträumt weggucken, Blickkontakt vermeiden, alles andere wäre auch total sexistisch.

Es dauert bestimmt noch eine Stunde, bis alles losgeht. Mein Platz oben auf der Empore, die Treppen hoch, alles ist schon besetzt. Irgendwo hier habe ich 2015 mal einen Joint geraucht. Die Notausgangstür hinter mir zu der Raucherinsel draußen ist offen. Es ist noch taghell.

Die Vorband fängt an, zu spielen, von meiner Position an den Sitztreppen, etwa einen halben Meter über den normalen Boden, gleich neben der Garderobe, habe ich einen guten Blick auf die Vorband inmitten des Publikums in dem großen Raum vor der Bühne. Was ist das? Fusion-Punk? Math-Core? Das Schlagzeug verbringt wahre Wunder an Tempowechseln und unterschiedlichsten Zähl-Stilen. Ich gebe es auf, mitzuzählen. Die haben das drauf, leider kann ich nicht genau erkennen, wer das ist.

Die Pause dazwischen, einmal auf die Toilette, die ohne Pinkelbecken, einmal nach draußen, neues Wasser kaufen, es ist dunkel geworden. Wieder drin, ich beobachte von meiner erhöhten Position, was auf der Bühne passiert. Als es dann wirkt, als könnte es gleich losgehen, klettere ich von der Empore runter. Ich will mitten hinein in das Publikum, ich will die ganze Band spüren, all die Energie, all den Punk! Die Band fängt an, es sind die alten Herren. Sie spielen ihre Stücke, so viele Stücke, die ich gar nicht kenne. Einige langsame Lieder, sie lassen mich versinken, ich wiege mich in den Rhythmus. Dann wieder die schnellen Stücke, irgendwann bildet sich in den vorderen Reihen vor der Bühne dann doch eine Pogo tanzende Masse … zu interessant, die grauhaarigen Alt-Punks. Ich mehrere Reihen davon entfernt, meine Stücke sind das nicht, ich bin nur hier für die ganz langsamen, schwermütigen Stücke. Aus meinem Gesicht verschwindet jede Falte an Emotion, ich will das so, ich schließe meine Augen, ich bin wieder das Suicide T-Girl von 2006, das mit dem ultra viel Make-up, den halben Zentimeter an schwärzestem Kajal rund um die Augen und den ganzen obskuren Kram in der Bude in dem Studentenwohnheim, die Kerzen, die Miniaturschädel, die ganzen Gothic und Düster-Punk-CDs!

Die Band geht nahtlos in die Zugabe über, ein paar alte Titel wurden gespielt. Ich will schon meine Lederjacke von der Garderobe holen, als sie doch wieder die Bühne betreten und doch noch zwei, drei Titel mehr spielen. Erst jetzt bin ich dicht dran an der Pogo-Masse, geschützt auf meiner Empore wieder einen halben Meter darüber. Weiter nach der Zugabe zum Merchandise. Ich drehe jede CD und jede Platte um, doch mein Lieblingstitel ist nirgendwo drauf. Die alten Stücke, sie wurden auch gespielt, ich habe sie erkannt, aber die Tonträger – die Band verkauft nur im Eigenvertrieb – sie sind bestimmt schon ewig ausverkauft. Vielleicht nutzen sie die Konzerteinnahmen, um mal wieder ein Re-Re-Release herauszubringen.

Wieder draußen, alles setzt sich in Bewegung, zu gehen. Draußen, die Bar ist geschlossen, drinnen, ich kann nur noch den Pfand für meine Flasche zurückbekommen – kaufe ich mir die nächste Flasche Wasser eben, wenn ich ortsausgangswärts noch tanken muss. Es ist wenige Minuten vor Mitternacht – es hat doch etwas länger gedauert – demonstrativ ziehe ich meine Punkerkutte inmitten des aufbrechenden Publikums über, zurück nach draußen, das Tor des Geländes, die Straße, die Brücke, die andere Straße, noch ewig weit latschen bis zu meinem Auto. Übliches Leipziger Kopfsteinpflaster, die Absätze meiner Stiefeletten knallen auf den Boden, es muss geregnet haben, es ist überall nass.

Mein Auto erreiche ich. Die Jacke auf den Beifahrersitz, eine zweite Flasche Wasser habe ich hier irgendwo noch. Ich suche das Smartphone in meiner Handtasche … wird er mir eine Nachricht geschrieben haben? Er hat … schon zwei Stunden zurück. „Och Mann!“ Ich gerate in einen Konflikt, antworte ich ihm? Vielleicht ist er schon längst eingeschlafen. Ich kann ihn doch nicht treffen, ich bin doch erkältet. Zu egoistisch, um all die Konzertbesucher vor mir anzustecken, zu vorgeschoben fürsorglich, um nicht ihn anzustecken. Vielleicht renne ich einfach nur vor ihm weg, vielleicht reagiert mein Körper so, vielleicht werde ich immer krank, wenn ich ihn sehen könnte, um ein Treffen zu vermeiden, antwortet mein Körper, um meine Seele zu beruhigen … aus Angst, ich könnte ihm begegnen und mich in einer tiefen und bedingungslosen Liebe zu ihm zu verlieren. Ich starte den Motor, fahre die nächtlichen Straßen quer durch Leipzig, der Schein der Laternen in dieser schwül warmen und erkalteten Nacht. Zu viele Umleitungen, ich verfahre mich, ich muss am Straßenrand halten und mein Navi am Smartphone einschalten, da bin ich schon weit draußen, irgendwo in Gohlis.

Ich will auf die B2, irgendwo bei Eutritzsch. Einige Stellen und Kreuzzungen erkenne ich wieder, ich war hier schon einmal. Dann der Baumarkt, die eine Straße am Ortsrand von Leipzig. Irgendwo hier hat er mal gewohnt, irgendwo hier wird er vielleicht wieder wohnen? Ich schaffe es auf die B2 nach Leipzig raus, die Tankstelle ist nur ein paar hundert Meter hinter dem Ortsausgangsschild. „Keine Toilette“, die Frau am Nachtschalter, bei der ich meine Tankfüllung bezahle, verneint meine Frage. Dann irgendwo dahinten in das Gebüsch. Ich muss dringend. Das ist die Tankstelle, bei der er immer seine Zigaretten geholt halt … seine Wohnung ist da gleich. Ich könnte ihn auch anrufen. Ich entferne mich von meinem Auto und laufe das Tankstellengelände ab. Einige Trucker parken ihre schweren Laster hier. Zu interessant, der kleine Trampelpfad, die kleine, lichte Stelle im hohen Gebüsch, es wirkt wie eine Cruising Area. Das feuchte Gras, der Schein der Laternen von der Straße gleich nebenan, nicht unweit von dem Hotel, wo ich sonst immer übernachtet habe. Wir haben so viele Stunden in diesem Hotel verbracht.

Wieder zurück am Auto im Schein neben der Zapfsäule, noch einmal um das Auto herumspringen, ich habe den Eimer mit dem Scheibenwischwasser entdeckt. Zu merkwürdige Gestalten geistern hier durch die Nacht. Weiter auf die zweispurige Schnellstraße. Weiter auf die dreispurige Autobahn. Gewitter am Horizont, zuckende Blitze in den Wolken weit entfernt. Meine Fahrt bleibt trocken, nur die Gischt der nassen Straße auf meiner Scheibe, wenn ich mich an die vereinzelt und langsam fahrenden Autos heranpirsche, Verkehr ist nur auf der Gegenfahrbahn, die endlose Kette an LKWs.

Ich fahre meine hundertdreißig mit Tempomat. Im Autoradio auf dezenter Lautstärke eine andere deutsche Goth- und Punkband, schon in zweiter Wiederholung. Gedanken … warum renne ich vor ihm weg? Warum renne ich vor jedem weg! Ich muss hässlich sein, meine Theorie, wie und warum ich auf Festivals, Konzerten und Diskos niemals angesprochen werde – und all die Männer, die es doch tun, so viele waren es gar nicht in meinem Leben, sie müssen sich geirrt haben, das hätte gar nicht passieren dürfen. Niemand interessiert sich für mich, ich gehöre zu den „hässlichen“ Menschen. Ich baue mir mein Vermeidungs-Konstrukt zusammen. Das, was ich im Spiegel sehe und das, was andere sehen, sind zwei vollkommen unterschiedliche Bilder! OK … das, was ich von mir im Spiegel sehe, das ist mein inneres Ich, eigentlich … ganz hübsch, so wie ich innen bin, meine Seele und wie ich zu den zehn Prozent auf dieser Erde lebenden, niemals böswilligen und naiven Menschen gehöre, aber mein äußeres Ich, mein Erscheinungsbild? Nur einmal habe ich mich in einer dunklen Disko in einem großen Spiegel nicht selbst erkannt.

Die Viertelstunde vor der vollen Stunde, ich schalte den Tempomat aus, ich verlasse die Autobahn, sie hört einfach auf. Kurz vor zwei Uhr, ich biege ein in die Einfahrt kurz vor meiner Garage irgendwo in einem Provinzkaff in Sachsen-Anhalt. Aussteigen, meine Jacke schnappen, meinen Einkauf und meinen „Übernachtungsbeutel“ aus dem Kofferraum holen. Garagentor über die Funkfernbedienung am Autoschlüsselbund schließen. Das Hoftor aufschließen, die Haustür öffnen, „Schleich, schleich, schleich“, leise säuselnd, der Hund bellt nicht, Eltern weiter schlafen lassen. Hoch zu meiner Wohnung. Wieder alles auf meine Couch im Wohnzimmer werfen. Kurz ins Bad, die Abschminktücher … ich sehe furchtbar aus. Das aufgepinselte Make-up, viele Stunden zurück in dem dunklen Auto, ist katastrophal ausgefallen. Merken, niemals im dunklen Auto im winzigen Kosmetikspiegel der Blende überhastet ein Make-up dahinpfuschen. Abgeschminkt mit dem Rest Hauch Kajal in den Wimpern sieht immer besser aus. Alle Fenster öffnen, kurz runterkühlen, mit Ohropax dann kurz nach 2:30 Uhr schlafen legen. Ich schlafe mit angekippten Fenster, das macht sich besser mit der verstopften Nase. Straßenlärm rechts (vorbeiziehende LKWs), Fabriklärm links (Agrar-Futterfabrik auf Turbo-Lärmstufe).

Den Sonnabendmorgen, mein erster Griff geht zu meinem Smartphone neben meinem Bett, er hat mir keine weitere Nachricht geschrieben. Aber meine Arbeitskollegin, wir haben uns mal über unsere Beziehungsprobleme unterhalten und wie wir das so definieren. Für meinen besonderen Fall gibt es ein paar englische Begriffe: Casual Arrangement und Emotional Ghost … letzteres trifft es eigentlich genau. Aber ich bin mir nicht so sicher, wer von uns beiden, er oder ich, der Geist ist. Wir fliehen beide voneinander und kommen trotzdem mehr als zehn Jahre später nicht voneinander los.

Ich stehe auf, eigentlich ist es schon Mittag. Meinen Kram zusammenräumen, meinen neu gekauften BH anprobieren und mit meinen anderen BHs vergleichen … eigentlich ist er zu eng, ich hätte doch den in einer Nummer größer kaufen sollen, er ist kleiner, als alle meine anderen BHs und genauso eng, wie der eingelaufene BH, den dieser ersetzen soll. In Leipzig gekauft in einer Kette an Unterwäscheläden, wie sie in ganz Deutschland in den unterschiedlichsten Großstädten existieren. Auch in Magdeburg. Kurz entschlossen fahre ich den Nachmittag in diese Filiale in dem örtlichen Einkaufszentrum (ja, das mit der Arztpraxis) und tausche ihn dort anstandslos um. Es ist kein Problem, die resolute Verkäufern scannt den Barcode auf der Quittung ein, greift in eine Schublade, zaubert den exakt selben BH in einer Nummer größer heraus und ich kann glücklich und zufrieden wieder gehen. Noch ein Eis und einen Kaffee draußen in der Eisdiele mit dem Springbrunnen und der im Kreis schwimmenden Ente und dann wieder zurück nach Hause, meinen Einkaufsbeutel mit dem BH auf meiner Couch ablegen und mich darüber freuen, als hätte ich nie einen Fehlkauf getätigt, als hätte ich die ganze Zeit schon den BH in der passenden Größe gehabt. Alle Chatnachrichten mit meinem Freund sind auf sieben Tage eingestellt, dann verschwinden sie wieder … als hätten sie nie existiert, als wären sie nie geschrieben worden.

[01.05.25 / 01:02] Nach zwei Monaten Arbeit, die ganzen Nächte durchprogrammiert und das Cascading-Stylesheet hin und her geschubst: das neue Design ist online. Die Release-Version meines Content-Managing-Systems springt von "2018" auf "2025" … so viele Jahre habe ich da nicht mehr so umfangreich herumgebastelt (nur Bugfixes). Hoffentlich existiert mein Konto und Repository bei GitHub noch … ?

[21.04.25 / 02:52] Die Arbeit an einem neuen Stylesheet für meine Internetseite ist doch umfangreicher, als gedacht … es zieht sich hin, schon seit anderthalb Monaten. Absätze mit Texteinrückung, gleich ein neues, dreispaltiges Layout, vielleicht noch mit einem Bereich für das neuste Bild und die neuste Galerie? Anpassungen am Quellcode, neue Datenbankabfragen, das Design macht einen Sprung von 2011 auf 2015. Und dann noch die responsiven Media-Queries … noch einmal zehn bis elf komplett neu aufgearbeitete Cascading-Stylesheets.

Schlaflose Nächte die letzten Wochenenden. Es fällt komplett herunter, dass ich auch noch ein anderes Leben, als das vor dem Computer, habe. Die Touren mit den Arbeitskollegen nach Thale und nach Wernigerode, Ende März und Anfang April. Die anderen Arbeitskollegen planen auch schon wieder eine Motorradtour in den Harz … schlimm, kauft sich einer einen neuen Helm, muss ich auch gleich nachziehen und einen Nachfolger für meinen 18 Jahre alten Jethelm im Internetshop des örtlichen Motorradzubehörhändlers bestellen (es wird ein schicker Carbon-Klapphelm).

Wenigstens für das Motorrad in der Garage bleibt an diesem arbeitsreichen Osterwochenende noch eine kleine Pause – es springt problemlos nach der Winterpause an … den Trick mit dem Super-Plus-Benzin im Tank die lange Standzeit, muss ich mir merken.

Kalender ist voll: Gothic-Festivals, Biker-Treffen, noch mehr Touren.

[31.03.25 / 22:09] „Transgender Day of Visibility“ – und ich habe das Gefühl, ich bin unsichtbarer als jemals zuvor.

Die Regenbogen-Emojis sind weg, die Regenbogenflagge hinten an meinem Auto ist weg. In den Nachrichten wird auch nicht mehr davon berichtet, ich spüre, die ganze Welt nimmt Abstand von dem „Trans-Wahnsinn“. Schön für mich, schön für uns. Aus der Schusslinie verschwinden, nicht auffallen. Ein normales Leben leben … Endlich Rentenversicherungsbriefe bekommen, die mich wieder als „Frau“ adressieren!

[14.03.25 / 21:26] Deep Stealth … es hat nur wenige Sekunden gedauert, ein paar Klicks in dem Profil auf der Porno-Seite und die vier Teile meines vor zwei Jahren hochgeladenen Amateur-Erotik-Filmchens sind komplett verschwunden. Noch ein paar weitere Änderungen in dem Profil, Texte entschärfen, Texte löschen, das Thema trans nicht mehr erwähnen, nur das Geschlecht „transsexuell“, das ich bei der Anmeldung mal angegeben habe, ist fest und nicht veränderbar. Ich werde das Profil nicht mehr lange halten und in nächster Zeit komplett löschen. Bis dahin kann ich da noch zwei Friedhofsbilder von mir als „Gothic Girl“ für Zehn Cent verkaufen.

Das Video von mir, in dem ich mich auf meiner Leopardendecke im dunklen Schein der Nachttischlampe räkele, ich konnte tatsächlich jeden der vier Teile je ein oder zweimal verkaufen, aber die Auszahlgrenze von 50 Euro habe ich nie erreicht. Dafür haben sich einfach viel zu wenige für meine Inhalte interessiert, so alle paar Monate vielleicht einer.

Mein Experiment, ich hatte da so eine Theorie: Wieso werde ich in Bars und Diskotheken, wenn ich die Nacht ausgehe, so selten von Männern angesprochen, bin ich vielleicht zu hübsch und die trauen sich nicht? Oder bin ich einfach wirklich zu unattraktiv und uninteressant? Finde es heraus … Ich stelle ein Porno-Video von mir online ins Internet, auf einer Porno-Seite – jeder Mann kann dort ohne Angst draufklicken, das Hemmnis, mich anzusprechen, ist vollkommen eliminiert!

Niemand klickt die Videos an. Ein vernichtendes Fazit. Ich muss vollkommen unattraktiv und uninteressant sein. Ich bin in etwa so attraktiv, wie eine Badfliese, hübsch anzusehen, aber hat mit Sex überhaupt nichts zu tun. Damit kann ich mir gleich, wie jeden Abend, dieselben bestätigenden Blicke im Badezimmerspiegel zuwerfen. Ich entferne mich immer weiter von den Gedanken, Sex und Beziehungsmomente in meinem Leben einzubauen.

Die letzten beiden Männer haben einfach zu viele Fragen in die Richtung gestellt und einen Verdacht aufkommen lassen. Meine Tarnung gebe ich nicht auf, bevor es kritisch wird, verschwinde ich einfach, antworte nicht mehr auf ihre Textnachrichten, treffe sie nicht mehr. Deep Stealth zermürbt. Deep Stealth ist eine harte Entscheidung. Ein einsames Leben.

[14.03.25 / 21:25] Meine Idee, komplett auf „Deep Stealth“ zu gehen und was ich lange mit mir herumgeschleppt habe: die Sozialversicherungsnummer – die Versicherungsnummer für die Rentenversicherung, das Zahlenkürzel ganz hinten, es stand noch auf „männlich“ kodiert. Meine Bedenken, die mich bis jetzt davon abhielten: wenn ich die Nummer ändern lasse, verschwinden dann alle meine eingezahlten Beiträge und ich fange ich dann wieder bei Null an? Eigentlich unwahrscheinlich, aber die ganzen Jahre, nach 2016, habe ich mich nicht getraut, einen Antrag zu stellen.

Jetzt muss es sein, das Umgebungsfeld wird ungemütlicher, ich lebe mitten im Osten – das ist „A#D-Kernland“. Alles, was irgendwie noch darauf hin deutet, dass ich trans sein könnte, muss verschwinden. Die genannte Nummer, die nie getauschten Diplomurkunden (die nie einer sehen wollte) und alle Regenbogenflaggen und -emojis, die ich überall im Internet in diversen sozialen Profilen und Chatgruppen hinterlassen habe. Ich fange mit der Versicherungsnummer an, damit auf Arbeit, oben in der Etage bei der HR, niemand auch nur auf den Gedanken kommen könnte, irgendetwas zu fragen oder anzudeuten … Gerüchte verbreiten sich auf die Großraumbüros eine Etage tiefer.

Meine erste Anfrage auf Nummernänderung mache ich in einem Kontakt-Formularfeld auf der Internetseite der Rentenversicherung, das erstbeste Eingabefeld, das ich finden konnte … ob die HTML-Posts auf der anderen Seite überhaupt jemand liest? Den Text, den ich da hineingetippt habe, er klingt wie von einer Verrückten geschrieben, irgendetwas mit „Namens- und Geschlechtsänderung“. Ein Mausklick, keine Bestätigung, nichts. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt den richtigen Button zum Absenden gedrückt habe.

Warten … eine Woche später, ich stöbere noch einmal auf der Seite der Rentenversicherung nach anderen Formularfeldern, dieses Mal finde ich etwas, was mir mehr verspricht, eine Unterseite, bei der ich Anfragen ohne Anträge stellen kann. Ich schreibe einen neuen Text, kurz und präzise. In einem Feld muss ich meine alte Nummer eingeben, damit meine Anfrage mir auch zugeordnet werden kann, dafür bekomme ich auch eine automatische Bestätigungs-Mail nach dem Absenden. Mit Erfolg, kurz darauf wird mir in einer weiteren Antwort-Mail mitgeteilt, ich soll meinen alten Beschluss zur Vornamens- und Personenstandänderung noch mit hochladen (den hattet ihr doch 2016 oder 2017 schon), alles weitere wird dann bearbeitet.

Eine weitere Woche später, mein neuer Versicherungsnachweis kommt als Brief bei mir an. Gespannt reiße ich das Kuvert auf und ziehe das Papier heraus: das Zahlenkürzel der Nummer deutet jetzt endlich auf „weiblich“ – und ich habe den ersten Buchstaben von meinem Geburtsnamen ändern lassen, den von der allerersten Geburtsurkunde (ich habe drei) … für meine Legende, warum ich meine Versicherungsnummer habe ändern lassen: „Damit niemand mitbekommt, dass ich adoptiert bin.“ Schön ablenken, von dem eigentlichen Grund (das Zahlenkürzel).

Deep Stealth … was macht das mit mir? Keine Regenbogenfahnen mehr, keine Transgender-Flaggen mehr, von allem Abstand nehmen, was mich kompromittieren könnte. Mittlerweile zehn Jahre an Hormone, mein Stimmtraining jeden Morgen im Auto auf dem Weg zur Arbeit. Dort werde ich von den weiblichen Kolleginnen schon mit in die Gespräche hineingezogen, wie meine „Periode“ den so war. Ja, die Schmerztabletten nehme ich auch … und die Slipeinlagen liegen auch bei mir im Badschrank herum, falls mal wieder eine süffende Entzündung dort unten in der Harnröhre ist. Selbst der YouTube-Algorithmus will mir Damenprodukte für die Monatsblutung verkaufen und ist überzeugt davon, dass ich durch und durch eine Bio-Cis-Frau bin. Eigentlich ein ganz guter Start … würde es mir nicht so schwer fallen, mich von meiner 2SpiritsLGBTQIA+-Identität zu trennen.

[10.03.25 / 23:12] Mit dem Zug über Magdeburg und Dresden, nach Prag. Das Wochenende mit dem internationalen Frauentag im März. Donnerstagabend angekommen, den kurzen Weg vom Prager Hauptbahnhof, die Innenstadt, zum Hotel. Unser ursprünglich gebuchtes Zimmer zur Straßenseite, mit der großen Aussicht auf die prachtvolle Allee, bekommen wir nicht, unser neues Zimmer ist das den dritten Turm, bzw. zweiter Hinterhof, ganz oben, letzte und sechste Etage, mit Ausblick auf die Rückseite … so ganz unglücklich sind wir damit nicht. Auf der anderen Seite, die mit der Allee, dort wird gebaut – und unser „Pent House“ hat eine riesige Terrasse mit wunderschönem (und ruhigem) Ausblick auf die Dächer von Prag und die Altstadt mit ihren vielen Kirchtürmen. So gut schlafe ich sonst nicht in einem Hotel.

Freitag, nur zwei volle Tage sind für diese Reise gebucht, ein straffes Programm. Den entspannten Morgen nach dem üppigen Frühstück unten im Hotel, geht es mit einem Faltplan bewaffnet, auf die erste Erkundungstour in die nicht unweit gelegene Prager Altstadt. Der Weg ist von der Rezeptionistin aufgekritzelt: gleich rechts, dann wieder links und nach wenigen Gehminuten, da muss es sein, das Mucha-Museum.

Wunderschöne Art déco und Jugendstilbilder, der sehr mondäne und tschechische Künstler aus der Jahrhundertwende trifft unsere Emotionen. Ich kann mich in der kleinen Ausstellung gar nicht satt sehen. Die Reklamebilder, die Schrift fällt mir ins Auge – genau diese Art von Jugendstil-Schrift habe ich – ohne es zu wissen – vor Jahren schon für meine Website verwendet (ich baue gerade an einem neuen Stylesheet).

Weiter in den Museumsshop, das eine oder das andere Wandbild? Ich kann mich nicht entscheiden … keines der beiden wird wohl an meine purpur-violette Wand in meinem Wohnzimmer passen (außer vielleicht das in Mint, aber das weiß ich nicht). Ich kaufe nur zwei Magneten, für die Kunstgalerie am Kühlschrank … zwei gleiche Motive, eines als Leihgabe an die kunstinteressierte Verwandtschaft. Meine Begleitung lässt wesentlich mehr Geld an der Museumsshop-Kasse.

Weiter den späten Vormittag, zu der Astronomischen Uhr – die mit dem Sensenmann, der die Glocke läutet, der zweitwichtigste Punkt auf meiner Liste, was ich alles in Prag sehen will. Auf dem zentralen Platz angekommen, ich reihe mich ein, in die immer umfangreicher werdenden Touristenmassen … ich zücke mein Smartphone … gleich schlägt es elf Uhr. Ich mache schon vorher Probeaufnahmen. Meine Begleitung, die schon mindestens dreimal in Prag war, sitzt währenddessen weiter hinten und trinkt einen Cappuccino in dem sauteuren Café.

Weiter durch die Innenstadt … ganz Prag ist ein einziger Souveniershop. Wir haben es vorher gewusst, auf was wir uns da einlassen. Aber so extrem? Freitag, ganz früher Nachmittag, es hält sich mit dem Touristenstrom noch in Grenzen. Mehrere Souvenirläden gehen wir durch, die Verwandtschaft möchte beschenkt werden. Ich hätte ja auch gerne so eine Tasse für mich, die mit dem „kleinen Maulwurf“, in einigen Motiven sind auch alle seine Freunde mit dabei, Hase, Maus und Igel … aber die (wahrscheinlich in riesiger Menge in Fernost hergestellten) Tassen gibt es nur in Kindergröße. Alle Souvenirläden haben die. Als Kaffeepott für erwachsene Kinder gibt es die nicht.

Von Laden zu Laden, „Antikwaren“, Kosmetik, Glas – wir nähern uns der Brücke. Der Touristenstrom wird zahlreicher, wir verlaufen uns dennoch, auf der Suche nach einer nicht ganz so frequentierten Seitengasse. Das Smartphone wird allerhöchstens zur Lokalisation verwendet, wir vertrauen weiter „oldschool“ unseren Faltplänen.

Die große Karlsbrücke erreichen wir, aber rübergehen tun wir noch nicht, das sparen wir uns für morgen auf. Ein Foto vom Rand, mit Blick auf die Brücke und die Moldau. Wir gehen weiter ins jüdische Viertel.

Alter Jüdischer Friedhof, Prag

Zu Hause habe ich mir schon überlegt, was will ich mir alles ansehen. Fahre ich alleine nach Prag, auf jeden Fall den großen, neuen jüdischen Friedhof. Der muss so schön sein, wie der in Wien, oder der Südfriedhof in Leipzig, mit den Jugendstilgräbern. Ich bin aber nicht alleine unterwegs, ich bin in Begleitung (oder ich bin die Begleitung) – für mich gibt es auf diesem zweitägigen Kurztrip nur den Besuch des alten jüdischen Friedhofs. Nett … Synagoge und Friedhof sind eingezäunt und nur über eine Kasse erreichbar, hält gleich die ganzen Sauf- und Eventtouristen ab. Tatsächlich verbringe ich unendlich viel Zeit zwischen den Grabsteinen und mache den Nachmittag unzählig viele Fotos. „Efeu! Wie hübsch! Sonnenstrahlen, der leichte Nebeldunst.“ Zurück zu Hause muss ich unbedingt alles in Schwarz-Weiß färben. Außer mir hat sich auf diesen Friedhof nur eine jüdisch-orthodoxe Reisegruppe eingefunden, wahrscheinlich aus den USA … wahrscheinlich New York. [Mehr Bilder in der Galerie.]

Die eine Synagoge am Friedhof war noch ganz interessant. Viele Namen als Inschriften, der in den Konzentrationslager Verstorbenen. Ich suche die alphabetisch sortierten Nachnamen ab, nichts, was irgendwie auf die eigene Familie zurückführen könnte, da ist niemand jüdisch … nur so alte Schwarz-Weiß-Fotos mit Männern in Uniform, im besten Fall tragisch und jung gefallene Wehrmachtsoldaten, hier und da ein paar eingeheiratete Bonzen mit Hakenkreuzbinde am Arm. Puh … Ich bin das schwarze Schaf, antifaschistisch … und als trans Frau wäre ich damals gleich als erste mit „abgemurkst“. Wenn es nicht gerade so beschissen wäre, mit dem Erstarken des neuem Faschismus in Europa … dieselbe Scheiße fängt wieder von vorne an. Ich gehe auf jeden Fall als erste ins Exil, die vielen toten Juden um mich herum mahnen mich.

Eine weitere Synagoge, über die paar Straßenzüge des alten jüdischen Ghettos, zurück zum Zentrum der Prager Altstadt. Wieder der Uhrenturm als Wegpunkt. Ein Kaffee irgendwo, ein Stück Kuchen. Nicht da, wo die Touristen sitzen, immer ein paar Meter entfernt auf versteckten Innenhöfen.

Abendessen gleich unweit zurück am Hotel. Mein Outfit für diesen Trip habe ich lange überlegt: das schwarze, langärmelige Kleid, das ich eigentlich das letzte, ausgefallene Konzert trage wollte, die superbequeme, schwarze Yogahose und meinen anthrazit-grau-schwarzen „Kuschelmantel“ – das olivgrüne Innenfutter, auch „Übergangsjacke“ genannt, ziehe ich auf dem Weg zum Restaurant gleich mit an … nach Sonnenuntergang wird es spürbar kühler die frühen Märztage.

Ein tschechisches Restaurant, mit Knödeln und Fleisch. „What's inside this? Is it pig or ham? No pork please.“ Es wird schwierig, aber sie haben auch Rind ohne Schweinespeck. Ich esse alle Tiere, außer Schwein, die sind dem Menschen zu ähnlich (auch nicht Elefanten, oder Delfine, oder Gorillas, vielleicht noch nicht einmal Hunde und Katzen … aber Kuh ist OK). Begraben unter einer riesigen Schicht an Senfsoße, zweierlei Knödel, Meerrettich und bittere Beerenmarmelade, nur der riesen Eisbecher als Nachtisch war vielleicht etwas zu viel. Zurück auf das Hotelzimmer, die Nacht werde ich nicht ruhig schlafen, der Magen muss arbeiten.

Der Sonnabend, der achte März, der Frauentag. Wieder ein üppiges Hotelfrühstück, Brötchen, Croissants, Pfannkuchen, Obst und Obstsalat, Joghurt, Kaffee und Fruchtsaft. Die italienische Reisegruppe, die den letzten Vormittag zuvor den Kaffeeautomaten in Beschlag genommen hat, ist immer noch da. Ich würde doch niemals auf die Idee kommen, „Filterkaffee“ trinken zu wollen.

Wieder raus in die Prager Altstadt, Faltplan und Smartphone, orientiert an den paar einzelnen Sehenswürdigkeiten. Unser Ziel für heute: die Karlsbrücke und die große Burg dahinter, die wir von unserer Hotelzimmerterrasse nicht sehen können. Der Besucherstrom, man merkt es an, es ist Wochenende und schönstes Wetter, alle Einheimischen machen genau das und besuchen Prag. Hier und da ein paar deutsche, englische, spanische und italienische Stimmen. Wenig später, oben auf der Brücke … Menschen, voller Menschen, ich kann die Brücke schon gar nicht mehr sehen. Aber ich bin optimistisch, es ist kurz nach zehn Uhr den späten Vormittag – garantiert werden wenige Stunden später noch viel, viel mehr Menschen kommen (was auch so passieren wird). Selfies mache ich keine. Hier und da gelingt mir ein Foto ohne Menschen. Für ein schönes Motiv muss ich später in einem Souvenierladen eine historische Postkarte suchen.

Weiter den anderen Teil der Altstadt, den auf der anderen Seite der Moldau hinauf, zu der großen Burganlage. Folgen wir dem Touristenstrom? Wo gehen die überhaupt hin? Die Faltkarte zeigt ganz klar die kleine Seitengasse rechts. Wenig später stoßen wir auf die Treppe mit den über zweihundert Stufen den Berg hinauf, parallel der großen Mauer der gewaltigen Anlage. Verschnaufpausen bilden interessante Fotomotive zurück.

Ganz oben angekommen, wo ist der beste Punkt mit der besten Aussicht? Weit über Prag, der beste Selfie-Hot-Spot? Ich reiß mich zusammen, der Dunst und die Mittagssonne bilden sowieso keinen schönen Hintergrund. Ganz weit unten, die Karlsbrücke, von der wir gekommen sind. Die vielen Menschen darauf bewegen sich fast gar nicht.

Auf der Burg- und Schlossanlage war früher mal die tschechische Regierung, noch viel früher, die Regenten. Eine große Kathedrale in der Mitte. Das Eintrittsticket gilt auch noch für ein paar umliegende Sehenswürdigkeiten. Auch wieder: alles, was Eintritt kostet, hält auch gleich wieder ein paar Touristen ab. Die große Kathedrale ist dennoch gut gefüllt.

Sitzbänke sind alle abgesperrt, ein Rundgang, riesige Deckenbauten, schon ein sehr beeindruckender, gotischer Sakralbau. Alle Apostel irgendwo an den hohen Fenstergläsern, noch mehr Heilige. Wie das wohl auf die ganzen asiatischen Reisegruppen wirkt? Ich erkunde die Kathedrale für mich alleine, meine Begleitung kommt erste gegen Ende mit dazu.

Wieder draußen, der nächste romanische Sakralbau, ganz interessante Deckenfresken. Noch viel interessanter wird es in der kleinen „Handwerkergasse“, man merkt es, die deutsche Sprache ist hier nicht fremd, das war alles mal irgendwie Österreich-Ungarn, ein Viel-Völker-Gemisch. Winzige Häuschen, mit winzigen Zimmern hübsch eingerichtet. Wir verlaufen hier so viel Zeit, es kommen immer mehr Besuchermassen hinzu. Spät nach Mittag, wieder hinaus, auf die Burganlage, weitere Panoramablicke … endlich Zeit für Sonnencreme für mich, und wieder hinunter zur Altstadt diesseits der Moldau. Wir nehmen den langen Weg über die Kopfsteinpflasterstraßen.

Mittagessen irgendwo in einer Pizzeria mit Balkonterrasse … es war für einen Moment so schön ruhig, bis eine spanische Großfamilie mit Kind und Kegel die Pizzeria in Beschlag genommen hatte. Früher Nachmittag, auch draußen wird es unangenehm voll.

Das kleine Kunstkaffee unten nicht unweit dem Eingang zur Brücke, alles, was die Touristen nicht sehen können, auch wenn es nur wenige Meter auf einem Innenhof verborgen liegt, ist nahezu leer! Winzige Ruheoasen. Veganer Kuchen und schaumig aufgeschlagener, grüner Matcha-Tee. Jeder Innenhof mit Schatten ist bei diesem sonnigen Frühlingswetter aber auch arschkalt. Ich trage durchgehend meinen Wollmantel, die kleine, schwarze Handtasche hält mit ihrem Gurt alles zusammen.

Wieder zurück auf die Brücke, zurück auf die andere Seite von Prag, die mit der Altstadt, den Hotels, den imposanten Jugendstilgebäuden. Hinwärts sind mir schon ein paar Art-déco-Säulen aufgefallen, die Paläste der Banken, die Paläste der Hotels, mit Restaurants, Cafés und Tanzkellern. Diese Stadt ist es wert, ein zweites Mal besucht zu werden, mit einer Tour durch all die architektonischen Juwelen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Eine weitere Einkaufstour, Kosmetik und Accessoires … entweder dieser späte Nachmittag oder den zuvor, meine Handtasche ist von Coccinelle – die erste hatte ich in Rom gekauft, die zweite in Florenz. Der kleine Laden hier in Prag, nur durch Zufall daran vorbeigelaufen, ich kann dem Markennamen nicht widerstehen. „Lass uns reingehen …“ Das kleine, flache Portemonnaie, das optisch perfekt zu meiner Handtasche passt, das muss es sein. Das Kaufhaus in Leipzig hat die auch, immer wieder schlich ich daran vorbei … Kaufe ich sie mir? Hier in dem Laden muss es passieren, ich habe meine Prepaid-Kreditkarte mit 250 Euro aufgeladen, ich tippe meine Geheimnummer in das Bezahlterminal an der Kasse. Endlich eine kleine Kartentasche, für die Innentasche, damit die Bank- und Kreditkarten nicht so unsortiert umher purzeln (tatsächlich gibt es auf Arbeit eine Kollegin, die auch eine Vorliebe für Taschen von Coccinelle hat, ich muss mit ihr konkurrieren und deshalb ein halbes Vermögen dafür ausgeben). Weiter draußen in der beginnenden Dämmerung, die nächsten Läden … für die Strickjacke im dreistelligen Preissegment war von Anfang an nicht genug Geld auf der Kreditkarte angelegt … das mit dem „Aufladen“ soll mich auch gewollt vor weiteren „Spontankäufen“ schützen.

Wieder zurück im Hotel, der Sonnenuntergang auf der Dachterrasse. Wohin dann später? Ausgehen? Eher nicht, das ist doch die letzte Nacht und morgen elf Uhr ist schon Check-out. Vielleicht einfach nur ein Bistro oder einen Döner-Kebab suchen und eine Kleinigkeit essen. Kurz nach 19 Uhr, wieder draußen, die Allee hinauf zum Wenzel – dann wieder hinab, Umdrehen, den gleichen Weg auf der anderen Straßenseite zurück … selbes wiederholt sich. Wir laufen gefühlt mehrere Kilometer, nach dem ganzen Tagesmarsch. Wir wollen keine neumodischen Fast-Food-Restaurantketten, keine Selbstbestell- und Bezahlterminals, die gerade mal nur einen Schlitz für eine Plastekarte haben. Wir wollen einfach nur mit unseren Münzen über einen Tresen greifen und ein Brot oder Sandwich in einer Papiertüte in Empfang nehmen. Hier vollkommen unmöglich. Zu jugendlich, zu modern. Irgendwo in einer Seitenstraße ist noch ein vietnamesisches Bistro, in dem wir mit unserer verschrobenen, altmodischen Art nicht auf ein Befremden stoßen.

Weiter dann wieder zurück den späten Abend auf das Hotelzimmer. Diesen Tag habe ich nur vegan und vegetarisch gegessen, meinem Körper eine Pause geben.

Der nächste Tag, der Sonntag. Der Abreisetag. Wir hätten noch etwas unternehmen können, wir hätten noch einmal eine Tour durch die Prager Altstadt machen können, stattdessen nur ein weiteres, üppiges Frühstück (muss für den ganzen Tag reichen) und Entspannen auf der Sonnenseite der Dachterrasse … die da drüben hatten den letzten Nachmittag noch einen Jacuzzi. Check-out ist dann ganz knapp vor elf Uhr. Nichts im Zimmer vergessen, alles was ich die zwei Tage mit An- und Abreise brauchte, befindet sich in meiner kleinen Sporttasche, die in dem fetzigen, olivgrün-orangen Camouflage-Muster.

Den Weg zurück zum Hauptbahnhof, wenigstens den will ich mir noch einmal ansehen. Auf der Hinreise habe ich mit einem Blick nach oben auf der Rolltreppe schon gesehen, dieser Bahnhof hat auch einen sehenswerten, historischen Teil im Jugendstil. Das ganze Untergeschoss, frequentiert von den Massen an Reisenden dieser Zeit, kam erst viel später dazu. Oben die alten Wartehallen, mit Blick durch die Fenster auf die einfahrenden Züge und Bahnsteige, ein nettes Café, etwas teuer, die winzige Tasse Cappuccino, aber um die Zeit, auf den Zug zurück nach Dresden (und das Elbsandsteingebirge) um halb eins den Sonntagmittag zu warten, schon OK. Große Wartehallen mit viel Dekor … so wie der in Leipzig, selbe Epoche, ähnlicher Stil. Stunden später, den Abend, wieder zurück.

[22.02.25 / 22:40] Nachtrag, zwei Wochen später, ein weiteres Konzert in Leipzig. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, ich war mit ihm im Austausch von Chat-Nachrichten, er hätte mir ein Zimmer angeboten, seine alte Wohnung, untervermietet an einen Bekannten … zwei Männer, gleichzeitig? Das Konzert selber, mit anschließender Gothic-Disco, mein schwarzes Kleid, die Stiefel, die Nacht durchtanzen, den Morgen mit ihm verbringen. Und dann wurde ich den Anfang der Woche vor diesem Freitag krank. Mist, verdammte Erkältung. Konzertticket wieder zurückgeben … ein neuer Käufer oder Käuferin findet sich und kauft mir das Ticket im Online-Shop ab, um 0:35 die Nacht von Donnerstag auf Freitag, viel Spaß damit.

[16.02.25 / 20:19] Eine Woche später, der „Winter-CSD“ in Magdeburg. Eine bundesweite Demo, in über fünfzig Städten in Deutschland verteilt, symbolisch den Sonnabend vor der vorgezogenen Wahl, um „11:55 Uhr“. Die Prognosen lassen nichts Gutes erahnen, konservative Parteien und Faschisten in der Mehrheit. In Österreich ist genau dasselbe passiert, die Koalition scheiterte nur an ihrer eigenen Machtgeilheit. Für Deutschland, das sich mitten im Gefüge des weltweiten Abbaus an Schutz und Rechten für die LGBTQIA+-Gemeinde positioniert, sieht die bevorstehende Zukunft düster aus. Das neue Selbstbestimmungsgesetz – gerade mal ein paar Monate alt und für so viele aus meinem eigenen Umfeld überlebenswichtig – soll wieder abgeschafft werden. Reine Wahlkampfpolemik, ein so rechtmäßig etabliertes Gesetz kann nicht so einfach abgeschafft werden, dafür müsste erst wieder ein neues Gesetz über mehrere Jahre den Weg der ordentlichen Gesetzgebung antreten. Die Wähler springen darauf an, weg damit, „Transen“ mag eh keiner.

Die letzten Jahre, die Angriffe der Rechten auf die CSDs, die letzten Monate und Wochen, die Angriffe und Attacken auf Menschenansammlungen und Demos, werden überhaupt noch Menschen an CSDs teilnehmen und für den Erhalt ihrer Rechte kämpfen? Ich erwarte weniger Menschen, bin aber selbst da.

Kurz vor Mittag am Bahnhof in Magdeburg angekommen, viel ist noch nicht los. Ein paar kleine Stände werden aufgebaut, ich gehe die nächste Viertelstunde noch rüber in das Einkaufszentrum, Schuhe angucken.

Wieder zurück, etwas mehr haben sich versammelt. Die Organisatoren des CSDs eröffnen die Veranstaltung und betonen über die Lautsprecher der kleinen Bühne wie wichtig es ist, das nächste Wochenende wählen zu gehen. Der Schock der Europawahl vom letzten Sommer sitzt noch tief, auch da hat das mit dem Wählen so nicht wirklich funktioniert. Jetzt, ein halbes Jahr später, sieht es noch viel schlimmer aus. Meine Hoffnung ist, dass die etablierten Parteien sich noch einmal zusammenreißen und ein Bollwerk gegen die ganze menschenfeindliche Ideologie der Faschisten errichten.

Die Demo beginnt wenig später um 13 Uhr, viele sind wirklich nicht gekommen, der kleine „Streichelzoo“, in Regenbogenfahnen gehüllten Optimisten, zieht unter massivem Polizeischutz durch die verlassen wirkende Magdeburger Innenstadt. Der letzte Auto-Anschlag auf eine Demo irgendwo anders in Deutschland ist nur wenige Stunden oder Tage her, mein Mindset ist ein anderes. Die vielen Demos früher war ich ausgelassen und fröhlich, tanzend hinter den großen Trucks, diese Demo hier ist anders, stiller, vorsichtig. Als trans Frau habe ich ein natürliches Stress-Level und bewege mich in jeder Situation so, als würde ich gleich angegriffen werden. Die Polizisten links und rechts um die kleine Demo herum, in ihren schwarzen Uniformen, sichern alles ab, blicken überall hin. Jede Kreuzung ist mit mindestens einem Polizeifahrzeug blockiert, um Autos abzuhalten, in die Menge zu fahren. Meine Schritte, meine Bewegung, meine Blicke, rechts und links, sie unterscheiden sich nicht von meiner Zeit als Soldatin, ich bin im Gefechtsmodus … meine Schnürstiefel, mein Mantel, mein schwarzes Barett sind mein Feldanzug. Andere Ordner des CSD sehen noch viel martialischer aus und unterscheiden sich mit ihrer taktischen Kleidung kaum noch von den Polizeikräften. Wären wir in den USA, wären sie auch noch mit halbautomatischen Sturmgewehren bewaffnet. Den Schutz der Drag Queens verpflichtet.

Drag Queens gibt es auf diesem kleinen CSD dann später auch … später den späten Nachmittag, die Sonne geht schon hinter dem Bahnhofsgebäude unter und es wird spürbar kälter auf dem Vorplatz mit der Straßenbahnhaltestelle. Außer mir halten es gefühlt noch fünfzig Personen aus – aber die beiden Drag Queens, sie geben so viel und bedeuten so viel für die queere Gemeinschaft, vielleicht bin ich als trans Frau aber auch stark objektivistisch (weil selbst mit männlichen und weiblichen Anteilen).

17 Uhr nochwas, die Kundgebung ist beendet, zurück die Mittagszeit mit dem großen Gruppenfoto vor dem Landtag, waren wir noch viele, jetzt zerstreut sich alles in die Unsichtbarkeit. Mein Weg führt mich zu der italienischen Restaurantkette in dem anderen Einkaufszentrum, für eine Pizza an der Bartheke (die ich platzsparenderweise falte) und wieder zurück zum Hauptbahnhof kurz vor halb acht den Abend. Bombendrohung – der Regionalzug, in dem ich bereits sitze, sowie der gesamte Bahnhof wird evakuiert. Noch viel mehr Polizeikräfte erscheinen in ihren Polizeibullis auf dem Bahnhofsvorplatz und sperren den Eingang des Gebäudes großräumig mit Flatterband ab. „Endlich Action!“ Ich zücke mein Smartphone (wie nicht wenige) und beobachte interessiert das Treiben. Der Bombenspürhund ist das interessanteste. Noch anderthalb Stunden in der Kälte, das Einkaufszentrum gegenüber macht bereits die Lichter aus, aber ich lasse mir meinen erheiternden Optimismus nicht verderben. Auch wenn alles den Bach runtergeht, die Apokalypse droht, meinen Galgenhumor bekommt ihr nicht weg.

Fluchtpläne nach der Wahl? Ins Exil gehen? Was bleibt noch für ein Land in Europa? Auch wenn es beschissen klingt, Deutschland mit seiner „Ist mir doch egal, was du tust“-Mentalität, ist noch mit die am wenigsten beschissenste Option. Als trans Frau auf „deep stealth“ vorbereiten.

[16.02.25 / 20:18] Meine Präsentation vor dem großen Fernsehbildschirm im Büro auf Arbeit muss ich exakt um 15 Uhr abbrechen, die Kollegen im Software-Team waren sowieso schon im abschweifenden Dialog ohne mich. „Sonst verpasse ich noch meinen Zug in einer Stunde.“ Punkt 15 Uhr ist die Kernarbeitszeit den Freitagnachmittag zu Ende. Schnell zu meinem Auto auf dem Firmenparkplatz, schnell den Weg nach Hause – die dreißig Minuten habe ich die letzten Tage schon eingeübt. Die Sachen, die ich den Abend für das Konzert in Leipzig tragen will, habe ich schon an, nur die schwarz-graue Skinny-Jeans, die schwarze Kaschmir-Strickjacke und die absatzlosen 22-Loch-Schnürstiefel, dazu mein schwarz-grauer Mantel, das schwarze Wollbarett und die warmen, schwarzen Handschuhe. Es wird eisig kalt, das zweite Wochenende im Februar.

Ticket für das Konzert, schon lange vorher im Internet gebucht, das Auto in die Garage parken, die Treppe hoch zu meiner Wohnung, die fertig gepackte Tasche greifen und zum Bahnhof laufen … der nur fünf Minuten zu Fuß entfernt ist. Wenn ich den Zug um 16 Uhr schaffe, wenn der auch wirklich fährt, dann kann ich schon gegen 19 Uhr in Leipzig in der Innenstadt sein und rüber zu dem Hotel laufen. Das Konzert mit der Electro-Gothic-Band ist in der Moritzbastei, das Hotel, das ich die letzten Abende einfach noch schnell mit dazu gebucht habe, nicht weit entfernt davon. 16 Uhr nochwas, ich steige in den Regionalzug in meinem sachsen-anhaltinischen Provinzkaff.

Schreibe ich ihm eine Nachricht, dass ich wieder in Leipzig bin? Gedanken, während die Dunkelheit hinter den Abteilfenstern an mir vorbeirauscht. Ich habe mich entschlossen, ihm dieses Wochenende keine Nachrichten zu schreiben. Keine Zeit für ihn, ich bin nur in Leipzig für eine Nacht, für das Konzert, nichts anderes, nicht Ausgehen, nur wieder um Mitternacht zurück sein, ein paar Stunden schlafen, wieder in dem Hotelzimmer aufwachen, frühstücken und zurück zum Bahnhof laufen, ich muss den Sonnabendmittag schon woanders sein.

Der Zug ist pünktlich, dicht eingepackt, laufe ich kurz nach 19 Uhr den Freitagabend die Innenstadt von Leipzig entlang, zu dem Hotel am Augustusplatz, hier war ich noch nie. Zeitlich ist alles von mir akkurat geplant: Einchecken, eine Dusche nehmen, schweres Parfüm auftragen, den Kajal und den schwarzen Mascara nachziehen, alles erst mal so im Hotelzimmer auf das Bett werfen, die Sachen, die ich den ganzen Tag getragen habe, so wieder anziehen und im eiligen Schritt rüber zur Konzertlocation laufen … die Menschen da vor mir an der Hotelrezeption kommen nicht klar und blockieren die beiden Rezeptionistinnen. Um 20 Uhr ist Einlass, ich habe es eilig! Ich bin dran, den sündhaft teuren Preis ignoriere ich, das Frühstück buche ich einfach noch mit dazu (obwohl ich wüsste, dass ich wesentlich günstiger frühstücken könnte, bei der Leipziger Bäckerkette gegenüber).

Weiter in meinem Plan. Mein Atem kondensiert, es ist kalt. Die Treppen runter zur Moritzbastei sehe ich schon, wo ist der Eingang heute? Unten. Am Einlass mein Ticket zeigen, den wegweisenden Handgesten folgen, den armen Mann, der die Tickets für eine andere, parallel stattfindende Veranstaltung prüft, mit überflüssigen Fragen in Anspruch nehmen. „Wo ist meine Veranstaltung? Ah da, den Wegweisern folgen. Gab es hier nicht mal eine Garderobe? Früher jedenfalls.“ Garderobe wieder zurück in die andere Richtung, meine Orientierung in dem Kellergeschoss der alten Festung setzt erst sehr langsam wieder ein. Die Cafeteria entlang zu dem Veranstaltungsraum, endlich den richtigen Menschen mein Ticket zeigen. War das hier nicht alles mal viel größer? Das Gewölbe mit der kleinen Bühne am hintersten Ende hatte ich viel größer in Erinnerung.

Ich stehe erst mal ganz hinten, hinter mir der grüne Schein des abgedeckten Notausgangs. Ich beobachte die Menschen, die nach und nach dazu kommen und den Bereich vor der Bühne füllen, alles schwarzes Publikum, alle … unglaublich alt? So viele alte, zerknautschte Gesichter, graue Haaransätze der Herren, gemütliche Figuren und Kleidungsstil der Damen, gruftige Schönheit überall, aber das ist eine reine Ü40-Veranstaltung? Wenn nicht sogar schon Ü50. Bei den Trad-Goths gibt es wenigstens vereinzelt noch Nachwuchs, aber die Electro- und EBM-Fangemeinde ist wirklich alt geworden. Cyber-Goths gibt es auch noch.

Bin ich auch so alt? Ich will es nicht wahrhaben.

Die Vorband, der eine Typ da oben auf der Bühne, mit Sonnenbrille und Wollmütze, Hommage an die frühen belgischen Achtziger-EBM. Ich hätte mich vielleicht mehr weiter vorne positionieren sollen. Danach die Hauptband, für die ich eigentlich hier bin, deren Musik in meinem Autoradio vom MP3-Stick hoch und runter läuft, von denen ich bestimmt alle Alben habe (so lange gibt es die noch nicht), wenn die später am Merchandise auch ihre neue EP verkaufen, ich war extra zurück am Bahnhof noch am Geldautomaten für ein paar Euro-Scheine. Ihr Auftritt beginnt, ich stehe jetzt wirklich weiter vorne, mittendrin, und lasse mich von den Songs mitreißen.

Gebannt schaue ich, zwischen den Köpfen vor mir, auf die Bühne, die Sängerin und der eine Typ da an den ganzen Synths und Computern. Jeden Titel, den ich an den ersten Takten erkenne, begrüße ich freudig. Meine Bewegungen zu der Musik, soweit es die Enge des ausverkauften Konzerts zulässt. Viele Stücke werden gespielt, die kenne ich gar nicht. Neues Material von der EP? Ich werde es herausfinden, wenn ich mir später die neue Scheibe am Merchandise-Stand abhole.

Das Konzert geht so kurz vor Mitternacht zu Ende, die Sängerin wird erst nach zwei Zugaben entlassen. Die CD in der schwarz-weißen Papphülle, auf die ich am Verkaufsstand mit meinem Finger gezeigt habe, ist schon gut weggepackt in der Reißverschlusstasche meiner kleinen, schwarzen Handtasche. Blick auf die Uhr, es ist 23:45 Uhr, ich sitze an einem Tisch in der Cafeteria des Festungskellers, um mich herum noch viele schwarzgekleidete Konzertbesucher. Gibt es hier noch etwas zu essen? Ich habe seit Mittag nichts mehr gegessen. Die Bedienung räumt die Tische ab und verneint meine Frage, die Küche ist schon längst zu. Dann eben woanders hin, in die Leipziger Innenstadt. Ich gehe wieder zur Garderobe und ziehe mir alle Schichten meiner warmen Winterkleidung an, inklusive der gar nicht so gruftigen, olivgrünen Steppjacke als Innenfutter.

Die Straßen der Leipziger Einkaufszone entlang, der Schein der gelben Laternen und der Schaufenster der geschlossenen Läden. Ich weiß, wo ich um kurz vor Mitternacht noch etwas Warmes zu essen finde. „Da gab es doch diese Gerichte auf der Menükarte, die mit so einem Halbmond gekennzeichnet waren. So Snacks und Baguettes. Gibt es die immer noch?“ Die junge Frau hinter dem Bartresen schaut mich fragend an und gibt mir zu verstehen, dass es schon um fünf Minuten vor Mitternacht ist, aber sie fragt in der Küche nach. Die zerfledderte Menükarte gibt es immer noch, ich bin in meiner alten Lieblingsbar am Leipziger Marktplatz kurz vor der Gasse mit den vielen Bars. Wenig später, eine riesige Platte an Kartoffelspalten wird mir serviert, mit Sour Cream, damit es nicht ganz so trocken ist. Ich wechsele vom Barhocker an der Theke rüber auf einem anderen Platz mit Sitzgelegenheiten.

Die Bar war mal mehr besucht, laute Engländer fallen mir als einziges auf. Vielleicht liegt es daran, dass heute nur Freitag ist. Ein Mann sucht das Gespräch mit mir und fragt mich, ob ich aus Leipzig komme und ein paar andere Clubs und Bars hier kenne. „Ich wohne zwar nicht mehr hier … aber da drüben wäre noch eine Disko (oder war zumindest mal eine), dann den Weg hier bis zur Straße und dann weiter und irgendwo dahinter (da ist oder war noch eine), oder die Straße hier entlang, da gibt es so eine Gothic-Disko, oder“, ich zeige mit meinem Finger auf den Fußboden unter mir, laut wummernde Bässe sind schon zu hören, „Hier unten ist auch noch mal eine Disko drin, aber die ist nicht so für jedermann, vielleicht gefällt sie euch gar nicht, müsst ihr mal am Eingang da unten, runter an der Treppe, gucken.“ Er gibt an, mit seinem Kumpel für dieses Wochenende in der Stadt zu sein – den sehe ich aber gar nicht – ich helfe soweit ich kann und erzähle ihm alle meine Ausgeh-Tipps. Wenn er wirklich richtig ausgehen will, muss er viel weiter weg, in die Südstadt, oder Connewitz, oder Plagwitz. Erst Tage später überdenke ich die Situation … hat er wirklich nur einfach gefragt, oder wollte er gezielt mich ansprechen? Ich bin für so etwas blind.

Den Mitternachtssnack habe ich bis auf den letzten Krümel Kartoffel aufgegessen. Ein Uhr nachts, ich laufe schon wieder die verlassene Einkaufsstraße in der winterlichen Kälte entlang zu dem Platz mit der Oper und rüber über die mehrspurige Hauptverkehrsstraße an der Ampelkreuzung zum Hoteleingang. 1:15 Uhr, das Make-up aus dem Gesicht wischen, kurz Zähne putzen, meine Sachen überall in dem kleinen Hotelzimmer verstreut deponieren, noch ein paar Stunden mit Oropax schlafen, bis zum großen Frühstücksbuffet oben auf der siebten Etage mit dem Blick auf ganz Leipzig und der aufgehenden Sonne.

Sonnabendvormittag, irgendwann zwischen 9 und 10 Uhr, das Frühstücksbuffet ist wirklich sehr umfangreich, Berge an Brötchen, Croissants, Kuchen, Marmeladen, Obst, Joghurt, Frühstücksei und Kaffeetassen und Orangensaftgläsern türmen sich auf dem kleinen Tisch, der so wie die anderen eingereiht ist, in einer Linie mit den Blick aus dem Fenster und den Hausdächern und Hochhäusern von Leipzig. Das Frühstück ist so umfangreich, als ich um kurz nach zehn Uhr nach dem Auschecken zum Bahnhof laufe – für die in wenigen Minuten abfahrende S-Bahn nach Halle habe ich schon gar keine Zeit mehr für den Ticketautomaten und fahre die ersten Stationen schwarz. Erst beim Umsteigen Richtung Flughafen ziehe ich am Gleis ein Ticket. Es geht über Halle in den Norden von Thüringen, dort werde ich in einer Kreisstadt wieder von der Familie aufgesammelt und es geht weiter zu einem Feriendorf mit Bungalows mitten im Wald, gebucht für eine kleine Feier. Auch die nächste Nacht verbringe ich nicht zu Hause.

[20.01.25 / 23:49] Der Sonnabend Mitte Januar, wo will ich hin? Ich will nach Leipzig, das kleine Festival, für das ich bei der letzten Halloween-Party schon das Plakat gesehen habe. Dieses Mal auf zwei Tage – den Freitag und den Sonnabend ausgeweitet – aber ich schaffe nur den Sonnabend … zu viel Nebel auf den Straßen, zu viel Frost, ich nehme den Zug und mache wieder die Nacht zum Sonntag durch. Die Bands und ihre Musikstile habe ich schon vorher im Internet recherchiert, die auflegenden DJs in dem Club irgendwo in Connewitz können gar nicht so falsch liegen. Das muss gut werden … wieder.

Eigentlich wollte ich schon den Abend vor Silvester nach Leipzig, eigentlich wollte ich ihn wiedersehen, meinen „Langzeit-Liebhaber“, zu schwer enttäusche ich ihn, mir geht es nicht so gut, will lieber zusammengerollt in meiner warmen Decke zu Hause vor dem Fernseher auf der Couch liegen … er hatte schon ein Zimmer für mich organisiert. „Dann sehen wir uns eben in zwei bis drei Wochen.“ Da wäre ein nächstes, kleines „Festival“.

Ich erwarte den Tag, das Wochenende Mitte Januar, ich weiß genau, was ich anziehen werde, wo ich hin will, der Club – vielleicht sogar die Wohnung, die er mir versprochen hat, gleich daneben. Ich will unbedingt nach Leipzig fahren, ich muss! Das Wetter hält mich nicht ab, ich nehme den Zug.

Sonnabendmittag aufstehen, Frühstück, Beine rasieren, Schamhaare frisieren … wenn ich die Dusche mit dem orientalischen Duschbad bis in den frühen Nachmittag rauszögere, bleibe ich frisch und duftend. Beine weiter rasieren, glatt, Mittagessen vorher. Sachen zurecht legen: das schwarze, langärmelige Baumwollkleid, die schwarze Yoga-Hose, die hohen, schwarzen Lederstiefel ohne Absatz und zum Schnüren, jenseits der 10-Loch-Paare (oder 22 nach anderer Zählung), mein schwarz-grauer Wollmantel, die dicken, schwarzen Wollhandschuhe und mein neues, schwarzes Wollbarett – es wird frostig kalt und nebelig, zur Sicherheit ziehe ich die olivgrüne Steppjacke mit unter (im Idealfall kann ich den ganzen Dress den Montag noch einmal auf Arbeit anziehen). 15 Uhr nochwas, der Regionalzug fährt gnadenlos pünktlich in weniger als einer Stunde ab, ich muss mich noch duschen, Parfüm auftragen, die blonden Haare kämmen, mich anziehen und das Make-up auftragen. Kajal, schwarz, und Wimperntusche. Die Schnürsenkel in die hohen Stiefel einzufädeln, schaffe ich gerade noch so, 15:55 Uhr stehe ich am Bahnhof dieses kleinen Provinzkaffs irgendwo in Sachsen-Anhalt.

17 Uhr nochwas, der Bahnhof in Magdeburg, Umsteigen nach Leipzig … der vorhergehende Regionalexpress hatte 70 Minuten Verspätung, stört mich nicht, mein Zug fährt pünktlich und ist dafür fast leer. Ich suche mir meinen Sitzplatz. Auf den zweiten Extra-Parfümstoß und noch zusätzliches Patchouli habe ich dieses Mal verzichtet.

Leipzig 19 Uhr, Einlass in dem Club ist 19:30 Uhr, noch genug Zeit, im Hauptbahnhof unten am Automaten noch etwas Geld für die Nacht abzuheben, nicht viel, ich habe mir fest vorgenommen, diesen Monat wieder nicht im Dispokredit zu landen, das bisschen Bargeld muss reichen. Die mitgebrachte Pfandflasche für die Zugfahrt in der Kaufhalle unten in der Bahnhofsgalerie am Pfandautomaten gegen einen Bon für 25 Cent für ein kleines, trockenes Brötchen tauschen. An der Straßenbahnhaltestelle draußen dann in die Elf Richtung Connewitzer Kreuz steigen.

Meine Nachricht an ihn ging schon den späten Vormittag raus, da lag ich noch im Bett und war gerade erst aufgewacht. Eine zuversichtliche Antwort von ihm, er fragt, wann ich in Leipzig ankomme. „Erst spät den Abend.“ Und dann will ich auch gleich zum Einlass an der Abendkasse. Meine Antwort erhält er erst Stunden später – und sie bleibt ohne Lesebestätigung.

Der Club in Connewitz, ich weiß nicht mehr, wie viele Jahre ich hier schon war, die Schlange der wartenden Menschen schiebt sich langsam vorwärts, die Kellertreppe zum Eingang hinunter. Der kleine Aufkleber, einer von vielen, an so einer Metallstange oder Querstrebe in dem schummrigen Licht von der Häuserfassade mit den besprühten Ziegelsteinen, fällt mir auf … die Band habe ich hier schon gesehen, da gab es diesen Blog noch gar nicht, das muss also noch vor 2009 gewesen sein.

Drinnen der Einlass, die Menschen, bunt gemischt, viel Alternatives und Schwarzes. Die Garderobe suchen … ich suche immer die Garderobe und jedes Mal kommt es nur bruchstückhaft in mein Gedächtnis zurück, dass es hier gar keine Garderobe gibt! Oder doch? Ich laufe die vier Etagen ab, unten die kleine Tanzfläche, da wird später noch jemand ein Live-Techno-Set performen. Oben die große Etage, der große Clubraum … so viele Konzerte. Darüber die Etage mit den Toiletten – „Egal-Toiletten“, frostig kalt. Die Etage weiter die Treppe hoch, hier ist Schluss, der „Backstage-Bereich“, früher gab es hier mal einen Plattenladen, temporär jedenfalls … das muss auch schon, weit zurück, in grauer Vorzeit liegen. Wieder runter in die zweite Etage, ich entsinne mich, meinen Mantel oder meine Kutte irgendwo da an der Wand, hinter oder unter die Sitzbänke gequetscht zu haben … doch die erste Band, halte ich noch alles unter meinem Arm fest.

Ich habe meine kleine italienische Umhängetasche mit dabei, ein paar Münzen in dem Innenfach mit dem Reißverschluss. An der Bar hinten meine erste Flasche Mate-Brause. Instinktiv, ohne darüber nachzudenken, lächele ich der Bedienung entgegen, die Punkerin wirft mir einen irritierten Blick zu – ich sollte aufhören, so etwas in diesem Land zu tun, das wirkt verstörend. Die anderen Gäste um mich herum, hier und da ein paar „Elder-Goths“, juchhu, ich bin nicht die Einzige. Dort hinten, die Hübsche … etwa auch eine so wie ich? Der kleine Clubraum füllt sich, die erste Band fängt an, zu spielen. Ganz nett, das „Wesen“ am Mikro und Bass kann ich nicht zuordnen. Übersehe die täuschenden Geschlechtsmerkmale, achte auf die Sprache, die Mimik und die Geste, das verrät dir viel mehr, als das, was du glaubst, voreingenommen zu sehen.

Die zweite Band, wieder gitarrenlastig, Punk, Goth, Cold – wäre es nicht so beschissen abgemischt (oder hätte ich meinen Standpunkt mitten im Publikum verändern müssen), das Wellental in der Soundperformance verschluckt den ganzen Synthesizer, er kommt nur im Offbeat rüber und klingt so ganz merkwürdig deplatziert. Dabei hätten die richtig gut sein können, sind es vielleicht auch, die Sängerin hat eine ziemlich starke Aura.

Die dritte Band, „Wow“ – zwei ältere Herren an noch viel älteren Synthesizern. Ich schließe meine Augen und lasse wieder das Oszilloskop vor mir flattern … Dreieck, Sägezahn – Trapez? Niedrigschwingende Oszillatorkurven, fein dosierte Filter, ein Oberton?

Während den Pausen laufe ich immer wieder den Club ab, die Treppe runter zu der kleinen Tanzfläche am Eingang, ein paar DJs haben hier schon angefangen, aufzulegen. Im Treppenhaus hängt ein A4-Blatt mit der „Running Order“ für diese Nacht. Ich mache ein Foto und sende es ihm, dann weiß er, wie lange ich hier noch bleibe, ab wann ich frei bin (wenn die letzte Band gespielt hat), ab wann wir uns treffen können. Keine meiner Nachrichten an ihn hat eine Lesebestätigung, seit der einen Nachricht gegen Mittag, kam nichts mehr von ihm.

Oben auf der größeren Tanzfläche, ein Mann spricht mich an, er kennt meinen Namen, meinen „echten“ Vornamen. Ich schaue ihn an, sehe nicht viel in der Dunkelheit, wer bist du? Kenne ich dich? Vielleicht jemand von der Arbeit … noch während die dritte oder die letzte Band spielt, mustere ich ihn ab und zu von der Seite … jetzt fällt es mir ein, wer du bist! Das ist der Typ, mit dem ich 2023 bei dem Pfingstfestival am „Rummachen“ war. Beschämt, ich kann mich nicht einmal an deinen Vornamen erinnern. Er sagt nur ein Hallo, viel haben wir nicht zusammen. Ich habe mich verändert, ich will eigentlich gar nicht mehr angesprochen werden, schließe es geradezu aus, dass mir das überhaupt noch passiert, in der Disko. Nicht in diesem Universum!

Die vierte und letzte Band die Nacht, oben auf der „großen“ Bühne. Wieder zwei am Synthesizer, Mikro und Laptop, ultra-tanzbare Beats. Ich positioniere mich in der Mitte vor der Bühne für das ultimative Klangerlebnis, die Bässe der beiden Boxen frisieren meine Haare … wenn es noch lauter wird, ich hätte noch Ohrstöpsel aus Schaumstoff irgendwo vergraben in meiner kleinen Handtasche. Die Menge an Menschen drückt mich nach und nach nach hinten, tanzende Menschen brauchen Platz. Meine Moves sind nicht so raumintensiv.

Die Zeit vergeht nach Mitternacht. Noch eine Flasche Mate-Brause, noch ein Toilettengang – kurz Rausgehen nach draußen auf den Innenhof an die frische Luft, tue ich nicht, zu frostig kalt, angeblich soll es auch wieder einen Einlassstopp gegeben haben, aber die Menge an Menschen und jungen Party-People hält sich angenehm in Grenzen. Nach den Konzerten oben, die DJs – und die Performance unten. So ein Typ performt ein paar Songs Playback auf der Karaoke-Bühne? Ein Song erkenne ich, was von den Chamäleons aus den Achtzigern, der Punker scheint textsicher und kann viel besser in einer Billy-Idol-Stimmlage singen, als ich es am Steuer von meinem Auto auf langen Autobahnfahrten durch die Nacht es je könnte. Meine Mate-Brause ist alle, ich muss die Etage hoch zu der Bar neben der anderen Tanzfläche. Hier versacke ich bei den aufgelegten Titeln der DJs.

Zwei oder drei Uhr nochwas, ich habe es aufgegeben, noch daran zu glauben, dass er sich noch bei mir melden könnte, eine letzte Nachricht noch von mir an ihn auf meinem Telefon. „Wenn du dich nicht mehr meldest, fahre ich um fünf Uhr mit dem Zug wieder zurück …“ Ich war vorbereitet, den Platz der kleinen Handtasche maximal ausgereizt. Zahnpasta und Zahnbürste zum Übernachten, ein kleines Päckchen Make-up-Entfernungstücher, Kondome und Gleitmittel in dem kleinen Reißverschlussfach, zusammen mit dem Kajal und dem Mascara. Eine Mischung zwischen „ich bin überaus motiviert und vorbereitet“ und „jetzt kommst du dir doch irgendwie merkwürdig vor“. Weiter zu der Musik tanzen.

Unten auf der kleinen Tanzfläche vor der noch viel kleineren Bühne, das Live-Techno-Set, von dem ich so viel erwartet habe, das ich unbedingt gerne wiedersehen möchte, wurde um einen „MC“ am Mikro ergänzt … gefällt mir jetzt nicht so. Wieder hoch, weitertanzen. Die nächste Straßenbahn zurück zum Leipziger Hauptbahnhof, fährt um kurz nach vier Uhr den Sonntagmorgen. Bis dahin sind es noch gut eine halbe Stunde. Ich wechsele meine Tanzstile von dem „Two-Step“ auf die langsamen Bewegungen zu den sphärischen Synthesizerklängen, geisterhaft abgetrennt von den Beats. Übliche Gothic-Dance-Moves.

Die letzte Limo-Flasche, kein Koffein mehr, am Bartresen zurückgeben, mein Bündel an schwarz-grauen Wollmantel und olivgrüner Steppjacke von der Spalte zwischen Gitter zur Sitzbank und Wandmauer abholen, Schal, Handschuhe und Barett habe ich in alle vier Taschen gestopft. Wieder runter zum Einlass an der verlassenen Abendkasse und alle meine Schichten an wärmender Kleidung überziehen. Mein Atem kondensiert wieder, als ich wenig später im neblig-gelben Schein der Straßenlaternen zurück zu der Haltestelle am Connewitzer Kreuz laufe.

Noch 15 Minuten bis die erste Straßenbahn den frühen Sonntagmorgen fährt. Ich werfe ein paar Münzen ein und ziehe mir ein Ticket aus dem Automaten. Weiter meinen kondensierenden Atem beobachten und auf die Zeit warten. Neben mir an dem Straßenbahnhaltestellenhäuschen sitzt ein Mann … vielleicht kommt er auch von dem Festival?

„Weißt du, ob hier ein Plan von der Elf hängt?“

„Nö, nur die Nachtlinien und der Bus, der Nachtbus da drüben“, gegenüber von der Straßenbahnhaltestelle fährt sonst immer einer.

Taxis rauschen die Straße entlang. „Und wo kommst du so gerade her?“

„Ich war da drüben in dem einen Club, Konzerte, ein paar Live-Bands und DJs.“

„Schön, gefällt mir. Ich war in einer ‚Tisch-Kicker-Bar‘.“

„Einer ‚was‘?“

„Tisch-Kicker, kennst du, oder?“ Ja, tatsächlich, das kenne ich, in der Firma steht auch so ein Tisch herum.

Die nächsten Minuten, ein kleines Gespräch ergibt sich, er bietet mir an, mich neben ihn auf die Bank zu setzen. Ihm fällt es auf, dass ich nervös werde, meine Finger greifen ineinander, die wärmenden, schwarzen Handschuhe umschlungen. „Dir ist kalt? Wo wohnst du, wo kommst du her? Wenn du magst, können wir noch etwas mehr Zeit miteinander verbringen, ich warte auch auf die Straßenbahn zum Hauptbahnhof.“

„Ja … OK“, warum nicht, „Ich komme nicht aus Leipzig (aber ich hatte mal eine Wohnung hier), ich muss nachher noch drei Stunden mit dem Zug zurückfahren, nach Magdeburg.“

„‚Drei Stunden‘? Wirklich?“

„Naja … eigentlich anderthalb Stunden, dann ewig dort auf dem Bahnhof rumstehen und dann weiter noch eine dreiviertel Stunde …“

„Du kannst bei mir übernachten, du musst nicht so weit fahren, wir könnten auch zusammen frühstücken.“ Jetzt komme ich ins Nachdenken, meine Nervosität vergrößert sich noch viel mehr. „Ja, ich weiß, ich mache dich nervös.“

Die Straßenbahn fährt ein, es ist jetzt exakt 4:15 Uhr und ich will am Hauptbahnhof am Automaten das nächste Ticket für den Zug zurück kaufen, der nächste Regionalexpress, den ich immer Sonntag früh von Leipzig aus nehme, fährt um kurz nach fünf Uhr.

„Kennst du den einen Laden da?“, die Straßenbahn hält an der einen Haltestelle zwischen Innenstadt und Südvorstadt mit dem Geschäft daneben, für arabisch-orientalische Deko-, Schmuck- und Bekleidungsartikel, wo ich manchmal einkaufe, er hat mir bereits verraten, dass er aus der arabischen Welt kommt.

„Ich bin ursprünglich aus Jordanien, aber schon zehn Jahre hier.“ Jordanien … füge ich das meiner Liste zu? „Ich mag deine tiefe Stimme, die ist so schön sexy.“

„Puh …“, die Augen drehen und verlegen weggucken. Mache ich das jetzt, lasse ich mich darauf ein? Klar, er könnte auch mein Typ sein, mein Beuteschema, er wirkt zehn oder fünfzehn Jahre jünger als ich. Aber will ich das? Ich wollte das doch nicht mehr tun, einmal anquatschen und ich lande irgendwo den Morgen in einem fremden Bett, mit einem Mann, von dem ich nichts weiß, dessen Vorname ich in ein bis zwei Jahren, oder noch viel eher, ich schon längst vergessen hab. Alle meine Bemühungen, meine Sprüche zu Hause vor dem Badezimmerspiegel, du bist es wert, dich näher kennenzulernen. Du musst nicht mit dem Erstbesten ins Bett, nur um irgendwie eine Art Bestätigung zu bekommen, vielleicht doch attraktiv zu sein. Schon wieder habe ich eine Clubnacht hinter mir, schon wieder ist es nichts geworden, meinen Liebhaber zu treffen, den ich so sehr vergöttere, unablassend nach all den schönen und weniger schönen Momenten, die ich mit ihm die letzten zehn Jahre erlebt habe.

Erinnerungen kommen hoch, der Typ vor ein paar Stunden, den ich im Club getroffen habe, der mich nur anderthalb Jahre zuvor abgewiesen hat, weil sich herausgestellt hat, dass ich „trans“ bin. Und die andere Erinnerung, der Moment, der mich jetzt seit Monaten permanent begleitet, mich vollkommen lähmt, überhaupt noch irgendwie irgendeine Beziehung mit irgendjemanden (männlichen) einzugehen: der Typ der 100 Euro für ein Hotelzimmer – und somit für mich – bezahlt hat, nur um dann festzustellen, dass ich früher mal „ein Mann“ gewesen sein könnte und der innerhalb Sekundenbruchteile mein ganzes weibliches Wesen vernichtet hat … oder zumindest in viele kleine Einzelteile zersplittert. Und jetzt begegne ich schon wieder jemanden? Hatte ich bis eben noch Angst, dass er auch herausfinden könnte, was ich nicht bin, ist diese „Anmerkung“ über meine Stimme ein ganz anderes Indiz und offenbart seine Motivation und wahrscheinliches, spezielles Interesse an mir.

„Auf keinen Fall!“ Ich stehe in der Tür des Regionalexpresses auf dem Gleis des Leipziger Hauptbahnhofes. Er hat die Überlegung aufgestellt, einfach mit in den Zug zu steigen und mich bis in mein Zuhause zu begleiten. Was willst du von mir? Weder habe ich ihm meine Telefonnummer gegeben, noch hat er mir seine angeboten. Das alles ist nur eine Spielerei, nichts ernstes, ein Flirtversuch, ein Test, wie weit ich gehe, wie weit er gehen kann.

„Und was machst du so beruflich, wenn du überhaupt einen Beruf hast?“ Diese Frage von ihm, noch Minuten zurück an der Haltestelle, wirkt die nächsten Tage noch auf mich ein, vielleicht hielt er mich auch … für eine Prostituierte.

Mit dem Zug zurück in mein Heimatkaff, Schlafen kann ich nicht, der Sitz ist zu unbequem, meinen Berg an Wintersachen zu einem riesigen Kissen aufgetürmt, die Schwingungen des Fahrgestells des Zugwagons rütteln mich permanent wach. Zu viele Gedanken in meinem Kopf. Frühstück um kurz nach sieben Uhr beim Bäcker am Magdeburger Hauptbahnhof, ein Nuss-Nougat-Croissant. Weiter in den aufklarenden Morgen zu meinem Zuhause.

Alles, was ich anhatte, auf die Couch werfen. Die Tätigkeit, schon in der Regionalbahn zurück meine Abschminktücher zu zücken, behalte ich bei, schöne Zeitersparnis, um wenig später nach nur einer Minute im Bad, wieder die Fenster im Schlafzimmer zu schließen, die dunklen Vorhänge zuzuziehen und ins Bett zu fallen … Gedanken, bis ich den Sonntagmorgen einschlafe, vergehen noch ein paar mehr Minuten.

[26.12.24 / 22:23] 866 Fotos – schon seit über vier Wochen zurück aus Thailand, es hat eine Weile gedauert, bis ich alle Fotos sortiert und beschriftet habe. Reduziert auf eine halbwegs erträgliche Auswahl (96 Fotos, entsprechend vier „Filmrollen“), stehen die jetzt endlich online auf meiner Reiseblogseite (diese hier) zum Ansehen zur Verfügung. Mein vollgekritzeltes Reisetagebuch kommt später noch.

Währenddessen hat sich die Welt weitergedreht: ein paar Weihnachtsfeiern, betrieblich oder im Bekanntenkreis, mit Travestie-Theater und ohne, mit Geschenke (ein sexy Weihnachtsmann-Kaffee) und ohne. Ein Weihnachtsmarktbesuch in Erfurt, mit Shopping: eine neue, kleine Reisetasche in Tarnoliv – die Strandtasche geht in ihren wohlverdienten Ruhestand und ist jetzt, nach den vielen Flugzeuggepäckfächern, einfach nur noch eine reine Strandtasche – ein neues, schwarzes Wollbarett vom Marktstand und (schon vorher in Magdeburg gekauft) ein neues, langärmeliges Kleid, tiefschwarz und mit Spitze … ich fand die Raffung an der Seite so schön, sieht aus wie mein Badezweiteiler, den ich gerade eben noch in Thailand im Wasser getragen habe. Wirklich, ich habe den so nass in den Koffer gepackt und wieder mit nach Hause genommen, als wäre ich gerade eben erst Schwimmen gewesen …

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg

Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,

vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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