Sonnabend Mittag, ich bleibe noch lange im Bett liegen und überlege, was ich den Tag noch so machen könnte ...
[19.05.19 / 21:14] ✎ Sonnabend Mittag, ich bleibe noch lange im Bett liegen und überlege, was ich den Tag noch so machen könnte ... ein Frühstück mit dem, was in meiner Wohnung noch vorrätig ist: Knäckebrot mit Nuß-Nougat-Creme und eine Flasche Wasser. Die Sonne scheint und draußen sind es an diesem spätfrühlingshaften Tag um die 20 Grad - fantastisches Wetter, um in der Innenstadt shoppen zu gehen. Ich mache mich kurz im Bad zurecht, wähle meine schwarze Jeans, ein anderes schwarzes Top (mit Halbärmeln) und die absatzlosen Wildleder-Pikes (zum Laufen) + meine übergroße Sonnenbrille ... kurz vor 14 Uhr den Sonnabend Nachmittag stehe ich am Ticketautomaten der Straßenbahnhaltestelle in der Nähe meiner Wohnung und ziehe mir zwei Tickets Kurzstrecke zum Leipziger Hauptbahnhof und die Einkaufsmeile in der Nähe.
Ich laufe die Fußgängerzone entlang, bei dem schönen Wetter sind erwartungsweise viele Menschen unterwegs, ich steuere zielgerichtet, über kleine Nebenstraßen, verwaisten Häuserpassagen (die anscheinend keiner kennt) das italienische Kaffee / Restaurant in der Nähe des Marktplatzes an. Ich versuche die beiden italienischen Eiscafés gleichgerecht zu behandeln, war ich das letzte Mal bei dem einen am Eingang der Fußgängerzone, gehe ich dieses Mal zu dem anderen am gegengesetzten Ausgang der Fußgängerzone ... beide "Gelaterie" haben Suchtfaktor.
Bevor mein Eis (Vanille-Kirsch) in den Sonnenstrahlen dahinschmilzt, ziehe ich mich in den kleinen, angrenzenden und schattenspendenden Park bei der Kirche (die, die etwas mit Bach zu tun hat) zurück. Der kleine Park ist voller Menschen ... und einer Gruppe Punks (so richtig echt, mit Musik aus dem Kassettenrecorder). Lungern irgendwo Punks rum, gesellen sich immer weitere Punks dazu ... ich setze mich etwas in die Nähe der Gruppe. Punks ... ich bin raus, raus aus der Arbeit, raus aus der Psychiatrie, für das Arbeitsamt (und dem ominösen Gutachten - die mich nie persönlich gesehen haben) gelte ich als "unvermittelbar", mich will da keiner, kein Arbeitgeber. Ich könnte jetzt noch viele Jahre neben den Punks sitzen, so eine richtige Zukunftsperspektive habe ich jetzt nicht ... vollkommen im sozialen Abseits angekommen. Meine Gedanken wandern, ich beobachte den Park, die vielen Menschen, Normalos, Ältere, junge Menschen, alles sozial unterschiedlich. Weiter an meinem Tagesplan festhalten - ich will einkaufen, konsumieren, mein Geld in schicke Anziehsachen investieren ... damit dieses Bestreben nicht komplett ausartet, habe ich nur zwei Dinge auf meiner imaginären Einkaufsliste: die Leggings aus dem Bademodenshop aus dem Wiener Hauptbahnhof, die mir so gefallen hat (aber da war ich auf Badeanzüge fixiert) und ein schwarzes Poloshirt (so etwas fehlt mir noch in meiner Garderobe).
Weiter ein paar Schritte gegen 15 Uhr den Nachmittag in der Einkaufszone in einer der Filialen dieser italienischen Bademodenkette (von der ich auch meinen olivgrünen Bikini habe). Ich suche den kleinen Laden ab und finde auf den ersten Blick nicht die gewünschte Stoffhose, ich deute auf eine olivgrüne Leggings in der Auslage: "Die da mit schwarzen Zebrastreifen." Die nette Verkäuferin weiß sofort, was ich meine und holt die Leggings in meiner passenden Größe aus dem Lager. Sie ist zwar aus der diesjährigen Kollektion, mußte aber ihren Platz im Verkaufsraum der aktuellen Bademodesaison weichen. Kurz in der Kabine anprobiert und danach den (leicht) heruntergesetzten Preis (Lagerware?) an der Kasse in bar bezahlt. Endlich auch so Indie-Rock-mäßig herumlaufen. (Interessanterweise assoziiere ich das grün-schwarze Streifenmuster mit einem Zebra und nicht einem Tiger, was das wohl über mich aussagt?)
Weiter die Shoppingtour in die beiden teuren Kaufhäuser in der Nähe des Marktplatzes. In dem ersten, in dem ich sonst Stammkunde bin (mit Mitgliedskarte) finde ich dieses Mal nichts Passendes, die Poloshirts gibt es nur in der aktuellen Saisonfarbe (die mir nicht gefällt) und in der Bademodeabteilung (in der ich nur einen kurzen Blick werfe, es steht nicht auf meiner "Liste") gibt es keine Badeanzüge in der bis zum Hals hochgeschlossenen Form, die meiner Figur mit dem breiten Kreuz stehen könnte. Weiter in das andere Kaufhaus, den "billigen" Kram links liegen lassen und die Rolltreppe hoch zu den teuren Markensachen. Wenn ich unbedingt ein Poloshirt kaufen will, warum nicht dann das Original? Tatsächlich finde ich ein paar schwarze Exemplare mit dem markanten weißen Logo auf einer der Kleiderstangen, ich greife die beiden Größen S und M und probiere sie in der Kabine an ... meine Wahl fällt erneut auf die passendere, größere Größe - habe ich zugelegt? (Sind die Zeiten vorbei, in denen ich mich noch in eine S zwängen konnte?) 16:30 Uhr den Sonnabend Nachmittag, ich bezahle den sauteuren Preis an der Kasse mit Karte ... kombiniert mit meinem Diamantschmuck kann ich mich damit bestimmt bei einem Pferderennen oder ähnliches in der High-Society blicken lassen (ich bin ein Edel-Punk).
Weiter durch die Innenstadt, einen kurzen Abstecher in den Outletstore eines nicht näher genannten Internetversandriesen, ein paar High-Heel-Sandaletten anprobieren (schmale, lange Paßform versus meiner kurzen, breiten Watschelentenfüße ... gleich wieder in das Regal zurückgelegt, standen sowieso nicht auf meiner Liste) und weiter danach über die andere Seite der stark befahrenen Straße jenseits der Fußgängerzone. Hier war ich noch nie, Touristen gibt es hier nicht (außer die paar wenigen, die ein Foto des Mahnmals an der Stelle der alten Synagoge machen wollen). Ein paar Cafés, ein paar Restaurants ... so ganz unbekannt ist mir dieser Straßenzug doch nicht, vor vielen Jahren gab es hier noch ein paar mehr Clubs in der Nähe (aber bei Tageslicht bin ich hier noch nie langgelaufen).
Ein Café, gut besucht mit jungen Menschen im Außenbereich, ich schaue mir den Kuchen in der Vitrine im Innenbereich an - der Kellner empfiehlt mir die Blaubeertorte, die gibt es in Kombination mit einem kleinen Kaffee zum Sparpreis. Ich nicke zustimmend und setze mich, wieder draußen, an einem freigewordenen, kleinen Tisch für Zwei, wenig später wird mir das Kuchenstück serviert. 17 Uhr nochwas, solange die Sonne scheint, ist es noch nicht zu spät für Kaffee und Kuchen, ich garniere den Kaffee (kein Filterkaffee) mit zwei Spritzern Milch aus dem kleinen Kännchen und einem Hauch von Zucker, so daß dieser einem Cappuccino oder einer Melange näher kommt.
Kurz vor 18 Uhr, ein paar Schritte weiter, wieder zurück in Richtung Innenstadtzentrum, stehe ich an der Tafel mit den Auszügen aus der Menükarte eines indischen Restaurants, eigentlich wollte ich den Abend günstig irgendwo Thailändisch essen - aber dieses Restaurant hat die nordindischen, gefüllten Paprikaschoten im Menüangebot ... ich entscheide mich spontan für dieses Restaurant, bis das Essen serviert wird, habe ich die Zeit für das reguläre Abendmahl gegen 18 Uhr überbrückt. Den frittierten Blumenkohl als Vorspeise und wenig später die gegrillten Paprikahälften überhäuft mit dem Kartoffelcurry, einer mehr oder weniger scharfen Soße, ein Teller Reis und einem Korb mit Fladenbrot (aus dem ich mir danach mit dem übrig gebliebenen Salat so eine Art indische Tortillas forme).
Für dieses opulente Abendessen in dem Außenbereich des Lokals habe ich eigentlich gar kein Bargeld mehr - ich habe es dem Kellner am Anfang vor meiner Bestellung wissen lassen, daß ich nur mit Karte bezahlen kann. Wie ich dann gegen Ende alles in mich hineinschlinge und dann überstürzt meine Handtasche greife und von dem Tisch aufspringe, mag vielleicht etwas verdächtig aussehen - aber ich habe keinen Zweifel aufkommen lassen und meinen Blick zielgerichtet auf die Toilette im Inneren des Lokals gerichtet ... wäre ich doch ohne zu zahlen abgehauen, ich hätte meine ganzen Einkäufe auf dem Stuhl gegenüber mir liegen lassen, allein das sündhaft teure Poloshirt hätte die Rechnung mehr als beglichen. Ich bezahle (nach der Rückkehr von meinem dringenden Toilettenbesuch) die Rechnung mit meiner Karte und krame noch ein Zwei-Euro-Stück aus meiner Geldbörse, als Trinkgeld für den Kellner.
Kurz vor 19 Uhr, zu Fuß wieder zurück zu der Straßenbahnhaltestelle am Hauptbahnhof, noch eine Tüte Brötchen beim unterirdischen Bäcker kaufen und mit der nächsten Linie wieder zurück zu meiner Wohnung. Ich habe mich tatsächlich an meinen Plan gehalten und bin nur mit den zwei Einkaufstüten, mit genau den zwei Anziehsachen, die ich kaufen wollte, wieder angekommen. Kein sinnloses Geldausgeben. (Obwohl ... eine billigere No-Name-Poloshirt-Marke hätte vielleicht auch ausgereicht - ach was!) Sonnabend Abend, gehe ich jetzt noch aus in Leipzig? Nein, danke. Ich mache es mir lieber auf meinem Bambussofa mit ein paar Kissen und meinem Laptop gemütlich. Vor meinem großen Wohnzimmerfenster im Dachgeschoß zieht den Abend der Vollmond vorbei. (Ende Teil 2/2)