Gegen vier Uhr aufstehen, noch vor Sonnenaufgang mit dem Touri-Bus runter zum Ganges.
[16.11.23 / 22:33] ✎ Gegen vier Uhr aufstehen, noch vor Sonnenaufgang mit dem Touri-Bus runter zum Ganges. Selbst um fünf Uhr morgens sind die Straßen zu den Ufertreppen nicht mehr frei! Viele Menschen möchten in dem heiligen Fluss ein Bad nehmen.
Umstieg auf das Aussichtsboot, mit tuckernden Motor treibt das Boot von der Treppe weg und den Ganges entlang, ich habe schnell meine Lieblingsstelle am Heck auf der oberen Plattform an der Reeling für mich entdeckt. Fotos, viele Fotos. Ich will unbedingt das Motiv treffen, das auch so aus vielen Reiseführern bekannt ist. Welches Ghat das ist, weiß ich nicht.
Den Tag vorher lag über der Stadt schon der verbrannte Geruch in der Nase. Vom Boot aus sehe ich die Feuerstellen. Einige Tote werden dort den Morgen verbrannt. Eine Feuerstelle qualmt noch vor sich hin.
Mit Einsetzen der Helligkeit und dem Vertreiben des Dunkels der Nacht, sehe ich immer mehr Menschen die Treppen zum Wasser hinuntersteigen, als wäre es … als ist es das Normalste der Welt. Weiter vorbei an den pittoresken, mehrgeschossigen Bauten. Diese Stadt gibt es schon ewig.
Landung an einer anderen Treppe, die Feuerkugel der Sonne glimmt rötlich hinter dem dichten Nebeldunst, Varanasi ist die einzige Stelle, an der der Ganges nach Norden fließt und ein Sonnenaufgang vom Ufer aus sichtbar ist. Sammeln für ein Fotomotiv an einer Feuerstelle, die Reste einer grauen Asche nur eine Fußbreit entfernt. Durch die engen Straßen zurück zum Bus.
Gegen Mittag, das Flugzeug nach Kolkata. Irgendwo hinter der dunstigen Wolkenschicht sehe ich von meinem Fensterplatz aus die majestätischen Gipfel des Himalaya aufragen. In Gedanken male ich mir aus, wie viele Kletterer da jetzt wohl in Kolonnen die Achttausender erklimmen.
Landung in Kolkata, anderes Wetter, eine dichte Wolkenschicht. Meinen Schirm habe ich für alle Fälle mit im Koffer, auf der Wetterkarte vor ein paar Wochen sah es so aus, als fegt gerade ein tropischer Zyklon den Golf von Bengalen vorbei. Der neue Touri-Bus fährt vom Flughafen direkt zum Hotel.
Dieses letzte Hotel auf der Rundreise wurde vom Veranstalter als äußerst luxuriös angepriesen – tatsächlich ist nur das benachbarte Schwesterhotel der Luxusklasse zuzuordnen. Ein vierzigstöckiger Protzbau, der mit seinen neoklassizistischen Elementen auch so in Vegas oder Moskau hätte stehen können. Mit der Schlüsselkarte erreichen wir (über einen Verbinder) auch die Lobby dieses Hotelmonstrums und können einen Blick hineinwerfen, so weit unsere unterste Sicherheitsbefugnis reicht. Alles Marmor, riesige, Ballsaalartige Treppen. Unser Hotelblock daneben ist mit seinen 7800 Rupien die Nacht nicht mehr, als ein besseres „Stundenhotel“.
Beide Hotels liegen in derselben Anlage, eingezäunt mit Mauern und Stacheldraht, um die arme Bevölkerung von draußen fernzuhalten. Wieder eine „Gated Community“ irgendwo am Stadtrand dieser ostindischen Metropole. Uns bleibt nichts anderes übrig, als hier drinnen (geschützt) auf das Abendessen zu warten. Draußen wären wir verloren? Polizeisirenen, von der angrenzenden Hochstraße, dringen ständig von außen in das geschlossene Hotelzimmerfenster durch. Schwere Gardinen schirmen alles ab.