„The war on my TV“ – Bilder und Frontberichte, kämpfende Soldat:innen und vollkommen zerstörte, menschenleer scheinende Städte.
[01.04.23 / 18:24] ✎ „The war on my TV“ – Bilder und Frontberichte, kämpfende Soldat:innen und vollkommen zerstörte, menschenleer scheinende Städte. Meine Einstellung, als zuschauender Beobachter, über den Krieg in der Ukraine hat sich über das Jahr verändert. Viele Jahre zuvor: Ukr:aine? Ist das nicht so ein zweigeteiltes Land, der Westen europäisch und der Osten irgendwie schon Russland? Komplett verschieden? Jahre später, 2014, ich kann nicht genau verstehen, was ich da im Fernsehen sehe und im Internet lese: Es gibt Faschisten in der Ukr:aine? Ich als Antifaschistin bin erst mal „leicht alarmiert“, verliere aber schnell die Aufmerksamkeit darauf. Die Krim wird eingenommen, merkwürdige Sache … lief anscheinend unblutig, wird schon irgendwie passen, ist nicht mein Problem. Februar 2022: Der wird niemals da einmarschieren! Und er tut es doch, schön für mich, den Kurssturz nutzen und Aktien nachkaufen, mich skrupellos daran bereichern … überzeugt, in wenigen Tagen ist die Sache vorbei. Und jetzt schaukelt sich das alles auf:
Was passiert da? Was ist das für ein Krieg in Europa? Könnte das rüberkommen? Steht der Russe bald vor der Tür? Mein Blick in mein Kleiderschrank, meine Bundeswehruniform liegt da hinten noch, der letzte Stapel, die Feldjacke und -hose in Flecktarn, zusammengefaltet ganz unten. Mir wird bewusst, wozu mein Wehrdienst vor über zwanzig Jahren eigentlich mal gedacht war – zur Landesverteidigung im Falle eines Kriegseintritts Deutschlands. Der kommt niemals bis hierher.
Ich schaue mir weiter jeden Tag die Bilder im Fernsehen und im Internet an, Kriegsreportagen und Interviews über sich aufopfernde Menschen in der Ukra:ine – die niemals auf den Gedanken kommen würden, kampflos aufzugeben und ihr mehr den je vereintes Land dem brutal und übermächtig erscheinenden Nachbarn zu überlassen. Instrumentierte Propaganda? Vielleicht … aber die menschlichen Schicksale, die ich da in den Bildern und Reportagen sehe, berühren mich. Andererseits erkenne ich auch den Wahnsinn, wie auf der gegnerischen Seite zuhauf junge, alte, schlecht ausgebildete und ausgerüstete Soldaten verheizt werden. Niemand will diesen Krieg. Doch für mich als ehemalige Soldatin, die auf dem Leopard eingesetzt war, unterstütze ich mittlerweile die Bewegung, alles Mögliche an schwerem Kriegsgerät dorthin zu liefern, um den Kampf beschleunigt zu Ende zu führen (bevor der Westen die Ukra:ine wieder fallen lässt). Es werden mehr sterben, ich bin nicht davon betroffen, ich sitze nur vor meinem Fernseher.
Manchmal zucke ich zusammen, wenn über unserem Haus wieder ein Tiefflieger vorbeidonnert. Die Alarmrotte? Die Russen sind da? Hat er uns jetzt doch den Krieg erklärt? Und schon „die Bombe“ geworfen? Jeden Tag …