Weg ist sie, die Wohnung in Salzgitter – ich hatte da eh nur „ein Bett, ein Fernseher und eine Kaffeemaschine“ drin.
[01.02.23 / 21:48] ✎ Weg ist sie, die Wohnung in Salzgitter – ich hatte da eh nur „ein Bett, ein Fernseher und eine Kaffeemaschine“ drin. Was nun? Sollte ich irgendwann wieder Arbeit finden, würde ich mir wieder irgendwo eine Zweitwohnung nehmen … oder für die Probezeit, ein möbliertes Zimmer (nicht, dass ich nach einer „spontanen“ Kündigung wieder drei Monate an so etwas gebunden bin).
Die Arbeit, besser die Arbeitssuche … bin ich mit Ü40 schon zu alt, um jemals wieder in der IT eine Stelle zu finden? Auch registriere ich wieder eine hundertste Absage in meiner neuen tabellarischen Liste aller gesendeten Bewerbungen – die seit 2019. In meiner alten geführten Liste, die aus meiner Langzeitarbeitslosigkeit elf Jahre zurück, war die unheilvolle Hundert ein Nervenzusammenbruch. Jetzt stört sie mich nicht mehr. Im Laufe des Tages kommt auch schon die nächste … nur wenige Stunden später: Nummer 101. Sollte ich sie wirklich alle zählen?
Die letzten vier Wochen – eine vierwöchige Online-Schulung zur Softwaretesterin. In einer straff organisierten Siebentagewoche und einem Zwölfstundentag (sieben Stunden Unterricht und anschließend fünf Stunden lernen – außer am Wochenende, da „nur“ mehrere Stunden lernen) habe ich mir ein Abschlusszertifikat erkämpft, welches jetzt, mit zwei neu eingefügten Zeilen, meinen Lebenslauf schmückt. Aber ich glaube nicht, dass das noch etwas bringen wird …
Finanziell ist momentan der Druck etwas raus, die Steuerrückzahlung für die letzten vier Jahre sichert meinen minimalen Lebensstandard mit all den notwendigen Fixkosten bis in den April. Mit der Kaution der aufgelösten Wohnung (sofern ich sie erhalte – und wenn ja, dann ohne große Abschläge) könnte ich ein kleines Budget einplanen, das sogar eine weitere meiner geliebten Städtereisen ermöglichen würde. Zeit genug, hätte ich ja …
Doch all das ändert nicht viel an meiner langsam und unterschwellig pessimistischer werdenden Stimmungslage. Ich könnte auch das Wort „depressiver“ verwenden – auch weil es näher dazu passt: Die vielen Stunden, die ich jeden (weit späten) Vormittag von meinem Bett aus nach dem Aufwachen in dem abgedunkelten Schlafzimmer die Zimmerdecke anstarre, ohne das verhängnisvolle Grübeln zu unterbrechen – der Schmerz des Liegens treibt mich raus – oder die viel zu kurzen Nächte, die wachen Zeiten auf dem Sofa liegend, eingehüllt in meiner Leopardendecke, ziellos die YouTube-Videos am Fernseher durchschaltend bis drei Uhr nachts … Soldaten, Panzer, Kriegsverläufe, Politikerinterviews – ich schalte um – belanglose, erheiternde Clips meiner favorisierten Influencerinnen, die auf meiner Abo-Liste. Nur diese eine YouTuberin mit ihrer einfangenden Düsternis spricht mir aus meiner Seele … sie hat schon seit Monaten nichts mehr veröffentlicht, ob es ihr gut geht?
Auch wenn bei mir nicht mehr viel passiert, verliere ich die Kraft und den Anstoß, etwas zu schreiben. Wochen könnten zwischen meinen Tagebucheinträgen liegen …