Ich tue es!
[15.02.23 / 19:59] ✎ Ich tue es! Ich habe mich auf einer dieser Bezahlplattformen für „Erotische Videos“ angemeldet! Nach einer mehr oder weniger umständlichen Authentifizierung und Altersnachweis, mein neues Benutzerkonto und mein Profil. Ich bin jetzt eine Amateur-Darstellerin! Für die Live-Video-Chats fehlt mir noch eine bessere Kamera, aber dafür findet sich in dem Upload-Bereich des Profils seit letzter Nacht (4:30 Uhr) ein zwanzigminütiges, aufgenommenes Video von mir … wegen der Größe geteilt in vier Akte (sollte es akzeptiert werden). Interessant zu sehen, was nach den Regeln der Plattform als Softcore und was als Hardcore gilt, und ich dachte, mein Video – in dem wirklich nicht viel passiert – sei harmlos. Allein die tiefen Einblicke in meine Intimzone und der gewählte Kamerawinkel machen es schon schwierig, nicht allzu freizügige Vorschaubildchen für den Videostream auszuwählen.
„Vierzigjährige Post-OP Transfrau erkundet vorsichtig ihren Körper“
Modell: Morgana LaGoth
Kamera & Beleuchtung: Morgana LaGoth
Schnitt & Postproduktion: Morgana LaGoth
(c) Morgana LaGoth MMXXIII
Wird es angenommen werden? Habe ich überhaupt eine Chance? In meinem Alter? Bei all den anderen höchst attraktiven Darstellerinnen? Das Video entstand einer der letzten Nächte improvisiert auf meiner Leopardendecke, die Lichtführung orientiert sich am expressionistischen Film (Haarlicht von schräg oben, seitlich einfallender Lichtkegel für Zeichnungen – und diffuses Raumlicht, um nicht alles im dunklen Schatten untergehen zu lassen). Die Begleitmusik ist ein Stück von J. S. Bach – es hat ewig gedauert, etwas Lizenzfreies zu finden, und könnte doch der Punkt sein, an dem eine Veröffentlichung scheitert (wenn dann, schiebe ich dieses Video auf meinen Server ins Darknet). Inspiriert ist es durch meine vorangegangenen Videochats mit meinen Liebhabern und was sie sehen wollten, so ganz ohne Erfahrung bin ich also nicht daran gegangen …
Vorbei die idealistischen Zeiten, in denen ich noch alles kostenlos ins Internet gestellt habe: „Alles, was ich brauche, nehme ich kostenlos, alles was ich produziere, gebe ich kostenlos.“ Hier nicht. Ich brauche Geld. Die nächste Urlaubsreise wird immer teurer. „Also, besucht meine Seite und kauft meine Videos!“
Und noch mehr Fragen: Muss ich dafür eigentlich ein Gewerbe anmelden? Was trage ich dann in das Formular als Tätigkeit ein? „Erotik-Modell“? Und wird überhaupt irgend jemand dann meine zum Verkauf stehenden Videos anklicken? (Und mir einen Gewinn einbringen?) Einerseits bin ich als Darstellerin nicht so potthässlich – aber andererseits auch nicht so besonders hübsch … dafür alt … und faltig … und behaart (könnte ein Fetisch werden, weil ich mich aus Überzeugung unten herum schon nicht mehr rasiere). Und gilt das Ganze per Definition nicht schon als Sexarbeit?
Na, ob das was wird … ich werde es sehen.
Nachtrag 1: Die Videos wurden in der ersten Prüfung abgelehnt, wegen der eingeblendeten Internetadresse (woher ich die schöne Begleitmusik habe und um zu bestätigen, dass diese wirklich lizenzfrei ist). Noch einmal eine weitere Nacht das mehrere Gigabyte große Video neu rechnen lassen, mit den geänderten Titeln und Vor- und Abspann, und für eine zweite Prüfung vorlegen. Wenigstens läuft die Nacht auf arte ein interessanter Eastern aus den Siebzigern und vertreibt mir nebenbei die stundenlange Wartezeit vor dem Computer.
Nachtrag 2: Und sie sind online. Die Vorschaubildchen sind schon erschreckend explizit – aber das ist knallhartes Porno-Business! Immer wieder tapse ich als unschuldiges Mädchen in diesen Rotlichtbezirk, zu gut für diese Welt, aber fasziniert davon und angezogen von der verborgenen Schönheit, ohne lange daran hängen zu bleiben.