Die zweite Nacht des Festivals in Leipzig wird von der Partnerveranstaltung "Neon Transmissions" aus Belgien organisiert und enthält wieder einen Mix aus DJ-Sets und eingespielten Videoclips von Bands.
[01.06.20 / 15:26] ✎ Die zweite Nacht des Festivals in Leipzig wird von der Partnerveranstaltung "Neon Transmissions" aus Belgien organisiert und enthält wieder einen Mix aus DJ-Sets und eingespielten Videoclips von Bands. Die DJs streamen aus ihren Wohnzimmern (ich nenn es jetzt einfach mal so) von überall aus der Welt - Kontinente übergreifend. War es gestern noch Japan, sind es heute Mexiko, Israel (Tel Aviv) und die USA (Los Angeles). Die Bands aus dem Synth-Wave-Umfeld sind alle wahnsinnig interessant und überraschen mich immer wieder.
Der YouTube-Stream läuft diesen Abend die sieben Stunden (von 19 Uhr bis 2 Uhr) weitestgehend ohne größere Unterbrechungen und ist wahrscheinlich in dem vom Wochenende überlasteten Internetverkehr noch die beste Variante gegenüber dem Twitch- und Facebook-Livestream. Der totale Overkill: drei parallel laufende Bildschirme, einer mit Twitch als Backup-Stream und den offenen Chat-Fenstern, ein Bildschirm für YouTube im Vollbildmodus und ein dritter (mein Fernseher) für die Übertragung des Starts der SpaceX-Rakete bis 22 Uhr GMT.
So viele interessante Bands und Musik, der "Neon Transmissions" Floor ist auch jedes Jahr eines meiner persönlichen Höhepunkte auf dem Festival. Verglichen mit der angespielten Musik, kann ich meine eigene Musik nur als "got-no-talent-music" bezeichnen ... die Komplexität und den Groove dieser von mir so geliebten elektronischen Musik werde ich wohl nie erreichen (und muß ich auch nicht, meine Musik und meine Texte sind nur Therapie - "DIY").
Die DJane am Mischpult ist auch gleichzeitig im Chat präsent, es ergibt sich fast schon ein kleiner, familiärer Dialog mit den Gästen. Die Vibes der (irgendwo in Belgien?) aufgedrehten Bass-Regler am Equalizer spüre ich auch hunderte Kilometer entfernt auf meiner Anlage ... ein Wahnsinns-Set.
Ich tanze durch bis 2 Uhr nachts, die LED-Beleuchtung rotiert mit dem Stroboskop, und falle dann Minuten später einfach in mein daneben stehendes Bett. Nur wenige Stunden Schlaf. Ich brauche mal wieder einen "Ledernacken", der mich dann um 8 Uhr morgens aus dem Bett wirft bzw. aus dem Club schleift. (Pfingstsonntag übermüdet aufwachen, ein paar Textzeilen notieren, Verwandtschaft besuchen, Kuchen essen, Grillen und wieder zurückfahren ... soweit der Plan.)
Der dritte Tag des Online-Festivals, ich schalte mich erst eine halbe Stunde vor Mitternacht dazu. Über den Chat erfahre ich, daß der Online-Stream erst später gestartet wurde und wegen technischer Probleme bei YouTube auch mal unterbrochen wurde. Als ich den Raum betrete, laufen gerade die letzten Titel eines live in Leipzig auftretenden Musikers aus Berlin ... wie im echten Leben, mal wieder alles verpaßt und zu spät am Einlaß erschienen. (Dafür bin ich den Tag auf höchst unerwarteter Weise zu einem "Misfits" Patch für meine schwarze Lederjacke gekommen...)
Noch zwei Stunden DJ-Sets und noch ein eingespielter Auftritt eines weiteren Solo-Musikers, noch zwei Stunden Tanzen, bei gedämpfter Lautstärke und angeschalteter Disko-Beleuchtung. Noch zwei Stunden bis 2 Uhr nach Mitternacht - dann geht auch diese Online-Ausgabe des "Gothic Pogo Festival" zu Pfingsten in Leipzig dem alljährlichen Ende entgegen ... jeder Anwesende, die Crew, die Musiker, die Bands, die Gäste hoffen auf das nächste Jahr.
Im Chat und in der Abschlußmoderation wird die Internetadresse zum Stream (auf Twitch) für die Aftershow-Party bekanntgegeben, die DJs, die sonst auch den letzten Tag des Festivals auflegen, fehlen noch und haben ein weiteres Set organisiert. "Stream hopping", bis 3 Uhr die Nacht lasse ich das Ganze noch auf meiner Couch ausklingen, bis ich langsam die Fader an meinem Mischpult herunterregele. Über den Stream werden noch alte Videoclips vom Innenhof während des Festivals im Werk 2 vor ein oder zwei Jahren in Leipzig gezeigt, wahrscheinlich vom frühen Vormittag mit ein paar der letzten anwesenden und interessant wirkenden Gäste (die aus dem Ausland, mit Jetlag?) - das was ich sonst auch sehe, wenn ich vom dem Festival dann final nach Hause gehe (mit dem wohligen Gefühl, Teil dieser "Szene" zu sein).
Pfingstmontag, ich muß noch die Deko abnehmen, meine PA abbauen und mir irgendwo im Internet noch den Teil ansehen, den ich gestern Abend verpaßt habe. Wenigstens zum Familienbesuch habe ich einen Teil meiner Festivalkluft tragen können ... also ganz in Schwarz, mit Lederjacke, Pikes und Nietengürtel. Für nächstes Jahr, wenn es stattfindet, muß ich mir wieder etwas überlegen, wo ich die Nächte in Leipzig dann übernachten kann - meine alte und so praktische Wohnung habe ich dann nicht mehr.