"Du warst mal ein Kerl ...
[27.12.19 / 01:42] ✎ "Du warst mal ein Kerl ... ich fühle mich verarscht ... alle meine Kumpels haben mich gewarnt ... ich könnte kotzen ... früher hätten sie sowas wie dich vergast ... ich habe gleich gespürt, daß da, da unten, etwas bei dir nicht stimmt - du fühlst dich an wie eine Frau, du sprichst wie eine Frau, du siehst aus wie eine Frau, du riechst wie eine Frau, deine langen Haare, deine Titten, deine Haut, deine Stimme ... nur da unten ist etwas falsch ... zu kurz, zu eng, keine Gefühle - ich hätte es wissen müssen, ich wollte es nicht wahr haben ... tut mir leid, ich mag dich, glaub mir ... aber ich will und werde dich nie wieder anfassen ... es war etwas Einmaliges ... ich bereue es und es wird nie wieder vorkommen ... hättest du es mir vorher gesagt - niemals!"
Das Telefonat mit ihm geht etwa eine Stunde oder länger, er haßt Schwule, Lesben, Trans, Pädos und alles andere. Meine gemeinsame - und schöne - Zeit mit ihm, als er noch nicht wußte, was ich bin, beruht auf ein Mißverständnis. Seine witzige Bemerkung, er hatte mal (vor mir) "eine Frau mit Eiern", war ironisch gemeint ... ich habe es (naiv wie ich bin) für wahr empfunden und mich bei ihm sicher und geborgen gefühlt - endlich mal einer, dem es wohl scheißegal ist, was ich bin oder was ich war. Ich dachte, jeder sieht es mir an (letztlich wurde mir auf offener Straße sogar "Tunte" hinterher gerufen) und ich finde in ihm einen Freigeist, einen Outsider, einen Rocker, einen Rebellen ... jemanden, der eine von der Gesellschaft Ausgestoßene wie mich aufnimmt. Dem war nicht so.
Eine ganze Stunde hätte ich am Telefon heulen können ... nur ein paar Tränen, ich halte das meiste zurück, versuche es, mir nicht anmerken zu lassen (er bemerkt es doch). Es wird ein einseitiger Monolog. Er kann nicht verstehen, wie sich jemand - ein Mann - als Frau fühlen kann und sich operieren läßt, es geht nicht in seinen Kopf. Oh, doch! Und wie! Genau wie du dich dagegen sträubst, wie sehr es dich ekelt, schwul, trans oder sonstwas zu sein - so sehr widerspricht sich in mir der Gedanke, ein Mann zu sein, das angeborene "Teil" da unten anzunehmen und mich meinem genetischen Schicksal zu fügen! Ich bin, war und werde immer eine Frau sein - frei!
Weitere Gedankengänge ... ziehe ich mich von der Männerwelt zurück? Verabrede ich mich nicht mehr mit Männern? Wie jetzt, du mußt nicht kotzen, wenn du mich nackt siehst? (Ich bin häßlich? Eine verstümmelte Mißgeburt?) Es nagt an meinem Selbstbewußtsein ... Selbstzweifel, von meinem Selbstvertrauen und -sicherheit ist schon lange nichts mehr übrig. Keine längeren Beziehungen, keine Freundschaften, keine Erwerbsbiographie ... nur Männer, die mich für kurze Zeit benutzt haben, nichts weiter.
"Bildlich gesehen streckt er mir seine Hand aus, um mich aus der düsteren Finsternis und dem Loch zu ziehen" ... und dann schubst du mich da wieder runter.