Gefühlt ewig, kurve ich Freitag Abend die Szene-Locations in Leipzig-Plagwitz ab.
[17.04.16 / 20:26] ✎ Gefühlt ewig, kurve ich Freitag Abend die Szene-Locations in Leipzig-Plagwitz ab. Doof, wenn auf dem Flyer nur der Stadtteil steht, um keine "Yuppie-Hipster" oder sonstwas Ähnliches anzulocken. Zum Glück kenne ich die Orte. In der kleinen Halle, in der die Konzerte für diese Nacht stattfinden sollen, habe ich schon 2004, an einem späten, sonnigen Vormittag, nach einer langen Festivalnacht zu Punkmusik getanzt. Gegen 22 Uhr komme ich an, zum Glück hat noch keine der vier Bands für diese Nacht gespielt. Von der ersten Band habe ich schon anderthalb Stunden lang die Musik auf der Autobahn gehört - als sie auf der Bühne stehen und anfangen, habe ich immer noch nicht genug. "Disco noir" steht auf dem Flyer als Musikbeschreibung, genau das, was ich mag. Es wird voller und die zweite Band fängt gegen Mitternacht an zu spielen. Irgendwie kommen mir die Bandmitglieder und die Titel bekannt vor - später werde ich auf den fast schon zugeklebten Poster an der Eingangstür erfahren, daß ich diese Band schon letztes Jahr in Connewitz gesehen habe. Die dritte Band ist neu für mich, Postpunk aus New York City steht auf dem Flyer. Gefällt mir - im Gegensatz zu der letzten Band so um 2 Uhr herum - Engländer und Industrial, damit kann ich nichts anfangen. Ich verziehe mich nach draußen und stehe etwas an der Eingangstür herum und warte, bis die laute Musik (oder Krach) vorbei ist. Zwei Hunde, die ein Punk wohl dagelassen hat, trauen sich auch nicht herein.
Als die letzte Band endlich vorbei ist, habe ich auch keine Lust mehr und fahre zu der Wohnung meines Freundes. Er hat mir den Nachmittag schon vorher geschrieben, daß er wieder lange arbeiten muß und erst sehr spät wieder zurück kommt. Kurz vor 4 Uhr morgens parke ich mein Auto in der Straße und sehe ihn nur wenige Minuten später in den Hauseingang gehen. Ich steige aus und folge ihm. Ich bin irgendwie immer so "entzückt", wenn ich ich ihn endlich wiedersehe und er seine Wohnungstür öffnet. Es geht noch etwas hin und her zwischen dem Bad und seinem Schlafzimmer, aber am Ende landen wir wieder zusammen in seinem Bett ... nur die Antidepressiva, die ich vorher eingeworfen habe, machen mir hinterher etwas Besorgnis ... kann sein, daß sie tatsächlich die Orgasmusfähigkeit rauben.
Sonnabend Nachmittag, ich bin etwas leicht erschrocken, als ich auf die Uhr schaue - 15 Uhr? Ich wollte doch noch den Nachmittag in Leipzig Einkaufen gehen. Mein Liebster macht mir eine schöne Freude und bereitet ein arabisches Frühstück vor: Fladenbrot mit einer Tasse Olivenöl und einer Schale Gewürzpulver zum Eintunken. Gemahlener Thymian mit Koriander und anderen Gewürzen aus Aleppo - da dort aber gerade Bürgerkrieg ist, wird es im Libanon hergestellt. Dazu noch ein Kännchen schwarzer Ceylon-Tee mit Kardamom. Nach dem etwas improvisiert wirkenden, aber wirklich sehr schönen Frühstück am Nachmittag, macht er sich bereit für seine Arbeit für diese Nacht und hinterläßt mir wieder die Schlüssel zu seiner Wohnung.
In der Leipziger Innenstadt laufe ich meine Geschäfte ab, ich bin auf der Suche nach einem leichten Shopper als Ergänzung zu meiner Handtasche. Leider sehe ich in einem Kaufhaus nur ein Modell, welches mir gefällt - aber viel zu groß ist. Dafür finde ich, nicht weit entfernt bei "P&C", wieder einen kleinen Kleiderständer mit Lederjacken von "tigha" ... ich muß eine anprobieren ... 400 Euro ... und ich habe schon eine Jacke von "tigha". Vernünftigerweise hänge ich sie wieder zurück. Weiter den Abend, zu dem italienischen Restaurant von vor zwei Wochen, eine Pizza bestellen - und einen viel zu großen Salat - und wieder zurück zum Hauptbahnhof. Ich parke wieder in dem Parkhaus unterhalb, und ich muß noch mein Hormongel in der sauberen Bezahltoilette vor dem Kosmetikspiegel auftragen - und den Kajal - ohne den kann ich nicht existieren.
Aus dem einen Parkhaus kommend, parke ich mein Auto den Sonnabend Abend nur wenige hundert Meter entfernt in dem anderen Parkhaus bei der Oper unter dem Augustusplatz. Ich bin ein Gewohnheitsmensch mit starren Riten und überlege wieder im Jazzclub, (fast) an der Bar sitzend, wo ich denn für diese Nacht noch hin könnte. Da ist tatsächlich wieder eine Discoveranstaltung in Plagwitz ... für Schwule, Lesben und alles Andere, was nicht in das Konzept männlich/weiblich paßt. Die Partys des Veranstalters habe ich schon länger nicht mehr besucht. Zurück zum Parkhaus und weiter nach 23 Uhr zu der Location - dieses Mal steht genau fest, wo und wann sie ist.
Es ist noch leer, als ich dort ankomme, aber der stetige Zustrom an Menschen läßt den Veranstaltungsort schnell voller werden. Die Musikauswahl für die Tanzfläche ist anfangs noch ganz angenehm und ich habe genug Platz. Es scheint, als wären auch noch andere transsexuelle Frauen anwesend. Ich würde gerne mal eine andere TS persönlich kennenlernen. Hätte ich kein Internet und wüßte ich nicht, daß es da draußen noch andere gibt, würde ich denken, ich wäre die Einzige auf der Welt. So häufig sind transsexuelle Frauen nicht. Ich ernte diesen Abend sogar wieder einige Komplimente von einem Mann, wie wunderschön weiblich ich doch aussehe und wirke (das tief dekolletierte, schwarze Spaghettiträgertop zeigt aber auch mehr als genug) - wäre da nicht meine unpassende, tiefe, männliche Stimme, die irritiert. Ich muß einfach weiter trainieren, nur jahrelanges, gezieltes Training kann da helfen.
Irgendwann zwischen 2 und 3 Uhr verlasse ich die Disco, die Musik ist mir zu technoid geworden und die "Dutt"-Dichte ist zu hoch - ein klares Zeichen zu gehen. Die Party hat schon vor gut einer Stunde aufgehört, "cool" zu sein. Zurück zur Wohnung meines Freundes, er ist noch nicht da und ich lege mich kurz nach 3 Uhr alleine schlafen.
Es ist schon wieder taghell, als ich seine Ankunft mitbekomme, er arbeitet einfach zu viel und ist wieder sehr müde. Den späten Sonntag Vormittag bin ich wieder vor ihm wach und kuschele mich kurz an ihn, ich möchte ihn weiterschlafen lassen. Er hat erst vor, gegen Mittag wieder zu arbeiten (kellnern), sagt dann aber doch aus arbeitsrechtlichen Gründen wieder ab (11 Stunden Ruhepause). Es wird noch 14 Uhr am Nachmittag, als ich mich endlich von ihm losreißen kann und ihn wieder in seiner Wohnung zurücklasse. Bald werde ich meine eigene, kleine Wohnung in Leipzig haben ... dann können wir jedes Wochenende viel mehr Zeit miteinander verbringen, mal bei ihm, mal bei mir - und ich kann ihm Frühstück machen (was der leere Kühlschrank so hergibt) und ein paar Tassen grünen Tee.