Freitag Nachmittag unterwegs auf der Autobahn Richtung Dresden.
[20.03.16 / 17:43] ✎ Freitag Nachmittag unterwegs auf der Autobahn Richtung Dresden. Weit komme ich nicht, die ersten Kilometer stehe ich schon eine Stunde im Stau. Ich nutze die Zeit, um meine Mails und SMS am Smartphone zu überprüfen. Die Wohnungsbesichtigung für das kleine Zwei-Zimmer-Apartment in Leipzig für den späten Nachmittag wurde abgesagt - den Termin hätte ich durch den Stau sowieso nicht mehr halten können. Ich brauche noch etwa fünf Stunden, bis ich am Abend an einem kleinen Schloß in der Umgebung von Dresden ankomme. Fünf Bands aus der Gothic-Szene sollen hier heute Abend spielen - der Flyer dafür liegt schon seit einigen Wochen bei mir herum. Der Eintritt verzögert sich, ich verwende die Zeit wieder sinnvoll, um im Auto, bei leicht dunkler Innenraumbeleuchtung, im Kosmetikspiegel der Fahrerblende meinen Kajalstrich an beiden Augenlidern zu ziehen. 30 Minuten später stehe ich wieder am Eingang der Abendkasse. Es dauert noch mindestens zwei Stunden, bis nach 22 Uhr die erste Band spielt. Ich erkunde das Schloß mit seinen verwinkelten Gewölbekellern und stehe danach ungeduldig am Buffet im Innenhof, bis es endlich eröffnet ist und ich etwas essen kann (nur vegan). Fasziniert beobachte ich die zunehmende Besucherschar - alles coole Leute. Spätestens bei der zweiten Band ist der kleine Keller für die Konzerte vollkommen unterdimensioniert. Es wird richtig voll, auch auf einer der beiden Tanzflächen in den anderen Kellerräumen (die andere war zu kalt, dort konnte ich nur mit meinen schwarzen Wollmantel tanzen, hüftlang und mit Händen in den Manteltaschen, den Blick immer nach unten auf den Boden gesenkt - wie Grufties das so tun).
Kurz vor 1 Uhr nachts haben gerade mal zwei von fünf Bands gespielt und ich muß wieder zurück nach Leipzig fahren. Ich will nicht später als 2 Uhr bei der Wohnung meines Freundes sein, um noch eine Antidepressiva einzuwerfen - während der Fahrt durch die Nacht wäre das total fahrlässig, so müde, wie die machen. Einige Minuten nach um 2 Uhr nachts parke ich mein Auto vor der Wohnung meines Freundes. Ich klingele an der Haustür ... nichts. Beobachte sein Schlafzimmerfenster im Erdgeschoß, klingele nochmal, rufe sein Handy an, mehrmals - er macht nicht auf. Das wiederhole ich ungefähr für eine halbe Stunde, bis ich entnervt in mein altes, nicht weit entferntes Stammhotel fahre. Zum Glück ist da noch ein Zimmer frei für die Nacht.
Sonnabend am frühen Nachmittag (ich habe wieder einen späten Check-out gebucht) begebe ich mich wieder in die Leipziger Innenstadt. Zuerst einen Cappuccino als Frühstück in einer großen, nicht sehr unbekannten Kaffeehauskette am Hauptbahnhof und danach wieder in den Geschäften in der Innenstadt umherstreifen. Schwarze Kleider ... schwarzer Nagellack - aber kaufen tue ich nur ein Buch über "Tai Chi" in einer Buchhandlung (welches im Regal für "Gesundheit" stand - nicht in dem Regal für fernöstliche Kampfsportarten, für angehende Samuraikrieger und Kung-Fu-Enthusiasten). Es ist Buchmesse in Leipzig (erkennbar an den Manga-Mädchen in kurzen Miniröcken, die überall herumlaufen) und da hat sich das einfach angeboten. Mein Freund arbeitet da wieder (Catering?) und er will nach um 6 Uhr abends wieder in seiner Wohnung zurück sein. Ich esse noch etwas in einem vietnamesischen Bistro und trinke einen kleinen Espresso im Stehen am Bahnhof (mein Auto steht hier wieder im Parkhaus), bevor ich zu ihm fahre. Die Umarmung wird wieder sehr eng und herzzerreißend - das mit letzter Nacht, daß er mich nicht reingelassen hat - vergessen.
Wir unterhalten uns den Abend noch etwas auf seiner Couch. Ich zeige ihm meine Bilder von Amsterdam (und mein neues Auto, das ich mir gekauft habe), er zeigt mir seine Reisehistorie in seinem Reisepaß (sein altes Foto von ihm finde ich niedlich) und erzählt mir etwas über sein aktuelles Problem. Er braucht Geld, viel Geld, für die Bezahlung von Terminvermittlern an der deutschen Botschaft in Jordanien (genau dieselbe Praxis wie im Libanon und der Türkei) und Flugtickets für seine syrischen Familienangehörigen, die er über den Familiennachzug nach Deutschland holen will. Ich bin geneigt, ihm etwas zu geben. Nach meinem Autokauf sind noch ein paar Euro übrig.
Den Sonnabend Abend gehe ich wieder zu einem Konzert mit Bands aus der schwarzen Szene in einem Club in Leipzig. Auch hier sollen wieder fünf Bands spielen, die ersten zwei habe ich schon verpaßt, als ich gegen 22 Uhr an der Abendkasse meinen Eintritt zahle. In Leipzig sind aber nicht so coole Leute wie in Dresden. Dafür gehen die Konzerte zügig voran, besonders die finnische Deathrockband gefällt mir.
Auch diese Nacht zum Sonntag will ich wieder spätestens um 2 Uhr nachts in der Wohnung meines Freundes sein, um mir ein schlaffördernden Serotoninhemmer einzuwerfen. Vorher fahre ich noch an einer Bank vorbei ... ein komisches Gefühl, mitten in der Nacht am Automaten einen kleinen, vierstelligen Betrag Bargeld abzuheben. Ich liebe ihn. Als ich zurück in seiner Wohnung bin, schläft er bereits. Ich lege das Geld in sein Portemonnaie auf den Couchtisch und schlafe danach neben ihm ein. Er ist schon weg zu seiner Arbeit am nächsten Morgen, als ich kurz vor Mittag aufwache (die Tabletten sind wirklich gut). Leider auch dieses Wochenende wieder kein Sex für mich. Gegen Mittag noch ein Tankstellen-Frühstück und wieder zurück auf der Autobahn (ganze 600 km werde ich dieses Wochenende verfahren).