morgana81 - gothic transgender

Der letzte Tag, Dienstag Morgen.

[11.06.25 / 22:29] Der letzte Tag, Dienstag Morgen. Das Frühstück habe ich nicht mehr geschafft, kurz vor zehn Uhr werde ich in dem großen Bett wach, in einer Stunde ist Check-out. Die großen, schweren Gardinen aufziehen, die Fenster öffnen. Alles anfangen, aufzuräumen, ins Bad verschwinden. Alles was ich verwende, landet nach und nach in den Taschen, das Duschbad, die Haarwäsche, der ganze Make-up-Kram. Unterwäsche gesammelt in weißen Beuteln, meine Kleider von den Bügeln nehmen, falten und in die Sporttasche. Ab und zu ein Blick auf das Smartphone … noch 35 Minuten, ich liege gut in der Zeit. Den Tragekorb aufklappen, alle Stiefeletten darin einsortieren. Fünf Minuten vor um elf Uhr, ich trage meine Sachen aus der Hotelzimmertür heraus, stelle gleich alles daneben ab. Runter zur Rezeption nehme ich schon die erste Tasche, die olivgrüne Sporttasche, mit.

Check-out gegen elf Uhr, alles wie immer. Bevor ich meinen Tragekorb, das Picknickkörbchen und den schwarzen Stoffbeutel über den Fahrstuhl hole, parke ich mein Auto um und stelle es vor dem Hoteleingang. Den Mittag weiter in die Innenstadt.

Der Himmel ist düster dunkelblau-grau. Es ist kalt, den Kapuzenpullover ziehe ich erst aus, als ich mein Auto in dem großen Parkhaus am Hauptbahnhof parke. Ich will noch etwas Einkaufen gehen, ein paar Outdoor-Läden, vielleicht ein Schuhladen – und ein Frühstück. Der Flagship-Store der Leipziger Bäckerkette.

Die Filiale ist nur etwas runter, die erste Straße vom Hauptbahnhof in die Fußgängerzone. Ein süßes Frühstück, Brötchen, Kaffee, Croissant und Marmelade … die zwei kleinen Gläser verbrauche ich nie, eines davon landet immer gleich in meiner Handtasche.

Der erste Outdoor-Laden ist nur ein paar zehn Meter neben dem Bäcker, ich bin auf der Suche nach einem neuen Schlafsack. Mit Daune muss er sein, leicht, kleines Packmaß und kuschelig bequem. Ein Sommerschlafsack – ich will damit auf dem nächsten Bikertreffen zelten. Mein alter Schlafsack, noch aus Grundschulzeiten … ist es überhaupt mein Schlafsack? Die Familie hat ihn schon geteilt, Freunde von Familienmitgliedern hatten denselben, er könnte schon längst vertauscht worden sein. Er ist groß und sperrig, er passt gerade noch so in die schwarze Tasche hinten auf den Gepäckträger. Ich phantasiere, ich bin noch nie mit dem Motorrad zelten gefahren, der Schlafsack ist für Übernachtungen in fremden Wohnungen.

Der Verkäufer hat ein paar Modelle in der Auslage, er zeigt mir drei Sommerschlafsäcke mit Daune. Ich kann sie berühren und ertasten, wie leicht und dünn sie sind. „Und was kosten die so?“ 160 bis 200 und nochwas Euro. So viel wollte ich eigentlich nicht ausgeben. Mit der Hotelrechnung und den ganzen Festivalausgaben überziehe ich mein Konto schon um 1000 Euro … und es ist gerade erst Monatsanfang. Der Verkäufer verkauft mir eine neue Isomatte und eine leichte Plane für unter das Zelt. Eigentlich dachte ich da an so eine, auf A4-Größe zusammenfaltbare Isomatte und ein derbes Zelttuch in Flecktarn. Meine ganze Camping-Erfahrung basiert auf ein einzelnes Bundeswehr-Biwak im September 2000. Wieder draußen aus dem Laden mit meiner neuen Isomatte unter dem Arm. Verdammt. Für das Geld hätte ich doch auch einfach meine alte Isomatte zu Hause auf die schmalere Größe zurechtschneiden können, nur damit sie in die wasserfeste Motorradtasche passt. Zurück zum Hauptbahnhof, alles in den schon fast vollen Kofferraum packen. Irgendwo in der Promenade des Hauptbahnhofs gab es auch mal einen Outdoor-Laden, aber der ist weg, da hatte ich mal die aufblasbare Matte gekauft.

Mittagessen beim Inder, wieder zurück in der Einkaufs- und Restaurantstraße. „Aloo Chana“, Kartoffeln und Kichererbsen. Ich sitze unter dem Schirm im Außenbereich, die kleinen Spatzen sind putzig, sie haben fast keine Scheu mehr vor Menschen. „Das ist mein Essen“, etwas mit der Hand wegwinken.

Weiter hinein in die Fußgänger- und Einkaufszone, der italienische Eisverkaufsstand. Die beiden Schuhläden, an denen ich die letzten Tage und Nächte vorbei gelaufen bin … speziell das eine Modell schwarze Velourleder-Espadrilles im Schaufenster.

Erst den Doc-Martens-Laden, ich tue so, als wäre ich interessiert, etwas zu kaufen – tatsächlich habe ich vor, meine Doc Martens so lange zu tragen, bis sie auseinanderfallen. Das Paar martialische Stiefel mit den monströsen Plateau- und Blockabsatz, haben sie nicht mehr, die wären es gewesen.

Wieder um die Ecke zu dem anderen Schuhladen, so schön die schwarzen Keilabsatz-Peeptoes auch aussehen – in echt anprobiert, verlieren sie ihren Zauber. Nur zwei Größen im Regal, die britischen 6,5 und 7,5 – nicht meine 7. Es sind Schlappschuhe, der massive Keilabsatz bewegt sich von Natur aus nicht mit, damit kann ich keine langen Strecken laufen. Das Geld, die 150 Euro, wird woanders investiert.

In einem großen Kaufhaus versuche ich noch einmal, einen Schlafsack zu finden, so etwas haben die nicht in der Sportabteilung. Irgendwo hier in der Gegend war noch ein anderer Sportartikel-Laden, aber ich finde nur das nächste Outdoor-Geschäft, die beiden Läden sind fast identisch.

Wieder die Auslage mit den Schlafsäcken, von den Expeditionsmodellen jenseits der paar hunderte Euro und die leichten Sommerschlafsäcke, dasselbe Modell, wie in dem anderen Laden, der gleiche Preis. „Ich kann dir zehn Prozent Rabatt darauf geben, wenn du ihn mitnimmst. Ist das Vorführmodell, da haben schon, ich weiß nicht wie viele, drin Probe gelegen.“ Ich liege auch auf so einer aufblasbaren Matte bis oben bis zum Reißverschluss eingehüllt in meinem neuen Schlafsack. Den nehme ich! Zehn Prozent, da kann ich nichts falsch machen, super günstig, ein Schnäppchen. Er fühlt sich wirklich kuschelig warm an – und eingedrückt, in die grotesk winzige Packtasche, passt er sogar in meine Handtasche – das ist ein „Übernachtungskit“. Keine Ahnung, ob ich damit jemals zelten werde, ich schlafe nur auf Fußböden. Viele Jahre zurück auf der Schiffsüberfahrt von Genua nach Palermo, bei der Übernachtung draußen oben auf dem Deck, da hätte ich den gebraucht, ich sollte so etwas mal wieder machen.

Wieder raus aus dem Laden, weitere Einkäufe spare ich mir, keine Klamottenläden, keine neuen Anziehsachen, mein Budget an Bargeld für dieses Wochenende ist aufgebraucht, die letzten fünf oder zehn Euro sind für den Automaten im Parkhaus. In dem indischen Restaurant habe ich es für mich schon durchgerechnet, wenn ich diesen Schlafsack auch wieder die nächsten dreißig Jahre verwende, wenn die Daune hält und ich den nur einmal im Jahr brauche, dann rechnet sich das vielleicht. Meinen neuen Motorradhelm, den ich im April bestellt habe, ich bekomme immer nur vertröstende Emails, wie sich das Lieferdatum immer weiter nach hinten verschiebt. Hoffentlich, Geld ist erst am Monatsende wieder auf dem Konto. Zurück zu meinem Auto in dem Parkhaus, zurück auf die Straßen von Leipzig in Richtung Autobahn. Dienstag Nachmittag fünfzehn Uhr, Beginn der Rush-Hour, bis die Blechkolonne die Autobahnen erreicht, setzt ein Regen ein, der noch die ganzen 150 Kilometer bis nach Magdeburg reichen wird. Trucker auf der Straße. (Ende Teil 6/6)

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg

Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,

vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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